Seite 2: Kulturelle Einflüsse in Horrorspielen - Wie sich unsere Welt im Survival Horror widerspiegelt

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Am Beispiel der Realität

Viele Entwickler von Horrorspielen entscheiden sich aber dazu einen Ort im Spiel zu realisieren, den sie selbst bereits gut kennen. Bei Indies spielt dabei oft das Budget eine Rolle. Warum viel Zeit und Geld in Recherchen investieren, wenn die geeignete Vorlage direkt vor der Nase liegt? Tatsächlich gibt es darüber hinaus einen weitaus triftigeren Grund: Authentizität.

Damit ein Horrorspiel uns packen kann, muss es eine überzeugende Welt erzählen können. Autoren bei Werken mit einem reinen Fantasieszenario stehen vor der Aufgabe sich diese vollständig ausdenken zu müssen. Im Game Design spricht man von World Building. Gelingt es gut, kann selbst eine frei erfundene Science-Fiction-Welt wie in Dead Space überzeugend wirken.

Wirklich gruselig finden die meisten Spieler es aber, wenn die Wirklichkeit aus den Fugen gerät. Eine authentisch wirkende Umgebung, wie wir sie aus dem echten Leben kennen, in der aber unheimliche Dinge geschehen. Spieler müssen diese Orte nicht unbedingt selbst als Person besucht haben, denn bekannte Locations sind oftmals bereits aus anderen Medien bekannt. Der fünfte Teil von Alone in the Dark schickte Edward Carnby zum Beispiel in den überzeugend nachgebauten Central Park von New York, den wir aus zahlreichen Filmen und Serien kennen.

Auch im zerstörten Zustand lässt sich New York und den Central Park in Alone in the Dark 5 noch gut wiedererkennen. Auch im zerstörten Zustand lässt sich New York und den Central Park in Alone in the Dark 5 noch gut wiedererkennen.

Details entscheiden darüber, ob ein Handlungsort plausibel erscheint. Wohnungen sollten gelebt aussehen, Straßen vielfach befahren. Viel zu oft stolpern wir in Spielen in Räume, die seelenlos und künstlich wirken. Das liegt weniger an den Fähigkeiten der Designer, sondern an der Zeit, die sie für Kleinigkeiten aufwenden können. Kann für das Grundgerüst der Orte auf eigene Erfahrungen zurückgegriffen werden, geht die Arbeit deutlich schneller voran und es bleibt mehr Zeit für die Feinarbeiten.

Ein Spiegel der Welt

Alle profitieren davon. Entwickler können sich sicher in einem Umfeld bewegen, das ihnen eine klare Linie zur Orientierung bietet. Und Spieler erfahren ein Stück Kultur aus einem Land, bei dem sie vielleicht nie die Chance haben werden es zu besuchen. Das geht über den reinen Ort hinaus, da auch Bekleidungsstil, Gesten, Sprache, Zeitgeist oder gesellschaftliche Konventionen transportiert werden.

No 70: Eye of Basir zum Beispiel stammt von einem türkischen Entwickler, in dem die beiden Brüder Erhan und Aras das Haus ihrer verstorbenen Großmutter erforschen. Obwohl wir nur wenig Zeit in den Außenarealen verbringen, spiegeln sie den Abwechslungsreichtum der Pflanzenwelt, für den die Türkei bekannt ist, deutlich wieder. Ebenso kommen zahlreiche Gegenstände vor, die ein für das Land typisches Design haben. Kommoden im Landhausstil mit speziell geschnitzten Griffen. Oder ein zweiteiliges Kochgeschirr zur Zubereitung von türkischem Tee.

Kommoden im Landhausstil sind in der Türkei weit verbreitet. Kommoden im Landhausstil sind in der Türkei weit verbreitet.

Historische Begebenheiten können ebenso Teil von kulturellem Einfluss sein. Horrorgeschichten können als Parabel auf Ereignisse oder Umstände fungieren, die ein Volk traumatisiert haben. Detention stammt zum Beispiel von einem Team aus Taiwan. In ihrem Spiel kann die Handlung als Gleichnis auf die politische Unterdrückung gesehen werden, die fast 40 Jahre lang über ihrem Land schwebte. Das schlägt sich auch auf das Art Design nieder, das von entsättigter Farbgebung und puppenhaften Charakteren dominiert wird, als würde der Staat die Fäden an den Charakteren ziehen.

Taiwan hat eine lange Zeit politischer Unterdrückung hinter sich. Das merkt man Detention an. Taiwan hat eine lange Zeit politischer Unterdrückung hinter sich. Das merkt man Detention an.

Der Autor Dmitry Glukhovsky geht so gar etwas weiter und beschreibt seine Metro-Romane als politisches Manifest. Er schildert dort sein Heimatland Russland, wie er es mit eigenen Augen sieht und überhöht es durch eine Dystopie. Die Menschen flüchten hier vor einer verseuchten Erdoberfläche in die U-Bahn-Stationen von Moskau und verlieren sich dort in ihren politischen Ideologien. Wie in den Spielumsetzungen ist der Held Artjom einer der wenigen Menschen, die einen Ausweg suchen. Raus aus der Metro bedeutet ebenso: Raus aus dem Netz von politischen Intrigen und Lügen. Glukhovsky sieht sich als Putin-Gegner und will seinen Lesern einen Held liefern, der den Fängen seiner Manipulation entfliehen möchte.

Die letzten Menschen verschanzen sich in der Moskauer Metro. Held Artjom will ausbrechen. Die letzten Menschen verschanzen sich in der Moskauer Metro. Held Artjom will ausbrechen.

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