Seite 2: Hotline Miami 2: Wrong Number im Test - Mehr Blut, mehr Gewalt, mehr Klasse?

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Hart wie Sau

Nicht nur in Sachen Story schließt Hotline Miami 2 unmittelbar beim Vorgänger an. Auch spielerisch geht's quasi nahtlos weiter. Und deshalb gibt's gleich in doppelter Hinsicht die Warnung, dass man gar nicht an Hotline Miami 2 denken sollte, wenn man keine Erfahrung aus dem ersten Teil mitbringt. Die Lernkurve für Neulinge schenkt sich das Spiel genauso wie das sukzessive Einführen all der Hindernisse, die wir im Vorgänger ganz allmählich entdecken und überwinden mussten.

In Hotline Miami 2 spritzt literweise Pixelblut. Nur die Vergewaltigungsszene lässt sich im Menü ausschalten. In Hotline Miami 2 spritzt literweise Pixelblut. Nur die Vergewaltigungsszene lässt sich im Menü ausschalten.

So kämpfen wir bereits in den ersten Missionen gegen schwerbewaffnete Mafiosi mit Macheten, Schrotflinten und Wachhunden, müssen mit Fenstern und anderen durchlässigen Barrieren klarkommen, nur um uns dann doch von der anderen Seite des Lagerhauses eine Kugel einzufangen. Und mehr als diese eine Kugel halten unsere Figuren in der Regel nicht aus. Hotline Miami 2 ist gnadenlos schwer und deutlich fordernder als der ebenfalls unbarmherzige Vorgänger.

Dabei hat sich am grundlegenden Spielkonzept rein gar nichts geändert: In wechselnder Besetzung schießen oder schlagen wir uns in Vogelperspektive durch feindbesetzte Areale, reagieren blitzschnell auf jedes kleine Zucken am Bildschirmrand und sterben Tausende Tode. Die Masken des Vorgängers mit ihren einzigartigen Effekten auf das Gameplay ersetzt das Spiel durch die Vielzahl der Charaktere: Figur Ash hat immer eine Kettensäge und seine Schwester dabei, die nach Bedarf auf Gegner schießt. Der Soldat greift dafür auf die schwersten Schusswaffen zurück, darunter ein verheerender Flammenwerfer.

Sterben macht nix

Der Wechsel der Figuren funktioniert gut, allerdings ist man durch die überschaubare Wahlfreiheit bei den »Helden« deutlich eingeschränkter als im Vorgänger, wo wir vor jeder Mission per Maske einen Bonus wählen konnten. Die vielen Tode machen übrigens nichts, bereits im ersten Hotline Miami gehörte das zum Spielfluss dazu. Man stirbt, startet neu, stirbt wieder, lässt sich vom famosen Soundtrack treiben und kämpft, bis man letztlich irgendwie gewinnt.

Die großartige Musikuntermalung behält auch der zweite Teil bei, das einzigartige »Flow«-Gefühl bleibt hingegen wegen der größten Gameplay-Änderung spürbar auf der Strecke: Die Areale von Hotline Miami 2 spielen sich deutlich strategischer und damit langsamer. Da die Lagerhäuser, Kellergeschosse und Appartementetagen, in denen wir uns rumtreiben, in der Regel sehr weitläufig und offen ausfallen, die Sicht aber auf unsere Figur zentriert ist, müssen wir ständig aufpassen, nicht aus dem toten Winkel heraus erschossen zu werden - und das passiert uns trotzdem andauernd.

Zwei Seiten: Martin Brown Schauspieler Brown verliert den Blick für die Realität.

Pig Butcher Als Pig Butcher tötet er unschuldige Polizisten. Aber ist das alles real?

Beim ersten Versuch ist Hotline Miami 2 unmöglich zu gewinnen, weil wir darauf angewiesen sind, Informationen über Gegnerpositionen durch teils mühsames Ausprobieren zu sammeln.So starten wir in einer Mission und werden von der ersten Sekunde an durch eine Fensterfront mit MP-Salven beschossen.

Beim dritten Versuch haben wir dann raus, dass wir direkt an den oberen Kartenrand laufen müssen, dort sticht uns aber ein Nahkämpfer in die Brust. Nach dem sechsten Versuch ist der dann Geschichte, drei Meter weiter wartet jedoch ein dicker Gegner auf uns, den man nur mit Schusswaffe verwunden kann. Die haben wir natürlich nicht, also müssen wir uns eine neue Strategie einfallen lassen.

Kein Flow mehr?

Der taktischere Spielfluss mag zwar seine Stärken haben, namentlich, dass unsere grauen Zellen zusätzlich gefordert werden. Aber in der Summe vermissen wir den Flow des Vorgängers. Situationen, in denen wir einfach nur noch panisch auf Gegnerfluten reagieren und am Ende wie durch ein Wunder überleben, gibt's in Hotline Miami 2 kaum noch - wir beißen nämlich so gut wie immer ins Gras, weil uns das Spiel durch die offenen Level einfach keine Überlebenschance gibt.

Das größte Problem von Hotline Miami 2 - und das ist die eingangs angedeutete Kehrseite von vielen Indie-Spielen - hat allerdings nicht unbedingt etwas mit hakelndem Spieldesign oder einer unbefriedigenden Geschichte zu tun. Das Spiel entfaltet einfach nicht dieselbe berauschende Wirkung wie der Vorgänger.

Das originale Hotline Miami hat mit Pauken und Trompeten eine Nische besetzt, weil kein Spieler mit dem bizarr-brutalen Drama gerechnet hat. Es war laut, blutig und trotzdem intelligent, ein suchtauslösender Mix aus flottem Gameplay und einer fesselnden Geschichte. Nur ist dieser »Wow«-Effekt eben schon einige Jahre her, Hotline Miami 2 muss ohne ihn auskommen.

Die Hawaii-Abschnitte spielen sich wie ein Arcade-Shooter aus den frühen 90er Jahren. Die Hawaii-Abschnitte spielen sich wie ein Arcade-Shooter aus den frühen 90er Jahren.

Und plötzlich wird deutlich, dass das Niedermetzeln von Mafiosi eben doch nicht ewig motivieren kann, wenn die Wirkung von Soundtrack und Präsentation abebbt. Der zweite Teil knüpft an den Stärken der Reihe an, macht alles größer, lauter und in vielen Punkten auch besser, um dem fehlenden »Wow«-Effekt entgegenzuwirken. Aber es trifft schlicht nicht mehr den gleichen Nerv, nachdem die Nische durch den Vorgänger bereits erschlossen wurde.

Eine emotionale Gesamtkomposition lässt sich nicht einfach reproduzieren, indem man mehr Feinde reinpackt. Trotzdem: Das ist Beschweren auf hohem Niveau. Hotline Miami 2 ist ein gutes Spiel, keine Frage. Es macht Spaß und verdient, trotz der Schwächen im Vergleich zum Vorgänger, auf jeden Fall eine Chance. Es ist nur eben nicht so eine Offenbarung wie der Erstling.

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