Kein Uncharted? - Wieso es das Spiel heute so nicht mehr geben würde

Die Uncharted-Autorin Amy Hennig glaubt, dass sich lineare, story-basierte Spiele und Games als Service oder Open Worlds widersprechen.

Das erste Uncharted würde unter heutigen Business-Gesichtspunkten wohl bei den meisten Publishern durchfallen. Das erste Uncharted würde unter heutigen Business-Gesichtspunkten wohl bei den meisten Publishern durchfallen.

Die ehemalige Uncharted-Autorin Amy Hennig spricht in einem neuen Interview über aktuelle Spieletrends und die Schwierigkeiten, die diese mit sich bringen. Zum Beispiel glaubt sie, dass traditionelles Storytelling nur bedingt zu Service-Games, Open World und Online-Modi passt: Ein Spiel wie das erste Uncharted würde heute wohl so nicht mehr akzeptiert werden.

Im GamesBeat-Interview erklärt Amy Hennig, dass sie nicht glaube, dass ein Pitch für das erste Uncharted heute noch erfolgreich sein könnte. Die Zeiten seien offenbar vorbei.

Würden Entwickler mit der Idee eines abgeschlossenen, rund acht Stunden langen Spiels ohne Sekundär- oder Online-Modi bei einem Publisher vorstellig werden, würde es ihrer Meinung nach wahrscheinlich abgelehnt.

"Heute musst du viele Stunden Gameplay haben. Normalerweise auch eine Art Online-Modus. "

"Und natürlich sieht man, wohin sich die Dinge entwickeln: Hin zu Live-Services, Battle Royale und Games als Service."

"All diese Dinge [...] spielen weniger gut mit Story zusammen. Sie sind weniger leitfähig für traditionelles Storytelling."

Auch Uncharted hat sich mit der Zeit sehr verändert, obwohl das Kern-Gameplay größtenteils gleich geblieben ist. Auch Uncharted hat sich mit der Zeit sehr verändert, obwohl das Kern-Gameplay größtenteils gleich geblieben ist.

Die Probleme von Red Dead Redemption 2 und Co.

Selbstverständlich kennt auch Amy Hennig die Gegenbeispiele: Aktuelle Titel wie Red Dead Redemption 2, Spider-Man oder God of War legen ihren Fokus auf die Geschichte und viel Wert auf eine Story.

Aber deren Länge mache es sehr viel schwieriger, eine Geschichte im klassischen Sinn zu erzählen, sagt Amy Hennig. Viele Spieler würden die Titel nie beenden, weil sie zu lang seien und nur den Anfang spielen.

Zusätzlich seien lange, komplexe Spiele mit vielschichtigen Mechaniken wie Skill Trees und Nebenmissionen teilweise einfach zu viel des Guten. Was nicht heißen soll, dass Amy Hennig die Features oder Spiele nicht mag, im Gegenteil.

"Ich sage nicht, dass wir sie nicht haben sollten, aber es macht es schwieriger. Es ist schwieriger, ein narrativ fokussiertes Singleplayer-Spiel zu erzählen."

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Das versteht Amy Hennig unter traditionellem Storytelling

Laut Amy Hennig braucht eine Geschichte im klassischen Sinn einen Autor oder eine Autorin sowie eine Absicht, eine Intention.

Die Story werde auf eine bewusste Art und Weise geformt, es gebe einen Bogen mit bewussten Meilensteinen und einem beabsichtigten Ende.

"Das lässt sich nicht aus Versehen durch ein paar zufällige Ereignisse erreichen. Du wirst diese Erfahrung so nicht hinbekommen. Was man erhält, ist das Äquivalent zu 'das ist passiert, dann ist das passiert, dann ist das passiert'."

"Das kann befriedigend sein. Ich würde es aber nicht als Geschichte bezeichnen."

Es gebe kaum noch Platz für klassisches Storytelling, eine bewusste, absichtlich geformte Geschichte. Wenn doch, dann sei die Erfahrung extrem gestreckt und sehr viel länger als eigentlich beabsichtigt.

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Florence, Journey & What Remains of Edith Finch als Positiv-Beispiele

Amy Hennig geht es ihrer eigenen Aussage zufolge darum, Spieler auf eine Reise mitzunehmen. Bei Spielen wie What Remains of Edith Finch, Journey oder Florence sei das gegeben, sie nennt die Autorin als Positiv-Beispiele.

Das seien sehr beabsichtigte, bewusst geformte Geschichten. Die erlebe zwar jeder Mensch anders, jeder Mensch reagiere anders auf die Erfahrungen. Aber der Flow der Geschichte bleibe stets derselbe und alle Spieler treffen auf bestimmte Ankerpunkte.

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Widersprechen sich Open Worlds & Storytelling?

In einer offenen Spielwelt lässt sich eine derartige Geschichte natürlich nicht einfach so ohne Weiteres erzählen. Schließlich kann meistens nicht gewährleistet werden, dass alle Spieler zu einem bestimmten Zeitpunkt an bestimmten Orten landen.

Es sei denn, die Geschichte wird in der offenen Welt durch künstliche Einschränkungen erzählt: Bestimmte Gebiete und Missionen werden erst später freigeschaltet oder die Spielfigur wird einfach entführt.

"Eine Open World passt dazu nicht so richtig. Ich denke, diese Spiele sind wundervoll, aber es ist eine ganz andere Art der Erfahrung."

Amy Hennig betont, dass es ihr um die Semantik gehe: Sie wolle nicht auf die Spiele schimpfen, sondern klar stellen, dass sie unter Storytelling etwas ganz anderes verstehe.

"Ich sage nicht, dass diese Dinge nicht existieren sollten. Aber wenn wir darüber sprechen, dass Spieler ihre eigenen Geschichten erzählen, verstehe ich den Reiz daran, ich denke einfach nur nicht, dass das eine Story ist."

"Es ist eine Reihe an Erfahrungen, die sehr persönlich für dich sind und das verstehe ich. Aber eine Geschichte, das bedeutet per Definition einen Anfang, eine Mitte und ein Ede, wohlüberlegt."

Stimmt ihr ihr zu? Wie denkt ihr über Storys in Service-Games, Open Worlds und Online-Titeln? Teilt ihr Amy Hennigs Storytelling-Definition?

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