Game of Thrones – Staffel 6 - Die Leiden eines treuen Buch-Fans

Es ist soweit: weil George R. R. Martin nicht aus dem Quark kommt, hat die Serie seine Bücher überholt. Das bedeutet Freiheit für die Macher von Game of Thrones … und Schock-Erlebnisse für Buch-Fans.

Game of Thrones - Finaler Serien-Trailer zu Staffel 6 Video starten 2:03 Game of Thrones - Finaler Serien-Trailer zu Staffel 6

Spoilerwarnung! Ohne auf die Ereignisse der 5. Staffel einzugehen, lässt sich nicht über die 6. Staffel sprechen, außerdem muss sich ein Vergleich zwischen Buch- und Serienhandlung tiefer in die Geschehnisse stürzen. Wer die neueste Folge noch nicht gesehen hat, liest auf eigene Gefahr!

Nach den letzten Folgen der 5. Staffel von Game of Thrones hatte ich als Stannis-Anhänger und Buchleser eigentlich keine Lust mehr, mir die 6. Staffel anzusehen. Meiner Meinung nach schwächelt die Serie nämlich vor allem da, wo sich die Macher die Freiheit nehmen, ihre eigenen Geschichten zu erzählen. Ein gutes Beispiel dafür ist der Handlungsstrang in Dorne, der bis auf etwas nackte Haut und gegenseitiges Belauern nicht viel zu bieten hatte.

Wie sich jetzt herausstellt, war die Screentime im Süden aber nur der Auftakt zum größten Gemetzel der noch jungen 6. Staffel. Die Handlung der Bücher wird um 180° gedreht, die eigentlich unterlegenen Sandschlangen übernehmen die Kontrolle, während das Buch-Mastermind Doran Martell Staub fressen muss. Das ist interessant und wohlig schockierend, weil wir Buch-Fans uns nicht mehr mit »Ganz nett, aber das ist in den Büchern ja schon vor X Jahren passiert« zurücklehnen können.

Es offenbart meiner Meinung nach aber auch, dass exzessive Gewalt das wichtigste dramaturgische Mittel der Serienmacher ist - Intrigen und Strategiesitzungen passen nicht zum begrenzten Zeitrahmen der Folgen, schon klar, aber man könnte es wenigstens mal wieder versuchen. Und damit meine ich nicht die Gespräche zwischen den sehr comichaft anmutenden Dothraki, die über Daenerys' hübschen Köper diskutieren und dabei scheinbar vollkommen vergessen, dass sie da gerade ihren Khal vorführen und der sich vollkommen vorführen lässt. Das ist durchaus witzig, aber für die Handlung bis auf die Enthüllung in allerletzter Sekunde überhaupt nicht von Belang.

Jochen Redinger gehört gemeinsam mit Sebastian Stange zu den wenigen treuen Baratheon- und Stannis-Anhängern in der Redaktion und kann es kaum erwarten, dass George R.R. Martin endlich sein neues Buch liefert. Er ist aber auch Serien-Fan der ersten Stunde, fiebert mit, flucht aber auch mit am lautesten, wenn sich Handlungsstränge unnötigerweise von den Büchern entfernen.

Das Gute im Neuen

In der letzten Staffel war jede Dorne-Szene reine Zeitverschwendung, in der 6. kehrt der umstrittene Handlungsstrang mit schockierenden Opferzahlen wieder zurück. In der letzten Staffel war jede Dorne-Szene reine Zeitverschwendung, in der 6. kehrt der umstrittene Handlungsstrang mit schockierenden Opferzahlen wieder zurück.

Das heißt aber nicht, dass mir die erste Folge der 6. Staffel keinen Spaß gemacht hat. Alle Szenen in Westeros (von der Mauer bis nach Dorne) waren düster und konnten problemlos an die Stärken der letzten Staffel anknüpfen. Jons Tod und der Versuch seiner Freunde, die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen, gewinnt durch den in den Büchern nicht an der Mauer weilenden Ser Davos, der die hitzköpfigen Krieger zur Vernunft bringt und ihnen ein paar Optionen mehr als den ehrenvollen, aber dummen Tod aufzeigt. Zugleich schafft es die Offenbarung von Melisandres wahren Zauberkräften, die Diskussion wieder anzufachen, welche Tricks die zugegebenermaßen häufiger mal danebentippende Priesterin noch auffahren und ob sie damit Jons grausames Schicksal abwenden kann.

Auch dass sich Theon scheinbar langsam wieder fängt und sein geschundenes Sklaven-Ich ablegt, hat mir gefallen, weil es die Handlung um Sansa, Brienne und das politische Ränkespiel im Norden um einen interessanten Charakter bereichert. Schade nur, dass auf der anderen Seite die Boltons mit aus Lesersicht unlogischen Aktionen (Jetzt lehnen sie sich nach den Starks auch noch gegen die Krone auf? Ramsay kommentiert einen drohenden kleinen Bruder mit nicht mehr als einem traurigen Blick?) und nicht unbedingt spannenden Winkelzügen stehen.

Insgesamt habe ich mich jedoch damit abgefunden, dass Serie und Bücher zwei eigenständige Geschichten erzählen, die lediglich auf einer gemeinsamen Grundlage beruhen. Deshalb bin ich auf die nächste Folge gespannt, freue mich aber trotz aller Erfahrungen aus den letzten Büchern über die geschriebene Fassung des Liedes von Eis und Feuer. Beides genießen und nur den eigenen Favoriten ernst nehmen, mit diesem Credo ist sowohl das Zuschauer- als auch das Leserherz in mir zufrieden.

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