Die neuen Volumentarife der Telekom - 2016 ist nicht 2013

Die heutige Internet-Realität entspricht nicht der von 2016, liebe Telekom. Schon gar der von uns »Heavy Gamern«! Petra Schmitz wirft einen Blick ins Jahr 2016, wenn die Telekom die Volumentarife einführen will.

Nachdem ich die Ankündigung der Telekom gelesen hatte, die DSL-Flatrates abzuschaffen und durch Volumentarife wie bei Handy-Verträgen zu ersetzen, dachte ich die unflätigsten Dinge über den rosa Riesen. Dinge, nach denen man sich das Hirn mit Seife auswaschen sollte. Hier die jugendfreie Ausgabe: Wenn ich mein Highspeed-Monatskontingent verbraucht habe, soll ich mit 384 kbit/s durchs Internet schnecken? Außer, ich kaufe weiteren Highspeed-Traffic hinzu? Ja, haben die sie noch alle?!

Inzwischen gehe ich die Angelegenheit etwas sachlicher und nüchterner an. Auch wenn man beim Problem Netzneutralität eigentlich nur schwer sachlich bleiben kann (denn natürlich sind die Video-Angebote der Telekom von der Volumenbegrenzung ausgenommen – ein Schelm, der hier »Monopolmissbrauch« grummelt). Und auch wenn die 75 Gigaybyte Highspeed-Traffic, die für mich als Besitzerin einer 16-Mbit/s-Leitung der Telekom (mehr geht in meinem Kuhdorf noch nicht) ab 2016 im Grundpaket stecken, jetzt schon nicht meiner Lebenswirklichkeit entsprechen. Genau das Doppelte, nämlich 150 GByte fielen letzten Monat bei meinem Freund und mir an.

Ein frischer Battlefield 3-Download schlug allein mit 34 GByte zu Buche, was nach den Plänen der Telekom 45 Prozent meines Inklusiv-Highspeed-Pakets ausmachen würde. Dazu addierten sich Bioshock Infinite (etwas über 17 GByte), aus Jux mal Star Wars: The Old Republic (über 23 GByte), diverse Einkäufe bei Gog.com und Steam, Updates, nicht zu knappe Online-Spielzeit, Youtube und, und, und. Okay, es war ein extremer Monat. Und okay, eigentlich sollte ich mir keine Gedanken um 2016 machen müssen, denn die Volumentarife gelten laut Telekom-Ankündigung nur für Neukunden. Zunächst mal! Wer annimmt, das würde so bleiben, glaubt bestimmt auch immer noch, dass diese Online-Aktivierungen bei PC-Spielen nur ein vorübergehender Trend seien. Ich als Bestandskunde hab mich geistig jedenfalls auch schon von meiner Flatrate verabschiedet.

Flatrates sind eine tolle Erfindung – für die Kunden. Für die Anbieter sind sie eigentlich die Büchse der Pandora. Das haben die Provider schon Anfang der letzten Dekade schmerzlich bemerken müssen, als beispielsweise 1&1 circa 30.000 Neukunden in vier Wochen mit einem extragünstigen Tarif einsacken konnte, bei der ersten Abrechnung aber merkte, dass die Neukunden mehr Kosten verursachten, als sie Einnahmen lieferten. »Heavy User«, so nannte man damals schon solche Kunden. Und so nennt man sie heute auch noch. Kunden, die völlig legitim das angepriesene Angebot des Providers in vollem Umfang nutzen. In meinem aktuellen Fall 150 GByte für 40 Euro im Monat. Wow!

Tatsächlich finde ich knapp 40 Euro im Monat für so ein lebensbestimmendes Instrument wie mein Internet ganz schön preiswert. Billig geradezu. Dabei ist die Telekom noch nicht mal der günstigste Anbieter. Um mal einen Vergleich zu bringen: Flottes Internet ist mir ähnlich wichtig wie mein Auto – für das eine einzige Tankfüllung mehr kostet als ein Monat Internet-Sause. Ich wäre also bereit, mehr Geld für meinen Anschluss zu bezahlen. Ich würde bestimmt sogar knapp 80 Euro dafür ausgeben, das wäre es mir allemal wert. Insofern sollte ich 2016 also eigentlich entspannt entgegensehen. Denn mal ganz plump angenommen, weitere 75 GByte Highspeed-Internet würden ebenfalls wieder knapp 40 Euro kosten, dann käme ich für 80 Euro auf die im letzten Monat angesaugten 150 GByte.

Die Telekom will ab 2016 neue Volumentarife umsetzen. Die Telekom will ab 2016 neue Volumentarife umsetzen.

Aber! In drei Jahren dürfte mein Traffic – und der vieler anderer Spieler – noch mal um einiges größer sein als heute. 2016 habe ich bestimmt einen SmartTV zuhause, an dem obendrein die beiden neuen Konsolen von Microsoft und Sony klemmen. Internet-Fernsehen in gescheiter Auflösung plus Konsolen-Streaming-Gedöns, vielleicht mit einer (wenn auch eher unwahrscheinlichen) Always-On-Pflicht bei der neuen Xbox, immer größere Spiele – meine Internet-Realität sieht 2016 messbar anders aus als heute. Messbar in GByte. Messbar in Geld. Wie viel Geld, das weiß ich noch nicht. Und das bereitet mir aktuell ein wenig Kopfzerbrechen. Dabei bin ich noch in einer vergleichsweise komfortablen Situation: Wir sind zuhause nur zu zweit, wie sieht’s denn beispielsweise zukünftig in Haushalten aus, in denen mehrere Familien-Mitglieder »Heavy User« (also eventuell Spieler oder Online-Seriengucker) sind und das Internet ähnlich intensiv wie ich nutzen? (»Schatz, lass uns Kinder zeugen!« - »Bist du wahnsinnig? Denk doch an den Traffic!«)

Klar, für wenig-Surfer wie Tante Käthe und ihr Kaffeekränzchen wird die Volumengrenze keinerlei Auswirkungen haben – die bleiben eh drunter. Wir Spieler hingegen sind die Leidtragenden, unsere Volumen-Anforderungen lässt sich die Telekom künftig teuer bezahlen. Dass Entwickler ihre Titel kleiner programmieren, dass EA das nächste SimCity ohne Always-On-Pflicht rausbringen wird, dass gigabytegroße Updates demnächst mit der Post kommen, dass Spiele, die man im Laden auf einem Datenträger kauft, nicht während der Installation irrerweise doch übers Internet runtergeladen werden wollen, nur weil die Telekom einen Volumentarif in Deutschland eingeführt hat, das kann man getrost unter Knabenmorgenblütenträume abspeichern und wieder vergessen.

Was man wohl auch vergessen kann: dem Volumentarif zu entgehen, indem man den Anbieter wechselt. 1&1, Vodafone, O2 und wie sie alle heißen – das sind Reseller, die lediglich Netzkapazitäten für ihre Kunden bei der Telekom kaufen. Dass bei 1&1 & Co. die Kosten nicht auch entsprechend steigen werden … siehe Knabenmorgenblütenträume. Wenn die Telekom vorturnt, müssen die Reseller zwangsläufig irgendwann nachturnen.

Ich möchte ab 2016 jedenfalls nicht darüber nachdenken müssen, ob ich Battlefield 5 noch heute runterlade – oder doch erst in zwei Wochen, wenn es wieder ins Inklusiv-Volumen fällt. Oder ob ich mir gleich ein Highspeed-Zusatzpaket kaufe. Oder zwei. Und ständig das Auge auf einem Zähler haben – das will ich schon mal gar nicht.

Und ja, bis 2016 kann noch viel passieren, bis 2016 könnte aus »Kabel Ein-paar-Orte-in-Deutschland« wirklich Kabel Deutschland werden. Oder M-Net schafft’s auch endlich bis in mein Kuhdorf. Ich schau aber sicherheitshalber mal, wie viele 150-Stunden-Gratis-Internet-CDs von AOL ich auf Ebay noch finde.

Denn, liebe Telekom, wie wär's denn mal damit gewesen, billige Volumentarife für Tante Käthe und Onkel Erwin anzubieten, die sowieso nicht mehr brauchen? Und weiterhin Flatrates an all jene zu verkaufen, die sie tatsächlich ausreizen – sprich, an uns Spieler? Wie meinen, damit ließe sich ja noch weniger Geld verdienen? Ach ja, richtig.

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