Pokémon Rot & Blau - Die Wahrheit hinter MissingNo, dem berühmtesten Glitch der Welt

Eines der größten Mysterien in der ersten Generation von Pokémon-Spielen ist MissingNo. Janna erklärt euch, was hinter dem berühmten Glitch steckt.

Wir erklären euch, was hinter dem berüchtigten MissingNo-Glitch steckt. Wir erklären euch, was hinter dem berüchtigten MissingNo-Glitch steckt.

MissingNo ist eines der Phänomene, an das sich jeder Pokémon-Spieler erinnern kann. Das liegt einmal daran, wie vergleichsweise leicht es zu reproduzieren ist und so jedem Spieler die Chance gibt, das Spiel ein kleines bisschen auszutricksen. Und das Vervielfachen eines beliebigen Items hat vielleicht auch damit zu tun.

Mit diesem Artikel erkläre ich euch nicht nur, was eigentlich im Spiel passiert, wenn MissingNo auftaucht, sondern verrate auch etwas zum technischen Hintergrund. Und wer da noch mehr wissen möchte, wird hier fündig. Die beschriebene Methode funktioniert in Pokémon Rot und Blau, in Pokémon Gelb ist der Glitch nicht mehr auf diesem Wege zu erreichen. Hier könnt ihr stattdessen den Mew-Glitch nutzen, um an MissingNo heranzukommen.

Gehen wir die einzelnen Schritte nochmal durch:

  • Geht zum alten Mann in Vertania City und lasst euch von ihm erklären, wie ihr ein Pokémon fangt.
  • Fliegt direkt zur Zinnoberinsel.
  • Surft an der Ostküste der Insel auf und ab. Wichtig: Genau auf dem Streifen bleiben, an dem sich Land und Wasser sich berühren.

Und dann erscheint dieser liebgewonnene Glitch und ihr habt über 99 Stück von einem Item. Aber wieso? Ich erkläre es euch Schritt für Schritt.

Schritt 1: Der alte Mann

Das Spiel speichert euren Namen. Klar, hin und wieder spricht man euch ja damit an. Dieser Name hat seinen eigenen Platz im Spielspeicher und bleibt da auch stehen. Das einzige Mal, dass er verschoben wird, ist, wenn ihr den alten Mann für euch ein Pokémon fangen lasst. Das liegt daran, dass dann ja dessen Name in den Kampfbildschirmen auftaucht, nicht eurer. Intern verwahrt der Speicher dann den Namen "Alter Mann" an der Stelle, an der bis dahin euer Spielername abgelegt war.

Der alte Mann in Vertania City Der alte Mann in Vertania City

Warum ist das wichtig? Weil euer Spielername schließlich irgendwo hin muss, damit ihr ihn zurückbekommt. Deswegen liegt die Information für diesen Moment da, wo Platz ist: In dem Abschnitt, der darüber entscheidet, welchem Pokémon ihr am aktuellen Ort im hohen Gras begegnet. Da ihr euch in einer Stadt befindet, steht hier gar nichts. Nach dem Kampf wird "Alter Mann" zwar wieder durch euren Namen ersetzt, aber dieser andere Speicherplatz nicht überschrieben, weil es keine neuen Informationen zu speichern gibt.

Schritt 2: Fliegt zur Zinnoberinsel

Aktuell steht der Trainername also noch in dem Feld, das die zu treffenden Pokémon verrät. Normalerweise würde diese Information überschrieben werden, sobald ihr auf eine Route mit hohem Gras kommt. Dann wird das Feld genutzt, um die entsprechenden Pokémon zu hinterlegen.

Würdet ihr eine Route betreten, würde der Trainername auf dem zweiten Speicherplatz überschrieben werden. Da das aber eine kritische Information ist, um an MissingNo heranzukommen, müsst ihr direkt von Stadt zu Stadt reisen. Wieso das? Ganz einfach: Städte überschreiben den spezifischen Speicherplatz, an dem der Trainername aktuell liegt, nicht. Immerhin gibt es ja in keiner einzigen Stadt hohes Gras. Daher gibt es keine neue Information und der Trainername wird nicht überschrieben.

Schritt 3: Surfen an der Ostküste der Zinnoberinsel

Bevor wir alle bisherigen Informationen zusammenbringen, braucht es noch einen letzten Ausflug in die Technik des Codes für eine Erklärung, was genau MissingNo überhaupt ist.

MissingNo steht für Missing Number. Dass es existiert, liegt daran, dass alle 151 Pokémon an einem Speicherplatz verzeichnet sind. Allerdings können diese Speicherplätze - immer nur Potenzen von 2 - viel Platz haben, also 1, 2, 4, 16, 128, 256 Plätze und so weiter. Die kleinste Einheit, um 151 Pokémon zu speichern, hat 256 Plätze und daher 105 zu viel. Nun kann es aber durch einen Fehler oder dergleichen dazu kommen, dass auf diese ungenutzten Speicherplätze zugegriffen wird - genau das versuchen wir mit dem Glitch ja auch. Damit der Code hier eine Antwort geben kann, gibt es MissingNo. Es ist einfach ein Platzhalter für den Notfall.

Nur hier auf dem Küstenstreifen findet ihr MissingNo. Nur hier auf dem Küstenstreifen findet ihr MissingNo.

Genau dieser Notfall tritt auf der Zinnoberinsel ein. Allerdings nicht immer und sofort. Wie schon erwähnt, werden die Infos für neue Abschnitte überschrieben, sobald ihr eine neue Route betretet. Das passiert auch hier, aber wir sind auf einer Wasser-Route. Wasser hat bekanntlich kein hohes Gras, deswegen ist für hohes Gras keine Info zu wilden Pokémon hinterlegt. Dort steht also immer noch der Name des Trainers.

Dieser Name kommt jetzt mit einem Fehler im Code zusammen: Der Küstenabschnitt an der Zinnoberinsel ist als hohes Gras definiert, nicht als Wasser. Deswegen greift das Spiel auf die letzten im Speicher hinterlegten Daten zu, um herauszufinden, welche Pokémon hier auftauchen sollen.

In unserem Fall: Auf den Trainernamen. Dessen Buchstaben entscheiden, welchem Pokémon auf welchem Level ihr jetzt begegnet. Bei bestimmten Kombinationen führt das dazu, dass MissingNo erscheint, weil nach einer Nummer gesucht wird, die es im Speicher nicht gibt. Genauer gesagt taucht das bekannte, l-förmige MissingNo auf, wenn an der dritten, fünften oder siebten Stelle des Trainernamens entweder einer der Buchstaben G, H, J, M, S, T, :, ], a, b, c, m, o, p, oder v oder die End-Markierung steht. Letzteres steht auf dem Feld hinter dem Namen, um dessen Ende anzuzeigen. Andere Buchstaben an den besagten Stellen führen zu anderen Pokémon, sodass MissingNo. nicht auftauchen muss. Und wessen Trainername nicht in diese Vorgaben fällt, hat leider auch kein Glück.

Und wieso maximiert das die Itemanzahl?

Das Spiel speichert für jedes Pokémon zwei Bits, jeweils für "Gesehen" und "Gefangen". Stehen die auf 0 bedeutet das nein, 1 heißt ja, also habt ihr es gesehen oder gefangen. Da MissingNo ja eine ungewollte Ausnahme ist, sind die Bits für ihn an anderen Stellen hinterlegt. Und zwar an der Stelle, an der auch die Anzahl des Items an sechster Stelle im Beutel gespeichert ist.

Die Anzahl sieht nach dem Glitch wild aus Die Anzahl sieht nach dem Glitch wild aus

Seht ihr MissingNo, so wird hier eine 1 an der sechste Stelle der binär dargestellten Anzahl gesetzt. Daher wird diese um 128 erhöht. Das erklärt auch, wieso die 99x für das spezifische Item nicht richtig aussieht, denn das Spiel versucht eigentlich eine Zahl darzustellen, die mit zwei Stellen nicht darstellbar ist.

Und das ist das ganze Geheimnis von MissingNo, wo es genau herkommt und warum ihr es überhaupt treffen könnt.

Dieser Artikel erschien am 5. Februar 2016 zuerst auf gamespilot.de und würde für die Neuveröffentlichung auf GamePro.de angepasst.

Habt ihr den Glitch damals auch genutzt?

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