 
Genre: Adventure Entwickler: Monkeymoon SARL Plattform: PS4, Xbox One, Switch PC Release: 17.07.2019 (PC), 24.06.2020 (Xbox One, Switch), 2020 (PS4)
Auf Serienmörderjagd bin ich in Videospielen schon häufiger gegangen. Ich erinnere mich zum Beispiel an den Origami-Killer in Heavy Rain, den Black Dahlia Killer in L.A. Noire oder auch an Life is Strange, bei dem die Mördersuche zu den spannendsten Elementen des Spiels gehörte. So ungewöhnlich wie in Night Call habe ich allerdings noch nie einem Kapitalverbrecher hinterher ermittelt. Grund genug also, euch das Spiel an dieser Stelle einmal genauer vorzustellen.
Was macht Night Call so besonders?
Grund 1: Der Hauptcharakter
In Night Call bin ich kein "normaler" Detektiv oder Polizist, sondern ein Taxifahrer. Ja, richtig gelesen, als algerischer Immigrant Houssine kurve ich normalerweise durch die Straßen von Paris und kutschiere Leute von A nach B. Bis ich dem Serienmörder begegne und dessen Angriff nur knapp überlebe. Die Polizei drängt mich nach meiner Genesung darauf, für sie als Spitzel zu arbeiten und den Mörder zu fassen. Die Jagd beginnt.
Ich erfahre im Laufe des Spiels immer mehr über Houssine, er ist ein vielschichtiger Charakter mit Stärken und Schwächen und es macht Spaß, den bärtigen Taxifahrer nach und nach immer besser kennenzulernen - mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten.
Grund 2: Der Spielablauf
Um Hinweise auf den Mörder zu bekommen, muss ich nun in Paris herumfahren und möglichst mit vielen Fahrgästen*innen sprechen. Allerdings fahre ich in Night Call nicht selbst, sondern wähle auf einer Karte einen Fahrgast an, der mir anschließend verrät, wo er hin möchte. Dann wechselt die Perspektive ins Taxi und es entspinnt sich ein Gespräch, bei dem ich oft die Möglichkeit habe, den Verlauf in bestimmte Richtungen zu lenken.
 
Und diese Gespräche mit den Charakteren sind der faszinierende Kern von Night Call: Die insgesamt 75 Fahrgäste*innen entstammen allen nur erdenklichen Schichten, Ethnien und Orientierungen. Ein Priester steigt beispielsweise genauso in mein Taxi ein wie ein junger Mann, der Polizisten hasst, sich aber trotzdem heimlich mit einem trifft. Es ist ein Schmelztiegel für viele teils kuriose Geschichten, die es Spaß macht durchzuklicken.
Durchzuklicken? Ja, denn Sprachausgabe gibt es leider nicht, stattdessen werden auch Emotionen und Bewegungen eurer Gäste als Text beschrieben. Das passt leider nicht immer zu den tatsächlichen Animationen, aber dieser Punkt ist verschmerzbar.
Das eigentliche Detektivspiel ist dagegen überraschenderweise weniger spannend. Im Laufe von mehreren Nächsten sammele ich Hinweise - teils von den Fahrgästen*innen, teils aus dem Radio, teils von bestimmten Orten im Spiel, und kann diese dann in meiner Wohnung an einer Korktafel passend zusammen puzzlen. Nach einer bestimmten Anzahl von Nächten muss ich mich dann auf den Mörder festlegen. Und wer einigermaßen aufgepasst hat, sollte damit kein Problem haben.
Es gibt auch noch ein kleines Wirtschaftssystem im Spiel, aber das ist ein wenig aufgesetzt. Für die Fahrten bekomme ich Geld, von dem ich nach jeder Nacht einen gewissen Teil an mein Taxiunternehmen abdrücken muss, Sprit muss ich ebenfalls regelmäßig nachfüllen.
Wenn auf Dauer nicht genügend Kohle reinkommt, kann es passieren, dass mein Chef mich achtkantig rauswirft, dann heißt es Game Over. Das ist mir beim Spielen zwar nur einmal passiert, aber es war nervig. Ich empfehle deshalb ruhig auf dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad zu spielen, dann gibt es einen ordentlichen Puffer, der über die gesamte Spielzeit trägt.
 
Grundsätzlich gibt es verschiedene Fälle, die etwas kniffliger zu lösen sind, der Spielablauf selbst unterscheidet sich allerdings nicht, dementsprechend gering ist auch der Wiederspielwert.
Grund 3: Die Präsentation
Ihr seht es schon auf den Bildern, Night Call präsentiert sich im reduzierten und hauptsächlich in schwarz-weiß gehaltenem Noir-Stil. Das hat mir beim Spielen wirklich gut gefallen, weil es die düstere Thematik sehr gut trifft und auch die Charaktere - wie erwähnt der Kern des Spiels - angemessen in Szene setzt. Eine Sprachausgabe hätte dem Ganzen definitiv nicht geschadet, so bleibt die Soundkulisse insgesamt etwas karg.
Für wen ist Night Call interessant?
Grundsätzlich ist Night Call eher ein interaktiver Roman als ein klassisches Spiel. Wer also Action sucht, ist hier definitiv fehl am Platz, ebenso wie jeder, der einen ausgefeilten Spielablauf mit unterschiedlichen Mechanismen erwartet.
Bei Night Call dürften all jene ihren Spaß haben, die bedächtige Spiele mögen, bei denen Aufmerksamkeit und das Interesse für Charaktere und deren Geschichten stark ausgeprägt ist.
1:14
Night Call - Trailer kündigt Noir-Adventure an
Was gefällt uns, was nicht?
| Pro | Contra | 
| toller, düsterer Noir-Stil | keine Sprachausgabe | 
| vielschichtiger Hauptcharakter | geringer Wiederspielreiz | 
| interessante Fahrgäst*innen mit kuriosen und spannenden Geschichten | Beschreibung passt oft nicht zu Animationen | 
| ungewöhnlicher Spielablauf |  | 
GamePro-Einschätzung
 
Tobias Veltin
@FrischerVeltin
Ich gebe zu, dass ich bei Night Call erst etwas völlig anderes erwartet hatte. Nämlich ein wesentlich aktiveres Spiel, bei dem ich mehr mache, als "nur" mit den Fahrgästen*innen zu sprechen. Doch der vermeintliche Downer entpuppte sich schnell als absoluter Höhepunkt. Teilweise habe ich ich mich dabei ertappt, den ein oder anderen Fahrgast mehr einzusammeln, nur um eine weitere spannende Geschichte zu hören. Und von denen gibt es wirklich viele, nicht alle sind natürlich auf dem gleichen hohen Level.
Aber das müssen sie auch gar nicht, denn Night Call bildet so ziemlich genau das ab, was eben so alles in ein Taxi steigen kann. Dass die Detektivarbeit dabei etwas in den Hintergrund gerät und die Präsentation etwas reduzierter ist als bei anderen Titeln verschmerze ich gerne. Dennoch hätte ich mir beim Spielablauf etwas mehr Abwechslung gewünscht - und eine Sprachausgabe.
 
 
 
 
 
 
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