FIFA 16 Ultimate Team - Rote Karte wegen Free2Play-Irrsinns

Ultimate Team ist auch dieses Jahr wieder der beliebteste Spielmodus von FIFA 16. Heiko Klinge fragt sich deshalb, ob die halbe Fußballwelt verrückt geworden ist – und fürchtet sogar um die Zukunft seines Lieblingssportspiels.

Ich bin leidenschaftlicher-Fußballfan, spiele wegen des dickeren Lizenzpakets tendenziell lieber FIFA als Pro Evolution Soccer, habe als Wolfsburger naturgemäß wenig Argumente gegen die Kommerzialisierung des Fußballs und stehe darüber hinaus auf Sammelkartenspiele. Eigentlich also die perfekte Zielgruppe für FIFA 16 Ultimate Team.

Und trotzdem frage ich mich dieses Jahr wieder, ob nicht nur die reale, sondern auch die virtuelle Fußballwelt komplett verrückt geworden ist. Laut Brancheninsidern wurde bereits jetzt mit Ultimate Team mehr Umsatz gemacht als mit den Verkäufen von FIFA 16. Das heißt im Klartext, dass im Schnitt jeder, der bereits 60 bis 70 Euro für FIFA 16 hingelatzt hat, mindestens nochmal so viel Kohle in Ultimate-Team-Sammelkartenpäckchen steckt. Bei solchen Statistiken muss man kein Prophet sein, um zu befürchten, dass Ultimate Team wie auch letzte Saison schon wieder der meistgespielte Modus in FIFA sein wird.

Die Gegenposition: Warum Benjamin kein Problem mit FIFA 16 Ultimate Team hat

FIFA Ultimate Team macht unbestritten Spaß, verwendet aber ebenso unbestritten zahlreiche bewährte Mechanismen aus Free2Play-Titeln. FIFA Ultimate Team macht unbestritten Spaß, verwendet aber ebenso unbestritten zahlreiche bewährte Mechanismen aus Free2Play-Titeln.

Ja, ich schreibe mit Absicht »befürchten«. Denn für mich steht Ultimate Team sinnbildlich für vieles, was in der Gamesbranche schief läuft - angefangen bei der Online-Pflicht, über Mikrotransaktionen in Vollpreisspielen bis hin zu unverschämten DLC-Preisen.

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Heiko ist mit Sensible Soccer groß geworden, spielt aber seit 1997 jedes Jahr das neue FIFA. Der für ihn schönste Nebeneffekt der jüngsten Erfolge des VfL Wolfsburg ist deshalb auch, dass immer mehr Spieler seines Lieblingsvereins originalgetreu nachgebildet werden. In FIFA 17 schafft's dann hoffentlich endlich auch die Volkswagen Arena in Spiel. Bei Ultimate Team ist er bis heute nur einmal schwach geworden: Für ein »Sonderangebot« gab er in FIFA 14 seinerzeit 13 Euro aus, was ihn noch heute wurmt.

Der Unterschied zu Hearthstone

Misst da ein bekennender Hearthstone-Fan nicht mit zweierlei Maß? Nein, denn zum einen ist Hearthstone ein Free2Play-Titel und da haben Mikrotransaktionen für mich eine ganz andere Berechtigung, als bei einem Spiel, bei dem ich bereits 60 bis 70 Euro zahlen muss, um überhaupt loslegen zu dürfen.

Hinzu kommt, dass ich persönlich das Free2Play-System von Hearthstone deutlich fairer und vor allem nachvollziehbarer finde als das von FIFA Ultimate Team. So gibt's im Blizzard-Kartenspiel keine Zwischenwährung. Ich zahle in Euro, jedes Päckchen bietet die gleichen Chancen auf seltene, epische oder legendäre Karten. Und wenn ich dann Glück habe und meine Traumkarte finde, dann darf ich sie auch ohne Einschränkungen einsetzen.

Das Shop-System von Hearthstone ist für Heiko deutlich transparenter und damit auch fairer als das von Ultimate Team. Das Shop-System von Hearthstone ist für Heiko deutlich transparenter und damit auch fairer als das von Ultimate Team.

Ganz anders FIFA Ultimate Team: Hier muss ich mit meinen Euros erst mal FIFA Coins erwerben, für die ich wiederum sechs unterschiedliche Päckchenvarianten von »Bronze Standard« bis »Gold Premium« kaufen kann. Hinzu kommen zeitlich begrenzte Spezialpackungen und Sonderangebote. Je besser und teurer die Päckchenqualität, desto mehr gute Karten sind garantiert. Und wenn ich dann Glück habe, und einen Weltklasse-Kicker ziehe, heißt das noch lange nicht, dass ich diesen uneingeschränkt einsetzen darf. Denn natürlich haben Fußballer begrenzte Vertragslaufzeiten und lassen pro Einsatz auch in Sachen Fitness nach, was sich freilich wiederum mit Karten ändern lässt.

Die Ehrlichen sind die Dummen

Kartenpäckchen gibt es in unterschiedlichsten Qualitätsstufen. Wer echtes Geld einsetzt, kommt garantiert schneller an Spitzenspieler. Kartenpäckchen gibt es in unterschiedlichsten Qualitätsstufen. Wer echtes Geld einsetzt, kommt garantiert schneller an Spitzenspieler.

Logisch: Theoretisch lässt sich Ultimate Team auch ohne Echtgeldeinsatz spielen. Es gibt Päckchenbelohungen für erledigte Quests, und meinen Traumkicker kann ich auch auf dem Transfermarkt ersteigern. Aber allein, dass es zu diesen Thema unzählige Internet-Guides, Video-Tutorials und sogar verbotene Autobuyer-Programme gibt, spricht Bände für die Transparenz und Fairness des Systems. EA Sports hat bei Ultimate Team mit viel Unternehmersinn ein komplexes, auf Profit ausgerichtetes Ökosystem geschaffen, was entsprechend auch die Probleme solcher Systeme mit sich bringt. Sei es die Schere zwischen Arm und Reich, sei es die Anfälligkeit für Gier und Betrug. In FIFA 15 haben Coinseller und Autobuyer-Programme eine massive Inflation verursacht, wodurch Karten auf dem Transfermarkt um ein Vielfaches teurer wurden. Die Dummen waren die ehrlichen Spieler.

Ärger in Ultimate Team: Die Gefahr durch Autobuyer-Programme

Und mich ärgert es, dass ich über so etwas nachdenke und diskutiere. Ich will doch einfach nur 60 Euro zahlen und dafür dann uneingeschränkt Fußball spielen! Kann ich doch, sagen dann die Ultimate-Team-Befürworter, schließlich stecken in FIFA 16 noch jede Menge andere Modi abseits von Ultimate Team. Das stimmt natürlich, und - ja - selbstverständlich ist FIFA 16 bei allem Ultimate-Team-Gemecker eine großartige und umfangreiche Fußballsimulation, die mir vor allem im Couchduell gegen Kumpels wieder jede Menge fantastische Spielmomente bescheren wird.

Falsche Prioritäten

Aber mir kann trotzdem niemand erzählen, dass sich der Erfolg von Ultimate Team nicht auch auf die Entwicklungsprioritäten von EA Sports auswirkt. Und wenn ich sehe, wie viel mehr Aufwand zum Beispiel ein NBA 2K16 in die Lizenzverwertung und vor allem in die Inszenierung seiner Karrieremodi steckt, dann frage ich mich schon, ob da nicht auch beim ungleich erfolgreicheren Sportspiel FIFA deutlich mehr möglich sein müsste. Ich persönlich würde den neuen Draft-Modus von Ultimate Team jedenfalls sofort gegen zusätzliche Bundesligastadien und mehr originalgetreue Spielergesichter eintauschen.

Die Allianz Arena ist eins von nur sechs Bundesligastadien in FIFA 16. Für Heiko setzt EA Sports die falschen Prioritäten. Die Allianz Arena ist eins von nur sechs Bundesligastadien in FIFA 16. Für Heiko setzt EA Sports die falschen Prioritäten.

Aber so lange die halbe FIFA-Welt nur Ultimate Team spielt und EA Sports damit bereitwillig das Geld in den Mikrotransaktions-Rachen wirft, so lange wird sich auch an den Prioritäten der Entwickler nichts ändern. Um zu sehen, wohin dieser Irrsinn führen kann, muss jeder von uns nur auf sein Handy schauen. Dort hat das traditionelle FIFA nämlich bereits seit letzter Saison ausgedient, Fußball von EA Sports gibt's mobil seitdem nur noch in der Free2Play-Variante FIFA Ultimate Team. Wenn das die Zukunft meines Lieblingssportspiels sein sollte, dann wird sie ohne mich stattfinden!

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