Until Dawn - Der Mythos hinter den Wendigos

Mit den Wendigos jagte uns Supermassive Games in Until Dawn einen gehörigen Schrecken ein. Wir haben einen Blick auf den Mythos hinter den tödlichen Kreaturen geworfen.

Wendigos gibt es nicht erst seit Until Dawn. Wendigos gibt es nicht erst seit Until Dawn.

Zombies, Dämonen, Vampire, Geister. Sie sind so allgegenwärtig und vertraut, dass sich in einigen Fällen schon lange Übersättigung anstatt des gewünschten Grauens eingestellt hat. Nur wenige Horrorspiele weichen von dem bekannten Feindbild ab und schaffen es so, uns noch den gewünschten Schrecken einzujagen.

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Gerade Until Dawn, das im ersten Moment Teenie-Grusel im Malen-nach-Zahlen-Prinzip zu bieten scheint, hat sich in Sachen Gegner von vielen aktuellen Genre-Konventionen abgewandt. Statt Zombies oder namenlose Dämonen präsentiert uns das Survival Horror-Adventure einen Feind, dem wir bisher nur selten in Videospielen begegnet sind: den Wendigo.

Zu verdanken haben wir dieses Wesen aber nicht etwa Until Dawn-Entwickler Supermassive Games, sondern der Mythologie der amerikanischen Ureinwohner.

Der Hunger nach Menschenfleisch

Bevor wir uns der Frage widmen, woher der Wendigo eigentlich kommt, müssen wir erst kurz klären, was ein Wendigo eigentlich ist. Es handelt sich dabei um eine mythologische Kreatur, die von extremen Hunger getrieben wird und sich nach Menschenfleisch verzehrt.

Im Kern hat das zwei Gründe: Entweder, weil ein dämonisches Wesen Besitz von einem oder mehreren Menschen ergriffen hat. Oder weil eine Person in einer Extremsituation sich gezwungen sah, zum (unfreiwilligen) Kannibalen zu werden, um nicht zu verhungern, wie es in Until Dawn der Fall war. Daraufhin verwandelt sie sich in einen Wendigo und wird auf Ewig von einem nicht zu stillenden Hunger auf Menschenfleisch heimgesucht.

Wendigo haben einen nicht stillbaren Hunger nach Menschenfleisch. Wendigo haben einen nicht stillbaren Hunger nach Menschenfleisch.

Während die Wendigos in Until Dawn eher an eine fiesere Version von Gollum erinnern und sogar teilweise noch Narben und Tätowierungen der Personen tragen, die sie einst waren, verändert sich das Aussehen der Monster mit den verschiedenen Versionen der Legende. In manchen Fällen werden sie als Gestaltenwandler beschrieben, in anderen als eine Art Hirschmonster ähnlich dem Leshen aus The Witcher 3. Einig scheint man sich nur zu sein, dass die Kreatur groß und hager ist, lange Gliedmaße und scharfe Zähne besitzt.

Anders sieht es bei den Fähigkeiten des Wendigos aus, die trotz variierender Quellen nahezu identisch sind. Stark, schnell, unermüdlich und immun gegen die Konditionen seiner rauhen Umgebung, stellt der Wendigo seiner auserkorenen Beute nach. Wie in Until Dawn gezeigt imitiert er dabei (obwohl er sonst nicht sprechen kann) menschliche Stimmen, um Personen aus der Sicherheit und ins Verderben zu locken. Er besitzt außerdem die Fähigkeit, seine Opfer in den Wahnsinn zu treiben, bevor er sie entweder verschlingt oder von ihnen Besitz ergreift. Je länger ein Wendigo am Leben ist, desto stärker soll er sein.

Der Leshen aus The Witcher 3 hat ebenfalls Ähnlichkeit mit einer Version des Wendigos. Der Leshen aus The Witcher 3 hat ebenfalls Ähnlichkeit mit einer Version des Wendigos.

Anders als durch Hannah in Until Dawn impliziert, haben die Wendigos aus der Mythologie keine emotionale Bindung an ihr früheres Leben. Sie werden lediglich von ihrem Hunger nach Menschenfleisch getrieben, weshalb es oft heißt, dass es sich hierbei um die ersten Zombiegeschichten handelt.

Die Ursprünge des Wendigo-Mythos

Die älteste, dokumentierte Version des Wendigo reicht bis ins frühe 17. Jahrhundert zurück und ist auf die Stämme der Anishinaabe zurückzuführen, eines der größten Völker amerikanischer Ureinwohner. Sie lebten unter harschen Bedingungen im Norden der USA und Kanada, wo die Temperaturen im Winter gerne weit unter Null fallen.

Was wir heute im besten Fall als ungemütlich abstempeln können, hatte früher weit härtere Konsequenzen. Lebensmittelknappheit und Hungersnöte waren keine Seltenheit und kosteten viele Leben. Genau aus diesem geografisch verwurzelten Problem wurde der Wendigo-Mythos geboren: Er sollte Leute davon abhalten, in diesen extremen Bedingungen auf Kannibalismus zurückzugreifen, um nicht zu verhungern.

Im Vergleich zum Mythos sind die Wendigos in Until Dawn fast harmlos. Fast. Im Vergleich zum Mythos sind die Wendigos in Until Dawn fast harmlos. Fast.

Personen, die Menschenfleisch gekostet hatten, waren verdorben und zogen laut den Legenden die bösen Geister an. Es hieß, dass es besser sei, zu verhungern oder sich selbst zu töten, als selbst auf Ewig mit einem unstillbaren Hunger die Wälder auf der Suche nach Beute zu durchstreifen und andere mit in den Ruin zu ziehen. Später entwickelte sich der Mythos soweit, dass auch besonders gierige Stammesmitglieder Opfer des Wendigos werden konnten. Im Kern sollte der Wendigo-Mythos für Mäßigung sorgen, allem voran sollte er aber verhindern, dass Menschen sich gegenseitig töten und essen.

Es gibt eine höchst umstrittene psychische Krankheit namens "Wendigo Syndrom". Angeblich betroffene Personen verspüren Hunger auf Menschenfleisch, unabhängig von den äußeren Umständen und der Verfügbarkeit von Nahrung. Einer der wenigen bekannten Fälle stammt aus dem Jahr 1878, in dem ein Mann in Alberta seine Frau und seine fünf Kinder tötete und verspeiste. Das Auftauchen des Wendigo Syndroms hält sich so in Grenzen - um nicht zu sagen, es ist komplett verschollen - dass viele anzweifeln, es habe je existiert.

Der Wendigo in der Moderne

Until Dawn ist eines der wenigen Spiele, die den Wendigo als Antagonisten wählen, noch dazu in einer Art, die so nah am ursprünglichen Mythos ist. Wenn wir ihm überhaupt in moderner Popliteratur antreffen, dann häufig in extrem abgewandelter Form.

Wenn wir dem Wendigo heute "begegnen", dann ist es allem voran in der Popkultur. In Supernatural, Charmed und Hannibal tauchten Versionen der Kreatur auf und auch Stephen King erweckte in Friedhof der Kuscheltiere seine Version zum Leben.

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Videospiele halten sich hier noch mehr zurück und nutzen oft nur seinen Namen oder Teile seiner Beschreibung. Until Dawn und The Secret World gehören zu den wenigen Spielen, in denen wir den Wendigos der Legenden begegnen.

Ob das schade ist oder nicht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Immerhin sorgt gerade ihre Seltenheit dafür, dass sie in Until Dawn für so viel Spannung sorgen.

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