Bundesfighter 2 Turbo - Staatsanwaltschaft ermittelt nicht wegen Hakenkreuz im Spiel, ändert sich die Rechtslage?

Angela Merkel kämpft als Echsenmensch gegen Alexander Gauland in Form eines Hakenkreuzes. Solche Szenen gibt es im Fighting Game Bundesfighter 2 Turbo zu sehen – und die Staatsanwaltschaft hat nichts dagegen.

In Bundesfighter 2 Turbo kämpfen Angela Merkel (CDU), Martin Schulz (SPD), Alexander Gauland (AfD), Sahra Wagenknecht (Die Linke), Christian Lindner (FDP) sowie Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt (Grüne) gegeneinander. In Bundesfighter 2 Turbo kämpfen Angela Merkel (CDU), Martin Schulz (SPD), Alexander Gauland (AfD), Sahra Wagenknecht (Die Linke), Christian Lindner (FDP) sowie Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt (Grüne) gegeneinander.

Hakenkreuze in Videospielen: Sind sie nun verboten oder nicht? In Spielen wie Call of Duty: WW2 oder Wolfenstein 2 wurden die NS-Symbole von den jeweiligen Entwicklern rausgeschnitten. Im kostenlosen Browser-Spiel Bundesfighter 2 Turbo scheint das Hakenkreuz nun allerdings kein Problem zu sein.

Zur Bundestagswahl 2017 hat das öffentlich-rechtliche Medienangebot funk (getragen von ARD und ZDF) dieses Fighting Game veröffentlicht, um damit junge Menschen zum Wählen zu animieren. In dem an die Street Fighter-Serie angelehnten Prügelspiel treten wir unter anderem mit Angela Merkel als Echsenmensch oder Martin Schulz als Rollschuh-fahrender Heiliger gegeneinander an.

Einer der spielbaren Charaktere ist auch Alexander Gauland. Der Bundestagsfraktionsvorsitzende der AfD beherrscht in Bundesfighter 2 Turbo eine ganz besondere Sprungattacke. Dabei bildet er mit seinen Armen und Beinen ein Hakenkreuz und greift in einer Drehbewegung seine Gegner an.

Die Bundeskanzlerin Angela Merkel greift in Bundesfighter 2 Turbo mit einer "Flüchtlingswelle" an. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel greift in Bundesfighter 2 Turbo mit einer "Flüchtlingswelle" an.

Nach der Veröffentlichung des Spiels hat ein Mitglied des Verbands für Deutschlands Video- und Computerspieler (VDVC) bei der Staatsanwaltschaft Berlin eine Strafanzeige wegen "Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Origanisationen Strafanzeige" gestellt. Vermutlich aber nicht um das Spiel verbieten zu lassen, sondern um erneut eine Diskussion zu dem Thema Hakenkreuze in Videospielen anzustoßen.

Zu einem Ermittlungsverfahren kam es aber nie. Und selbst nach einer erneuten Beschwerde gegen diese Entscheidung sah nun auch die Generalstaatsanwaltschaft keinen Grund, Ermittlungen aufzunehmen.

Besonders faszinierend daran ist, dass der zuständige Oberstaatsanwalt des Falls die derzeitige Rechtslage als "überholt" bezeichnet hat. Was bedeutet das also für Videospiele mit NS-Symbolen? Treten wir im nächsten Wolfenstein nicht mehr gegen Herrn Heiler an, sondern wieder gegen Herrn Hitler?

Wie ist die Rechtslage zu Hakenkreuzen in Videospielen?

Laut Paragraph 86a des deutschen Strafgesetzbuches ist das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verboten. Und dies gilt zumindest theoretisch aktuell auch für Videospiele.

Im Jahr 1998 hat das Oberlandesgericht Frankfurt in einem Verfahren gegen einen Neonazi entschieden, dass auch das Spiel Wolfenstein 3D unter Paragraph 86a fällt, weil ansonsten in Videospielen ein Gewöhnungseffekt bei Kindern einsetzen könne. Die sogenannte Sozialadäquatsklausel, die Kunst, Wissenschaft und Unterhaltungsmedien unter bestimmten Umständen das Darstellen von NS-Symbolen erlaubt, untersuchten die Richter damals überhaupt nicht. Ein Umstand, weswegen das Urteil heute von vielen als Fehlurteil bewertet wird.

Staatsanwaltschaft sieht das Spiel als Kunstwerk

Heutzutage sehen das die Anwälte offenbar ein wenig anders. Als Antwort auf die Klage gegen Bundesfighter 2 Turbo erklärte die Staatsanwaltschaft nämlich, dass das Online-Spiel ein Kunstwerk darstellt. Dessen Ziel sei vor allem staatsbürgerliche Aufklärung, außerdem wäre damit junges Wahlpublikum zum Gang an die Wahlurne aufgefordert worden, auch wenn all dies satirisch überspitzt geschehe.

Die anschließend eingeschaltete Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart sprach sich ebenfalls deutlich pro Bundesfighter 2 Turbo aus. In der Begründung, warum sie der Überprüfung des Falls nicht stattgeben wollen, heißt es:

"Ihr Einwand, dass die Sozialadäquatsklausel bei Computerspielen nicht anwendbar sei, greift nicht durch. In der Literatur gilt das Urteil des OLG Frankfurt aus dem Jahr 1998 als überholt. Habe es zum Zeitpunkt dieses Urteils noch keine Alterskennzeichnungen für Videospiele gegeben, sei durch die Novellierung des JuSchG 2003 ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und damit eine wirksame Kontrollinstanz eingeführt worden (§14 Abs. 6 S.2 JuSchG). Zudem wird in der aktuelleren verwaltungsgerichtlichen Rechtssprechung bei Streitigkeiten über die Inszenierung eines Computerspiels anhand der mit §86 Abs. 3 StGB wortlautgleichen Vorschrift des §18 Abs. 3 Nr. 2 JuSchG regelmäßig geprüft, ob das Spiel der Kunst dient."

Videospiele galten 1998 in der Tat noch nicht als Kunstwerke. Erst seitdem der Entwicklerverband GAME e.V. 2008 in den Deutschen Kulturrat aufgenommen wurde, werden Spiele als Kunst angesehen.

Was sagt der Anwalt zum Thema Bundesfighter?

Kai Bodensiek

Um das Thema Hakenkreuze in Videospielen rechtlich besser einordnen zu können, haben wir den Rechtsanwalt Kai Bodensiek dazu befragt. Er hat uns im Interview erklärt, dass Bundesfighter 2 Turbo keinen neuen Präzedenzfall schafft, weil die oben genannten Erklärungen nur von Staatsanwälten stammen und nicht von einem Gericht.

"Die Staatsanwaltschaft schafft keine Präzedenzfälle, denn sie ist eine Behörde, kein Gericht."

Kai Bodensiek zu Folge ist es außerdem korrekt, dass die Sozialadäquatsklausel im Fall Bundesfighter greift, da das Spiel als Kunst und Satire anzusehen ist. Gleichzeitig gelten die Aussagen der Staatsanwälte – und das sagen sie auch selbst in ihren Schreiben ausschließlich für diesen speziellen Titel, nicht allgemein. Auch wenn Bundesfighter 2 Turbo durchgewunken wird, dürfen andere Spiele nicht automatisch auch Hakenkreuze abbilden.

Allerdings betont der Rechtsanwalt auch, dass sich Behörden wie die Staats- oder Generalstaatsanwaltschaft zwar am Wolfenstein-Urteil von 1998 orientieren. Jedoch nur, weil es seitdem keine neuen Urteile zu diesem Thema vor Gericht gab. Käme es zu einem neuen Rechtsstreit um Hakenkreuze in Videospielen, wäre eine Neubewertung der Lage wahrscheinlich.

Schon früher haben sowohl Rechtsexperten, als auch der Chef des deutschen Spielerverbands BIU gegenüber der GameStar erklärt, dass das Hakenkreuz-Verbot ein Irrglaube sei und einen Verstoß gegen die Grundrechte darstelle.

Wir werden zu diesem Thema noch game, den Bundesverband der deutschen Games-Branche, sowie die Entwickler des Spiels, Bohemian Browser Ballett, befragen und euch auf dem Laufenden halten.

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