GamePro wird 20 - Heimlicher Konsolero: Schon vor dem Start dabei

Wie heißen eigentlich männliche Hebammen? Bei der Geburt der GamePro im Jahr 2002 war Markus jedenfalls eine von ihnen.

Markus schielte erst neidisch zur GamePro rüber, bevor er selbst an Bord kam. Markus schielte erst neidisch zur GamePro rüber, bevor er selbst an Bord kam.

Lauter Banausen! Als ich im April 2000 als Trainee bei GameStar anfange, bin ich von knallharten PC-Spielern umgeben. Die interessieren sich nur für die Beta von Diablo 2 und wissen gar nicht zu würdigen, was im Hardware-Test-Kämmerchen für ein Schatz steht: Es ist eine importierte PlayStation 2 aus Japan, bei uns in Deutschland kommt das Gerät erst viele Monate später in die Läden. Doch den Kollegen ist das egal, nach ein paar Testrunden mit Ridge Racer 5 verstaubt die Konsole – bis ich jeden Feierabend Gas gebe. Denn natürlich bin ich heiß auf die neue Hardware, daheim stehen neben meinem Spiele-PC sämtliche zu der Zeit aktuellen Konsolen (und im Keller gut verpackt die vorherigen Generationen). 

Diese Videospiel-Affinität bleibt auch meinen Vorgesetzten nicht verborgen. Als der – leider jüngst verstorbene – Kollege Mick Schnelle damit beauftragt wird, zum Deutschland-Start der PlayStation 2 ein GameStar-Sonderheft zu produzieren, bin auch ich mit im Team und liefere zum Beispiel den Test zu Advance Wars für den Game Boy Advance – schon damals verfolgen wir den Multiformat-Gedanken. Doch nach diesem ersten GamePro-Prototypen ist für mich die nächsten Jahre wieder strikter GameStar-PC-Dienst angesagt.

Markus Schwerdtel
Markus Schwerdtel

Bei der Mobilitätswende und dem Verbrenner-Aus ist oft von Technologieoffenheit die Rede – Markus kann darüber nur müde lächeln. Er praktiziert das nämlich immer schon, bei ihm standen schon in den 90ern die Konsolen von Sony, Sega und Nintendo einträchtig nebeneinander. Ideal für die Arbeit an einem Multiplattform-Magazin wie der GamePro!

Neidisch auf Gunnar

Ja, ich gebe es zu: Ich war damals ganz schön neidisch, dass Gunnar Lott den Auftrag bekam, die GamePro aus dem Boden zu stampfen. Nicht neidisch auf seinen Job, die Verantwortung oder gar sein Gehalt, bewahre! Aber neidisch darauf, sich in Vollzeit (und vor allem zu Beginn weit darüber hinaus) mit den neuen Konsolen PlayStation 2, Xbox und Game Cube beschäftigen zu dürfen. Mindestens einmal täglich schlendere ich einen Flur weiter zu den Kollegen um zu sehen, was die gerade in der Mache haben.

Henry und Markus beim Moderieren auf der Games Convention. Kontakt zu den Lesern ist wichtig! Henry und Markus beim Moderieren auf der Games Convention. Kontakt zu den Lesern ist wichtig!

Denn die junge GamePro-Truppe genießt in den Anfangstagen viel mehr Freiheiten als die zu der Zeit schon ein paar Jahre alte, stellenweise fast schon bürokratisch agierende GameStar-Mannschaft. So etwas wie der Freestyle-Testcheck oder allein schon das vergleichsweise knallbunte Layout wäre für die damalige GameStar undenkbar gewesen. Erfrischend finde ich auch den engen Kontakt zur Community. Klar, auch bei der GameStar sind wir Redakteure im Forum unterwegs. Doch hier scheint mir der Draht noch etwas kürzer, vor allem auf Messen wie der Games Convention oder später der gamescom.

Ein neuer Job!

Umso mehr freue ich mich, als der inzwischen zum GamePro-Chefredakteur aufgestiegene André Horn im Herbst 2005 fragt, ob ich nicht sein Stellvertreter werden möchte. Der Zeitpunkt hätte nicht besser sein können: Die Xbox 360 ist gerade erschienen und zeigt, wie moderne Konsolen zu funktionieren haben; PlayStation 3 und Nintendo Wii stehen am Horizont – goldene Zeiten für Videospiel-Journalisten!

Warum sich Markus gern neben irgendwelchen Maskottchen platziert? Keine Ahnung. Warum sich Markus gern neben irgendwelchen Maskottchen platziert? Keine Ahnung.

Ich stürze mich voll ins Vergnügen und merke schnell, dass die GamePro-Kollegen ja noch viel cooler sind als von Weitem gedacht. Bernd führt mich bei meinem ersten Besuch auf der Tokyo Game Show kenntnisreich in die japanischen Gepflogenheiten ein, mit Henry lässt sich trefflich über alle Spielarten der Popkultur, vor allem aber auch über Bücher diskutieren. Und Kai zeigt mir, dass sich Kreativität, unendliches Nerd-Wissen und sorgfältigste Gewissenhaftigkeit sehr wohl vereinbaren lassen. Und Sabine, Kosta und David … ja nun, die drei sehe ich kaum, der Zigarettenrauch im Layout-Zimmer ist einfach zu dicht. 

Fleiß oder Feiern?

Ein echter Augenöffner ist für mich die erste gemeinsame E3 im Jahr 2007. Anfangs mache ich mir noch leichte Sorgen, ob mit dieser im Vergleich zur GameStar-Crew etwas unorganisierten Truppe eine vernünftige Messeberichterstattung möglich ist. Die Sorgen werden größer, als André im Hotel – noch vor dem Einchecken und Koffer auspacken – zum gemeinsamen Willkommensbier am Pool ruft. Doch als die Messe dann wirklich losgeht, ist mir klar: Kaum jemand in diesem Geschäft arbeitet härter und professioneller als die GamePros – von denen ich nun auch einer bin! 

Wichtiges Ritual während einer E3: Runterkommen am Hotel-Pool. Wichtiges Ritual während einer E3: Runterkommen am Hotel-Pool.

Irgendwie schaffen wir es, massenhaft Artikel und Videos von der Messe zu liefern, aber am Abend doch noch Zeit für die vielen Abendveranstaltungen und Partys im Umfeld der Messe zu finden. Denn die sind – auch wenn es vielleicht komisch klingt – extrem wichtig, um den Kontakt zu Entwicklern und anderen Kollegen in der Branche zu pflegen. Nur so kommt man nämlich an Exklusivstorys und Gerüchte. Die von André so gern zitierte Sause im Playboy-Mansion war allerdings schon 2004, zu meiner GameStar–Zeit. 

GamePro-Jubiläum
Dieser Artikel ist Teil unserer Jubiläumswoche anlässlich des 20. GamePro-Geburtstages. Mehr Artikel dazu findet ihr in unserer Übersicht.

Abschied und Heimkehr

Schon kurze Zeit nach meinem Einstieg verabschiedet sich André Richtung Verlagsleitung, ich rücke als Chefredakteur nach. Die Jahre vergehen, und ziemlich schnell ändert sich die Medienlandschaft. Magazine wie GamePro kämpfen mit sinkenden Auflagen, zugleich feiern wir mit der Website Erfolge. Immer wichtiger werden auch Smartphones und Tablets – 2010 wird mit großem Hallo das iPad vorgestellt.

Unsere Verlagsleitung (also André) sieht diesen Trend auch und sucht nach jemandem, der sich des Themas annimmt und als Projektleiter News- und Magazin-Apps verantwortet. Und da ist sie wieder, meine Technologieoffenheit: Als early adopter landet die Aufgabe Anfang 2011 bei mir und ich kümmere mich als "Director Mobile Content and Applications" (das hat kaum auf die Visitenkarte gepasst) um die Apps für unsere Magazine. So bleibe ich "meiner" GamePro zwar verbunden, schreibe aber kaum noch selbst Artikel und habe sonst inhaltlich nicht mehr viel beizutragen.

Alte Handwerker-Weisheit: Wenn man sitzen kann, sitzen! Angeblich liegt das Schaukelpferd immer noch irgendwo mit gebrochenem Rückgrat in einem Lagerraum eines Publishers. Alte Handwerker-Weisheit: Wenn man sitzen kann, sitzen! Angeblich liegt das Schaukelpferd immer noch irgendwo mit gebrochenem Rückgrat in einem Lagerraum eines Publishers.

Das ändert sich schlagartig, als unser Verlag 2015 von der französischen Webedia-Gruppe übernommen wird. GamePro verschmilzt mit Gamespilot.de, plötzlich ist unser Team viel größer und sitzt auch noch teilweise in Berlin. Mit der Übernahme wird auch der Fokus auf die Website noch stärker, trotzdem sollen die gedruckten Hefte von GamePro und GameStar nicht hinten runterfallen. Schließlich ist man es den jahrelang treuen Lesern schuldig, ihnen ein vernünftiges Magazin zu liefern. Mal ganz davon abgesehen, dass die vergleichsweise stabilen Abo-Umsätze jedem Verlag guttun.

Man bräuchte da jemanden mit jahrelanger Erfahrung im Print-Umfeld, heißt es. Und zack, bin ich im November wieder bei meinem Baby, auch wenn sich das jetzt meine Aufmerksamkeit mit der gedruckten GameStar teilen muss. Aber wie es bei Eltern nun mal ist: Man hat alle seine Kinder gleich lieb. Und ist stolz wie Bolle, wenn aus jugendlichen Rabauken wohlgeratene Erwachsene werden, die ihren 20. Geburtstag feiern. Alles Gute, GamePro! Und danke, dass ich dabei sein darf!

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