Was läuft schief bei Ubisoft? - Französisches Fettnapf-Bingo

Niedrige Wertungen, wütende Spieler – das ist Ubisoft von seiner Assassin’s Creed-Reihe eigentlich nicht gewohnt. Mit Assassin’s Creed: Unity hat der Publisher jetzt aber alle Bögen überspannt.

Erfolg macht leichtsinnig! Das wissen Sportler und Künstler schon lange, offensichtlich müssen das jetzt auch Spiele-Publisher wie Ubisoft lernen. Denn nach dem hochgelobten Assassin's Creed 4: Black Flag von 2013 setzt sich die Firma mit Assassin's Creed Unity gleich in mehrfacher Hinsicht in die Nesseln - nicht nur mit dem Spiel selbst, sondern vor allem auch mit vielen Ärgernissen drum herum. Die sind so nervig und vor allem unnötig, dass sogar mir als Serien-Fan der ersten Stunde der Spaß vergeht.

Dabei sind es nicht mal die fehlenden weiblichen Charaktere, der formelhafte Spielablauf oder obskure Werbeaktionen die mich stören. Sogar die angekündigte, erzwungene Grafik-Gleichheit zwischen PlayStation 4 und Xbox One lässt mich vergleichsweise kalt. Mich ärgert viel mehr, wie konsequent und ja, skrupellos Ubisoft versucht, aus diesem einen Spiel so viel Geld wie möglich herauszuholen - nachdem man den Titel zum Vollpreis gekauft hat.

An räuberische Vorbesteller-Boni hat man sich ja bei Ubisoft spätestens seit Watch Dogs gewohnt. Doch die Ingame-Käufe von Unity gehen mir eindeutig zu weit! Gerade in der Assassin's Creed-Reihe ist es doch das Gefühl, etwas erreicht zu haben, das mich zum Weiterspielen motiviert. Und jetzt soll ich mir Schatzkarten oder Boosts einfach so für echtes Geld kaufen? Klar, man kann diese Dinge auch gratis freispielen, doch mit den so genannten Helix-Credits kommt mir eindeutig zu viel Free2Play in mein Assassin's Creed.

App-Zwang durch Übermut

Und dann ist da noch die Sache mit der Companion-App: Die war in Black Flag oder auch Watch Dogs eine kleine, feine Ergänzung die man benutzen konnte, aber nicht musste. In Assassin's Creed: Unity stehe ich nun plötzlich wie der Ochs am Berg vor blauen Kisten, die ich erst dann öffnen darf, wenn ich genug auf meinem Smartphone rumgetatscht habe. Und was machen Spieler ohne modernes Smartphone? Oder welche, die einfach keine Lust auf mobiles Spielen haben? Wer immer bei Ubisoft auf diese Schnapsidee gekommen ist, soll bis ans Ende seiner Tage ein Android-Handy der ersten Generation benutzen müssen!

Und als ob das alles noch nicht reichen würde, kämpft die PC-Version auch noch mit schweren Performance-Einbrüchen und Bugs, bei denen die Firma immerhin Nachbesserung verspricht. Bis dahin zerhauen diese Fehler aber die eigentlich gelungene Paris-Atmosphäre - doof!

Grafik-Glitches wie dieser dämpfen die eigentliche tolle Atmospähre von Unity doch leicht - und wurden über Nacht im Netz zum Meme. Grafik-Glitches wie dieser dämpfen die eigentliche tolle Atmospähre von Unity doch leicht - und wurden über Nacht im Netz zum Meme.

Natürlich ist Assassin's Creed Unity trotz all dieser Kritikpunkte im Kern ein echter Vertreter seiner Art und damit grundsätzlich ein gutes Spiel. Allerdings fehlt mir deutlich der Mut zur Innovation. Die »großen« Serienteile haben bisher immer ein neues Spielelement eingeführt, das mal gut (Seeschlachten!), mal weniger gut (Tower Defense) funktioniert hat. Im neuesten Ableger keine Spur von Experiment, überrascht wird man als alter Assassin's-Creed-Haudegen so gut wie nie. Und ärgerlich für Ubisoft: Der »Erfinder« der Parkour-Spiele wird mittlerweile in Sachen Dynamik und Welterkundung von Konkurrenten wie Mittelerde: Mordors Schatten überholt. Mehr noch: Die Kletterei in Unity wirkt manchmal sogar abgehackter und »unrunder« als in den frühen Serienteilen. Haben die Entwickler da vielleicht ihre Next-Gen-Engine noch nicht ganz im Griff?

Einfach mal Pause machen

Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte man glatt glauben, Ubisoft hätte die Liste der »Dinge, die Spieler ärgern« Punkt für Punkt abgehakt. Und darauf geachtet, dass in Assassin's Creed: Unity alle Ärgernisse in besonders übler Ausprägung eingebaut werden. Ich vermute aber, es war einfach der Erfolg der vergangenen Jahre, der die Firma übermütig gemacht hat. Ein Übermut, den Ubisoft jetzt mit schlechten Wertungen, wütenden Spielern und sogar sinkendem Aktienkurs bezahlt.

Jetzt ist es für Ubisoft einfach endgültig Zeit, sich und der Serie eine Pause zu gönnen - das hat die Firma immerhin schon selber gemerkt. Eine Pause, in der man nicht nur über das nächste Szenario nachdenkt, sondern auch darüber, was man den Fans der Reihe (und von Spielen generell) zumuten kann und darf. Für mich ist Assassin's Creed: Unity eine Art Weckruf für Ubisoft. Die Firma muss handeln, wenn sie nicht - wie manche behaupten - das neue EA werden will. Und während die Firmenchefs in Paris und Montreal über die Zukunft nachdenken, spiele ich Assassin's Creed Rogue. Das läuft zwar noch auf den alten Konsolen, dafür aber problemlos und ohne blaue Kisten, Deo-DLCs und Ingame-Käufe.

Assassins Creed Unity vs. Rogue - Diskussion: Welches Assassins Creed ist besser? Video starten 17:17 Assassin's Creed Unity vs. Rogue - Diskussion: Welches Assassin's Creed ist besser?

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