Seite 3: Kulturelle Einflüsse in Horrorspielen - Wie sich unsere Welt im Survival Horror widerspiegelt

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Lost in Translation

Auf die Art des Horrors und seiner Dramaturgie kann die Herkunft des Entwicklerteams ebenso Einfluss haben. Das lässt sich durchaus grob unterteilen in Horrorspiele aus dem Westen und aus dem Osten. Der Westen ist vornehmlich durch den christlichen Glauben geprägt, der das Böse in Körpern manifestiert. Der Teufel hat eine Gestalt oder fährt in den Körper von Menschen. Das hat sich auf kultige Horrorfiguren übertragen. Jason aus Freitag der 13. oder Freddy Krueger aus Nightmare on Elm Street sind Verkörperungen des Bösen. Das ist beinahe vollständig äquivalent zum gesamten Slasher-Genre.

In Survival Horror-Spielen zeigt sich das vor allem durch Monster, die physisch greifbar sind. Zombies, Aliens, Mutationen - die Herkunft spielt keine Rolle, sondern nur, dass sie einen Körper haben und dieser verwundbar ist. Das macht einen Kampf gegen das Böse schwierig, aber es ist nicht unbesiegbar. Diese klare Präsenz der Bedrohung ist charakteristisch für Horror aus westlichen Gefilden.

Until Dawn ist von Slashern inspiriert. Das Genre verkörpert das Böse oft als Massenmörder mit Maske. Until Dawn ist von Slashern inspiriert. Das Genre verkörpert das Böse oft als Massenmörder mit Maske.

Auch wenn der Christentum im asiatischen Raum praktiziert wird, sind vor allem in den süd-östlichen Ländern der Hinduismus und Buddhismus am meisten verbreitet. Der spirituelle Einfluss zeigt sich besonders in der Folklore, bei der Geister und schwer greifbare Mächte viel Platz einnehmen. In Japan, Thailand, Korea oder Südostasien wird die Präsenz von nicht erklärbaren Mächten akzeptiert. Nicht alles ist in Gut und Böse unterteilbar, sondern es gibt viele Grauzonen dazwischen.

Selbst Flüche von wütenden Geistern folgen keinen klaren Regeln. Der bekannteste aus der Popkultur dürfte Sadako aus Ring sein. Sieben Tage nachdem sich ihre Opfer ein bestimmtes Videoband angesehen haben, werden diese von der unheimlichen Gestalt umgebracht. Die Protagonisten der Buchvorlage sind überzeugt davon, die Regeln des Fluchs durchschaut und ihn gebrochen zu haben, nur um von Sadakos unbändigem Hass überrascht zu werden. Sie lässt sich nicht leicht durchschauen, folgt keinem geordnetem Weltbild und ist als Wesen nur schwer zu verstehen.

Kuon spielt zur Heian-Zeit und verkörpert japanische Folklore mit jedem Byte. Kuon spielt zur Heian-Zeit und verkörpert japanische Folklore mit jedem Byte.

Ob Gwisin, Kuntilanak oder Pocong: Es gibt zwar auch für sie Schubladen, aber ihre Motivationen können so komplex sein wie der Mensch selbst. Im süd-ostasiatischen Raum sind die Menschen überzeugt davon, dass die Seelen Verstorbener nicht sofort in die andere Welt übertreten, wenn eine Aufgabe unerledigt geblieben ist. Auch eine große Ungerechtigkeit kann dafür sorgen. Wie im Fall von Sadako, der Schlimmes angetan worden ist.

Im Osten herrscht eine Akzeptanz für das Unbekannte, während im Westen der Drang besteht, alles rational erklären zu müssen. Der Unterschied wird vor allem bei Remakes asiatischer Horrorfilme deutlich. In den Originalen werden viele Lücken gelassen. Das ist vergleichbar mit dem Negative Space aus Spielen, also den Leerstellen, die der Spieler mit seiner Fantasie ausgleichen soll. In Spielen wie Kuon, Silent Hill: The Room oder Nebula: Echo Night wird Raum für Interpretation gelassen.

Bei den amerikanisierten Remakes wird aber jede Einzelheit erklärt, da es ansonsten zu unbefriedigend für westliche Zuschauer wäre. Spiele mit diesem Publikum im Blick sind ähnlich angelegt: Weder Resident Evil, The Suffering oder F.E.A.R. kommen ohne erhellende Auflösung aus. In diesen Spielen ist die Bedrohung konkreter, und statt psychologischem Horror wird eher Wert auf die Furcht vor körperlicher Qual gelegt.

Alma aus F.E.A.R. ist zwar von japanischen Geistern inspiriert, doch ihre Herkunft wird mit einer transparenten Sci-Fi-Story erklärt. Alma aus F.E.A.R. ist zwar von japanischen Geistern inspiriert, doch ihre Herkunft wird mit einer transparenten Sci-Fi-Story erklärt.

Eine wunderbare Fusion aus mehreren Kultureinflüssen ist das Eingangs beschriebene Siren: Blood Curse. Der japanische Originaltitel ist Siren: New Translation, der deutlich passender erscheint. Die ersten beiden Spiele für PS2 waren durch und durch japanisch und wirkten deshalb auf viele Spieler aus dem Westen sehr sperrig und exotisch. Um ihnen entgegen zu kommen, führte man erstmals eine Reihe von westlichen Charakteren ein.

So rutschten ein TV-Team und der Austauschschüler Howard in ein verfluchtes japanisches Dorf, in dem blutige Rituale abgehalten werden. Für sie ist die Situation ebenso neu und fremd wie für die meisten westlichen Spieler, weshalb eine Identifikation mit ihnen einfacher ist. Obwohl sie die Sprache nicht verstehen, verständigen sie sich trotzdem mit den japanischen Bewohnern, um das gemeinsame Überleben zu sichern.

Dieses internationale Projekt zeigt, wozu Spiele, Filme und Bücher imstande sein können. Kunst ist Kommunikation. Sie kann alles vermitteln, also auch Einsichten in Kulturen liefern, die uns fremd sind. Sie schulen unsere emotionale Intelligenz und geben uns die Fähigkeit uns in andere Menschen einzufühlen. Selbst, wenn diese sich auf der anderen Seite der Welt befinden.

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