Seite 3: Dragon Age: Inquisition im Test - Größe ist nicht alles

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Blasse Kameraden

Neben der Handlung die zweite Bioware-Kerndisziplin ist das Charakterdesign, vor allem natürlich der Heldenbegleiter. Die meisten der neun Mitstreiter bleiben anfangs blass, selbst der aus Dragon Age 2 bekannte Zwergenschurke Varric hat wenig zu sagen. Von Anfang an ins Herz schließen wir lediglich Sera, die irre Elfen-Bogenschützin legt einen denkwürdigen Auftritt hin und bringt uns immer wieder zum Lachen - etwa, indem sie den Namen des Oberbösewichts jedes Mal anders, aber immer falsch ausspricht.

Ebenfalls klasse sind ihre ironischen Kommentare, wenn etwa ein Bossgegner sie anfaucht, ächzt sie: »Oh Mann, jetzt spricht dieses Ding auch noch mit mir!«. Kurzum: Sera ist der lebhafte, liebenswerte und zugleich nervige Star des Inquisition-Ensembles, ein (denk)würdiger Neuzugang für die Dragon Age-Ahnengalerie. Na also, Bioware es geht doch!

Aber es geht eben nicht mit allen Begleitern. Die eisige Zirkelmagierin Vivienne etwa können wir bei unserem ersten Zusammentreffen zwar gleich mal einen nervigen Adeligen abmurksen lassen, sonst entwickelt sie aber wenig Erinnerungswürdiges. Gut, immerhin bringt jeder Mitstreiter wieder eigene Aufträge mit, in denen wir mehr über seine Vergangenheit erfahren, beispielsweise erfahren wir ein pikantes Detail über den Tevinter-Magier Dorian und erfahren endlich, nach wem Varrics Armbrust »Bianca« benannt ist.

Sera Die irre Elfen-Bogenschützin ist unser absoluter Lieblings-Begleiter: witzig, ironisch, durchgeknallt.

Cassandra Die Sucherin und fähige Kriegerin begleitet uns von Anfang an, ist allerdings zunächst misstrauisch.

Blackwall Der Graue Wächter und Waldschrat in Personalunion möchte eine eigene Bauernmiliz aufstellen, schließt sich aber lieber der Inquisition an.

Varric Der aus den Vorgängern bekannte Zwergenschurke bleibt diesmal etwas blass und hadert allzu oft mit sich selbst.

Solas Der Elfenmagier interessiert sich brennend für das Nichts und die Dämonen darin. Er wirkt sehr zielstrebig – aber was genau will er?

Vivienne Der orlesianischen Zirkelmagierin fehlt es nicht an Ehrgeiz, wohl aber ein wenig an Charaktertiefe, sie bleibt blass.

Cole Der geisterhafte Messerstecher wird von normalen Menschen nach wenigen Sekunden vergessen und kann Gedanken lesen – ganz interessant.

Dorian Ebenso charmanter wie selbstverliebter Magier aus dem Schurkenreich Tevinter, der ein überaus schlechtes Verhältnis mit seinen Eltern hat.

Der Eiserne Bulle Er haut gerne mit Zweihandwaffen zu, hockt aber noch lieber in der Taverne und trint: Der eiserne Bulle ist kein typischer Qunari. Und eigentlich auch ziemlich langweilig.

Das sind zweifellos schöne Geschichten, wie bei der Story gilt eben auch hier: Die Charaktere sind ja nicht schlecht und weit ausgefeilter als die Begleit-Schmeißfliegen, das uns in anderen Spielen umkreisen. Gänsehaut-Momente wie Lelianas Lagerfeuer-Gesang aus Dragon Age: Origins erleben wir mit den Inquisition-Kameraden aber nicht. Vertont sind die Begleiter übrigens generell gut, was wir aber nicht von allen Charakteren behaupten können, vor allem Sprecher von Nebenrollen klingen gerne mal, als würden sie ablesen.

Nicht mal in der Kirche ist man vor Dämonen sicher. Nicht mal in der Kirche ist man vor Dämonen sicher.

Mit den Mitstreitern dürfen wir auch wieder flirten, Romanzen gehören ja zum klassischen Bioware-Repertoire. Zum einzuschleimen, reicht es aber schon, möglichst oft mit der jeweiligen Person zu reden, ihre Aufträge zu erfüllen - und sie nicht durch unsere Quest-Entscheidungen zu verärgern. Wer etwa Freiheit für die Magier einfordert, erntet schiefe Blicke von der Inquisitons-Sucherin Cassandra und Anerkennung von Dorian.

Das wirkt sich allerdings unserer Erfahrung nach tatsächlich nur auf Liebesverhältnisse aus. Selbst als wir gezielt versuchten, einzelne Charaktere zu verärgern, ändern sie ihr Verhalten in Dialogen nicht - sie steigen nur einfach nicht mit uns in die Kiste. Nur, wenn wir Mistreitern komplett gegen den Strich gehen, verlassen sie die Party. Da hätten wir uns das System aus Dragon Age: Origins (hohe Anerkennung bringt Werteboni) oder - noch besser - aus Dragon Age 2 zurückgewünscht, dessen Begleiter abhängig von unseren Entscheidungen zu Freunden oder Rivalen avancierten, die jeweils eine andere Spezialfähigkeit bekamen. In Inquisition wirkt ihre Zu- beziehungsweise Abneigung fast schon belanglos.

Ein himmlisches Hauptquartier

Neben den neun Kampfbegleitern unterstützen uns drei Bürohengste, pardon, Berater: Die aus Origins bekannte Spionagechefin Leliana, der Ex-Templer und Soldatenanführer Cullen sowie die adelige Diplomatin Josephine. Die arbeiten für - Überraschung! - die Inquisition, die unser Held als Inquisitor logischerweise anführt. Dieser paramilitärische Weltenretterverein residiert in der Himmelsfeste, die wir nach acht bis zehn Spielstunden beziehen, und die als Dreh- und Angelpunkt von Dragon Age: Inquisition dient.

Die eindrucks- und stimmungsvolle Gipfelburg beglückt uns nämlich nicht nur mit sagenhaften Gebirgspanoramen, sondern auch mit einem allumfassenden Hautquartier. Wir können jederzeit hierhin reisen, um Händler zu besuchen, Gegenstände herzustellen, über besiegte Feinde zu richten, mit unseren Mitstreitern zu plaudern und die Burganlage auszubauen, etwa mit einem hilfreichen Kräutergarten. Vor allem aber steht hier der Kartentisch, auf dem wir die nächste Hauptmission annehmen sowie neue Gebiete freischalten - je weiter wir in der Story voranschreiten, desto mehr Landstriche stehen zur Wahl.

Leliana Die alte Bekannte aus dem ersten Dragon Age leitet den Geheimdienst der Inquisition und muss sich im Spielverlauf unerwarteten Karrierefragen stellen.

Cullen Der General der Inquisition hadert mit seiner Vergangenheit als Templer und hegt ein gesundes Misstrauen gegen Magier.

Josephine Die Chefdiplomatin der Inquisition stammt aus einer alten Adelsfamilie – und ist einer Romanze nicht abgeneigt.

Neue Hauptmissionen und Gebiete gibt's allerdings nicht geschenkt, sie kosten Machtpunkte, die wir mit erledigten Quests sowie anderen Erfolgen verdienen - beispielsweise geschlossenen Dimensionsrissen oder besiegten Drachen. Wer nur wenige Nebenquests erledigt und allzu stringent der Story folgt, darf die Kampagne manchmal erst fortsetzen, wenn er mehr Macht angehäuft hat, Das kann den Fortschritt teilweise etwas zäh machen. Uns hat das im Test zwar nicht gestört - schließlich ist die Spielwelt so einladend, dass wir auch die Nebenaufgaben gerne angehen -, wir verstehen aber auch jeden, der die Macht-Blockade blöd findet und lieber konsequent der Handlung folgen würde.

Neben Hauptmissionen und neuen Gebieten gibt's auf dem Kartentisch zudem Nebenmissionen, die sich ausschließlich in Textfenstern abspielen. Beispielsweise bitten Söldner um Aufträge oder Begleiter um Gefallen, mal erfordert ein rebellischer Adeliger unsere Aufmerksamkeit, mal sollen wir Rohstoffvorkommen für die Inquisition sichern. Bei jedem dieser Aufträge dürfen wir wählen, wer sich der Sache annehmen soll: Lelianas Spione, Cullens Soldaten oder Josephines Diplomaten.

Das wirkt sich allerdings kaum aus - außer auf die notwendige Zeit. Wie bei den Begleitermissionen von Star Wars: The Old Republic laufen die Aufträge nämlich in Echtzeit ab, spätere Missionen können schon mal über drei Stunden dauern. Das führt dazu, dass wir die Himmelsfeste immer mal wieder besuchen, um und unsere Belohnungen einzusammeln, zumeist werfen die Aufträge Items oder Einflusspunkte ab.

Letztere spielen eine nicht ganz unwichtige Rolle. Außer mit Kriegstisch-Nebenmissionen verdienen wir sie unter anderem, wenn wir in der Spielwelt besondere Sehenswürdigkeiten erobern oder neue Mitstreiter für die Inquisition rekrutieren. Haben wir genügend Zähler angehäuft, steigt unsere Einflussstufe, pro Level dürfen wir einen »Inquisitionsbonus« freischalten. Das sind besondere Vorteile, beispielsweise erhöhen wir unser Item-Tragelimit oder bringen unseren Schurken bei, fortschrittliche Schlösser zu knacken. Hin und wieder heuern wir in der Spielwelt auch besondere Charaktere an, Auch diese Upgrades motivieren.

Himmelsfeste Die Himmelsfeste ist das eindrucks- und stimmungsvolle Hauptquartier der Inquisition.

Kartentisch Am Kartentisch schalten wir neue Gebiete und Hauptmissionen frei, außerdem nehmen wir Nebenquests an.

Kartentisch-Nebenmission Bei jeder Nebenmission wählen wir, ob sich Leliana, Cullen oder Josephine darum kümmern sollen.

Kartentisch-Belohnungen Erfülllte Nebenmissionen bringen Belohnungen, etwa Items, Einflusspunkte – oder ein neues Reittier.

Ebenfalls nett: Hin und wieder sind die Quests aus der Spielwelt mit den Kartentisch-Nebenaufträgen verzahnt. Beispielsweise stoßen wir in der Wüste auf Quellen, aus denen giftige Dämpfe brodeln - da können wir nicht durch. Also erteilen wir auf dem Kartentisch den Auftrag, eine Brücke zu bauen, die nach Ablauf der Missionszeit dann tatsächlich in der Spielwelt steht und uns erlaubt, die Quellen zu überqueren.

Ein andermal nehmen wir einen eingeborenen Häuptling gefangen, der die Himmelsfeste mit Ziegenblut beschmiert - eine Art Racheritual. Den können wir nun dazu verurteilen, mit seinem Clan in den Krieg zu ziehen, was aber wiederum auf dem Kartentisch zu diplomatischen Verwicklungen samt zugehöriger Nebenmission führt. Ein stimmungsvolle Idee, denn auch wenn die Aufträge nur in Textfenstern ablaufen, erwecken sie doch den Eindruck, dass wir tatsächlich eine Militärorganisation anführen und nicht nur vier Typen, die sich kreuz und quer durch die Welt kloppen.

Taktik führt zu Fingerkrampf

Womit wir beim nächsten Thema wären, den Kämpfen. Bioware hatte ja versprochen, dass die Gefechte nach dem arg actionfokussierten Dragon Age 2 wieder taktischer ablaufen. Die aus Dragon Age: Origins bekannte Taktikansicht, die uns das Schlachtfeld in der zoombaren Draufsicht zeigt, feiert in Inquisition ihr Comeback. Gewissermaßen. Denn mit Origins hat die »neue« Befehlsperspektive nur noch wenig zu tun - abgesehen davon, dass das Spiel automatisch pausiert, sobald wir sie einschalten.

Dass die Taktikkamera die Erwartungen nicht erfüllt, liegt schon allein daran, dass sie umständlich zu bedienen ist. Wenn wir etwa einen anderen Charakter anwählen, springt die Perspektive zudem jedes Mal zu diesem Helden zurück, sodass wir erneut zum Gegner scrollen müssen. Außerdem zoomt die Kamera meist nicht weit genug heraus, damit wir uns wirklich einen Überblick über das Schlachtfeld verschaffen können. Um ferne oder sehr große Gegner angemessen ins Bild zu bekommen, müssen wir oft sehr nach heran zoomen und dann die Kamera kippen – sodass wir das Spiel im Prinzip wieder aus der normalen Schulterperspektive sehen.

Der Strategiemodus erlaubt es, die Aktionen der ganzen Gruppe in Ruhe zu koordinieren. Taktischer Tiefgang entfaltet sich jedoch kaum. Der Strategiemodus erlaubt es, die Aktionen der ganzen Gruppe in Ruhe zu koordinieren. Taktischer Tiefgang entfaltet sich jedoch kaum.

Und wir dürfen keine Aktionen verketten, sondern immer nur den Einsatz einzelner Fähigkeiten anordnen und generelle Angriffsziele zuweisen. Es gibt aber auch elegante Funktionen wie die variable Pause: Wenn wir den rechten Trigger ziehen, läuft die Zeit weiter, wenn wir ihn loslassen, hält sie wieder an. So können wir sekundengenau taktieren – oder einfach nur die sehr schicken Kämpfe in der Quasi-Zeitlupe genießen.

Halten wir also fest: Mit Maus und Tastatur führt die Taktikansicht zu Fingerkrampf, wir haben sie im Test von Dragon Age: Inquisition so gut wie nie benutzt. Auch, weil wir sie sowieso fast nie brauchen.

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