Das nächste Assassin’s Creed ist da! Und das macht dieses Mal nicht weiter, wo zuletzt das gigantische und verbuggte AC Valhalla aufgehört hat. Statt der ursprünglich geplanten Erweiterung für den Wikinger-Ableger bastelte Ubisoft daraus mit Mirage ein eigenständiges, kleines Action-Adventure, um uns das Spielgefühl der ersten Teile zurückbringen: Schleichen, klettern und meucheln, wie es sich für einen Assassinen gehört, zusammengehalten von einer packenden Geschichte voller Geheimnisse und Intrigen.
Dass das die richtige Entscheidung war, ahnten wir bereits nach unserer Preview zu Mirage. In unserem Test auf PlayStation 5 und Xbox Series X konnten wir nun endlich ganz ins Spiel (v1.0.1/1.0.2) eintauchen.
Valhalla wirft seine Story-Schatten bis nach Bagdad
Darum geht’s: Mirage erzählt die Vorgeschichte von Basim, den wir als Mitglied der Verborgenen (die späteren Assassinen) bereits aus AC Valhalla kennen. Im Bagdad des 9. Jahrhundert erleben wir mit, wie sich der von albtraumhaften Visionen geplagte Straßendieb Basim der Bruderschaft anschließt und den Orden der Ältesten bekämpft.
Das erinnert nicht nur an das erste Assassin’s Creed, sondern fühlt sich abseits der fehlenden Gegenwarts-Abschnitte auch ähnlich an. Sowohl Altair als auch Basim wollen sich würdig erweisen und werden schon mal hitzköpfig.
Hier seht ihr den Story-Trailer zu Mirage:
Allerdings ist Basim durch seine Rolle in AC Valhalla kein unbeschriebenes Blatt, sondern muss sich unsere Sympathie erst verdienen – um es mal spoilerfrei auszudrücken. Wer trotzdem wissen will, warum Basim es als Protagonist schwer hat, findet die Erklärung dazu in meiner Kolumne:
Bis zum Ende will der Funke jedoch nicht ganz überspringen. Zum einen, weil Basim vor allem im schwächeren mittleren Teil der Geschichte zu blass bleibt, obwohl eigentlich mehr Emotionen in ihm stecken. Zum anderen, weil die Story selbst für Valhalla-Kenner*innen auch mal verwirrend sein kann. Die Jagd nach dem Orden führt uns zwar gut und linear 20 Stunden lang durchs Geschehen, an die Qualitäten eines Assassin’s Creed 2 kommt Mirage aber definitiv nicht heran, auch nicht bei den Nebenfiguren.
Schleichen, wie es sich für einen Assassinen gehört
Die Muskeln lässt Mirage dagegen beim Stealth-Gameplay spielen. Es ist durch seine Fertigkeiten, Hilfsmittel, Umgebungen und Gegner klar darauf ausgerichtet, dass wir heimlich vorgehen und das macht auf Spaß.
Wir markieren etwa mit unserem Adler Enkidu aus luftiger Höhe die Wachen (sofern er nicht von Bogenschützen vorübergehend gehindert wird), schleichen durch Gräser, kraxeln Mauern hoch und locken hinter einer Ecke versteckt mit einem Pfiff einen Soldaten an, den wir mit der versteckten Klinge wortwörtlich um die Ecke bringen. Wir können aber auch explosive Krüge hochjagen oder eingesperrte Raubkatzen befreien.
Auch durch Hilfsmittel (Blaspfeile, Lärmer, Wurfmesser, Rauchbombe, Falle) wird unser Vorgehen immer ausgefeilter und kann dank Upgrades auch an unseren Spielstil angepasst werden. Haben wir etwa keine Lust, Wachen nur kurz einzuschläfern, können wir sie mit einem Pfeil auch aufeinander hetzen. Da wir diese freischaltbaren Boni zurücksetzen können, sind uns hier kaum Grenzen gesetzt.
Ähnliches gilt für den überschaubaren, aber meist sinnvoll gefüllten Fertigkeitenbaum (z.B. neues Hilfsmittel oder “Sturz abfangen”). Da sich alle drei Kategorien Schatten, Trickser und Jäger aber theoretisch komplett freischalten lassen, weil die Erfahrung an den Spielfortschritt geknüpft ist, müssen wir uns hier leider kaum Gedanken machen. Außerdem ist die Fertigkeit, den Taschendiebstahl effektiver zu machen, unnötig, sofern ihr das Quick-Time-Event-Minispiel in den Einstellungen deaktiviert.
Kaum Gedanken scheinen sich auch viele Wachen zu machen. Haben wir den Dreh raus, meucheln wir sie wie etwas repetitiv wie am Fließband weg: Pfiff, Kill, Pfiff, Kill, Positionswechsel, Pfiff … da brauchen wir nicht mal groß Hilfsmittel. Nutzen wir dann auch noch die mächtige und kaum erklärte “übernatürliche” Attentäter-Konzentration für automatische Multi-Kills, machen wir uns heimlich fix den Weg frei. Immerhin ist die Funktion limitiert und muss durch Attentate wieder aufgeladen werden. Für ein spannenderes Spielerlebnis raten wir aber davon ab.
Basim ist kein Nahkampf-Monster wie Eivor
Werden wir von der dummen KI doch entdeckt und ein gepanzerter Soldat will uns ans Leder, wird es schon knackiger. Bloßes Draufhauen mit Säbel und Dolch hilft da wenig. Wir müssen ihn mit einem gezielten Messerwurf auf die Füße zu Fall bringen, um ihn mit einem Finisher zu erledigen. Einzelnen normalen Soldaten können wir dagegen auf mittlerem Schwierigkeitsgrad noch recht entspannt ausweichen, parieren und dann den Gnadenstoß verpassen, ein Kampfbiest wie Eivor solltet ihr von Basim aber nicht erwarten.
Mirage liefert 3 Schwierigkeitsgrade, aber kein NG+
Je nachdem, ob ihr ‘Einfach’, ‘Normal’ oder ‘Schwer’ wählt, sind die Entdeckungsgeschwindigkeit, Suchzeit, der Schaden und die Widerstände der Gegner geringer oder stärker. Außerdem beeinflusst es die Schwierigkeit der Taschendiebstähle.
Zum Release gibt es kein New Game Plus, der Modus wird auch nicht nachgeliefert.
Grundlegend hält Basim nicht viel aus und muss auf seine Ausdauer achten, während er durch die Gegend hetzt und mit leichten/schweren Angriffen loslegt. Werden wir umzingelt, heißt es besser Rauchbombe zünden, die Beine in die Hand nehmen und verstecken, beispielsweise in der Menschenmenge.
Aber auch wenn wir entkommen, gibt es da noch das dreistufige Fahndungssystem, ähnlich wie wir es aus Assassin’s Creed 2 kennen. Je stärker wir gesucht werden, umso mehr setzen uns die Soldaten zu und Passanten verpetzen uns - was die Wachen aber dann doch irgendwie kaum zu interessieren scheint. Dennoch sollten wir gerade den Shakiriyya-Elitewachen (Stufe 3) besser aus dem Weg gehen.
Da hilft dann nur Wanted-Poster abreißen oder Munadi (Marktschreier, die sich vertraut wie die aus AC2 anhören) bestechen. Während ersteres zum Glück schneller geht als in alten Teilen, brauchen wir zum Bestechen kein Geld, sondern die seltenen Machtmünzen, bei denen wir uns zweimal überlegen, ob wir sie wirklich ausgeben sollen.
Beim Parkour mangelt es am “Rückschritt”
Beim ebenso wichtigen Parkour-System hat Ubisoft leider nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Bagdad bietet als eng bebaute Stadt mit neuen Vorrichtungen wie Stabsprüngen zwar einen tollen Parkour-Spielplatz wie die alten Spiele, was sich durch Basims neue Animationen durchaus sehen lassen kann, allerdings gibt es zwei Dinge, die sauer aufstoßen.
Die Steuerung ist in Mirage unpräzise, was vor allem beim Parkour auffällt. Wir kraxeln mit Basim zwar dank eines Knopfdrucks quasi automatisch an Kletterkanten Aussichtstürme und Mauern hoch, es kommt dabei aber immer wieder vor, dass er ungewollt auf Tische klettert, in den Abgrund oder direkt in Feinde hineinspringt. Sowas kennen wir leider schon aus anderen Ablegern - ja Valhalla, vor allem du bist gemeint!
Selbst ohne dieses Problem gibt uns Mirage durch die automatische Parkour-Funktion weniger Spielraum, als wir es aus den alten Spielen gewohnt sind. Ein ausgeklügeltes System, durch das wir etwa in AC2 komplexe “Kletterpuzzles” bewältigen mussten, sucht ihr hier vergebens.
Black Box Missionen in der Light-Version
Die Black Box Missionen sind ein weiterer Kritikpunkt. Diese besonderen Attentate begeisterten uns in AC Unity mit ihren optionalen Möglichkeiten wie das Freischalten neuer Eingänge und Herbeirufen Verbündeter. Ähnlich wie in Hitman entscheiden wir selbst, wie wir vorgehen. So wird die Mission regelrecht zu einem Stealth-Spielplatz.
Mirage gibt uns diese sogenannten Gelegenheiten, aber diese “Entscheidungen” fallen im Vergleich recht trivial aus. Zum Beispiel liegt es an uns, ein Attentatsziel mit Hilfe von Arbeitskräften oder einem Händler herauszulocken. Ganz selten dürfen wir uns auch mal verkleiden. So unterscheiden sich Missionen zwar leicht, eine spannende Stealth-Sandbox sieht aber anders aus.
Endlich eine Spielwelt, in der wir uns ‘nicht die Hacken ablaufen’
Wenn Ubisoft etwas kann, dann ist es Spielwelten und ihre Kulturen stimmungsvoll abbilden. Das ist auch in Mirage mit Bagdad und der Wildnis darum nicht anders. Die Welt ist trotz Wüstenszenario nicht zu eintönig, sondern detailliert gestaltet. Die vier Distrikte unterscheiden sich und in der Wildnis gibt es ein paar Hotspots wie Tempel. Hier dürft ihr aber keine ausgefallenen Gräber wie in AC Origins erwarten.
Dieser tollen Atmosphäre wirken etwas die immer gleichen Sprüche der Passanten und Soldaten entgegen, aber dafür lässt sich stimmungsvoll beobachten, wie ein Pärchen sich etwa im Wasser nassspritzt und der Sand über die Dünen fegt.
Die Ubisoft-Formel lebt, aber erschlägt nicht: Was Ubisoft aber auch drauf hat, ist die Spielwelten mit allem möglichen Kram vollzustopfen, was beim puren Anblick der Map schon für Schweißausbrüche sorgt. Hier können wir aber Entwarnung geben.
Natürlich gibt es auch abseits der Story etwas zu tun, wie Scherben sammeln, Truhen für bessere Ausrüstung looten und Rätsel lösen. Statt dass das aber in Arbeit ausartet und ablenkt, nehmen wir alles nebenbei mit, ohne uns “die Hacken abzulaufen”, um meinen Kollegen Stephan zu zitieren. Das wird auch wieder dadurch erleichtert, dass uns wirklich alles über eine Markierung vor die Nase gehalten wird.
Nebenquests wie Fraktionsaufträge (die hilfreiche Münzen und Ressourcen liefern) und “Geschichten aus Bagdad” fügen sich ebenfalls gut ein. Nach faulen Furz-Quests wie in Valhalla suchen wir hier zum Glück vergeblich. Stattdessen bekommen wir gehaltvolle Missionen aufgetischt, die zur Hauptgeschichte passen oder uns einen “besonderen Charakter" präsentieren. Zusammen mit der Nachforschungs-Mechanik, durch die wir mehr wie ein Detektiv das nächste Ziel rausfinden, statt eine ToDo-Liste abzuarbeiten, entfaltet sich ein angenehmer Spielfluss.
Wirklich innovativ ist das mit Objekten untersuchen, Schlüssel klauen oder Personen belauschen zwar auch nicht, und auch simple “Meuchel X” und “Besorge Y”-Aufgaben bleiben nicht aus, aber all das fällt durch die Portionierung und kleinere Spielwelt nicht so ins Gewicht.
Technik aus der Wikingerzeit, aber kein “Bug”dad
Assassin’s Creed Mirage ist auf den Current Gen-Konsolen glücklicherweise nicht so verbuggt, wie es zuletzt Valhalla war, obwohl es als ursprünglich angedachter DLC dafür auf der gleichen technischen Grundlage basiert. Entsprechend solltet ihr bei den Animationen, der Mimik und Lippensynchronität auch nicht viel mehr erwarten. Die deutschen Sprecher gehen soweit in Ordnung.
Ganz ohne Glitches oder andere kleine technische Fehler kommt jedoch auch Mirage nicht aus, was teilweise sogar variieren kann. Während unserer Testphase hatten wir entweder kaum oder erst gegen Spielende hier und da ein paar Probleme, wie fehlenden Finisher-Sound und vermehrte KI-Aussetzer. Andere Kleinigkeiten, darunter kuriose Kleidungsphysik und spät ladende Sträucher, behinderten den Spielspaß oder Spielfortschritt aber nicht.
Kleines Gimmik für mehr Nostalgie: Wenn euch das farbenfrohe Bagdad zu bunt ist, könnt ihr in den Optionen einen Farbfilter aktivieren, der das Spiel in die ungesättigten blauen Grundfarben hüllt, wie wir sie im allerersten Assassin’s Creed erlebt haben:
Einen tieferen technischen Einblick liefert euch unser Hardware-Experte Chris:
So läuft Mirage
Typisch für die Assassin’s Creed-Reihe ist das Basim-Spin-off kein kleines Spiel, sondern ganz schön anspruchsvoll für die Hardware. Unzählige Passanten sind in den staubigen Gassen des detailreich nachgestellten Bagdad unterwegs und dann wäre da auch noch das erstklassige Beleuchtungsmodell, das die Orient-Metropole in kräftige Kontraste aus Licht und Schatten hüllt.
Dabei könnt ihr im Falle der PS5 und Xbox Series X auf zwei Grafikmodi mit jeweils unterschiedlichen Stärken und Schwächen zurückgreifen. Und zwar:
- Qualität: 30 fps bei 1800p bis 2160p
- maximale Grafikdetails
- Performance: 60 fps bei circa 1368p
- reduzierte Qualität im Hinblick auf Schatten, Texturen, Weitsicht und Detailgrad der Umgebung
Die angepeilte Bildwiederholrate wird von beiden Modi weitgehend getroffen, beim Performance-Modus bemerkten wir aber einige Framerate-Einbrüche in Szenen mit Zeitlupeneffekten oder vielen NPCs.
Insbesondere gegen Ende des Spiels mehrten sich solche Ruckler, da Basim viele Fähigkeiten lernt, die die entsprechenden Zeitlupen auslösen, und er ist auch häufiger in Schleicharealen mit vielen Wachen und Stadtbewohner*innen unterwegs.
Mehr zur technischen Performance findet ihr in unserem Video:
Wir beobachteten die Frame Drops auf beiden Current Gen-Konsolen, genau wie die von Annika aufgezählten Bugs, die zum Glück keine gravierenderen Züge annahmen, weshalb wir von einer Abwertung abgesehen haben.
Bei der PS4-Fassung müssen wir sie aber leider zücken: Auf der Last Gen-Konsole steht lediglich ein Grafikmodus zur Verfügung, der bei 900p und 30 fps läuft.
Dabei kommt es jedoch recht häufig zu gröberen Rucklern und das trotz reduzierter Personenanzahl auf öffentlichen Plätzen und verminderten Grafikdetails (unter anderem Schatten). Das Spiel kann dann bis runter auf 25 Bilder pro Sekunde rutschen und das sogar in kniffligen Missionen:
Daher ziehen wir für die PS4-Version drei Punkte von der Gesamtwertung ab.
Barrierefreiheitsoptionen
Wenn ihr Mirage erstmalig startet, werden euch noch vor dem Spielbeginn erste wichtige Einstellungen gezeigt. Unter Optionen findet ihr in den diversen Kategorien noch folgende Accessibility-Optionen:
- Schwierigkeitsgrad
- Garantierter Taschendiebstahl
- Zielhilfe
- Textgröße
- Symbolgröße
- Halten-Alternative / Halten-Dauer
- HUD-Hintergrund
- Farbfehlsichtigkeit
- Fadenkreuz-Farbe
- Bildrütteln
- Blut-Effekte
- Untertitel (Sprache, Größe, Hintergrund, Sprechername)
- Untertitel für Gehörlose (Größe, Hintergrund, Position)
- Menü-Vorlesefunktion (Stimme, Tempo, Lautstärke)
- Dialog-Verstärker
- Kollisionsgeräusche
- Eingabemethode
- X/Y-Achsen (Empfindlichkeit, Umkehrung)
- Controller-Vibration
- Steuerung für Bewegung und Kamera tauschen
- Steuerung anpassen (einzelne Tasten und Drücken/Umschalten/Halten)
- diverse Einstellungen für Tastatur & Maus
Die Meinung von GameStar-Kollege Dimi könnt ihr auch im Test-Video erfahren:
Assassin's Creed Mirage erscheint am 5. Oktober für PS5, PS4, Xbox One, Xbox Series X/S, Amazon Luna und PC. Im Frühjahr 2024 kommt auch eine Version für das iPhone Pro (Max).
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