Free2Play und Co.: Bezahlmodelle auf Konsole - Die Gratisdämmerung

Viele Hersteller sehen in kostenlosen Spielen die Zukunft der Konsolen. Wir erklären, was es mit dem Free2Play-Boom auf sich hat und erläutern einige weitere denkbare Bezahlmodelle – und was die Spieler davon haben.

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Spielen ist ein teures Hobby. Gut 60 bis 70 Euro für einen neuen Titel schüttelt kaum jemand einfach so aus dem Ärmel. Da haben wir eine gute Nachricht: Künftig werden einige Spiele günstiger, vielleicht sogar kostenlos zu haben sein.

Die Sache hat allerdings einen Haken: Gratis gibt's nur die abgespeckte Basisversion, für zusätzliche Inhalte wird man zur Kasse gebeten. Free2Play nennt sich das, ein Prinzip, das PC-Spieler bereits kennen, das aber mehr und mehr auch auf die Konsolen überschwappt. Wenn es nach Entwicklern wie dem isländischen Studio CCP geht, ist die Zeit reif für solche neuen Konsolen-Bezahlmodelle, etwa mit CCPs PS3-exklusivem Multiplayer-Shooter Dust 514. Und auch Bungies Mammutprojekt Destiny könnte sich durch Micro-Transactions finanzieren, als mit Mini-Bezahlbeträgen für einzelne Spielinhalte - von der neuen Waffe bis zum Booster-Pack, das kurzfristig mehr Erfahrungspunkte spendiert.

Eines der ersten Free2Play-Spiele für die Konsole: Das Multiplayer-Kampfspiel Happy Wars. Eines der ersten Free2Play-Spiele für die Konsole: Das Multiplayer-Kampfspiel Happy Wars.

Doch verrennen sich die Hersteller hier in Wunschträume oder zeichnet sich da ein branchenweites Umdenken ab? Ist mit Spielen als klassischer Schachtelware wirklich kein Geld mehr zu verdienen? Wir werfen einen Blick auf das Free2Play-Modell und andere neue Bezahlsysteme und erklären, wo das Umdenken der Hersteller herkommt und wo die Vor- und Nachteile für uns Spieler liegen.

Produktion wird immer teurer?

Je realistischer die Spiele werden, desto höher klettern auch die Entwicklungskosten. Könnte man meinen. Der Activision-Chef Bobby Kotick erwartet für die kommende Konsolengeneration in der Tat einen Anstieg der Produktionskosten, stellt aber auch einen Ausgleich in Aussicht, sobald die Entwickler sich in die neue Hardware eingearbeitet haben.

Mit Real Racing 3 setzt Electronic Arts voll aufs Free2Play-Modell. Mit Real Racing 3 setzt Electronic Arts voll aufs Free2Play-Modell.

Fakt ist aber: Schon in der aktuellen Konsolengeneration sind die Produktionskosten von Videospielen so hoch wie nie: GTA IV etwa kostete 100 Millionen Dollar, auch Halo 4 hat Gerüchten zufolge diese Summe geknackt. Das Problem: Wenn Entwickler nicht gerade am nächsten GTA, Call of Duty oder FIFA arbeiten oder eine riesige Summe ins Marketing gesteckt wird, ist das Risiko, das ausgegebene Geld nicht wiederzusehen, enorm groß - auch bei deutlich geringeren Produktionskosten als den genannten 100 Millionen Dollar. Anders gesagt: Früher war es wegen der kleineren Entwicklungsbudgets nicht ganz so schlimm, wenn ein Spiel floppte - schmerzhaft, klar, aber auch verschmerzbar.

Heute reißen Flops gleich Millionenlöcher in die Publisher-Bilanzen. Die Publisher sind zum Erfolg verdammt - und müssen gleichzeitig immer mehr Exemplare verkaufen, um wirklich Geld zu verdienen. Es sei denn, sie erhöhen die Preise, aber dieses Risiko will wohl niemand eingehen. Die traurige Folge: Wenn sich ein Spiel nicht verkauft, wird meist der Entwickler geschlossen - da kann das Spiel noch so gute Kritiken eingeheimst haben.

Wir denken da etwa an Bizarre Creations: Das Studio wurde kurz nach Fertigstellung des Rennspiels Blur (GamePro-Wertung: 88%) dicht gemacht. In den USA wanderten innerhalb der ersten fünf Verkaufstage gerade mal knapp über 30.000 Exemplare Blur-Exemplare über die Ladentheke - das reicht bei Weitem nicht. Aber wäre die Geschichte besser ausgegangen, wenn man Blur als Free2Play-Titel veröffentlicht hätte?

Gratis ist nicht immer kostenlos

Der Begriff Free2Play, auch »Freemium« (eine Kreuzung aus »free« und »Premium«) genannt, ist bei vielen Spielern schon untendurch, bevor sie damit überhaupt in Kontakt gekommen sind: Der größte Teil unserer Facebook-Fans gab in einer Umfrage an, kommende Free2Play-Spiele gar nicht erst ausprobieren zu wollen. Knapp ein Fünftel zeigte sich zwar skeptisch, wollte den Gratisspielen aber zumindest eine Chance geben. Dabei ist Free2play per se gar keine schlechte Idee: Das Prinzip gibt eigentlich nur vor, dass die Grundversion eines Spiels kostenlos ist.

Eine stark vereinfachte Variante des Free2Play-Prinzips sind demnach spielbare Demoversionen. Man kann einen Blick aufs Spiel werfen und anhand des eigenen Eindrucks dann entscheiden, ob man sich die Vollversion besorgt oder nicht. Nur kauft man bei Free2Play eben keine Vollversion, sondern einzelne Zusatzinhalte - aber das ist immer noch besser, als sich ein Spiel zu kaufen und dann erst festzustellen, dass es ganz und gar nichts taugt. Vorreiter in dieser Beziehung ist Microsofts Xbox Live Arcade. Hier darf kein Spiel ohne Demoversion angeboten werden. So kann man sich vorher immer sicher sein, ob das Geld gut angelegt ist.

Die Android-Konsole Ouya kommt im Juni in den Handel. Die Android-Konsole Ouya kommt im Juni in den Handel.

Ouya: Die Free2Play-Konsole?
Im Juni kommt mit Ouya eine neue Konsole in den Handel, schon ende März erhalten alle Unterstützer, die das Crowdfunding-Projekt mit Geld finanziert haben, ihr persönliches Exemplar. Entwickler, die Spiele auf der Android-Konsole veröffentlichen wollen, müssen diese Free2Play anbieten - Spiele müssen also ähnlich wie Veröffentlichungen auf Xbox Live Arcade zumindest zur Probe kostenfrei sein. Da liegt es natürlich nahe, auch Free2Play-Titel auf der neuen Konsole zu veröffentlichen.

Von free-to-play zu pay-to-win

Nach aktuellem Verständnis ist ein Free2Play-Titel ein Spiel, dessen Grundfunktionen gratis sind, in dem man aber auch Gegenstände kaufen kann, etwa Klamotten oder einen neuen Anstrich fürs Fahrzeug. Ein gutes Beispiel dafür ist Happy Wars. Das Multiplayer-Kampfspiel ist für Xbox Live-Mitglieder mit Gold-Abo gratis, bietet gegen Bezahlung aber kosmetische Gimmicks wie Kostüme und dergleichen.

Um einen Anreiz für Spieler zu schaffen, Geld auszugeben, bietet Microsoft außerdem Tickets an, mit denen man wiederum bessere Waffen und Ähnliches erwerben kann. Damit spart man sich die Zeit, die entsprechende Verbesserung umständlich im Spiel selbst zu verdienen. Denn das dauert, aber immerhin geht es: Jeder hat die Chance, die Waffen-Upgrades kostenlos freizuspielen. Man kann sich also auch ohne Micro Transactions durchs komplette Spiel schlagen, ohne einen Nachteil gegenüber Spielern zu haben, die Geld ins Spiel gesteckt haben.

Wenn man in die Tasche greifen muss, um deutlich bessere Gewinnchancen gegen Mitspieler zu haben (also wenn man beispielsweise einen Raketenwerfer kaufen kann, während Gratisspieler mit der Erbsenpistole rumrennen müssen), oder wenn man irgendwelche Booster-Packs kaufen muss, um eine Mission ohne Frust schaffen zu können - dann spricht man von »Pay2Win« - der verhasste kleine Bruder von Free2Play. Wie das funktioniert, ist klar: Das Spiel ist auch hier wieder gratis, wer (am meisten) Geld investiert, hat hier allerdings die größten Gewinnchancen. Hierfür gibt es vor allem in asiatischen Gefilden unzählige, meist browserbasierte Beispiele. Hierzulande ist diese Hardcore-Variante zum Glück weniger verbreitet. Auch auf der Konsole ist uns bislang noch kein Pay2Win-Projekt bekannt.

Die Skylanders-Figuren werden über ein Portal ins Spiel eingelesen. Die Skylanders-Figuren werden über ein Portal ins Spiel eingelesen.

Das Skylanders-Phänomen
Activisions Skylanders ist ein gutes Beispiel dafür, wie ein Hersteller über den Verkauf eines Spiels hinaus Geld verdienen kann. Über ein Portal werden Spielfiguren ins Spiel eingelesen, ein paar davon liegen gleich in der Schachtel. Weitere Figuren, die zum Beispiel neue Fähigkeiten mitbringen, sind separat im Handel erhältlich. Dieses Konzept ist enorm erfolgreich, Skylanders war im vergangenen Jahr Activisions erfolgreichste Marke - ja, erfolgreicher als der Millionenseller Call of Duty.

Das ruft natürlich andere Hersteller auf den Plan: Disney findet das Konzept so gut, dass der Hersteller es adaptiert und im Herbst mit Infinity ein eigenes Spiel mit echten Figuren auf den Markt bringt. Während man Skylanders allerdings auch allein mit den Figuren im Paket durchspielen kann, sind für Infinity bestimmte Figuren notwendig, um den zugehörigen Abschnitt betreten zu können. Das heißt: Die Spieler werden aggressiver zur Kasse gebeten. Kein gutes Zeichen.

Allerdings ist es Definitionssache, wo die unfairen Bezahl-Vorteile beginnen. Viele Spiele bewegen sich in einer Art Grauzone, die einige Fans schon als Pay2Win bezeichnen können: Im Ultimate-Team-Modus von FIFA etwa können wir Premium-Spieler kaufen: Geben wir Geld für Spielerkarten aus, wächst die Qualität in unserem Kader. Das verschafft uns einen Vorteil gegenüber Spielern, die ihre Mannschaften ohne echtes Geld wachsen lassen. Die können zwar auch gute Teams zusammenstellen und mit der Ingame-Währung neue Kicker kaufen, brauchen dafür aber deutlich länger.

Eine Masche, die die meisten Freemium-Games nutzen: Sie halten dem Spieler eine coole Karotte vor die Nase (etwa ein Pferd zur schnelleren Fortbewegung in einem Rollenspiel), das er dann sofort gegen Bares erwerben kann. Alternativ muss er sich tagelang durch monotone Quests quälen, um genügen Ingame-Kohle zu sammeln - wer will das schon? Und wenn das Pferd auch noch nur ein paar Euro kostet, überlegt sich der Spieler zweimal, ob sich die investierte Geldsammel-Zeit überhaupt noch rechnet. Dieses System zur Finanzierung ist unserer Meinung nach so lange vertretbar, wie das Spiel auch dann Spaß macht, wenn man es kostenlos spielt.

So wie beim PC-Titel League of Legends, in dem auch Gratisspieler unterhaltsame Heldenschlachten schlagen, die selbst nach Monaten nicht langweilig werden. Und für die es auch keine unfairen Vorteile gibt, Bezahlspieler kaufen lediglich Kosmetik-Items und harmlose Erfahrungs-Booster. Denn, ebenso wichtig: Das Balancing darf durch die Bezahl-Vorteile nicht aus den Fugen geraten, sonst geben Gratisspieler schnell frustriert auf.

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