Die Akte Xbox One - Geleaktes Microsoft-SDK analysiert

Geheime Unterlagen zur Xbox One sind Ende 2014 an die Öffentlichkeit gelangt. Unsere Analyse liefert spannende Einblicke in die Entwicklung der Next-Gen-Konsole, die den Fokus immer weiter weg von Kinect und hin zu mehr Spieleleistung verschiebt.

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Die Bedeutung der Kinect-Kamera schwindet für die Xbox One zunehmend, möglichst hohe Spieleleistung steht dagegen immer stärker im Fokus von Microsoft. Die Bedeutung der Kinect-Kamera schwindet für die Xbox One zunehmend, möglichst hohe Spieleleistung steht dagegen immer stärker im Fokus von Microsoft.

Das Jahr 2015 beginnt für die Xbox One und Microsoft mit einem Paukenschlag: Eine Hackergruppe hat das Software Development Kit (SDK, im Falle der Xbox One von Microsoft XDK genannt) der Next-Gen-Konsole ins Netz gestellt, also das Software-Herz für die Entwicklung von Spielen und Anwendungen auf der Xbox One. Während sich mit dem XDK ohne eine spezielle Developer-Xbox und die nötigen Programmierkenntnisse relativ wenig anfangen lässt, legt die begleitende Dokumentation von Microsoft ausführlich Zeugnis über die Entwicklung der Xbox One seit März 2012 ab.

Auf den Markt gekommen ist die Konsole Ende November 2013, die Dokumentation gewährt also auch Einblicke in ihre Entwicklung im Vorfeld der Veröffentlichung. Gerade der Vergleich zwischen den Änderungen und Neuerungen aus dieser frühen Phase mit den Updates jüngeren Datums macht deutlich, wie stark sich der Fokus von Microsoft geändert hat: immer weiter weg von der Kinect-Kamera und gleichzeitig hin zu mehr 3D-Leistung (siehe auch die Übersicht der wichtigsten XDK-Anpassungen auf Seite sieben dieses Artikels).

Unsere Analyse macht anhand der wichtigsten Änderungen deutlich, wie Microsoft dieses Ziel erreichen will. Leider war es uns dabei trotz vieler Anfragen an kleine und große Entwicklerstudios nicht möglich, ein Interview zur Evolution der Xbox One zu erhalten, weil sich im Kontext des geleakten XDKs niemand dazu äußern wollte - wahrscheinlich aus Angst, Microsoft zu verstimmen. Die Auswirkungen der Änderungen lassen sich aber auch gut anhand der Performance von Xbox-One-Spielen ablesen.

Welche Quelle nutzen wir? Das geleakte XDK wurde der Redaktion samt seiner Dokumentation zugespielt, sie bildet die Grundlage unserer Analyse. Darin finden sich insgesamt 25 »What's New«-Einträge für den Zeitraum von März 2012 bis November 2014, die jeweils einzelnen Monaten zugeordnet sind. Ähnlich wie bei Release Notes zu neuen Spiele-Patches listen diese Einträge auf, welche Änderungen und Neuerungen es im Vergleich zur vorangegangenen XDK-Version gegeben hat. Es ist zwar nicht gänzlich auszuschließen, dass diese Unterlagen Fälschungen sind. Da viele der Einträge allerdings mit den offiziell verfügbaren Informationen zur Xbox One übereinstimmen und die mitgelieferte XDK-Software zudem problemlos funktioniert, sind wir uns sehr sicher, dass es sich um echtes Material von Microsoft handelt.

Ausgangspunkt Hardware

Konsolen wie die Xbox One oder die PlayStation 4 bestehen im Gegensatz zu PCs immer aus den gleichen Bauteilen. Dies hat einerseits den großen Vorteil, dass man bei der Spiele- und Software-Entwicklung ganz genau weiß, mit welcher Hardware man es zu tun hat. Andererseits ist man aber auch stets auf exakt diese Komponenten und ihre Leistungsfähigkeit beschränkt, aufrüsten wie beim PC ist im Falle der Konsolen größtenteils nicht möglich.

Um zu verdeutlichen, welchen großen Unterschied das zwischen dem PC und Konsolen ausmacht, lohnt sich ein Blick auf den Vorgänger der Xbox One, die Xbox 360. Sie ist immer noch in vielen Wohnzimmern zu finden und es werden nach wie vor Spiele dafür entwickelt, obwohl sie mittlerweile über neun Jahre alt ist. Mit einem neun Jahre alten PC würde heute dagegen wohl niemand mehr ernsthaft spielen wollen.

Microsoft nutzt in der Xbox One genau wie Sony in der PlayStation 4 eine APU von AMD, die Prozessor und Grafikeinheit in einem Chip vereint. Microsoft nutzt in der Xbox One genau wie Sony in der PlayStation 4 eine APU von AMD, die Prozessor und Grafikeinheit in einem Chip vereint.

Natürlich verliert die Xbox 360 zunehmend an Bedeutung, und die veraltete Hardware ist ihr in vielen Spielen anzusehen. Dass allerdings selbst ein Triple-A-Spiel wie GTA 5 trotz kurz bevorstehendem Release der Next-Gen-Konsolen zunächst nur für die Xbox 360 und die PlayStation 3 erschienen ist, macht deutlich, wie lange eine Konsole beziehungsweise die darin verbaute Hardware für Spieleentwickler Bedeutung haben kann (auch wenn dabei nicht zu vergessen ist, dass Rockstar Games so später die Möglichkeit hatte, das Spiel in einer überarbeiteten Version für die Next-Gen-Konsolen noch einmal zu verkaufen).

Umso wichtiger ist es, diese Hardware möglichst optimal auszunutzen. Das fällt bei Konsolenspielen durch die einheitlichen Komponenten wesentlich leichter als bei Titeln für den PC - was auch erklärt, wieso die Xbox 360 neun Jahre nach ihrem Erscheinen immer noch eine Rolle spielen kann, während sich ein ähnlich alter PC eher für ein Museum als für das Spielen halbwegs aktueller Titel eignet.

Wie Microsoft es nun erreichen möchte, die Leistungsfähigkeit der Hardware in der Xbox One so gut es geht auszuschöpfen, ist im XDK sehr genau dokumentiert. Eine wesentliche Rolle spielt dabei sicherlich auch der Druck, der durch die in Sachen reiner Hardware-Power überlegene PlayStation 4 aufgebaut wurde.

Xbox One vs. PlayStation 4

Die PS4 verwendet zwar genau wie die Xbox One eine AMD-APU (Accelerated Processing Unit, Prozessor mit integrierter Grafikeinheit), die 3D-Leistung der PS4 ist allerdings unter anderem durch 1.152 Shader-Einheiten und die Verwendung von 8,0 GByte GDDR5-RAM bei einer Speicherbandbreite von 176 GByte/s spürbar höher als die der Xbox One.

Zum Vergleich: Die Xbox-GPU verfügt nur über 768 Shader-Einheiten, außerdem setzt sie auf langsamere 8,0 GByte DDR3-Speicher mit einer erheblich geringeren Speicherbandbreite von 68,3 GByte/s. Um diesen Bandbreitennachteil auszugleichen, besitzt die Xbox One noch 32 MByte extrem schnellen, direkt auf dem Chip untergebrachten ESRAM-Speicher, der bis zu 102 GByte/s erreicht, die Spieleprogrammierung durch das geteilte Design aber verkompliziert.

Dafür sind die Taktraten der One sowohl im Falle der Grafikeinheit (853 MHz vs. 800 MHz) als auch im Falle des Prozessors (1,75 GHz vs. 1,6 GHz) etwas höher als bei der PlayStation 4. Das alleine reicht aber nicht, um die Nachteile in Sachen Shader-Einheiten und Speicher auszugleichen. Wie der Blick in das XDK zeigt, spielt das Leistungsproblem für Microsoft aber in der Phase vor der Veröffentlichung im Vergleich zu Extras wie (allen voran) den Kinect-Funktionen eine eher untergeordnete Rolle.

Sony setzt in der PlayStation 4 auf 8,0 GByte schnellen GDDR5-RAM wie bei PC-Grafikkarten, während Microsoft bei der Xbox One 8,0 GByte langsameren DDR3-Speicher in Kombination mit 32 MByte schnellem ESRAM verwendet. Sony setzt in der PlayStation 4 auf 8,0 GByte schnellen GDDR5-RAM wie bei PC-Grafikkarten, während Microsoft bei der Xbox One 8,0 GByte langsameren DDR3-Speicher in Kombination mit 32 MByte schnellem ESRAM verwendet.

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