Seite 2: Aufstieg und Fall der Lightguns - Fotozellen unter Feuer

GameStar Plus Logo
Weiter mit GameStar Plus

Wenn dir gute Spiele wichtig sind.

Besondere Reportagen, Analysen und Hintergründe für Rollenspiel-Helden, Hobbygeneräle und Singleplayer-Fans – von Experten, die wissen, was gespielt wird. Deine Vorteile:

Alle Artikel, Videos & Podcasts von GameStar
Frei von Banner- und Video-Werbung
Einfach online kündbar

Durchgeknallte Knarren

Auch die Folgegeneration versorgen Nintendo und Sega mit offiziellen Lightguns, wenngleich sich die Controller maximal weit vom Handfeuerwaffenvorbild entfernen. Für das SNES erscheint das Super Scope - eine maximal unhandliche Panzerfaust aus Kunststoff mit beidseitig ansteckbarem Zielfernrohr. Die Plastikwaffe absolviert (schwarz angemalt) sogar Auftritte in Filmen wie der Super Mario Bros.-Kinoadaption.

Welcher Teufel Nintendo bei der SNES-Panzerfaust reitet, ist nicht bekannt. Die Super Scope sieht leider nicht nur lächerlich aus, sondern ist auch in puncto Bedienung kein Design-Glanzlicht. Welcher Teufel Nintendo bei der SNES-Panzerfaust reitet, ist nicht bekannt. Die Super Scope sieht leider nicht nur lächerlich aus, sondern ist auch in puncto Bedienung kein Design-Glanzlicht.

Um den Spieler im Eifer des Gefechts nicht über Kabel stolpern zu lassen, besitzt das Super Scope keines, sondern sendet Infrarotsignale, die von einem Empfänger an die Konsole weitergereicht werden. Der Nachteil: Sechs Batterien sind nötig, um ein paar Stunden lang auf den Bildschirm ballern zu können.

Nicht nur dadurch ähnelt die SNES-Waffe dem Mega-Drive-Pendant, das auf den hübschen Namen Menacer (»Bedroher«) hört: Auch die kabellose, dreiteilige Sega-Knarre, die entfernt an einen Granatwerfer erinnert, ist ein Design-Albtraum, aber zumindest nicht ganz so unhandlich wie die Super Scope.

Segas Mega-Drive-Granatwerfer Menacer lässt sich individuell zusammenstecken und mit einem Binokular ausstatten. Segas Mega-Drive-Granatwerfer Menacer lässt sich individuell zusammenstecken und mit einem Binokular ausstatten.

Das Aufkommen an Menacer-kompatibler Software ist überschaubar: Das Minispielmodul 6-Game Cartridge liegt der Knarre bei, die englischen Entwickler Probe Entertainment liefern den lahmen Alien-Shooter Bodycount und die ordentliche Automatenumsetzung T2: The Arcade Game, der Rest sind FMV-Schießereien von American Laser Games (siehe unten) und Digital Pictures (Corpse Killer) für Mega-CD.

Aber auch auf dem Super NES ist das Angebot mau: Neben einem ebenfalls gebundelten Minispielmodul gibt's ein gutes halbes Dutzend Licht-Ballerspiele wie die SciFi-Schießbuden Battle Clash und Metal Combat von Intelligent Systems, den Mario-Ego-Rail-Shooter Yoshi's Safari oder Bandais Anti-Roboter-Kampf Bazooka Blitzkrieg.

Obwohl die Lichtpistolen-Begeisterung auf 16-Bit-Konsolen überschaubar ist, kocht Konami zusätzlich ein eigenes Süppchen: Die Umsetzung der Spielhallen-Cop-Action Lethal Enforcers wird mit dem Konami Justifier (einer knallfarbenen Plastikversion des Magnum-Revolvers Colt Python) ausgeliefert und funktioniert auch nur mit dieser Peripherie.

Vom Film zum Polygon

Ob Krimi, Western oder Science Fiction: American Laser Games bringt ein paar Jahre lang trashige Full Motion Videos in die Spielhalle und auf frühe CD-Konsolen. Ob Krimi, Western oder Science Fiction: American Laser Games bringt ein paar Jahre lang trashige Full Motion Videos in die Spielhalle und auf frühe CD-Konsolen.

Ein Gros der Lightgun-Titel sind Rail-Shooter: Das Spiel bestimmt die Marschrichtung, der Spieler kümmert sich nur darum, den Weg freizuballern und/oder am Leben zu bleiben. Diese beschränkte Mechanik passt wunderbar zu den interaktiven Filmen, die der Multimedia-Hype der beginnenden 1990er-Jahre hervorbringt. Am intensivsten nehmen sich American Laser Games des Themas an: Auf Laserdisc und später CD bannt das Unternehmen aus dem Bundesstaat New Mexico trashige B-Movies, in denen sich der Spieler durch Western-, Mafia-, Polizei- und SciFi-Szenarien ballert.

Titel wie Mad Dog McCree, Crime Patrol oder Space Pirates sind (schau-)spielerisch primitiv bis peinlich, werden aber dennoch munter auf frühe CD-Konsolen (wie 3DO oder CDi) und PC umgesetzt und wandern bei uns zielstrebig auf den Index der Bundesprüfstelle - nur um Jahre später angesichts der aus heutiger Sicht harmlosen Action wieder von der Liste gestrichen zu werden.

Während das FMV-Strohfeuer bald wieder erlischt, setzt sich in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts die 3D-Grafik für Videospiele durch und Lightgun-Shooter erleben eine letzte kleine Blüte in der Spielhalle sowie als (zum Großteil indizierte) Umsetzung auf PlayStation und Saturn. Atari Games macht die mysteriöse Area 51 zum bleihaltigen Schauplatz, Sega schickt untote (House of the Dead) und kriminelle (Virtua Cop) Ziele über den Monitor.

In der zweiten Hälfte der 1990er kommt es zu einem letzten Aufbäumen des Lightgun-Genres, Titel wie House of the Dead, Virtua Cop oder Area 51 beschäftigen gesellige Actionfans und die Bundesprüfstelle. In der zweiten Hälfte der 1990er kommt es zu einem letzten Aufbäumen des Lightgun-Genres, Titel wie House of the Dead, Virtua Cop oder Area 51 beschäftigen gesellige Actionfans und die Bundesprüfstelle.

Namco sorgt in Time Crisis dank Deckungsfunktion via Pedal für einen innovativen Kniff und liefert mit der Schießbude Point Blank einen der wenigen jugendfreien Vertreter des Genres. Letzterer Hersteller veröffentlicht auch die besten Lichtwaffen für PlayStation bzw. PS2: Die G-Con 45 (und ein halbes Jahrzehnt später die GunCon 2) greifen über einen Adapter ein zusätzliches Videosignal ab, was eine genauere Berechnung des Trefferpunktes erlaubt.

Fans gucken in die Röhre

Während sich die Zahl verfügbarer Lightgun-Titel auf PS2, GameCube, Xbox und Dreamcast in Grenzen hält, erstaunt die Umtriebigkeit der Peripheriehersteller: Blaze, BigBen, Thrustmaster oder Mad Catz bringen in der Prä-HD-Generation zwei Dutzend Plastikknarren auf den Markt, viele davon billig und technisch erheblich schwächer als die Namco-Gun. Die allerdings enttäuscht in ihrer dritten Ausgabe, die 2006 mit Time Crisis 4 für die PS3 erscheint.

Die GunCon 3 benötigt wie die Wii Remote eine Infrarotlichtquelle (in Form zweier LED-haltiger Plastikteile, die am Fernseher befestigt werden). Und ebenso wie bei der Wii Remote funktioniert auch bei der GunCon 3 die IR-Technik nur mäßig exakt und ist meilenweit von der Genauigkeit der Vorgänger entfernt.

Mit modernen Fernsehern funktioniert die althergebrachte Lightgun-Technik nicht mehr – die Spiele nutzen entweder die Bewegungs- und Kameracontroller der Konsolen oder bringen eigene Infrarot-LED-Leisten mit. Mit modernen Fernsehern funktioniert die althergebrachte Lightgun-Technik nicht mehr – die Spiele nutzen entweder die Bewegungs- und Kameracontroller der Konsolen oder bringen eigene Infrarot-LED-Leisten mit.

Das Genre stirbt mit der PS3- und Xbox-360-Generation - nicht nur weil der Ideengeber Spielhalle endgültig ausgedient hat. Zuvorderst ist es die moderne TV-Technik, die das Grab der Lightgun-Shooter schaufelt: Seit den 80er-Jahren benötigen Konsolen zur Berechnung, welcher Bildschirmbereich vom Spieler getroffen wurde, Informationen über die Position des Elektronenstrahls innerhalb der TV-Röhre (siehe Seite 1).

Weil die Kathodenstrahlröhre aber Geschichte ist, kann diese clevere Technik nicht mehr angewendet werden. Die Entwickler greifen in der Moderne auf ungenauere Varianten der Trefferberechnung durch Infrarotsender oder Kameras (wie bei PlayStation Move) zurück - und knipsen dem altgedienten Genre damit endgültig das Licht aus.

Zwar erscheinen immer noch vereinzelte Spiele, die nach dem guten alten Schießbudenprinzip funktionieren und wie Rambo: The Video Game sogar Maschinengewehraufsätze für Sonys Move-Controller unterstützen, doch es fehlt die Präzision einer echten Lightgun.

Noch skurriler wird's beim Railshooter Blue Estate, bei dem wir nicht per Lichtpistole ballern, sondern unser Fadenkreuz mit dem Sixaxis-Gyroskop des PS4-Controllers schwammig und ungenau über den Bildschirm lenken.

Solche Spiele wirken wie das letzte verzweifelte Aufbäumen eines Genres, das seine Glanzzeiten längst hinter sich hat. Doch immerhin: Es muss sie noch geben, die Lightgun-Fans - andernfalls wären die genannten Spiele wohl kaum erschienen. Wir sind gespannt, ob die VR-Zukunft wenn schon nicht der liebgewonnenen Peripherie von damals, vielleicht wenigstens dem »Schießbuden-Genre« einen zweiten Frühling bescheren kann.

2 von 2


zu den Kommentaren (8)

Kommentare(8)
Kommentar-Regeln von GamePro
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.