Battlefield 1 - Ich fühle mich nutzlos & das soll bitte so bleiben

Wer bei Multiplayer-Titeln nicht mithalten kann, hat es in Sachen Spielspaß nicht leicht. Der Frust lauert an jeder Ecke und wir sehen ihn erst, wenn es zu spät ist. Doch so schlechter ich in Battlefield 1 spiele, desto besser gefällt es mir.

Tode in Battlefield 1 sind zahlreich und in der Regel sinnlos. Tode in Battlefield 1 sind zahlreich und in der Regel sinnlos.

Ich glaube nicht, dass ich ein guter Soldat wäre. Meine Zeit bei der Bundeswehr habe ich damit verbracht, Fahrräder an meine Kameraden auszuleihen und das anschließend in einem dicken Buch zu vermerken. Jedes Verständnis für Taktik und Strategie muss sich bei mir hinter Bauchgefühl und impulsiven Entscheidungen anstellen. Sollte ich jemals eine militärische Operation leiten müssen, dann macht euch auf etwas gefasst. Achja, ein guter Battlefield 1-Spieler bin ich übrigens auch nicht.

Das stört mich aber nicht, ganz im Gegenteil. Was den Multiplayer angeht, so bin ich nutzlos. Ich bin ohne jede Orientierung, von den Spielmechaniken überfordert und für meine Mitspieler ein Klotz am Bein, der nicht einmal als wirksames Kanonenfutter herhalten kann. Und ehrlich gesagt, finde ich das alles ziemlich aufregend. Denn schlecht in Battlefield 1 zu sein, bedeutet für mich nicht, es falsch zu spielen. Meine Nutzlosigkeit ist eine ganz eigene Art und Weise, den Shooter zu erleben.

Live. Die. Repeat.

Woher meine Unfähigkeit kommt, ist schwer auszumachen. Klar, ich habe die Battlefield-Marke in den letzten Jahren ziemlich ignoriert und konnte daher nicht gemeinsam mit der zunehmenden Komplexität der Reihe wachsen. Wenn es nach mir geht, dann funktioniert das Franchise noch immer so wie damals in Battlefield 1942. Aber auch sonst hat Battlefield 1 so einige Elemente, die mir nicht so recht in den Kram passen. Ich bin mit schnellen, unkomplizierten Arena-Shootern aufgewachsen, die mir ein Grundverständnis an die Hand gegeben haben, das ich bei Battlefield 1 gepflegt in die Tonne treten kann.

Die gigantischen Karten verlangsamen das Gameplay, die teils offenen Landschaften lassen mich ratlos im Kugelhagel stehen und dass ich lieber auf Objectives und nicht auf Kills schauen soll, werde ich wohl nie lernen. Ich bin in Sachen Battlefield 1 ein Quereinsteiger, der für seine Kameraden zum Querschläger wird und ganz sicher für viel Frust, Verständnislosigkeit und Niederlagen sorgt. Dafür entschuldige ich mich. Aufhören möchte ich mit Battlefield 1 aber nicht: Und besser werden auch nicht.

Hannes Rossow (@Treibhausaffekt)
Hannes meidet die großen Shooter unserer Zeit, auch wenn er Splatoon liebt und man ihn als D.Va nicht unterschätzen sollte. Nur gelegentlich lässt er sich auf den Militär-Fetisch von CoD, Titanfall und Co. ein, bleibt dabei aber erfolglos. Doch Battlefield 1 hat das gewisse Etwas, dass ihn auch dann wieder respawnen lässt, obwohl sein Squad schon genervt die Flucht antritt.

Der Spaß, den ich mit dem Multiplayer von Battlefield 1 habe, hat fast schon masochistische Züge angenommen. Ich bin mir vor jedem Respawn darüber im Klaren, dass ich nur auf die Karte geworfen werde, um wenige Sekunden später leblos in den nasskalten Graben zu stürzen. Ich bin immer hoffnungslos überfordert und genau darin sehe ich den Reiz der Massenschlachten. Da ich die Gefechte nicht lesen kann, gerate ich unentwegt in für mich chaotische Situationen, die ich nicht einmal im Ansatz kontrollieren kann.

Das frustriert mich aber nicht. Dasselbe gilt für die lächerlich niedrigen Punktzahlen, die am Ende meinen Wert für die Schlacht messen. Ignorant gegenüber meinen Aufgaben als Sturmsoldat, agiere ich kopflos und versuche einfach nur, so lange wie möglich am Leben zu bleiben. Die ständigen Explosionen, das unentwegte Geschrei und die plötzlichen, bedeutungslosen Tode machen Battlefield 1 zu einem unglaublich intensiven Erlebnis, das ich so wohl nicht hätte, wenn ich nur wüsste aus welcher Richtung der Feind kommt.

Die Entwickler von DICE haben oft betont, dass sie den Ersten Weltkrieg mit dem nötigen Respekt behandeln wollen, auch wenn es im Kern des Spiels darum geht, Spaß an den Schlachten zu haben. Ich denke nicht, dass ich Battlefield 1 so erlebe, wie es von den Machern gedacht ist, dennoch finde ich hier noch am ehesten ein Spielgefühl, das mich an den durchschnittlichen Soldaten des Ersten Weltkriegs erinnert. Unausgebildet, idealistisch und ahnungslos in den Multiplayer gestartet, überwiegt für mich der Terror und die Bewusstwerdung, dass ich ohne jeden Sinn durch den Dreck robbe und darauf warte, dass mein Battlefield-Ticket geknipst wird.

Was Hänschen nicht lernt, will Hannes gar nicht wissen

Und diese Erfahrung will ich nicht verlieren. Ich habe tatsächlich Bedenken, dass ich mit Routine und dem Ausbau meiner Fähigkeiten die Lust an Battlefield 1 verliere, statt an Motivation zu gewinnen. Vielleicht mag ich dann in der Bestenliste wirklich etwas höher rutschen, doch dieses besondere Spielgefühl, dass ich nur als Battlefield-Versager erleben darf, kann dann nicht mehr rekonstruiert werden. Ich kann zwar besser werden, aber nicht mehr schlechter. Ich kann einen erlangten Überblick über die Mechaniken nicht mehr verlieren.

Zum Launch von Battlefield 4 steckte ich in einer vergleichbaren Situation. Auch damals war ich als Soldat nicht zu gebrauchen und bin planlos durch Shanghai gestiefelt. Doch anders bei der packenenden Atmosphäre von Battlefield 1, fühlte ich mich im direkten Vorgänger schlicht nicht involviert. Ich war ein perfekt ausgerüsteter Profi-Kombattant, der zugleich vollkommen inkompetent ist. Und ja, das macht dann tatsächlich keinen Spaß.

Aber in Battlefield 1 bin ich eben kein Berufssoldat. Ich bin kein Elite-Kämpfer, der sich schon fast sportlich motiviert in einem nahezu "sauberen Krieg" gegen seine Gegner durchsetzt. Ich bin Bäcker, Lehrer und Universitätsstudent, der in einen sinnlosen, unmenschlichen Konflikt geworfen wird, der ihm und 17 Millionen anderen Menschen das Leben kosten wird. Wo die Kampagne meiner Meinung nach versagt, schaffen es die Entwickler von DICE mich den Ansatz dieses Horrors spüren zu lassen. Ich will nicht gut sein — ich will nur Soldat sein.

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