Seite 2: The Evil Within - Traumhafter Albtraum

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Mikami zitiert Mikami

Puh! Schon in den ersten zehn Minuten unserer Anspielzeit ist uns ganz schön der Angstschweiß ausgebrochen. Shinji Mikami hat seit seinem Meisterwerk Resident Evil 4 nichts verlernt. Im Gegenteil: Der japanische Game Designer weiß besser denn je, welche Knöpfe er zu drücken hat, damit wir uns beim Spielen im abgedunkelten Raum den ein oder anderen ängstlichen Blick über die Schulter nicht verkneifen können.

Die Gegner sind kein bloßes Kanonenfutter, sondern immer eine echte Bedrohung. Wobei wir uns aber fragen, wie der Typ uns ohne Unterkiefer beißen will. Die Gegner sind kein bloßes Kanonenfutter, sondern immer eine echte Bedrohung. Wobei wir uns aber fragen, wie der Typ uns ohne Unterkiefer beißen will.

Der Druck, der hier über optische und akustische Stilmittel aufgebaut wird, ohne dass im Spiel selbst wirklich etwas passiert, ist bemerkenswert: Das grieselige Bild, die zuckenden Schatten und das dumpfe Dröhnen im Hintergrund erzeugen eine einzigartige Atmosphäre.

Ja, der Stil erinnert mit seinen Sackmaskenträgern, die in finsterer Nacht Leichen aufs Feuer werfen, zunächst stark an die ersten Minuten von Resident Evil 4. Doch je weiter wir spielen, desto klarer wird uns, dass Mikami hier lediglich eine liebevolle Hommage an sein einstiges »Baby« eingebaut hat, statt stumpfsinnig von sich selbst abzukupfern.

Noch deutlicher wird das im zweiten Kapitel, das wir anspielen: Hier stehen wir zu Beginn vor einem Gittertor, dahinter erblicken wir im Nebel ein Herrenhaus. Unsere Spielfigur spricht gelassen aus, was wir uns denken: »Das kommt mir bekannt vor.« Tatsächlich ist das Innere des Anwesens ähnlich aufgebaut wie das berühmte Herrenhaus im ersten Resident Evil.

Aus der Vorhalle führen zwei gewundene Treppen nach oben, die Tür zu unserer Linken bringt uns ins Speisezimmer, während die rechte Tür eine Kunstsammlung hinter sich verbirgt. Das ist Zucker für unseren inneren Fanboy und wir freuen uns darüber noch mehr als über die vielen Verbeugungen vor Filmen wie The Texas Chainsaw Massacre, Tanz der Teufel, The Ring, Shining oder John Carpenters Das Ding aus einer anderen Welt. Oh ja, Mikami weiß ganz genau, welche Knöpfe er drücken muss.

Gespielter Terror

Wer von The Evil Within rasante Daueraction mit Hunderten toter Zombies pro Minute erwartet, ist an der falschen Adresse und sollte besser bei Resident Evil 6 bleiben! Wer es aber liebt, von einem Spiel bis knapp vor Exitus erschrocken und durch düstere Gänge gejagt zu werden, ist goldrichtig.

Uns fällt spontan nur ein Spiel ein, das uns in letzter Zeit ähnliches Herzrasen beschert hat: der Download-Titel Outlast. Und interessanterweise gibt es offensichtliche Parallelen zwischen dem Indie-Schocker und The Evil Within. Beide setzen zum Beispiel auf eine verblüffend ähnliche Versteckspielmechanik, die es uns erlaubt, bei Gefahr unter ein Bett zu kriechen oder uns im Schrank zu verstecken.

Genau wie Outlast spielt The Evil Within dabei mit unserer Hilflosigkeit, lässt die Verfolger direkt vor unserem Versteck herumschleichen, während wir nichts anderes tun können, als den Blickwinkel durch die einen Spalt weit geöffnete Tür ein wenig zu ändern - und zu hoffen, dass der Gegner unsere Atemgeräusche nicht hören kann.

Natürlich kann er das nicht, denn das heftige Schnaufen wird nur als Panikmache eingespielt, doch immer wieder halten wir selbst unbewusst den Atem an, während das vermummte Monstrum mit dem Beil draußen herumschleicht und hämisch nach uns ruft.

Gruselig: Die »Zombies« sehen allesamt aus, als hätte jemand irrsinnige Experimente an ihnen durchgeführt. Gruselig: Die »Zombies« sehen allesamt aus, als hätte jemand irrsinnige Experimente an ihnen durchgeführt.

Eine weitere Parallele ist der Abschnitt zu Beginn: Wir irren durch eine verwüstete Nervenheilanstalt, während uns ein offensichtlich von Leatherface (The Texas Chainsaw Massacre) inspirierter Wahnsinniger samt Kettensäge auf den Fersen ist. Umgeworfene Rollstühle und Leichen liegen herum, Krankenbetten stehen quer auf den finsteren Fluren, sodass wir auf der Flucht darüber hinweghechten müssen. Zufall?

Ziemlich sicher, denn beide Spiele befanden sich parallel in Entwicklung. Es spricht wohl einfach für diese sehr ähnlichen Spielmechaniken, dass sie beinahe zeitgleich in zwei äußerst effektiven Horrorspielen eingesetzt werden. Und im Unterschied zum Journalisten aus Outlast kann sich Detective Sebastian Castellanos immerhin sehr wohl seiner Haut wehren.

Zum Beispiel mit allerlei Schusswaffen, einem Messer, das Rambo stolz machen würde, oder einer mysteriösen Armbrust. Die Bolzenschleuder können wir mit besonderen Geschossen bestücken, die unseren Gegnern einen ordentlichen Elektroschock verpassen oder explodieren, nachdem sie ihr Ziel gefunden haben.

Munition ist allerdings knapp, sodass man immer überlegen muss, ob es sich nicht eher lohnt, die Gegner irgendwie zu umgehen - oder ob es möglich ist, sich anzuschleichen und einen nach dem anderen lautlos mit einem beherzten Messerstich auszuschalten.

Oder wir machen uns die Lärmempfindlichkeit der Monster zunutze, indem wir sie mit einer zersplitternden Flasche in eine Ecke locken, um sie dort zu erledigen. Diesen Trick hatte seinerzeit schon Sam Fisher in Splinter Cell drauf - und was für einen Geheimagenten gut genug ist, kann uns auch in The Evil Within nur recht sein.

Kabumm!

Doch es gibt noch eine andere Art, sich der Albtraumgestalten zu entledigen. Überall sind Fallen montiert. Zum Beispiel Sprengfallen, deren Annäherungspiepen uns ein ums andere Mal in Panik ausbrechen lässt, wenn wir durch eine Tür gehen: Wo ist das verdammte Ding? Welche Richtung bedeutet jetzt nicht den sicheren Tod?

Die Alternative zum Wegrennen ist das Entschärfen der Bombe: Erreichen wir den Sprengsatz schnell genug, können wir ein entsprechendes Minispiel starten. Das ist zwar sehr simpel gehalten, aber den drehenden Zeiger beim ersten Versuch innerhalb eines kleinen, markierten Bereichs zu stoppen, kann schnell zur haarigen Nervenprobe werden.

Haben wir es jedoch geschafft, können wir die Teile der Sprengfalle mitnehmen, um uns eigene Bomben zu basteln, die wir an strategisch sinnvollen Orten an die Wand pappen. Das kann sehr hilfreich sein, wenn wir es wieder einmal mit einer angreifenden Horde von Zombies zu tun bekommen.

Eklig: Dieser Untote trägt seine Gesichtshaut wie eine Maske über dem Kopf. Eklig: Dieser Untote trägt seine Gesichtshaut wie eine Maske über dem Kopf.

In solchen Situationen werden die Türen verriegelt, und der Weg wird erst wieder freigemacht, wenn der letzte Gegner in Flammen aufgegangen ist. Normalerweise finden wir dann reichlich Munition, doch viel cooler ist es, Annäherungsbomben auszulegen und die Gegner dorthin zu locken - oder gar bereits vorhandene Fallen geschickt gegen die Untoten einzusetzen.

Aber nicht alle Fallen lassen sich entschärfen. So laufen wir etwa auf eine Tür zu, als uns plötzlich der Boden unter den Füßen weggerissen wird. Ein Drahtseil zieht uns auf die mahlenden Mühlen eines riesigen Fleischwolfs zu. Blitzschnell müssen wir überlegen, wie wir unsere Haut retten können. Das Spiel zieht automatisch unsere Pistole.

Aha! Irgendwo muss ein Schalter sein. Vielleicht das rot blinkende Licht über der Todesfalle? Wir versuchen, das zitternde Fadenkreuz zu platzieren. Der erste Schuss geht daneben. Immer näher kommen wir den rotierenden Walzen. Noch ein Schuss. Verdammt! Daneben. Der nächste muss sitzen. Peng! Treffer! Der Fleischwolf stoppt. Wir ziehen den Fuß aus der Schlinge, halten eine Weile inne, um uns zu sammeln … okay, weiter geht's.

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