Kaum ein Open-World-Spiel legt so viel Wert auf ein fokussiertes und präzises Kampfdesign wie Ghost of Tsushima. Bei einer Neuerung der Fortsetzung Ghost of Yotei bin ich deswegen skeptisch: Heldin Atsu kämpft nicht nur mit ihrem Katana, sondern trägt diesmal ein ganzes Arsenal verschiedener Waffen mit sich. Damit soll das Gameplay abwechslungsreicher werden, doch es könnte gleichzeitig der Atmosphäre schaden, die ich im ersten Teil so sehr mochte.
Vom einzelnen Schwert zum Waffenarsenal
An Ghost of Tsushima habe ich immer eine gewisse Eleganz verbunden, die auch mit dem Hauptcharakter Jin zusammenhängt. Als einsamer, wortkarger Kämpfer verlässt er sich fast ausschließlich auf sein Katana als Hauptwaffe, mit dem er stets präzise und ohne unnötige Schnörkel zuschlägt.
Aufgelockert wird das zwar durch verschiedene Haltungen, aber Jins reduzierte Ausrüstung und effiziente Kampfstile passen wunderbar zum restlichen Ton des Spiels, der von schlichter Schönheit, Einfachheit und einem stets spürbaren Gefühl von Ruhe geprägt ist.
Damit einher geht auch spielerisch das Gefühl, im Laufe der Zeit die eigene Waffe gänzlich zu meistern. Diesen Aspekt, den etwa FromSoftwares Sekiro nahezu perfektioniert hat, mochte ich an Ghost of Tsushima sehr.
In Ghost of Yotei trägt Heldin Atsu diesmal allerdings ein ganzes Arsenal verschiedener Waffen mit sich herum. Neben ihrem Katana kann sie auch Doppel-Katana, Speer, Kusarigama, Bogen, Gewehr oder ein riesiges Odachi gegen ihre Feinde einsetzen.
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Größer, schneller, weiter?
Ich wittere an dieser Stelle den beliebten Denkfehler, dass eine Fortsetzung “größer und krasser” sein müsse. Eine irrtümliche Annahme, der ich nur selten zustimme und an der bereits etliche Sequels in meinen Augen scheiterten: Dazu zählen für mich persönlich auch die neueren Assassin’s Creed-Spiele wie Odyssey oder Shadows.
Im Interview habe ich die beiden Game Directors Nate Fox und Jason Connell gefragt, warum sie sich für diesen Schritt entschieden haben. Die erstmal wenig überraschende Antwort von Fox: Abwechslung.
“Wir sind sehr stolz darauf, wie das Kampfsystem in Ghost of Tsushima die tödliche Präzision aus klassischen Samurai-Filmen einfängt. Aber wir wussten, dass wir dieses gut funktionierende System nehmen müssen, um darauf aufzubauen, damit es sich frisch anfühlt”
Mehr noch als Jins Schwerthaltungen würden die neuen Waffen verschiedene Spielstile unterstützen, erklärt der Creative Director. Mit der langen Kette des Kusarigama lassen sich etwa Flächen-Angriffe gegen mehrere Feinde ausführen, während Atsu mit dem Speer Gegner leichter schieben und zum Beispiel von Klippen stoßen kann.
Das wirkt sich auch dadurch aus, dass bestimmte Waffen gegen spezifische Gegnertypen besonders effizient sind, was wir schon aus Ghost of Tsushima kennen. Auch damals waren etwa Angriffe mit der Wasserhaltung besonders stark gegen feindliche Schildträger.
Sucker Punch hat das Problem im Blick
Eine laufende Waffensammlung zu sein, widerspricht in meinen Augen dem ansonsten eher schlichten Stil des Spiels, aber Sucker Punch möchte diesem Eindruck entgegenwirken.
Über das Optionsmenü lassen sich Ausrüstungsgegenstände ausblenden. Dafür gibt es diesmal sogar “eine Reihe verschiedener Optionen”, wie Connell bestätigt. Ich kann Atsu also einen reduzierten Auftritt verpassen und ihren Rücken frei von Speer, Odachi und Co. halten.
Im Vorgänger gab es diese Funktion bereits für Jins Bogen, allerdings nicht von Anfang an. Sucker Punch hatte das Ausblenden der Ausrüstung erst nach Fan-Kritik per Patch eingebaut, weil die große Fernkampfwaffe optisch ein ziemlicher Störfaktor sein konnte. Gut, dass das Feature diesmal direkt mit dabei ist.
Im Interview bestätigte Fox außerdem, dass das Kampfsystem so designt sei, dass ich mich auf einzelne Waffen konzentrieren könne. Es sollte also möglich sein, die meiste Zeit auf meine Lieblingswaffe zu setzen, egal welche.
“Wenn du fest entschlossen nur mit zwei Schwertern spielen möchtest, kannst du das absolut tun.”
Das klingt erstmal gut, allerdings war es in Ghost of Tsushima durchaus sinnvoll, die Kampfhaltungen zu wechseln. Ansonsten stieg der Schwierigkeitsgrad teils stark an. “Wenn du so effizient wie möglich sein willst, solltest du Waffen wechseln”, räumt Fox ein.
Außerdem muss sich zeigen, ob sich das dauerhafte Nutzen einer oder weniger Waffen mit der Zeit schneller abnutzt als in Tsushima. Während es dort nur für das Katana mehrere Skill-Trees mit Upgrades und neuen Angriffen für die verschiedenen Haltungen gibt, ist fraglich, ob Yotei jeder der vielen Waffen die gleiche Komplexität geben kann.
Nach dem Gespräch bin ich zumindest erleichtert, dass die optischen Anpassungsmöglichkeiten diesmal direkt zum Release mit dabei sind und wer weiß, vielleicht kann ich mich sogar dazu überwinden, anderen Waffen eine Chance zu geben. Mit dem Blick auf Teil 1 bin ich aber noch skeptisch, ob das Balancing für Katana-Puristen wie mich am Ende wirklich aufgeht.
Was denkt ihr: Freut ihr euch auf mehr Waffen oder seid ihr auch eher für die reduzierte Schlichtheit des Vorgängers zu begeistern?
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