Kaum ein Spiel wurde bereits vor Release so negativ aufgenommen wie Suicide Squad: Kill the Justice League. Doch trotz überaus strittigem Ansatz als Service-Game, das auf Third Person-Geballer anstelle wuchtiger Kloppereien setzt, haben wir bis zuletzt auf die gewohnt hohe Qualität von Entwickler Rocksteady gehofft.
Nach dem Durchspielen der ca. 10-15 Stunden langen Hauptgeschichte rund um Harley Quinn, King Shark, Captain Boomerang und Deadshot und mit Blick auf die Endgame-Inhalte, kommen wir jedoch zu einem ernüchternden Fazit: Ihr bekommt hier zwar keinen Totalausfall präsentiert, allerdings auch bei weitem kein gutes Spiel.
Was ihr bekommt, erinnert nur noch in Ansätzen an die glorreiche Batman: Arkham-Zeit und hat uns am Ende mit einem müden Schulterzucken zurückgelassen.
Auf welcher Plattform habt ihr getestet? Da GamePro vorab keine Testmuster erhalten hat, haben wir seit Early Access-Start ausschließlich auf PS5 gespielt und können euch somit leider keine Eindrücke aus der Xbox Series X/S-Version geben.
Rein technisch betrachtet, hatten wir ein größtenteils rundes Spielerlebnis ohne störende Bugs. Die angepeilten 60 fps werden oft, bei großem Gegneraufkommen aber auch nicht immer gehalten. Einen alternativen Grafikmodus gibt es nicht.
Eine kurzweilige, aber nicht ganz unproblematische Geschichte
Starten wir erst einmal mit etwas Positivem und dazu zählt über weite Strecken die seichte, aber unterhaltsame Story von Suicide Squad. Damit ihr aber an der Jagd auf die von Oberschurke Brainiac korrumpierte und zu Bösewichten mutierte Justice League bzw. Batman, Superman, Flash und Co. überhaupt Gefallen finden könnt, sind drei Punkte essentiell.
- Ihr müsst die quatschigen Dialoge bzw. den Humor der Antihelden mögen. Nerven euch die flapsigen Sprüche von Harley und Boomerang, werdet ihr permanent genervt die Augen verdrehen.
- Seid ihr absolute DC- und Comic-Nerds und regt euch selbst bei Kleinigkeiten auf, die nicht der etablierten Lore entsprechen oder unzureichend erklärt werden, seid ihr hiermit ausdrücklich gewarnt. Suicide Squad wirft ab und an seit Jahrzehnten bestehende Grundfeste wie die Kräfte von Green Lantern für mehr Spektakel über den Haufen.
- So offensichtlich es auch klingen mag, da es bereits im Titel des Spiels steht: Seid ihr beinharte Fans von Batman und Co. und könnt mit der Prämisse “Kill the Justice League” nichts anfangen, raten wir ebenfalls vom Kauf ab.
Eine tolle Inszenierung: Euch stören die oberen Punkte nicht und ihr findet die Ausgangslage rund um Oberschurke Brainiac vielmehr interessant und erfrischend, dann hergehört. Über weite Strecken hat die Story nämlich auch dank richtig schick aussehender Cutscenes und Charaktermodellen so manch coolen Moment, humorvollen Spruch oder überraschende Wendung zu bieten.
Oder anders formuliert: Wer spaßiges Popkornkino ohne tiefgründige Charakterentwicklungen sucht, wird fündig – zumindest bis wenige Stunden vor dem Ende.
Aufgrund von Spoilern halten wir uns hier vage, nur so viel sei gesagt. Die Einfallslosigkeit, die uns Rocksteady im letzten Kapitel entgegen schmettert, ist erschreckend und schadet rückblickend sogar der kompletten Geschichte.
Im Kern spaßiges, aber zu repetitives und chaotisches Gameplay
Nach einem kurzen Tutorial wählen wir einen der vier Antihelden, während der Rest der Truppe von der KI gesteuert wird – es sei denn wir spielen im Koop mit bis zu vier Freund*innen (mehr zum Koop weiter unten). Abseits der Kämpfe können wir jederzeit zwischen den Vieren wechseln.
Zwar wurde Rocksteady vielerorts für den Wechsel weg vom wuchtigen Nahkampf der Arkham-Reihe hin zum Third-Person-Shooter gerügt, grundsätzlich hatten wir mit den flotten, wenn auch etwas zu chaotischen Ballereinlagen, aber unseren Spaß.
Mit Deadshots Jetpack flink hinter Brainiacs Schergen zu düsen oder mit Harleys Greifhaken zu schwingen und mit Snipern, Rail Guns oder Pistolen die Lebensleisten der Aliens runterzuballern – das macht Laune. Im Nahkampf mit King Shark wuchtige Hiebe auszuteilen oder eingefrorene Gegner mit unserem Waffenarsenal zu zerbersten ebenfalls – zumindest für kurze Zeit.
Spielbare Charaktere:
- Harley Quinn: Schwingt mit einem Greifhaken durch die Luft und setzt auf (Maschinen-)Pistolen und schwere Waffen.
- King Shark: Kraftvolle Sprünge nach vorn oder horizontal in die Luft. Nutzt Schrotflinten, Maschinenpistolen und schwere Waffen.
- Captain Boomerang: Teleportiert sich dank Speedforce durch die Luft und nutzt Sniper, Schrotflinten und Maschinenpistolen
- Deadshot: Setzt auf ein Jetpack und nutzt natürlich Sniper und (Maschinen-)Pistolen.
Alle vier Suicide Squad-Mitglieder haben eine einzigartige Fortbewegung, einen Doppelsprung und können flott und ohne Ausdauerleiste an der Außenfassade von Gebäuden hochsprinten.
Für eine weitere Meinung zu Suicide Squad schaut gerne in das Fazit-Video von Kollege Fritz:
Leider spielen sich die Schießereien mit minimalen Abstrichen über das komplette Spiel gleich und unterscheiden sich überspitzt formuliert nur durch die größeren Schadenszahlen, die über den Köpfen der Feinde aufploppen. Hier helfen auch keine zusätzlichen Waffeneffekte wie Schock und Frost für das insgesamt generische Waffenarsenal oder ein Talentbaum, der uns für 20% länger in der Luft hält.
Zur Erklärung: Nach Abschluss von Missionen erhalten wir XP und steigen im Level auf. Jeder Aufstieg bringt zudem einen Talentpunkt für einen von drei Skill Trees. So erhöhen wir beispielsweise bei King Shark unsere Feuerkraft, Stärke und Dominanz oder wecken seine Kräfte der Vorahnen.
Das Missionsdesign könnte zudem einfallsloser kaum sein, was die Bosskämpfe einschließt. Ein Fahrzeug oder eine von Poison Ivys Pflanzen beschützen, Punkte einnehmen oder Wellen an Gegnern eine bestimmte Zeit abwehren. Selbst die Hauptmissionen funktionieren zum Großteil nach exakt diesem Schema.
Zwar führt das Spiel regelmäßig vom Panzer über Alien-Scharfschützen bis hin zu flinken The Flash-Kopien neue Gegner ein, die Art der Arena-artigen Scharmützel bleibt jedoch gleich. Auch unterscheiden sich die vier Charaktere spielerisch nicht stark genug, sodass wir auch hier kaum Pluspunkte verteilen könnten.
Optionen für Barrierefreiheit und Schwierigkeit: Beim Thema Accessibility bietet Suicide Squad, gemessen an einem AAA-Titel, eine recht limitierte Auswahl an Einstellungsmöglichkeiten:
- drei jederzeit anpassbare Schwierigkeitsgrade
- vier Farbenblindheitsmodi
- Text-to-Speech (nur auf Englisch)
- Automatisches Laufen (an/aus)
Auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad sind wir fast schon zu problemlos durchs Spiel gekommen und raten allen, die eine Herausforderung möchten, direkt eine Stufe höher zu stellen.
Eine imposante, aber seelenlose Open World
Metropolis als komplett offener Schauplatz schaut zunächst spektakulär aus. Wenn über der Stadt das riesige Totenschädel-förmige Raumschiff von Brainiac schwebt, aus dem metallene und von lila Blitzen durchzogene Tentakel sprießen, dann macht das optisch einiges her.
Leider täuscht der Ersteindruck und recht schnell wird klar, dass Supermans Heimatstadt mehr einer austauschbaren Kulisse gleicht, der es an optischer Abwechslung und markanten Gebäuden mangelt. Dabei ist selbst das mittlerweile neun Jahre alte Gotham City aus Batman: Arkham noch heute ein immens einprägsamer Schauplatz, der nur so vor düsterer Atmosphäre trieft.
Was uns Rocksteady in Suicide Squad bietet, ist auch was die Open World-Aktivitäten anbelangt überaus einfalls- und seelenlos. Natürlich dürfen Nebenaufgaben für besseren Loot – Waffen, Schilde und Mods in verschiedenen Seltenheitsstufen – auch mal repetitive Standardkost sein. Aber wenn am Ende das schnelle Durchfliegen von grünen Ringen und recht simple Riddler-Rätsel, in denen wir bestimmte Orte finden müssen, das Highlight sind, dann ist das im Jahr 2024 bei einem Vollpreistitel für 80 Euro schlicht zu wenig.
Als positiver Punkt soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass die Fortbewegung durch die Spielwelt mit ein wenig Übung recht flott von der Hand geht – wenngleich die Spider-Man-Spiele von Insomniac beziehungsweise das Schwingen durch New York in einer anderen Liga spielen.
So funktioniert der Koop: Direkt aus dem Hauptmenü heraus können wir bis zu drei weitere Personen in unseren bestehenden Spielstand einladen oder alternativ komplett von vorne beginnen, was dank Crossplay auch plattformübergreifend möglich ist.
Probleme mit der Verbindung hatten wir im Testzeitraum keine und schön war, dass gesammelte Erfahrungspunkte, Rüstung und Story-Fortschritt an die Antihelden der jeweiligen Spieler*in gebunden sind.
Ein Endgame zum Ausschalten
Nach Abschluss des sechsten Kapitels startet das Endgame “Finale Krise”, dessen Name fast schon sinnbildlich für das steht, was nach der Hauptstory zum jetzigen Zeitpunkt an Inhalten geboten wird.
Um in Elseworlds, also anderen Versionen der Erde, zu spielen, müssen wir zunächst durch den Abschluss normaler Nebenaufgaben sogenannte Prometheum-Punkte (Endgame-Währung) sammeln. Sind die Endgame-Missionen dann freigeschaltet, erledigen wir in dystopischen Paralleluniversen die gleichen Missionstypen wie zuvor im Hauptspiel. Der große Unterschied sind lediglich stärkere Gegner.
Und was bringt das, fragt ihr? Sind drei Elseworld-Missionen erledigt, steigt ihr im Finale Krise-Rang auf und könnt euch so Schritt für Schritt ein Rüstungsset von Bane farmen.
Die große Prämisse des Endgames – an dieser Stelle eine kleine Spoiler-Warnung – ist das Ausschalten von zwölf weiteren Versionen von Brainiac, bis der Oberschurke endgültig aus Metropolis verbannt ist. Was wie ein böser Scherz klingt, ist aktuell bittere Realität.
Welche weiteren saisonalen Inhalte bereits angekündigt sind, seht ihr hier im Trailer:
Live-Service als Spaßkiller?
Am Ende stellt sich natürlich die Frage, ob Suicide Squad ohne den GAAS-Ansatz (Games as a Service) ein besseres Spiel geworden wäre.
Weg mit der Onlinepflicht – was übrigens laut Publisher Warner noch kommen soll – weg mit dem Battle Pass, weg mit absurd überteuerten Mikrotransaktionen (5 Euro für ein Emote) und weg mit der Looter-Shooter-Hatz auf immer bessere Waffen und Rüstungen.
Die etwas überraschende Antwort lautet “vielleicht”. Vielleicht wäre ohne den Live-Service-Ansatz weit weniger Missions-Standardkost im Spiel, die einzig der schnellen Jagd nach besserem Loot dient. Vielleicht sind die Probleme bei Rocksteady nach den Abgängen vieler erfahrener Entwickler*inenn aus der Arkham-Zeit aber auch viel tiefgreifender. Ob Suicide Squad die Kurve hin zu mehr Abwechslung bekommt, bleibt abzuwarten. Das an und für sich spaßige spielerische Grundgerüst und auch das DC-Universum geben viel her.
Die Frage ist vielmehr, ob Rocksteady unter Publisher Warner und mit Blick auf die allgemeinnegative Stimmung rund um das Spiel noch die Möglichkeit bekommt, an ihre glorreichen Tage anzuknüpfen. Als große Fans der Arkham-Trilogie, die nach Gotham Knights jetzt einmal mehr an einem DC-Superheldenspiel stark herumkritteln müssen, würden wir uns sehr über einen Redemption Arc freuen.
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