Death Stranding ist zu viel des Guten

Knapp 40 Stunden hat Dennis in der Welt von Death Stranding verbracht und kommt zu der Erkenntnis, dass weniger mehr gewesen wäre.

Für Dennis war Death Stranding am Ende zu viel des Guten. Für Dennis war Death Stranding am Ende zu viel des Guten.

Meine Reise mit Sam in Death Stranding ist beendet. Knapp 40 Stunden habe ich Pakete von A nach B getragen, minutenlange, hervorragend inszenierte Cutscenes genossen und hin und wieder MULEs und GDs in den Poppes getreten. Wisst ihr was, ich hatte eine Menge Spaß mit Kojimas Entschleunigungs-Therapie aka dem weltbesten DHL-Simulator.

Über weite Strecken hatte Death Stranding sogar das Potential, eines meiner liebsten Spiele der letzten Jahre zu werden. Warum, wieso und weshalb sich meine Meinung noch geändert hat? Die Antwort ist schlicht: Death Stranding ist zu viel des Guten.

Spoiler-Warnung: In dieser Kolumne werden wichtige Passagen in der Geschichte von Death Stranding besprochen, die bis ins Late Game reichen. Das Ende (Episode 14) findet hier jedoch keine Erwähnung.

Weniger sinnbefreite Aufträge

Der Großteil des Gameplays in Death Stranding ist speziell. So speziell, dass ich jeden verstehe, der mit dem "Walking Simulator" nichts anfangen kann. Trotzdem hat es mich selbst über weite Strecken bestens bei Laune gehalten.

Doch während Medizin-Lieferungen an hilfsbedürftige Prepper Sinn ergeben, gibt es vorrangig in der zweiten Hälfte des Spiels immer wieder Missionen für Sam, die komplett sinnbefreit wirken: Durchquere den halben Kontinent, um Kryptobioten bei Fragile abzuliefern, obwohl die Würmer direkt (!) neben ihrer Bude ein Nest aufgeschlagen haben! Ausgelagert in optionale Nebenmissionen hätten mich solche Aufträge nicht gestört. Doch um die Geschichte weiter voranzutreiben brauche ich diese Lückenfüller nicht.

Fragile ist neben Sam mein liebster Charakter in Death Stranding. Fragile ist neben Sam mein liebster Charakter in Death Stranding.

Auch die Suche nach Deadmans Jacke oder die erste Pizza-Lieferung wirkten deplatziert. Hätte ich vorher gewusst, dass die Missionen für den Abschluss der Geschichte nicht relevant sind, hätte ich Sam niemals auf die steinigen und schneebedeckten Pfade geschickt.

Weniger Backtracking

Über weite Strecken des Spiels bewegen wir uns in Death Stranding vom Osten in den Westen und haben dabei mit der Rettung Amelies und dem Aufbau des UCA-Netzwerks stets ein klares Ziel vor Augen. Viele Routen laufen wir mehrfach ab, was aber kein Problem ist, entsteht dadurch schließlich ein besseres Gefühl für die Spielwelt - zumindest anfangs.

Mit dem Kampf gegen Higgs endet jedoch dieser Fortschritt und Kojima schickt uns wieder zurück an den Ausgangspunkt unserer Reise. Auf der einen Seite verstehe ich diese Entscheidung. Kojima möchte uns durch ein wiedervereintes Amerika führen, die Reise Revue passieren lassen. Wo einst ein scheinbar unbezwingbarer Pfad über die vom Schnee bedeckten Berge wartete, reisen wir nun via Seilrutschen mit Leichtigkeit über die gefährliche Passage.

Der Knackpunkt besteht für mich allerdings darin, dass ich während der Geschichte all diese Pfade bereits unzählige Male durchwandert bin. Spielerisch habe ich zu diesem Zeitpunkt alles erlebt und auch die Welt habe ich zu Genüge aufgesogen. Es gibt keine großen Überraschungen mehr. Daher bestand Death Stranding für mich ab Episode 10 aus reinem, ermüdenden Backtracking, durchzogen von Bosskämpfen, die meine Lebenszeit förmlich aufzufressen scheinen.

Weniger Bosskämpfe

Wo wir gerade schon bei den Kämpfen gegen teerverschmierte Wale, Cthulhu-Pferde und Neon Genesis Evangelion-Engel sind. Abseits ihrer tollen Inszenierung sind mir beim Kampf gegen Moby-Dicks gemeinen Bruder am Ende von Episode 12 die Hände eingeschlafen. Schnapp dir eine Waffe, ein paar Blutbeutel und baller ca. 15 Minuten auf das imposante Bulletsponge-Säugetier bis es in einem Regen aus Goldkristallen auf dem Boden zerbröselt.

Zugegeben, der Wal sieht schon verdammt cool aus. Spielerisch hat mir der lange Kampf jedoch nicht gefallen. Zugegeben, der Wal sieht schon verdammt cool aus. Spielerisch hat mir der lange Kampf jedoch nicht gefallen.

Über weite Strecken des Spiels waren diese Momente stets etwas Besonderes. Später wurde ich von diesen wenig fordernden Bosskämpfen jedoch förmlich überflutet, wodurch mein Spaß am Spiel deutlich abgenommen hat. So erging es mir auch beim Kampf gegen die späten GDs. Auch hier wäre weniger aus meiner Sicht deutlich mehr gewesen,

Weniger Spiel

Den Bruch in meinem Spielerlebnis kann ich haargenau an einer Stelle festmachen: dem Ende von Episode 9. In Edge Knot City wäre für mich der perfekte Punkt gewesen, beim Betrachten der Credits auf das Erlebte zurückzublicken. Amelie war nah, Higgs als Endgegner am Boden, alles wäre gut gewesen.

Doch Pustekuchen. Sams Reise ist an dieser Stelle noch lange nicht beendet, Kojimas Geschichte noch lange, lange nicht auserzählt. Was sich nun über fünf Episoden und etliche Stunden hinzieht, fühlte sich für mich wie ein DLC an, den ich nie gewollt habe.

Backtracking, Bosskämpfe, nur um die nächste Cutscene zu erleben. Gerne hätte Kojima hier einen dreistündigen Film anhängen können. Stattdessen hat er seine bis dato packende Reise mit Altbekanntem aufgefüllt und sich zusätzlich in trägem Storytelling verloren, das in Episode 13 seinen Höhepunkt findet.

Die Szene mit Amelie am Strand war für mich der absolute Tiefpunkt von Death Stranding. Die Szene mit Amelie am Strand war für mich der absolute Tiefpunkt von Death Stranding.

Episode 13, und hier ist explizit die Szene mit Amelie am Strand gemeint, steht für mich als Sinnbild dessen, was mich in den letzten zehn Stunden gestört hat. Eine träge präsentierte Geschichte, spielerischer Nonsens und das Ganze zeitlich gestreckt bis zum Sekundenschlaf vor dem Fernseher.

All dem hätte eine Entschlackungskur gut getan und ich hätte den Abspann eines rundum gelungen Spiels erlebt.

Wie seht ihr das?

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