The Last of Us hätte ich ohne das Remake niemals spielen können

Ein Remake nur wenige Jahre nach dem Original von The Last of Us halten viele für unnötig. Doch ohne nötige Einstellungen zur Barrierefreiheit hätten viele Menschen das Spiel nicht erleben können.

Unsere Freie Autorin Melanie hätte The Last of Us ohne das Remake nicht spielen können. Unsere Freie Autorin Melanie hätte The Last of Us ohne das Remake nicht spielen können.

Ich erinnere mich noch gut, als im Sommer dieses Jahres das Remake für The Last of Us angekündigt wurde. Wie sehr viele andere fand auch ich es zunächst überflüssig, ist doch das Original noch gar nicht so alt und bereits einmal mit dem Remaster für PS4 aufgehübscht worden. Und, mal ehrlich, es sah auf der PS4 schon verdammt gut aus. Wie viel besser könnte ein Remake da noch werden?! Doch schon wenige Tage später verwässerte sich meine Einstellung, da Naughty Dog verlauten ließ, dass The Last of Us Part 1 mit Accessibility-Features ausgestattet werden sollte. Ich wurde neugierig und erwartete mit Spannung weitere Informationen, denn das könnte für mich alles ändern.

Das Original, bzw. das PS4-Remaster, musste ich kurz nach Beginn abbrechen, weil ich mit meiner motorischen Einschränkung die Steuerung nicht ausreichend bedienen konnte. Das ursprüngliche The Last of Us hatte noch keine nennenswerten Unterstützungsfunktionen, die mir das Spielen ermöglicht hätten. So kam es, dass ich nach dem überaus spannenden Auftakt schon sehr schnell nicht mehr weiterspielen konnte.

Melanie Eilert
Melanie Eilert

Zur Autorin: Melanie Eilert beschäftigt sich mit Inklusion, Games und Musicals. Sie lebt mit Spinaler Muskelatrophie und cruist seit ihrem vierten Lebensjahr im elektrischen Rollstuhl durch die Welt. Auf ihrem Blog meilert.net und als melly_maeh bei Twitter spricht sie über ihre Erfahrungen als behinderte Gamerin und alle Themen rund um Inklusion.

Wenn Spielen zu Frust wird

Es gibt ziemlich zu Beginn einen Abschnitt, wo Joel durch einen Keller voller Sporen geht und dort einen verletzten Mann mit einer zerbrochenen Atemschutzmaske vorfindet. Dieser Mann bittet Joel, ihn umzubringen, da er sich mit den Sporen infiziert hat und sich nicht verwandeln möchte. 

Was eigentlich ein intensiver Moment sein sollte, um mich als Spielerin in die Aussichtslosigkeit und Dramatik dieser Welt zu führen, war für mich ein Moment des Frusts. Jedoch kein Frust, der mit der Geschichte in Zusammenhang stand, sondern Frust über spielerische Barrieren. Wenn ich den Mann von seiner Qual erlösen wollte, hätte ich nur die Möglichkeit, die Schusswaffe zu ziehen und den Fremden zu erschießen.

Direkt zu Beginn stellt uns The Last of Us vor eine schwere Entscheidung. Erlösen wir den Mann oder überlassen wir ihn seinem Schicksal. Direkt zu Beginn stellt uns The Last of Us vor eine schwere Entscheidung. Erlösen wir den Mann oder überlassen wir ihn seinem Schicksal.

Ich konnte diese Stelle nicht anders lösen, indem ich zum Beispiel den Mann auf andere Weise tötete. Aber um zu schießen, muss Zielen mit L2 lange gedrückt und dann der Abzug mit R2 betätigt werden. Eine Eingabe, die ich ohne unterstützende Einrastfunktion (L2 nur kurz betätigen, um Zielen zu aktivieren oder zu deaktivieren) nicht umsetzen kann. Da mir klar war, dass Schießen im weiteren Verlauf noch sehr wichtig und auch mit Zeitdruck und viel Action verbunden sein wird, war das Spiel für mich an dieser Stelle vorbei und hatte doch eigentlich noch gar nicht richtig angefangen.

So habe ich mir vor Erscheinen von The Last of Us Part 2 den Vorgänger als Let's Play angesehen, um die weitere Geschichte noch mitzubekommen. Ein Let's Play kann aber, gerade bei so emotionalen Spielen wie The Last of Us, nie dasselbe Erlebnis bieten, wie es selbst zu spielen. Die enge, emotionale Bindung zum Beginn von Joels und Ellies gemeinsamen Abenteuer und den beiden als Charaktere blieb für mich aus. Als ich dann, dank der vielen Accessibility-Features, The Last of Us Part 2 spielen konnte, merkte ich durchaus, dass mir etwas fehlte, obwohl ich grundsätzlich die Geschichte kannte.

Deshalb hat das Remake eine Daseinsberechtigung

Mit dem Remake konnte ich diese Lücke nun endlich schließen. Es hat sämtliche Einstellungen zur Barrierefreiheit erhalten, die mir bereits das Spielen von Part 2 ermöglicht haben. Welche das sind, hab ich für euch hier aufgeschrieben:

Da ich mit dem DualSense-Controller allerdings motorisch so ein paar Problemchen habe und ihn noch etwas schlechter handhaben kann als zuvor den DualShock-Controller, war ich erstmal skeptisch, ob die Funktionen für Barrierefreiheit für mich ausreichen würden. Ich merkte tatsächlich einen kleinen Unterschied darin, wie anstrengend eine Spiel-Session für mich ist, aber alles in allem konnte ich nun doch noch selbst in die Geschichte von Ellie und Joel eintauchen und ihren gemeinsamen Weg selbstständig erleben.

Dabei hat mir zum Beispiel die für mich unerlässliche Einrastfunktion geholfen, wodurch frustrierende Spielsituationen wie die oben beschriebene nicht mehr auftreten. Eine weitere wichtige Funktion ist für mich, dass ich bis zu vier Aktionen auf Wischgesten auf dem Touchpad legen kann. So kann ich Tasten, die für mich schwer erreichbar sind, durch einen einfachen Wisch über das Touchpad ersetzen, was mir viel Kraft spart.  

The Last of Us Part 1 - Das Remake ist ein technischer, aber kein spielerischer Meilenstein Video starten 11:56 The Last of Us Part 1 - Das Remake ist ein technischer, aber kein spielerischer Meilenstein

Ich verstehe die vielen Stimmen, die sich statt eines Remakes lieber ein neues Spiel gewünscht hätten. Auch kann ich nachvollziehen, dass diejenigen, die The Last of Us bereits in der ein oder anderen Version besitzen und gespielt haben, sich über den Preis ärgern. Und ich gebe zu, es fühlt sich auch etwas seltsam an, die beiden Spiele quasi chronologisch in verkehrter Reihenfolge gespielt zu haben, aber ich bin sehr glücklich, dass ich überhaupt noch die Möglichkeit hatte, Part 1 selbst zu spielen

Für mich und viele andere behinderte Spielende ist dieses Remake sehr wertvoll. Es ist der erste Zugang zum Beginn der "The Last of Us"-Reihe, an dem wir die vergangenen neun Jahre nur von der Seitenlinie aus teilhaben konnten. Durch das Remake ist es nun mehr Menschen möglich, die packende Geschichte und das emotionale Auf und Ab zu erleben. Ich finde, das ist eine großartige Sache und ein, aus meiner Sicht, starkes Argument dafür, warum das Remake durchaus eine Daseinsberechtigung hat. Ich jedenfalls bin sehr froh darüber.

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