Die Hintergrundgeschichte von GTA Chinatown Wars kennt man bereits von den Fassungen für Nintendo DS und Sony PSP: Huang Lee, der Sohn eines ermordeten Triadenoberhauptes, kommt nach Liberty City. Der verwöhnte Bursche soll ein wertvolles, seit langer Zeit in der Familie befindliches Schwert zu seinem Onkel überführen. Doch schon direkt nach dem Vorspann wird der junge Mann Opfer eines Überfalls, überlebt nur mit knapper Not und steht erst mal ohne Schwert da.
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In den (vielen) folgenden Spielstunden durchlebt ihr als Huang Lee nun ganz klassische GTA-Kost: Ihr müsst euch ballernd und fahrend mühselig von der untersten Stufe der Karriereleiter bis ganz nach oben an die Spitze der kriminellen Nahrungskette vorarbeiten. Die Story wird wie in der DS-Ursprungsfassung mittels Standbildern vorangetrieben. Der ehrgeizige Huang wechselt munter seine Auftragsgeber und legt dabei ein ungemein freches Mundwerk an den Tag. Gesteuert wird der Protagonist mit einem virtuellem Analog-Stick, der auf dem Touchscreen eingeblendet wird. Und hier verbirgt sich auch der einzige, wirklich bedeutende Kritikpunkt am Spiel: Die Steuerung ist manchmal etwas übersensibel- ihr lauft mitunter in Richtungen, in die ihr gar nicht wolltet. Problematisch wird es vor allem dann, wenn sich viele feindliche Gangmitglieder und Polizisten auf euch stürzen. Ihr erkennt nicht mehr wo ihr seid und entkommt dem Gerangel nur mit viel Glück.
Ähnliches gilt für die Fahrzeugsteuerung. Es dauerte im Test fast zwei Stunden, bis die Kontrolle über die Vehikel über zwei Richtungstasten plus Gas- und Brems-Button verinnerlicht war. Das Problem verschärft sich noch durch die Kameraeinstellung, die euch wenig Sicht nach vorne erlaubt. Heißer Tipp: Unbedingt im Systemmenü bei den Einstellungen den Unterpunkt »Fahrzeugkamera in Fahrtrichtung« auf die höchste Stufe stellen. Das verändert den Winkel der Kamera und ihr habt etwas mehr Übersicht.
Prunkstück eines jeden GTA ist nicht die Technik, sondern der Spielablauf. Das gilt ohne Einschränkungen auch für Chinatown Wars auf dem iPhone/iPod Touch: Ihr müsst mit selbst erstellten Molotowcocktails Feinde in die Luft jagen, euren Onkel bei einem Autorennen unfair unterstützen, als Feuerwehrmann brennende Wagen löschen, Diebesgut von einem LKW herunterwerfen, mit gestohlenen Krankenwagen Patienten retten oder gar als selbst ernannter Polizist Verbrecher jagen. Als ungemein süchtig machend - im übertragenen Sinn - zeigte sich im Test der Drogenhandel: Ihr könnt billig das harte Zeug ankaufen und gewinnbringend in einem anderen Stadtteil verkaufen. Ständig laufen auf eurem PDA Bestellmails von Kunden ein. Man könnte die Hauptgeschichte in GTA Chinatown Wars völlig vernachlässigen und sich ausschließlich ums Geldverdienen kümmern - denn selbstverständlich gibt es in Liberty City eine Vielzahl von Dingen, für die sich das Geldausgeben lohnt.
GTA Chinatown Wars wird in einer leicht isometrisch anmutenden Ansicht, also von schräg oben dargestellt. Die Stadt strotzt vor Details: Hohe Schilder und Häuser vermitteln den Eindruck dreidimensionaler Tiefe, Hubschrauber fliegen über der Szenerie, Fußgänger sind in Unfälle verwickelt und liegen blutend am Boden, Verbrecher werden von der hartnäckigen Polizei verfolgt, von euch gerammte Müllcontainer fliegen in Einzelteilen umher, Straßenlaternen kippen zur Seite und aus zerstörten Hydranten schießen Wasserfontänen. Die Grafik liegt dabei deutlich über dem Niveau der DS-Fassung und erreicht die Qualität der PSP-Version. Allerdings kommt es bei sehr hohem Verkehrs- und Effektaufkommen vereinzelt zu Rucklern, zumindest auf »langsamen« Geräten wie dem iPhone 3G. Besitzer eines iPhone 3GS oder eines neueren iPod Touch sind da fein raus.
Sehr viel besser als bei der Sony-Maschine sind jedoch die zahlreichen Minispieleinlagen - die besondere Note, die vor allem die DS-Urversion so genial werden ließ. Der Touchscreen des iPhone kommt ohne Unterlass zu ungemein variantenreichem Einsatz: sei es in der flotten Menüführung, einer Snipereinlage, beim Benzinabfüllen für Brandbomben, dem Knacken von Autosicherungen, Glückslosen freirubbeln, Müllcontainern nach Waffen und Drogen durchsuchen oder bei der Herzmassage für Schwerverletzte. Als Musikuntermalung sind fünf Radiosender im Spiel enthalten (ein weiterer kann aus der eigenen Bibliothek erstellt werden, ihr müsst dafür allerdings umständlich mit iTunes eine »GTA«-Playlist anlegen), die in diversen Stilrichtungen mit Hip-Hop, sehr jazzigem Soul und Rock qualitativ überdurchschnittliche, aber rein instrumentale Kost bieten. Ohne gesprochene Worte und Nachrichten hat das aber im Grunde wenig mit Radio zu tun - ihr hört halt Musik nach dem eigenen Geschmack. Sprachausgabe gibt es ausschließlich im aggressiven Hip-Hop-Titelstück und auf der Straße: Polizisten fluchen euch hinterher, Passanten schreien um Hilfe. Um das volle Potential der Soundkulisse zu genießen, solltet ihr unbedingt mit Kopfhörern spielen.
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