The Technomancer im Test - Ein Spiel wie Tiefkühlpizza

Billig produziert und ohne frische Zutaten stillt das Action-Rollenspiel auf dem Mars den Spielehunger – wenn man nicht zu viel erwartet.

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»Schmeckt wie beim guten Italiener!« So heißt es in der Werbung für Tiefkühlpizza. Ist natürlich Quatsch, selbst wenn man den Fertigmampf bei Kerzenlicht, klassischer Musik und in angenehmer Begleitung verzehrt. Das weiß auch jeder. Trotzdem haben wir manchmal ganz einfach Bock darauf. Weil es halt doch irgendwie lecker ist. Weil uns nicht einfällt, worauf wir sonst Lust haben. Oder weil gerade einfach nichts Anderes im Haus ist. Zwischendrin ist das echt super - muss ja nicht jeden Tag sein.

Mit The Technomancer ist es ähnlich: Der Trailer zum SciFi-Abenteuer erinnert mehr als nur ein wenig an Mad Max, und spielerisch wirkt das Werk zunächst wie das heimliche Kind von Fallout und Mass Effect. Wer jedoch seine Erwartungen entsprechend in die Höhe schraubt, hat schon verloren. Aber wenn man keinen AAA-Titel erwartet und mit einigen Ecken, Kanten und angestaubter Optik leben kann, macht das Ding durchaus Laune.

Der Mars macht mobil

Auf dem Mars kämpfen wir mit Gangstern, Mutanten und übergroßen Gottesanbeterinnen. Auf dem Mars kämpfen wir mit Gangstern, Mutanten und übergroßen Gottesanbeterinnen.

Auf dem Mars fliegen die Fetzen: Mächtige Konzerne führen Kriege um das knappe Wasser, während die Menschheit leidet. Wer nicht als Bettler oder Prostituierte enden will, hält sich als Händler oder Gangster über Wasser. Aufständische Rebellen kämpfen für ein besseres Leben. Am Ende der Nahrungskette verrichten Mutanten niedere Dienste und hausen in Käfigen wie Tiere.

Wir schlüpfen in die Rolle von Technomancer Zachariah, der seine Fähigkeiten nutzt, um etwas Ordnung in dieses Chaos zu bringen. Wir haben nämlich Elektro-Superkräfte, werfen mit Blitzen um uns und haben das Zeug dazu, den Rebellen zu helfen und den Mars-Gangstern in den Hintern zu treten! Oder vielleicht doch lieber andersrum? Das Spiel bietet uns Freiraum für beide Ausrichtungen.

Machen wir eine der Leitfiguren der Rebellion einfach platt, verhaften wir sie oder lassen wir sie laufen? Hauen wir den Verbrechern in der Stadt auf die Mütze oder versorgen wir sie mit Waffen? Verschonen wir besiegte Feinde oder zapfen wir ihr Serum ab, was sie tot und uns reicher macht? Unsere Handlungen bestimmen, welche Fraktionen und Gefährten wir uns zum Freund machen und wer uns so gar nicht leiden kann.

Die Slums sind ein gefährliches Pflaster. Wir kämpfen häufig gegen eine Überzahl von Feinden. Die Slums sind ein gefährliches Pflaster. Wir kämpfen häufig gegen eine Überzahl von Feinden.

Das klingt erst mal super, ist aber in der Praxis etwas ungeschickt umgesetzt. So bestimmen wir bereits in den ersten Spielstunden über Leben und Tod von Charakteren, über die wir so gut wie nichts wissen und zu denen wir keinerlei Beziehung haben. Das fühlt sich weniger nach Dilemma und mehr nach einem Schuss ins Blaue an. Die Spielwelt zieht uns obendrein nie so richtig in ihren Bann, weil sie uns zu wenig über sich selbst verrät.

Viel zu tun, wenig Tiefgang

The Technomancer erschlägt uns geradezu mit Quests. Mal eskortieren wir wichtige Persönlichkeiten durch ein gefährliches Ghetto, dann verscheuchen wir ein paar verkrüppelte Bettler im Auftrag der Händler, dann verhauen wir den Schurken, der die verkrüppelten Bettler überhaupt erst zu ebensolchen gemacht hat. Wir prügeln uns kurz gesagt oft und viel. Die meisten Abenteuer werden mit netten Zwischensequenzen aufgehübscht, zudem gibt's passable englische Vertonung mit eher schwachen deutschen Untertiteln.

Achtbeinige Action-Abenteuer

The Technomancer stammt vom französischen Entwickler Spiders, der auch Spiele wie Of Orcs and Men, Bound by Flame und Mars: War Logs produziert hat. Tatsächlich nutzt The Technomancer dasselbe Setting wie Mars: War Logs. Fans dieses Spiels dürften sich hier also gleich wie zu Hause fühlen. Spiders wurde von ehemaligen Entwicklern des Hack'n'Slay-Rollenspiels Silverfall gegründet.

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Erzählerisch reißt uns hier nichts mit; die Story nimmt erst Fahrt auf, als wir nach fünf Stunden Quests im »Startgebiet« endlich weitere Teile der Spielwelt erforschen dürfen. Doch auch dann geht es immer wieder zurück in die selben Gebiete, um noch mehr Bösewichte umzuhauen und Dienstbotengänge zu erledigen. Die meisten Aufträge sind Genre-Standardkost und zwar nicht schlecht, aber auch nicht überragend.

Abwechslung bieten gelegentliche Abstecher in Dungeons und Abenteuergebiete. Nehmen wir uns die Zeit, diese gründlich zu durchsuchen, gibt es jede Menge zusätzliche Beute und Nebenmissionen. Zudem freunden wir uns auf unserem Abenteuer mit ein paar NPC-Gefährten an, von denen wir immer zwei mitnehmen dürfen. Mögen uns unsere Begleiter genug, gibt es persönliche Quests oder sogar die Möglichkeit zu einer Liebesbeziehung - Bioware lässt grüßen.

In dieser Mission müssen wir uns in Sicherheit bringen, bevor uns die Sonne verbrennt. In dieser Mission müssen wir uns in Sicherheit bringen, bevor uns die Sonne verbrennt.

Wirklich liebenswerte, fantastisch geschriebene Charaktere wie in Mass Effect oder Dragon Age sollte man allerdings nicht erwarten. In den Dialogen mit den Mitstreitern fragen wir sie nach ihrer Meinung zu NPCs und Orten im Spiel oder verteilen wahllos Komplimente, um unsere Paarungsbereitschaft zu signalisieren.

Kloppen, Knacken, Quatschen

Je nachdem, wie wir Zachariah aufleveln und entwickeln, stehen uns mehrere Lösungswege für Quests zur Verfügung. Mit ausreichend Charisma kann der Technomancer oft Situationen entschärfen sowie Kämpfe vermeiden und gelangt an wichtige Informationen. Schulen wir unseren Helden in Diebeskunst, knacken wir Schlösser, beklauen NPCs und stellen Fallen.

Natürlich dürfen wir unsere Widersacher auch einfach aus den Socken heben, beispielsweise durch unsere Technomancer-Blitzkräfte. Alternativ gibt's Haue mit dem schweren Kampfstab, mit Streitkolben und Schild oder mit Dolch und Pistole. Mehr Waffenkategorien stehen Zachariah nicht zur Auswahl. Unsere Waffenkombo und damit den Kampfstil wechseln wir jederzeit auf Knopfdruck. Kämpfe laufen in Echtzeit ab und haben es auf dem normalen und den beiden höheren Schwierigkeitsgraden echt in sich. Wir bekommen es immer wieder mit einer Übermacht von Gegnern zu tun, während unsere KI-Begleiter so dumm sind wie drei Meter Feldweg.

Unsere Begleiter hat es wieder mal zerlegt und wir kämpfen solo gegen vier Schurken. Unsere Begleiter hat es wieder mal zerlegt und wir kämpfen solo gegen vier Schurken.

Beispielsweise rennt unser Heiler-Gefährte für sein Leben gern mit gezogener Pistole in die Gegnermassen, geht auf Tuchfühlung und kurze Zeit später zu Boden. Immerhin stehen die Kameraden nach gewonnenen Kämpfen automatisch wieder auf. Theoretisch können wir das Geschehen auch pausieren und versuchen, den Kollegen Befehle zu erteilen, doch das ist kaum die Mühe wert und bringt selten den erhofften Effekt.

Etwas leichter haben wir es in Auseinandersetzungen, wenn wir unsere Waffen und Rüstungen an einer Werkbank ein wenig aufmotzen. Dazu verwenden wir in Kisten und Mülltonnen herumliegenden Schrott, um beispielsweise die Widerstände einer Rüstung oder die kritische Trefferwertung einer Pistole zu steigern.

Low Budget zum Premium-Preis

The Technomancer hat seine Macken. Von der angestaubten Grafik über einige arge Streckungen, damit das Spiel auf die vom Entwickler versprochenen 40 Stunden Inhalt kommt, bis zur Story und den Charakteren, die nicht schlecht, aber auch nicht großartig sind. Die Kämpfe laufen nicht immer ganz rund und werden zu oft durch einen nervigen Bullet-Time-Effekt unterbrochen, unsere KI-Gefährten stellen sich im Kampf doof an, und keine der Figuren wächst uns so richtig ans Herz.

Besonders in Zwischensequenzen haben die Animationen so ihre Macken. Besonders in Zwischensequenzen haben die Animationen so ihre Macken.

Keines dieser Probleme ist so schwerwiegend, dass es uns restlos den Spielspaß verhagelt. Wer einfach nur ein unterhaltsames Action-Rollenspiel und keinen Blockbuster erwartet, kann durchaus einen Blick riskieren - zumindest dann, wenn man sich nicht am recht stolzen Preis von 45 Euro stört. Tiefkühlpizza kostet doch auch nicht so viel wie ein Steak!

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