Final Fantasy 15 - Eine improvisierte Notlösung mit Charme

Die Macher von Final Fantasy 15 haben eine wahre Odyssee hinter sich, die auch am fertigen Spiel ihre Spuren hinterlassen hat. Doch der Flickenteppich aus Eos macht trotzdem Spaß – vielleicht sogar gerade deswegen.

Im Bild: Der tragische Königssohn mit seinem schnittigen Familienschlitten. Im Bild: Der tragische Königssohn mit seinem schnittigen Familienschlitten.

Auch wenn ihr sonst nichts über Final Fantasy 15 wisst, eine Sache habt ihr aber ganz sicher mitbekommen: Es war 10 Jahre in der Entwicklung. So eine lange Zeit, so viel hat sich mittlerweile getan und jetzt ist das Spiel endlich fertig. Was nach einem wunderbaren Aufhänger für ein heiß erwartetes Rollenspiel aussieht, ist am Ende dann doch nur die halbe Wahrheit.

Bäumchen, Bäumchen, wechsel dich

Final Fantasy 15 war nicht 10 Jahre in Arbeit. Die Hälfte dieser Zeit war es ein komplett anderes Spiel von einem anderen Director, mit einer anderen Ausrichtung und für eine andere Konsolengeneration. Und das merkt man der Reise von Noctis und seinen Freunden an jeder Ecke an. Als Final Fantasy Versus XIII im Rahmen der E3 2006 angekündigt wurde, war das Projekt noch Teil der sogenannten Fabula Nova Crystallis-Reihe und teilte sich die zugrunde liegende Mythologie mit dem ungeliebten Final Fantasy 13.

Immer wieder verzögerte sich das Spin-off, während das Abenteuer von Lightning gleich zwei direkte Nachfolger spendiert bekam. Tetsuya Nomura, der seit 1991 an der Final Fantasy-Marke gearbeitet hat, musste irgendwann das Handtuch werfen und der eher unbekannte Hajime Tabata übernahm als Director das Ruder, schlug eine neue Richtung ein und die bestehenden Entwürfe wurden auf einen neuen Hauptableger umgemünzt. Final Fantasy 15 war geboren.

Tatsächlich ist erst seit 2012 klar, dass aus dem damals schon 6 Jahre altem Projekt ein neues Spiel werden muss. Und bei meiner bisherigen Zeit in der Welt von Eos habe ich diese erzwungene Metamorphose immer wieder zu spüren bekommen. Der offensichtlichste Beweis für die allgegenwärtige Improvisation in Final Fantasy 15 ist der Wechsel von einer überraschend offenen Spielwelt zu einer linearen, nahezu klassischen zweiten Spielhälfte. Fast so, als wären zwei unterschiedliche Spiele aneinandergenäht worden, weil die bereits geleistete Arbeit nicht so einfach fallengelassen werden konnte.

Antike Königsgräber vs. Pommes von der Tanke Antike Königsgräber vs. Pommes von der Tanke

Ich bin mir sicher, dass Final Fantasy Versus XIII kein kein Open World-Spiel werden sollte, ebensowenig wie Final Fantasy 13 und Final Fantasy Type-0, die beiden anderen Fabula Nova Crystallis-Titel. Doch nach der immensen Kritik an den Schlauchleveln von Teil 13 musste etwas neues her, mit mehr spielerischer Freiheit. Unter Tabata kam dann der Road Trip-Ansatz dazu, der jetzt die erste Hälfte von Final Fantasy 15 bestimmt und uns von Tankstelle zu Tankstelle huschen lässt, um von dort aus weitläufige Landschaften erkunden zu dürfen.

"Und wenn wir es einfach Final Fantasy 15 nennen?"

Die zwei Spielhälften könnten sich unterschiedlicher kaum anfühlen und im Spielverlauf erfolgt dieser Wechsel derart unvermittelt und plötzlich, dass ich mir schlicht nicht vorstellen kann, dass hier eine bedachte Designentscheidung vorliegt. Dass dieser Schritt offenbar notwendig war, ist bedauernswert und ich bewundere das Team von Tabata dafür, unter enormen Zeit- und Erfolgsdruck einen Flickenteppich geschaffen zu haben, der sich zwar stets schräg und sonderbar anfühlt, letztlich aber gerade dadurch Charme ausstrahlt.

Aber es ist nicht nur das Spielgefühl, das unter der Zwangsheirat leiden musste. Fast alle Elemente des Rollenspiels wirken hin- und hergerissen und scheinen ihren Platz weiterhin zu suchen, während ich über den Asphalt düse. Wie sonst soll ich mir erklären, dass ich als Königssohn Noctis den Tod meines Vaters innerhalb weniger Momente verarbeite und schnell wieder dazu übergehe, mit meinen Freunden flapsige Sprüche auszutauschen und für eine Handvoll EXP auf Fröschejagd zu gehen oder Tomaten einzukaufen?

Final Fantasy 15: Kingsglaive - Die ersten 12 Minuten des CGI-Films Video starten 12:08 Final Fantasy 15: Kingsglaive - Die ersten 12 Minuten des CGI-Films

Selbst das eigentliche Art Design wirkt, als stünde es zwischen den Stühlen. Die Spielwelt selbst will zeitgenössisch und funktional die US-Straßenkultur zitieren, während sich die eigentliche Geschichte um konventionelle Königshäuser, magische Kristalle und invasive Imperien kümmert, die direkt aus der 16-Bit-Ära stammen könnten. Noctis und seine Freunde kommen aus einer mystischen, fantastischen Welt, die nichts mit den Parkplätzen, Angelteichen und Fast Food-Restaurants von Eos gemein hat.

Kaum etwas in Final Fantasy 15 fügt sich wirklich harmonisch zusammen. Wie ein Mashup aus Beethoven und den Rolling Stones schwankt das Spielgefühl zwischen grundverschiedenen Stimmungen aus rebellischem Laissez-faire und altehrwürdiger Klassik. Wäre da nicht der konsequente Fan-Service, der sich mit gesummten Siegesfanfaren und Retro-Soundtracks im Autoradio durch das gesamte Spiel zieht, könnte ich fast vergessen, dass dem Spiel überhaupt irgendwo ein gemeinschaftlicher Gedanke zugrunde liegt.

Passt, wackelt und hat Charme

Ich weiß, wie fies das alles klingen muss und wie zusammengeschustert sich das World Building von Final Fantasy 15 anhört, wenn man es noch nicht selbst erlebt hat. Aber wie ich bereits meinte, wohnt dieser designtechnischen Not ein gewisser Zauber inne, der nicht zu leugnen ist. Wie eine zerschlissene Anzugshose, die mit Aufnähern einer Stone-washed Jeans geflickt wurde, übt Final Fantasy 15 eine Anziehungskraft aus, die nach einem ironischen Statement aussieht, das aber eigentlich gar keines ist.

Ich hatte und habe meinen Spaß mit Final Fantasy 15, doch dafür hat es etwas Abstand gebraucht. Abstand von den Figuren, der Hintergrundgeschichte und der Erwartung ein kohärentes Werk aus bedachten Entscheidungen zu erleben. Final Fantasy 15 ist im Grunde eine Notlösung für ein Franchise, das seit Jahren in der Krise steckt. Aber es bleibt eine Lösung, die dennoch alles halbwegs zusammenhält und die Marke von vielen Altlasten befreit. Und das reicht mir für den Moment.

zu den Kommentaren (38)

Kommentare(31)
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Cas83

vom 03.12.2016, 16:25 Uhr

Zitat von Hansi Hansen:

Was ich hier poste, ist meine Meinung und für mein Empfinden nicht übertrieben. Natürlich könnte ich auch positives hier schreiben, weil es davon auch einiges gibt, aber warum?, nur um Dich zufriedenzustellen?.
Es ist natürlich Dein gutes Recht, auch Deine Meinung hier zu schreiben, nur ist diese völlig Inhaltslos und ohne jegliche Argumentation.
Wer ist also nun der Troll hier?. ;)


Schreib halt im Forum, da findest du auch meine Meinung, dass hier ist ne Kolumne über das Spielgefühl und ob man die lange Entwicklungszeit merkt und kein Test. Im Forum kannst du gerne über das Spiel abkotzen, da hab ich dann vielleicht auch Lust auf deine Kritik einzugehen.

Das du in 3 Minuten auf meinen Kommentar antwortest zeigt ja nur das du mit F5 hier auf Reaktionen auf deinen Post wartest.


Socke1970ge

vom 03.12.2016, 16:14 Uhr

Ich würde FF15 auch nicht mit 88% bewerten, aber habe es auch erst 10 Stunden durch. Ein Kollege kam gestern vorbei und war von FF total begeistert, er könne nicht mehr aufhören zu zocken und es wäre so genial. Ich habe ihn total verblüfft angeguckt, wie kann das sein? Was sieht er in dem Titel was ich nicht sehe? Haben wir das gleiche Spiel gespielt??? Wir haben ein bisschen diskutiert und kamen zu einem Ergebnis: Für ihn sind die Macken des Spiels auch ersichtlich, aber er hat mir viele positive Dinge berichtet die für ihn überwiegen, die Macken sieht er gar nicht als so negativ an. Die Moral von der Geschicht: Jeder hat eine andere Heransgehensweise und Ansicht an solchen Spielen. Das sollte man respektieren und vielleicht mal selbst ein Stück über den Tellerrand schauen. Ich lese mir eh immer mehrere Reviews durch und bilde mir dann erst eine Meinung, am Besten selbst mal ausprobieren vorher. Wer es kritischer haben möchte warte doch vielleicht den Test in der !Maniac ab. Die sind immer überkritisch (gelegentliche Ausrutscher mal abgesehen). Ich werde heute Abend noch mal ausgiebig zocken und versuchen doch noch hinter das Geheimnis von FF15 zu kommen und ob es nicht doch so was von Spielspaß für mich bereit hält. ich bleibe aber eher skeptisch. Grüße


Hansi Hansen

vom 03.12.2016, 16:03 Uhr

Zitat von Cas83:
Geh doch auf das getrolle nicht auch noch ein. Das Spiel ist nicht perfekt, aber nur Negativpunkte aufzählen und die noch maßlos übertreiben mit schlechten Beispielen ist nun wahrlich nichts worauf man eingehen müsste.


Was ich hier poste, ist meine Meinung und für mein Empfinden nicht übertrieben. Natürlich könnte ich auch positives hier schreiben, weil es davon auch einiges gibt, aber warum?, nur um Dich zufriedenzustellen?.

Es ist natürlich Dein gutes Recht, auch Deine Meinung hier zu schreiben, nur ist diese völlig Inhaltslos und ohne jegliche Argumentation.

Wer ist also nun der Troll hier?. ;)


Cas83

vom 03.12.2016, 16:00 Uhr

Geh doch auf das getrolle nicht auch noch ein. Das Spiel ist nicht perfekt, aber nur Negativpunkte aufzählen und die noch maßlos übertreiben mit schlechten Beispielen ist nun wahrlich nichts worauf man eingehen müsste.


Grim85RIP

vom 03.12.2016, 15:27 Uhr

Dieser Kommentar wurde ausgeblendet, da er nicht den Kommentar-Richtlinien entspricht.


Hansi Hansen

vom 03.12.2016, 14:45 Uhr

15 ist "für mich" der größte Fail ( nicht kommerziell) in der FF-Serie. Abstürze & Bugs ohne Ende und die Grafik ist mehr als Grottenschlecht ( schaut Euch nur die Boden & Berg-Texturen an ). Die Farben sind selbst ohne HDR völlig übersättigt. Hinzukommt eine echt miese Steuerung, ( Combos auf L2, und beim Auswählen muss man noch extra das Steuerkreuz benutzen lol ).

Dann die Deutsche Synchro..auman..grauenhaft!. Man hat das Gefühl, bei dem Gestöhne..uhh..ohhh..,das die 4 allesamt Gay sind. Auch die Soundkulisse und Welt von 15 ist völlig Leer!. Es kommt weder ein "Open World" Feeling auf, noch sonstwas.

Die Protagonisten, erzählen sich stellenweise einen Mist zusammen, dass man glauben muss die haben allesamt einen an der Waffel. Viele Dialoge der Figuren ergeben überhaupt keinen Sinn, und wirken mehr als nur gay.

Der Tag & Nacht Zyklus , genau so ein Schwachsinn.
Man fährt morgen um 6 Uhr los und braucht für 8km 14Stunden.
Man kommt praktisch nachts ( 20:00 ) erst an. Es sind gerade mal 10-15 Minuten ( Echtzeit ) vergangen, und schon befindet man sich wieder im Dunkeln, also viel zu schneller wechsel.

Dann die Kämpfe, ein Wust aus Übersichtslosigkeit das seines gleichen sucht. Wenn man nicht gerade auf offenen Gebiet kämpft, hat man jede Textur vor der Kamera, und sei es noch die kleinste Hecke, ganz zu schweigen von engen Räumen in Dungeons. Wenn das Tabatas Meisterstück sein soll, dann frag ich mich was die all die Jahre wirklich getan haben. Meisterstücke der Spiel-Geschichte waren: 7,8,MGS V, SOC, etc..

Klar wird nun auch, warum man Millionen in die Werbung weltweit gesteckt hat, weil man sich selbst klar war wie unausgereift und unfertig es ist. Man muss 15 nur mal mit MGS V vergleichen, das bei wesentlich besserer Grafik auch noch in 60 Fps läuft., ohne nur einen Absturz.

Dann 20 Stunden Hauptstory ( hab ich gebraucht ) für 10 Jahre Entwicklungszeit haha. Da bleibt nur zu hoffen, dass FF 7 Remake bombe wird, weil es vom Original Entwickler stammt. ( gleiche wie bei TLG ). Hätte nur Nomura 15 weiter gemacht.


Warokh

vom 03.12.2016, 13:25 Uhr

Also ich finde es sehr gelungen bis jz. Story ok kann man sicher besser machen aber es gab schon schlechtere. Und da meine Freundin dauernd koreanische dramen schaut..die ich dann auch sehen darf hust....ist der boyband kritikpunkt für mich nicht so schlimm. Seh sowas ja dauernd ?. Open world macht Laune. Kampfsystem find ich gut obwohl ich auch ein fan von rundenbasierten kämpfen bin. Und die Grafik ist auch top. Kanns nur jedem ans Herz legen es wenigstens zu testen. Dann kann ja jeder selber sagen hui oder pfui. Diese Vorverurteilung hat es nicht verdient. Es ist sicher nicht das über rpg aber es ist sehr gut geworden


Mirco Kämpfer Redakteur/-in

vom 02.12.2016, 13:42 Uhr

Zitat von Nohohon:

Edit: Der Artikel ist jetzt da. Wurde wohl zu früh angezeigt...? ;)


Ja, war wohl ein Fehler. Er sollte erst heute Morgen live gehen.


Mirco Kämpfer Redakteur/-in

vom 02.12.2016, 10:15 Uhr

Zitat von Nohohon:

Vielleicht spielt er (oder sie?) auf der One? Ich will keinen Konsolenkrieg lostreten aber es gibt mehrere Reviews die sagen dass die Leistung auf der One echt nicht so toll sein soll.


Aber er bezieht sich ja auf unseren Test, der nur die PS4-Version betrifft.

Übrigens an alle: Vertragt euch plz und diskutiert sachlich weiter. Es wird immer verschiedene Meinungen geben. Im Übrigen gibt es bei großen Tests nach wie vor Wertungsdiskussionen. Der Teser bespricht sich in der Regel immer mit anderen Kollegen, die es ebenfalls spielen. Ich habe sowieso nie verstanden, wie man die Meinung eines einzelnen Redakteurs immer auf die gesamte Redaktion ummünzt.


Hannes Rossow Redakteur/-in

vom 02.12.2016, 07:35 Uhr

Zitat von zukosan:

JETZT schreibt ihr im Endeffekt selbst, dass es eine "improvisierte Notlösung" ist... und gebt dennoch 88%???? Ja, das wars nun endgültig mit Eurer Glaubwürdigkeit.

Das schreiben nicht WIR, sondern das schreibe ich. Dieser Text ist eine Kolumne, in der ich einen Aspekt des Spiels gesondert behandele und darlege, was mir aufgefallen ist.

Der Test von Mirco versucht, das Spiel in seiner Gänze zu besprechen und wie du dort lesen kannst, war er schwer begeistert. Mir geht es aber ein bisschen anders und das finde ich gut und gesund. In der Redaktion gibt es zu jedem Spiel verschiedene Meinungen und auch zu Final Fantasy 15 wird es noch mehr Stimmen geben.

So funktioniert das bei uns. :)