Banishers: Ghosts of New Eden ist das neue storyfokussierte Action-Adventure von Life is Strange-Studio Don’t Nod. Dieses Mal verschlägt es uns in die britischen Kolonien im 17. Jahrhundert, wo wir uns als sogenannte Verbanner der Geisterjagd widmen.
Dabei kommen wir den orstansässigen Siedlern zur Hilfe, die in ihrem ohnehin rauen Alltag von übersinnlichen Heimsuchungen geplagt werden. Um die Ursache dafür zu finden, führen wir Gespräche mit NPCs und erkunden die Spielwelt. Regelmäßig müssen wir auch Geistern in Kämpfen mit Nah- und Fernkampfwaffen den Garaus machen.
Dabei bringt das Spiel für Xbox Series X/S, PS5 und PC erfrischende Ideen mit, schießt sich aber auch mit unausgereiften Spielmechaniken immer wieder ins eigene Bein.
Zu zweit auf Geisterjagd
Unsere Hauptfigur ist Red mac Raith, ein bärtiger Schotte, den wir in der Third-Person steuern. Die Besonderheit an Banishers ist aber, dass wir jederzeit auch zu seiner Geisterjäger-Partnerin Antea Duarte wechseln können, die nach einem tragischen Todesfall ironischerweise nun selbst als Geist wiedergekehrt ist.
Sie fungiert als untergeordnete Protagonistin und greift Red im Kampf und bei Rätseln unter die Arme. Insgesamt bleibt sie als Figur aber blasser als ihr Geschäftspartner und Liebhaber, da wir lange Zeit viel zu wenig über ihre Hintergrundgeschichte erfahren. In der rund 15-stündigen Hauptmission arbeiten wir darauf hin, uns dem mächtigen Nachtmahr zu stellen, der für Anteas Tod verantwortlich ist.
(V)Ermitteln zwischen Lebenden und Toten
Im Spielverlauf erkunden wir eine Welt, die zwar prinzipiell frei begehbar ist, in der wir uns aber nur auf schlauchigen Pfaden bewegen dürfen. Wir können nämlich nur an markierten Stellen springen oder klettern, abseits davon ist jeder noch so kleine Stein ein unüberwindbares Hindernis.
In Haupt- und Nebenquests haken wir sogenannte „Spukermittlungen“ ab. Diese funktionieren folgendermaßen:
Zunächst müssen wir herausfinden, welcher Mensch von welchem Geist heimgesucht wird und warum. Dafür sprechen wir mit den betreffenden Personen, aber auch mit den Geistern, die wir in Ritualen beschwören können. Zusätzlich suchen wir Indizien wie Briefe und andere Hinweise an den betreffenden Handlungsschauplätzen.
Regelmäßig müssen wir auch gegen ein paar schemenhafte Gespenster oder wandelnde Leichen kämpfen. Manchmal wartet sogar ein cooler Bosskampf – eine Herausforderung bieten die Gefechte, bei denen wir ausweichen, Hiebe austeilen, parieren oder schießen, jedoch auf dem "normalen"”" Schwierigkeitsgrad kaum.
Am Ende jeder Spukermittlung steht immer die Konfrontation zwischen Geistern und Menschen, in der wir die Wahl haben, Erstere ins Jenseits zu befördern oder Letztere zu „beschuldigen“. Das bedeutet nichts anderes, als dass wir sie umbringen, um sie für ihre Taten zu bestrafen und sie unschädlich zu machen.
Denn nicht immer haben wir es mit bösen Geistern und ihren unschuldigen Opfern zu tun. Oft haben auch die Lebenden den Toten großes Unrecht getan und so ihre Rückkehr erst heraufbeschworen.
Eine große Entscheidung statt vielen kleinen
Viele dieser Spukermittlungen können uns am Ende vor echte moralische Dilemmas stellen. Die Siedler*innen von New Eden leben unter rauen Bedingungen in armseligen Hütten und kämpfen jeden Tag gegen den Hunger und ums Überleben. Wie entscheiden wir also über das Schicksal der Anführerin einer kleinen Gruppe, die einige ihrer Leute opfert, um andere durchfüttern zu können?
Leider werden unsere Wahlmöglichkeiten am Ende der Spukermittlungen von einem zweiten, konkurrierenden Moralsystem überlagert. Gleich zu Spielbeginn müssen wir nämlich Antea einen Eid schwören. Entweder versprechen wir ihr, sie nach dem letzten Abenteuer friedlich ins Jenseits zu senden oder sie in einem Ritual wiederzubeleben.
Wählen wir das Ritual, müssen wir dafür fast alle Siedler in unseren Missionen opfern, also sie beschuldigen und töten, auch wenn wir sie für unschuldig halten. Entscheiden wir uns für die andere Variante, müssen wir sie verschonen und stattdessen die Geister austreiben.
Die vielen richtig spannenden und emotionalen kleinen Geschichten, die wir auf dem Weg zu unserem Ziel erleben, verlieren an Gewicht, weil wir uns in der Regel an unseren Eid halten wollen. Wir könnten zwar auch konträre Entscheidungen treffen, tun es aber fast nie, weil dies wiederum dem übergreifenden Ziel im Wege steht.
Banishers verpasst hier leider die Chance, uns einen Indikator zu geben, wie nah wir einem erfolgreichen Aufstieg oder einer Wiederbelebung von Antea bereits sind. Könnten wir etwa unseren Fortschritt mitverfolgen und sehen, wie viele Menschen wir noch (ungefähr) verschonen dürfen, ohne die Wiederbelebung zu stark zu gefährden, wäre das System wesentlich reizvoller. So tappen wir im Dunklen und gehen daher fast immer auf Nummer sicher.
Entscheiden wir uns dafür, die meisten Menschen zu opfern, fehlen außerdem im Verlauf der Geschichte viele schöne oder interessante Interaktionen.
Technik
Im Großen und Ganzen läuft Banishers im überwiegend getesteten Performance-Modus auf Xbox Series X und PS5 sehr flüssig – mit einer Ausnahme: Sprintet ihr zu lange durch die Welt, kommt es zu heftigen Nachladerucklern. Kämpfe sind davon jedoch nicht betroffen. Daneben kam es bei uns nur zu kleineren Bugs, wie dass die Schnellreisefunktion nicht laden wollte oder zweimal NPCs nicht aufgetaucht sind, was durch ein Neuladen behoben werden konnte.
Geister im Duo vermöbeln
Auch die Action im Spiel kommt mit guten Ideen, aber einigen merkwürdigen Entscheidungen daher. Wir können ständig mit einem Tastendruck zwischen Antea und Red wechseln, die jeweils andere Person verschwindet solange.
Antea prügelt mit Fäusten oder Spezialattacken (beispielsweise eine Explosion) zunächst die verlorenen Seelen aus den besessenen Leichen heraus. Die halbtransparenten Schemen, die dadurch übrig bleiben, müssen wir dann mit Reds Säbeln und Flinten besiegen. Die Kämpfe sind durchaus solide und steuern sich flüssig und präzise.
Mit Punkten für den Abschluss von Missionen können wir Perks in rudimentären Fähigkeitsbäumen aufleveln. Auch Ausrüstungsgegenstände haben Perks, die wir mit Ressourcen verbessern. Damit bekommen wir beispielsweise mehr Heilung oder machen Angriffe nach Paraden wirkungsvoller.
Die Highlights sind hier einige cool designte Hauptbosse, wie eine riesige, wolfsähnliche Bestie aus Holz und Knochen, bei der wir bestimmte Schwachstellen attackieren müssen. Das ist zwar eindrucksvoll in Szene gesetzt, eine Herausforderung stellen die Gefechte aber nicht dar.
Das gilt noch mehr für die normalen Gegner-Mobs, die uns auf Missionen und beim Durchqueren der Welt begegnen. Hier mangelt es Banishers zudem gewaltig an Gegnervielfalt. Nach den ersten Stunden kennen wir die paar Leichen, Wölfe und Schemen, die uns anfallen, bereits auswendig.
Ebenfalls nervig: Sobald Gegner auftauchen, kann Red nicht mehr springen oder klettern und wir können das aktuelle Levelareal nicht mehr verlassen. Erst wenn wir jeden kleinen Quälgeist erledigt haben, dürfen wir weiter. Das ist unnötig und auf Dauer ermüdend.
Accessibility:
Leider bietet Banishers keine umfangreiche Liste an Barrierefreiheitsoptionen. Die nützlichsten Features, die es gibt, listen wir für euch auf:
- 5 Schwierigkeitsgrade, inklusive “Geschichte”, bei dem ihr in Kämpfen so gut wie keinen Schaden nehmt
- Zielhilfe (ein/aus)
- Deutsche Untertitel in 3 Größen (auch mit englischer Sprachausgabe kombinierbar)
- Hintergrund für Untertitel (ein/aus, wahlweise hoher Kontrast)
Klasse Nebenmissionen, schöne leere Welt
Wer alle optionalen Spukermittlungen erledigt und auch die Spielwelt erkundet, ist gut 40 Stunden mit Banishers beschäftigt – und wir können euch nur empfehlen, alle Nebenmissionen mitzunehmen.
Die erzählen nämlich richtig spannende, emotionale und in sich geschlossene kleine Geschichten. Fast immer bringen sie einen verblüffenden Twist mit. So scheint beispielsweise ein fieser Geist Unruhe zu stiften, dahinter steckt aber eine verstorbene Ehefrau, die nicht mit ansehen kann, wie ihr Mann einen ungesunden Lebenswandel durchmacht.
Manche Storys sind herzerwärmend, viele aber auch düster und grausam. Sie lohnen sich zusätzlich, weil wir dabei mehr über Red und Antea erfahren. Nur in manchen Dialogzeilen fehlt ein wenig das Fingerspitzengefühl, wenn Themen wie Völkermord oder Sklaverei thematisiert werden.
Sprachausgabe:
Das Spiel verfügt über eine gelungene deutsche Sprachausgabe. Trotzdem empfehlen wir euch die englische Version, denn Akzente, Slang und Wortspiele können oft auf Deutsch gar nicht wiedergegeben werden und tragen sehr zur Stimmung bei.
Zu viel Leerlauf
Während die optionalen Quests eine echte Bereicherung sind, passiert in der Spielwelt viel zu wenig. Beim Erkunden stoßen wir lediglich auf Ressourcen, die wir nicht unbedingt benötigen und wenig einfallsreiche Aktivitäten wie Geisternester (also zusätzliche Gegner-Mobs), die sich schnell abnutzen.
Genauso sind wir nach einer Weile die kleinen Rätsel leid, die wir lösen müssen, um neue Wege freizuschalten. Dazu gehört zum Beispiel das Aufdecken der Schwachstellen von korrumpierten Ranken. Diese müssen wir zuerst mit Antea finden und dann unter Zeitdruck mit Red abschießen – und das einfach viel zu oft auf unserer Reise.
Was wir der Welt von Banishers allerdings zugute halten müssen: Sie sieht mit ihren tiefen Wäldern, weiten Stränden und schneebedeckten Hängen wirklich schick aus.
Insgesamt erwartet euch mit Banishers ein Spiel mit frischem Setting, großartigen Nebenmissionen und soliden Kämpfen. Die zwar interessante, aber auch wenig überraschende Hauptstory wird dabei immer wieder durch zu lange ereignislose Abschnitte beim Durchqueren der Spielwelt ausgebremst.
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