Das erste Alone in the Dark-Spiel aus dem Jahr 1992 gilt als Begründer des Survival-Horror-Genres und damit auch als Urvater für Serien wie Resident Evil oder Silent Hill. Während die anderen beiden Reihen aber über die Jahre immer erfolgreicher wurden, befand sich Alone in the Dark spätestens seit Anfang der 2000er Jahre im Sinkflug. Die 2008 und 2015 erschienenen Ableger dienten dann im Grunde als Sargnägel für das Franchise.
2018 übernahm allerdings THQ Nordic die Rechte und kündigte prompt ein Reboot des Originals an. Das soll zurück zu den Anfängen der Reihe führen und diese gleichzeitig in die Moderne hieven. Jetzt steht das "neue" Alone in the Dark kurz vor dem Release und wir konnten die PS5-Version vorab ausgiebig testen.
Dabei zeigte sich, dass das große Erbe einerseits viele Stärken bietet, andererseits aber auch auf der Neuauflage lastet. Besonders die Action beherrschen die Genre-Konkurrenten mittlerweile nämlich einfach deutlich besser.
Willkommen im Sumpf
Alone in the Dark beginnt mit einer atmosphärischen Autofahrt durch die Sümpfe des amerikanischen Südewesten, in der wir die beiden Hauptfiguren Emily Hartwood und Edward Carnby kennenlernen. Carnby ist Privatdetektiv und wurde von Emily beauftragt, nach ihrem vermissten Onkel Jeremy zu suchen. Der ist im Sanatorium Derceto Manor untergebracht, das fernab der Zivilisation gelegen ist.
Dort angekommen, müsst ihr euch für eine der beiden Spielfiguren entscheiden, mit der ihr dann den gesamten Spieldurchlauf absolviert. Die Geschichte, die Emily und Carnby erleben, unterscheidet sich dabei in einigen Szenen und es lohnt sich durchaus, einen zweiten oder sogar dritten Durchlauf zu starten, wenn ihr alles sehen wollt. Alternative Enden gibt es nämlich erst, wenn ihr das "normale" Finale mit beiden Figuren gesehen habt.
Die Story von Alone in the Dark orientiert sich zwar am Original von 1992, geht aber eigene Wege und erzählt die Handlung nicht einfach nur nach. Vorwissen aus dem mittlerweile knapp 32 Jahre alten Erstling braucht ihr natürlich nicht.
Stark besetzter Detective-Thriller
Unabhängig davon, welche Hauptfigur ihr gewählt habt, entspinnt sich eine spannende und atmosphärische Detektiv-Geschichte mit übernatürlichen Elementen. Alone in the Dark spielt im Süden der USA der 1920er Jahre, was sich in den Kostümen, der Einrichtung und nicht zuletzt im jazzlastigen Soundtrack des Spiels widerspiegelt.
Für die Rollen von Emily und Carnby haben die Entwickler*innen echte Hollywood-Größen an Bord geholt. Die mutige Emily wird von Jodie Comer (Killing Eve, Free Guy) gespielt, die Rolle des grummeligen Detektivs Carnby übernimmt ‘Stranger Things’-Star David Harbour. Beide leisten gute Arbeit und verleihen den Hauptfiguren merklich an Charakter. Das englische Original hat zwar leicht die Nase vorn, aber auch die deutschen Sprecher*innen machen einen sehr guten Job.
Aber auch die weniger prominent besetzten Nebenrollen fallen im Vergleich dazu nicht ab. Von der ständig meckernden Haushälterin über den suspekten Direktor bis hin zur gefeierten Künstlerin finden sich einige spannende Figuren, die ihr im Lauf der Geschichte näher kennenlernt. Letztere wird vor allem in cineastisch inszenierten Zwischensequenzen erzählt, abseits davon seid ihr nämlich die meiste Zeit alleine unterwegs.
Derceto Manor ist dabei der zentrale Schauplatz des Spiels. Ihr erkundet die gruselige Heilstätte aus der Third-Person-Perspektive. Das Anwesen ist dabei ein großes, zusammenhängendes Gebäude, anfangs sind aber viele Türen verschlossen und Wege versperrt. Um diese zu öffnen und in der Geschichte voranschreiten zu können, gilt es, allerlei Hinweise zu sammeln und Umgebungsrätsel zu lösen.
Bugs und Probleme:
Alone in the Dark leidete in der Testphase bedauerlicherweise an ein paar technischen Problemen. Wir sind mehrmals irgendwo hängen geblieben und konnten nur durch einen Neustart wieder weiterspielen. Auch ein Fehler, bei dem plötzlich der Sound weg war, ließ sich so reparieren. Kollege Fritz vom GameStar-Video-Team berichtet sogar von einem Plotstopper-Bug, bei dem ein wichtiges Event einfach nicht ausgelöst wurde. Aktuell ist regelmäßiges Speichern also Pflicht. Wir hoffen, dass hier möglichst schnell ein Patch nachgeliefert wird. Der ist immerhin schon angekündigt.
Spannende Rätsel mit übernatürlicher Note
Hier spielt Alone in the Dark seine Stärken voll aus. Wir arbeiten uns durch Zeitungsausschnitte, Krankenakten, Tagebücher und Briefe, finden Kombinationen für Schlösser und Safes heraus oder ordnen bestimmte Gegenstände in der richtigen Reihenfolge an.
Dabei stoßen wir auch auf allerlei Geheimnisse, die die Patient*innen, das Personal und das Haus selbst hüten. Die vielen Verweise auf Voodoo-Praktiken und beängstigende Phänomene rücken zudem übernatürliche Erklärungen in den Bereich des Möglichen.
Die Atmosphäre ist in diesen Abschnitten wirklich gelungen, wir fühlen uns als echte*r Detektiv*in und erwarten hinter jeder Tür eine neue Überraschung. Und davon gibt es einige. Derceto Manor bleibt nämlich nicht der einzige Ort, den wir erkunden dürfen.
Schon früh treffen wir außerdem auf entstellte und verzerrte Wesen, die uns verfolgen und angreifen. Mit dem Revolver, der Schrotflinte oder umherliegenden Nahkampfwaffen müssen wir uns wehren.
Immer wieder verschwimmen Realität, Vorstellungskraft und böse Mächte, wodurch wir urplötzlich in den Straßen von New Orleans, in einem verlassenen Sumpf oder sogar einem alten Tempel landen. Die Umgebungen und Übergänge sind dabei ebenfalls sehr atmosphärisch gestaltet. Nicht selten eröffnet sich hinter einer unscheinbaren Tür eine gänzlich neue Welt. Leider erwartet euch hinter den Türen aber auch die größte Schwäche von Alone in the Dark.
Die Action-Passagen sind der Horror - aber nicht im guten Sinn
Immer dann, wenn das Tempo anzieht, werden die Probleme von Alone in the Dark nämlich deutlich sichtbar. Das fängt beim schwachen Gunplay an, das sich mit allen drei Schusswaffen schwammig und wenig befriedigend anfühlt.
Im Nahkampf kommen Spitzhacken, Schaufeln und mehr zum Einsatz, die sich allesamt gleich und bedauerlicherweise noch schlechter spielen. Das Trefferfeedback erinnert dabei eher an den Rohstoff-Abbau in Survival-Spielen als an einen echten Kampf.
Schwierigkeitsgrade:
Alone in the Dark lässt euch zwischen drei Schwierigkeiten wählen. Auf den höheren Einstellungen halten die Monster mehr aus und Ausrüstung ist knapper. Da die Kämpfe aber der schwächste Teil des Spiels sind, führt das nur zu unnötigen Frust.
Zudem könnt ihr einstellen, ob ihr Hinweise zu den Rätseln haben wollt. Die Charaktere machen dann Bemerkungen wie "Das habe ich doch irgendwo schonmal gesehen" und wichtige Details sind in Unterlagen schon markiert. Die Hinweise machen es teilweise etwas zu leicht, dafür irrt ihr aber auch nicht minutenlang herum, weil ihr ein Detail übersehen habt. Schön ist, dass ihr auswählen könnt, welche Hilfen ihr nutzen wollt und welche nicht.
Die Monster, die euch im Spiel ans Leder wollen, fallen vor allem durch Gleichförmigkeit auf. Es gibt nur eine Handvoll verschiedener Gegner, die sich beim Design und im Verhalten nicht ausreichend voneinander unterscheiden.
Es gibt Zombie-Monster in verschiedenen Größen, Blutegel und eine Art Dämonen-Fledermaus. Sie schlurfen, kriechen oder fliegen auf euch zu und sind nach ein paar Treffern erledigt. Herzrasen kommt hier nur durch die hakelige Steuerung auf. Ihr könnt übrigens auch schleichen, aber das verlängert die nervigen Abschnitte eigentlich nur und bietet abgesehen vom Munitionsverbrauch keine Vorteile.
Gerade im Vergleich mit anderen aktuellen Survival-Horror-Spielen wie dem Dead Space Remake oder der Neuauflage von Resident Evil 4 fallen die Action-Passagen stark ab. Bei Dead Space hatte ich vor jeder Auseinandersetzung Angst. In Resident Evil habe ich mich auf jede Schießerei gefreut. Hier will ich diese Abschnitte nur hinter mich bringen, um mich wieder mit der Geschichte und der tollen Welt auseinanderzusetzen.
Die sind nämlich wirklich gelungen! Letztlich stellte sich mir immer wieder die Frage, ob es die Action-Elemente in dieser Form überhaupt gebraucht hätte. Meiner Meinung nach wäre Alone in the Dark ohne sie nämlich ein besseres Spiel, das dann eben eher wie die neueren Sherlock-Holmes-Titel oder Call of Cthulhu funktionieren könnte.
Sollte THQ Nordic sich entscheiden, die Serie fortzusetzen, sollten sie sich gut überlegen, ob die Formel beibehalten werden soll oder ob man sich nicht doch lieber auf die eigentlichen Stärken konzentrieren möchte.
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