Blackwood Crossing - Ein Adventure auf den Spuren von Life is Strange und David Lynch

Blackwood Crossing ist ein überraschend tiefgründiges Adventure, das die dramatische Geschichte der Geschwister Finn und Scarlett erzählt. Mehr als einmal fühlte sich Dom dabei an Life is Strange und David Lynch erinnert — und das ist ein gutes Zeichen.

Blackwood Crossing - Offizieller Reveal Trailer des Indie-Adventures Video starten 1:57 Blackwood Crossing - Offizieller Reveal Trailer des Indie-Adventures

Schon während meiner ersten Schritten in der Welt von Blackwood Crossing spüre ich ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend. Nachdem ich als 14-jährige Scarlett auf der Suche nach meinem Bruder durch ein Zugabteil spaziert bin, das vor Gemütlichkeit und Sonntagsausflugsstimmung nur so strotzt, stehe ich plötzlich einem seltsamen Wesen gegenüber: Auf dem Körper eines Kindes steckt ein riesiger Hasenkopf, dessen rote Augen mich anleuchten. Die Gestalt steht bewegungslos am Ende des Abteils, während sich ein tiefes, bedrohliches Brummen in die Hintergrundmusik schleicht, die eben noch unbeschwert und leicht klang. Irgendetwas geht hier vor sich und Blackwood Crossing fordert mich dazu heraus, diesem Rätsel auf die Spur zu kommen.

Dabei könnte das Debüt-Spiel von PaperSeven auf den ersten Blick direkt aus den kinderfreundlichen Zeichenstudios von Pixar und Disney in die Welt der Videospiele gesprungen sein: Das im Zentrum stehende Geschwisterpaar, Finn und die bereits erwähnte Scarlett, müssen sich in einer farbenfrohen Fantasiewelt zurechtfinden, die in den ersten Spielstunden einem unendlich langen Zug gleicht. Wie und warum wir hierher gekommen sind, bleibt erst einmal das wohlgehütete Geheimnis des Spiels, sodass wir die Welt um uns herum ohne übergeordnetes Ziel kennenlernen und auf uns wirken lassen dürfen. Und tatsächlich gibt es aus der Ego-Perspektive der jungen Scarlett einiges zu entdecken!

In jedem Abteil des Zuges, in dem das Spiel beginnt, erwarten uns neue Szenerien, die klassische Adventure-Aufgaben stellen oder uns mit anderen Passagieren konfrontieren, welche uns seltsamerweise bekannt vorkommen: Vor uns sitzt die Deutschlehrerin von Scarlett, dort der üble Schulhofrabauke, der es ständig auf Finn abgesehen hat. Doch bereits während dieser ersten Spielminuten stolpern wir über die surrealen Einschläge, die diese Kinderwelt-Idylle immer wieder stören werden: In diesem Fall tragen alle anderen Passagiere unerklärlicherweise Tiermasken und sind teilweise in grotesken Haltungen erstarrt, während wir mit ihnen sprechen. Nach einer kurzen Unterhaltung tauchen sie schließlich an anderer Stelle im Zug wieder auf - dieses Mal allerdings zusammen mit anderen Menschen, was ihre seltsame Körperverrenkung erklärt.

So wunderten wir uns beispielsweise noch während des Gesprächs darüber, warum der Hausmeister ins Leere blickt und seine Faust weit von sich wegstreckt. Nach einigen Dialogzeilen taucht der grimmige Mann an einer anderen Stelle des Zugs wieder auf und hält plötzlich den Schulrabauken am Kragen fest. Das sorgte bereits in der kurzen, halbstündigen Gameplay-Präsentation für belohnende "Aha!"-Effekte, die schon alleine dazu motivieren, mit allen anderen Figuren zu sprechen, um die Ursachen für die Verrenkungen herauszufinden.

Die Gespräche verändern zwar den Verlauf des Spiels nicht maßgeblich, geben uns aber immer verschiedene Antwortmöglichkeiten, die mal wütend, mal verständnisvoll gefärbt sind. So können wir das Abenteuer zumindest emotional an unseren Geschmack anpassen. Der noch recht überschaubare Zug bildet hierbei erst den Anfang: Später soll uns Blackwood Crossing noch in eine weitaus größere, abwechslungsreichere Landschaft führen. Dorthin gelangte ich während der kurzen Gameplay-Präsentation allerdings noch nicht.

Klassische Rätsel in einer ungewöhnlichen Spielwelt

Neben den Gesprächen fordert uns Blackwood Crossing spielerisch dabei vor allem mit klassischen Adventure-Rätseln heraus: Finde dies, das und jenes, kombiniere es und benutze es dort drüben. Im Gegensatz zu vielen anderen Spielen dieses Genres scheint sich das Team von PaperSeven allerdings viele Gedanken dazu gemacht zu haben, wo wir welchen Gegenstand tatsächlich auch finden. In beiden Rätselsequenzen, die mir vorgeführt wurden, waren die gesuchten Objekte sinnvoll so verteilt, dass ich ganz nebenbei möglichst viel vom Level sehen und entdecken konnte. Statt kopflosem Bildschirmgrinding aus der Ego-Perspektve lernte ich dank der nicht allzu schweren Rätsel die Spielwelt und damit auch die beiden Hauptfiguren Finn und Scarlett deutlich besser kennen.

Auch zu diesem Duo gibt es einige Worte zu verlieren: Nach dem Tod ihrer Eltern haben die beiden Geschwister eine unheimlich starke Bindung zueinander entwickelt. Der Gefühlszustand des jüngeren, deutlich lebhafteren und impulsiveren Finn wirkt sich auf die Stimmung von Scarlett aus und umgekehrt. Diese emotionale Beziehung zwischen beiden Charakteren entwickelt sich nach und nach zu dem roten Faden, an dem die Geschichte von Blackwood Crossing erzählt wird: Das Spiel wandelt sich so allmählich vom Ausflug zweier Kinder in eine fantasievolle Welt zu einer dramatischen Geschichte über ein Geschwisterpaar, die beide an einem Scheideweg stehen. Die ältere Scarlett wird allmählich erwachsen und nimmt die Welt um sich herum differenzierter, rationaler wahr, während sich der zehnjährige Finn immer weiter in seine Fantasie flüchtet — mit durchaus fatalen Konsequenzen, wie der oben verlinkte Trailer unheilvoll andeutet.

PaperSeven plant, Blackwood Crossing im Frühjahr 2017 für PC, PS4 und Xbox One zu veröffentlichen und erst dann werden wir wohl herausfinden dürfen, ob die Geschichte von Scarlett und Finn glücklich oder mit getrennten Wegen enden wird.

Dom Schott
@R3nDom
Blackwood Crossing hat mich mehr als einmal an eine Kombination aus Life is Strange und den Stilmitteln eines David Lynch erinnert: Die emotional erschütternde Geschichte zweier Teenager, die eigentlich zur Genüge mit den eigenen Problemen zu kämpfen haben, müssen sich nun auch in einer surrealen Fantasiewelt zurechtfinden. Menschen mit Tiermasken, ein unheimlicher Hase und regelmäßige Absurditäten, die als völlig normal präsentiert werden, machen das Adventure zu einem vielversprechenden Spiel, dessen eigentliche Geschichte viel tiefsinniger ist als das bloße Erleben eines Abenteuers durch Kinderaugen. Noch ist schwer abzusehen, wie spielmechanisch ausgefeilt oder motivierend die Rätsel und das etwas langsame Erzähltempo auf Dauer sein werden - doch das, was ich bisher gesehen habe, konnte mich begeistern und lässt mich mit einer ordentlichen Portion Vorfreude auf das Frühjahr 2017 blicken.

Wie ist euer erster Eindruck von Blackwood Crossing? Behaltet ihr das Indie-Adventure im Auge?

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