Die PS5 im Accessibility-Check: Wie barrierefrei ist Sonys neue Konsole?

Unsere Freie Autorin Melanie Eilert hat die PS5 ganz genau unter die Lupe genommen - und zwar beim Punkt Barrierefreiheit. Ihre Eindrücke und Erfahrungen lest ihr hier.

Kann die PS5 Barrierefreiheit? Unsere Freie Autorin Melanie hat Sonys Konsole ganz genau unter die Lupe genommen Kann die PS5 Barrierefreiheit? Unsere Freie Autorin Melanie hat Sonys Konsole ganz genau unter die Lupe genommen

Vor gut einem Jahr habe ich für GamePro darüber gemutmaßt, wie gut oder schlecht der DualSense-Controller für behinderte Spielende sein könnte. Vor kurzem hat mir Sony eine PlayStation 5 und den DualSense-Controller zu Testzwecken geschickt und ich konnte erste Erfahrungen mit der Barrierefreiheit der PS5 sammeln. Leider wurden viele meiner Befürchtungen zum Controller Wirklichkeit.

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Zur Autorin:
Melanie Eilert beschäftigt sich mit Inklusion, Games und Musicals. Sie lebt mit Spinaler Muskelatrophie und cruist seit ihrem vierten Lebensjahr im elektrischen Rollstuhl durch die Welt. Auf ihrem Blog meilert.net und als melly_maeh bei Twitter spricht sie über ihre Erfahrungen als behinderte Gamerin und alle Themen rund um Inklusion.

Gelungene Einrichtung der PS5

Doch fangen wir erstmal mit der PS5 an sich an. Bei der Einrichtung sind mir einige Dinge positiv aufgefallen. Zunächst ist der Screenreader standardmäßig aktiviert. Als ich nicht sofort weiterklickte, las mir die PS5 vor, was ich machen sollte. Im nächsten Schritt wurde ich dann gefragt, ob ich den Screenreader eingeschaltet lassen möchte oder nicht. Da ich keine Probleme damit habe, Texte am Bildschirm zu lesen, habe ich ihn dann ausgestellt und die nächsten Schritte durchgeführt, bis ich mich irgendwann mit meinem PSN-Konto anmelden sollte.

Hier gibt es die Möglichkeit, sich klassisch per Eingabe von E-Mail und Passwort anzumelden oder aber mit dem Handy über die PlayStation-App. Ich habe den Weg per App gewählt, um nicht so viel tippen zu müssen. Für einen kurzen Moment dachte ich, das war eine schlechte Wahl, denn auf dem Fernseher wurde mir ein QR-Code angezeigt, den ich mit der App scannen sollte. Da ich mein Handy nicht heben kann, ist so etwas immer schlecht für mich. Doch unter dem QR-Code befindet sich eine kurze Zahlenfolge, die alternativ in der App eingegeben werden kann. Und so war ich dann doch schnell und einfach eingeloggt.

Über das PS-Menü könnt ihr die Einstellungen zur Barrierefreiheit aufrufen. Vorab müsst ihr sie jedoch über die Optionen erst dem Menü hinzufügen. Über das PS-Menü könnt ihr die Einstellungen zur Barrierefreiheit aufrufen. Vorab müsst ihr sie jedoch über die Optionen erst dem Menü hinzufügen.

Per kurzem Druck auf die PS-Taste öffnet sich am unteren Bildschirmrand eine Leiste mit verschiedenen Shortcuts. In der Leiste kann auch das Menü Barrierefreiheit eingefügt werden. In diesem befinden sich dann Schnellzugriffe auf verschiedene Anzeigeeinstellungen und eine Abkürzung zum ausführlichen Barrierefreiheitsmenü. Leider ist es (noch?) nicht möglich, hier selbst festzulegen, welche Einstellungen als Schnellzugriff aufgeführt werden. Für mich wäre es zum Beispiel praktisch, direkt per Schalter die individuelle Tastenbelegung an- und ausschalten zu können.

Einstellungen zur Barrierefreiheit

Nachdem die Einrichtung der Konsole abgeschlossen war, bin ich erstmal in die Optionen gegangen und habe mich umgesehen, welche Einstellungen es unter Barrierefreiheit gibt. Es findet sich dort eine Fülle an Einstellungen für verschiedene Bereiche.

Unter Anzeige können zum Beispiel die Schriftgröße, Farben und verschiedene visuelle Effekte bearbeitet werden. Für den Screenreader gibt es ebenso ein eigenes Untermenü, in dem die Stimme und die Lesegeschwindigkeit eingestellt werden können. Außerdem gibt es noch Untermenüs für Untertitel und Chat-Transkription.

Die Adaptive Trigger des DualSense könnt ihr deaktivieren, doch der Druckwiderstand der Tasten wir dennoch zum Problem. Die Adaptive Trigger des DualSense könnt ihr deaktivieren, doch der Druckwiderstand der Tasten wir dennoch zum Problem.

Für mich persönlich war das Interessanteste jedoch, was sich unter dem Controller-Reiter befindet. Hier ist es möglich, eine individuelle Tastenbelegung anzulegen oder per Schalter den linken und rechten Stick miteinander zu tauschen, was ich sofort machte, um einfacher navigieren zu können. Außerdem lässt sich die Stärke der Vibration und der adaptiven Trigger einstellen und die Dauer fürs gedrückt halten der PS- und der Share-Taste festlegen.

Dass sich die adaptiven Trigger glücklicherweise auch ganz ausschalten lassen, hatte sich irgendwann vor Release schon herumgesprochen und das ist auch eine sehr wichtige Funktion für mich.

Beim DualSense machen Millimeter den Unterschied

Doch, und nun komme ich zum Controller, leider erfordern die Tasten L2 und R2 auch ohne den Effekt etwas mehr Druckkraft als bei meinem DualShock 4-Controller. Für nicht-behinderte Personen ist es schwer nachvollziehbar, dass es oft auf Milligramm oder Millimeter ankommt, doch für mich machen sie den entscheidenden Unterschied.

Die etwas andere Form des DualSense-Controller zusammen mit dem etwas erhöhten Druckwiderstand sorgen dafür, dass ich die beiden Trigger nicht betätigen kann. Auf L2 zu verzichten, bin ich schon gewohnt, aber noch eine weitere Taste "opfern" zu müssen, ist ein sehr großer Einschnitt in meinen Spielkomfort.

Die PS5-Spiele im Test

Das habe ich dann auch sehr schnell bei den Spielen festgestellt, die mir Sony zum Test zur Verfügung gestellt hat. Zunächst begann ich mit Astro's Playroom, das ja ohnehin zur PS5 gehört und vorinstalliert ist. Zu Beginn hat dort noch alles ganz gut geklappt. Die Kamera geht automatisch mit, sodass ich nur den Stick zum Laufen benutzen musste.

Dann stand ich plötzlich vor einem Windrad und sollte in den Controller pusten. Durch meine Muskelschwäche habe ich ein sehr geringes Lungenvolumen und wenig Atemkraft, aber nun gut, ich pustete so gut ich konnte in Richtung Controller - und das Windrad machte langsam eine kleine Drehung. Da ich den Controller nicht selbst anheben kann, ließ ich ihn mir hoch halten, um direkter an das Mikrofon pusten zu können. Doch wieder tat sich nicht genug, um am Windrad vorbei zu kommen und ich musste für mich pusten lassen. Später habe ich an einem weiteren Windrad festgestellt, dass ich auch einfach ein längeres "Aaah" sagen kann und das dann als "pusten" gewertet wird.

Ein Windrad wird zur Herausforderung, die jedoch durch ein längeres "Aaah" gemeistert wird. Ein Windrad wird zur Herausforderung, die jedoch durch ein längeres "Aaah" gemeistert wird.

Aber natürlich waren die Windräder nicht meine einzige Challenge. Es folgten Abschnitte, wo der Controller in verschiedene Richtungen gekippt oder die Trigger benutzt werden mussten oder gar beides gleichzeitig. An all diesen Stellen kam ich nicht ohne Hilfe vorbei.

Mir ist völlig klar, dass in Astro's Playroom alle Funktionen des DualSense-Controller vorgestellt werden sollen und als reines "Controller-Showcase" ist es ein tolles Spiel. Dennoch hätte ich mich gefreut, wenn ich die einzelnen Abschnitte hätte überspringen können. Denn es ist auch so ein niedliches Spiel und eine sehr liebevolle Hommage an die Geschichte der PlayStation und es wäre einfach nett, die auch erleben zu können, wenn der Controller nicht in vollem Umfang genutzt werden kann.

Spidey im Accessibility-Check

Als nächstes versuchte ich mich an Spider-Man Remastered und Spider-Man Miles Morales. Beide Spiele bringen gute Accessibility-Features mit sich und wurden bereits von vielen behinderten Spielenden dafür gelobt.

Für mich hat es aber leider nicht gereicht. Es fing schon damit an, dass ich zu Beginn, während mir die Steuerung beigebracht wurde, nicht in die Optionen konnte, um nochmal etwas umzustellen. Die Spiele zeigten mir an, was ich drücken sollte und das hatte ich dann auch bitteschön zu tun, bevor ich irgendetwas anderes mache. So konnte ich mir die Steuerung nicht in dem Moment auf die jeweilige Situation anpassen, sondern erst danach.

Da hilft kein Raytracing: Für Melly ging es in Miles Morales nicht über die Einführungsquest hinaus. Da hilft kein Raytracing: Für Melly ging es in Miles Morales nicht über die Einführungsquest hinaus.

In Spider-Man Remastered kam ich nicht über die Einführungsquest hinaus. Miles Morales bietet noch ein kleines bisschen mehr Unterstützung und ich bin auch etwas weiter gekommen, doch auch da stehe ich jetzt vor einer Hürde an der ich alleine nicht vorbei komme. In beiden Spielen scheiterte es im Prinzip an der gleichen Problematik, nämlich dass ich zwei Tasten gleichzeitig drücken und dann noch irgendetwas anderes machen sollte. Das ist für mich einfach nicht möglich.

Demon's Souls, der Endgegner?

Ja, und dann habe ich noch Demon's Souls bekommen. Es ist kein Geheimnis, dass die Souls-Spiele nicht für ihre Barrierefreiheit berühmt sind und ich habe deshalb auch gar nichts erwartet. Schon in den Einstellungen wurde das bestätigt, denn ich konnte nur mit dem Steuerkreuz durch die einzelnen Punkte navigieren, nicht jedoch mit einem der Sticks.

Von dieser Hürde abgesehen, haben mich die Einstellungen dann aber doch ein bisschen überrascht. So ist es zum Beispiel möglich, die Kamera auf automatisch zu stellen, was schon mal dafür sorgte, dass das Spiel nicht wie erwartet nach den ersten fünf Schritten für mich vorbei war. Es gibt zudem verschiedene Einstellungen, um Farbfehlsichtigkeiten auszugleichen. Untertitel können nicht nur ein- oder ausgeschaltet, sondern auch mit einem Hintergrund versehen werden, um sie besser lesbar zu machen. Ebenso kann für verschiedene HUD-Elemente eingestellt werden, ob sie angezeigt werden sollen und es ist auch möglich, das HUD mit einem Hintergrund zu versehen. Und sogar das Zielen mit dem Bogen kann von "gedrückt halten" auf "drücken", also einrasten, umgestellt werden.

In Demon's Souls kann Melly zwar auch abseits des Charakter-Editors allerhand in puncto Barrierefreiheit anpassen, zum Spielen reichen die Einstellmöglichkeiten jedoch auch hier nicht. In Demon's Souls kann Melly zwar auch abseits des Charakter-Editors allerhand in puncto Barrierefreiheit anpassen, zum Spielen reichen die Einstellmöglichkeiten jedoch auch hier nicht.

Das ist weitaus mehr als ich erwartet hatte, aber natürlich absolut nicht genug, um mir das Spiel zu ermöglichen. Ihr könnt ja mal versuchen, Demon's Souls zu spielen, ohne zu blocken oder zu parieren. Ihr könnt außerdem nur mit dem leichten Angriff angreifen und den Ausweichsprung nur nach hinten durchführen. Ist eine besondere Herausforderung, oder?

Das Fazit

Melanie Eilert
Alles in allem waren meine ersten Erfahrungen mit der PS5 also eher durchwachsen. Die Konsole baut auf die Features der PS4 auf und bringt gute Einstellungen mit sich, aber ich habe das Gefühl, dass Sony noch zu sehr allein auf gute Accessibility-Features der Konsole und Optionen innerhalb der First Party-Spiele setzt. Allen voran natürlich Naughty Dog, aber auch Insomniac.

Gute Features in den Spielen sind auch sehr wichtig, aber für viele behinderte Spielende braucht es neben einer guten Software-Lösung auch anpassbare Hardware. Ich hoffe sehr, dass Sony dies auch bald sieht und entsprechende Möglichkeiten schafft. Zunächst wäre eine volle Kompatibilität mit dem DualShock 4-Controller schon eine Erleichterung für viele. Und dann, irgendwann, gibt es vielleicht auch einen Adaptive Controller von Sony oder eine entsprechende Kooperation mit Microsoft.

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