God of War, Horizon und Co.: Hört auf, die Rätsel für mich zu lösen!

In Horizon Forbidden West und God of War Ragnarök haben die Spielfiguren Samara Rätsel verraten, bevor sie überhaupt Zeit hatte, selbst nachzudenken.

Wenn Spielecharaktere Samara Rätsel-Lösungen viel zu früh vorsagen, guckt sie so wie Atreus. Wenn Spielecharaktere Samara Rätsel-Lösungen viel zu früh vorsagen, guckt sie so wie Atreus.

Wenn ich zocke, will ich mein eigenes Abenteuer erleben. Im Gegensatz zur passiven Berieselung beim Serienschauen, muss ich selbst kämpfen, Entscheidungen treffen oder Rätsel lösen, um zum Ziel zu gelangen. Letzteres kann auch mal ein bisschen dauern, wenn ich zuerst "meine Gehirnwindungen entheddern" oder wichtige Umgebungsdetails entdecken und entschlüsseln muss. Plappert dabei ein übereifriger Spielcharakter dazwischen, um mir alles zu verraten, verdirbt mir das den ganzen Spaß - und das ist in den letzten Monaten leider einige Male passiert. 

Wenn Aloy zur Backseaterin wird

Auf Twitch gibt es eine Bezeichnung dafür, wenn Leute Rätsellösungen frech in den Chat schreiben, bevor der Streamer oder die Streamerin selbst herausfinden kann, was zu tun ist. Sie lautet “Backseating” und ist nicht gerade positiv behaftet. Schließlich sind sich die meisten von uns einig, dass Vorsagen ohne ausdrückliche Aufforderung doof ist, weil es uns einen wichtigen Teil der Spielerfahrung nimmt. 

Aloy ist nicht sehr geduldig, wenn es um Kletterrätsel geht. Aloy ist nicht sehr geduldig, wenn es um Kletterrätsel geht.

Zocke ich dagegen ganz allein im Wohnzimmer vor mich hin, gehe ich eigentlich davon aus, dass ich vor unerwünschter Hilfestellung sicher bin. Aber das ist nicht immer so: In Horizon Forbidden West ist mir zum ersten Mal aufgefallen, dass auch spieleigene Charaktere. Die Kletterpassagen, in denen ich erst mal herausfinden muss, wie ich mithilfe meines Greifhakens und beweglicher Elemente vorankomme, gehören für mich neben den Kämpfen zu den spannenden Herausforderungen des Spiels. 

Sobald ich dabei allerdings nur kurz zögerte, war Aloy sofort mit einem Tipp zur Stelle. Das soll sicherlich Frustmomenten entgegenwirken, führte bei mir aber genau zum Gegenteil. Für mich war des frustrierend, nicht selbst in Ruhe nachdenken zu können. Schließlich macht mir das Knobeln Spaß.

Dazu kommt noch ein weiterer Aspekt: Das Vorsagen fühlt sich wie Drängeln an und das passt für mich nicht zu einem Action-Adventure, bei dem der Wechsel aus rasanten Kämpfen und beschaulicher Erkundung den Reiz ausmacht. 

Kratos ist zwar von der schweigsamen Sorte, das Vorsagen übernehmen aber andere für ihn. Kratos ist zwar von der schweigsamen Sorte, das Vorsagen übernehmen aber andere für ihn.

Auch Atreus wirft mit Tipps um sich

Das neue God of War gibt mir häufig ebenfalls nicht genug Zeit zum Nachdenken, bevor Charaktere Rätsellösungen laut ausplaudern. Zwar ist Kratos selbst eher wortkarg, aber andere Figuren wie Atreus zögern kaum, mir zu erklären, wohin ich meine Axt werfen muss, um beispielsweise ein Tor zu öffnen oder Wasser umzuleiten. 

Versteht mich nicht falsch: Generell finde ich es wunderbar, dass die Charaktere mich auch abseits der Cutscenes gut unterhalten und kommentieren, was ich in der Spielwelt treibe. Dadurch fühlt sich die Reise wunderbar lebendig an. Aber es wäre einfach noch viel schöner, wenn sie nicht immer so schnell durchschauen würden, was gerade zu tun ist. Schade, dass das in einem Spiel, das ich ohne Zögern als Meisterwerk bezeichnen würde, nicht geschickter gelöst ist.

Samara Summer
Samara Summer

Samara zockt gerne Titel, die sie dazu anregen, sich mit der Spielwelt zu beschäftigen und nachzudenken. Dazu gehören beispielsweise reine Puzzle-Spiele, aber auch Horrorspiele, die auf Rätsel setzen - oder eben Action-Adventures, die einen Mix aus Kämpfen und Entdeckung bieten. Nehmen Titel sie zu sehr an die Hand und sagen ihr ständig, was zu tun ist, empfindet sie das als störend und weniger immersiv.

Mehr Zugänglichkeit geht auch anders

Grundsätzlich schätze ich die Bestrebung der Entwicklerteams, Spiele zugänglich zu gestalten und uns vor Frustmomenten zu bewahren. Und es ist natürlich Geschmackssache, ob ihr so gerne alleine in der Spielwelt herumsucht und knobelt wie ich oder ihr schnell die Geduld verliert und euch über jede Hilfestellung freut. Aber es gibt einfach elegantere Möglichkeiten, Rätselfrust zu vermeiden. 

Die einfachste Möglichkeit ist natürlich, einen separaten Schwierigkeitsgrad für Kämpfe und Rätsel anzubieten - und das ist keineswegs eine neue Idee. Das gab es beispielsweise schon bei Silent Hill 2 auf der PS1 und ist auch in aktuellen Titeln wie Tomb Raider zu finden.

Das Rätselspiel Machinarium gibt uns nur dann Tipps, wenn wir darum bitten. Das Rätselspiel Machinarium gibt uns nur dann Tipps, wenn wir darum bitten.

Noch besser gefällt mir aber die Lösung, die unter anderem das coole Indie-Rätselspiel Machinarium anbietet. Bei diesem Spiel bekommen wir nämlich Hinweise nicht automatisch, sondern auf Knopfdruck, wenn wir irgendwo hängen. Passend zum Spiel, das ohne Worte auskommt, handelt es sich dabei um kleine Bildchen. 

Bei God of War Ragnarök fände ich es schön, wenn Kratos seine Verbündeten auf Knopfdruck bitten könnte, sich mal umzusehen, wo’s weitergeht. So würden wir nur genau die Tipps bekommen, die wir auch brauchen. Dann könnte ich mich für einen Tipp immer nur dann entscheiden, wenn ich ohne Hilfe wirklich gar nicht mehr weiterkomme.

Wie geht es euch bei diesem Thema? Habt ihr noch andere Spiel-Beispiele, bei denen euch das "Backseating" von Charakteren aufgefallen ist? Oder vielleicht Titel, die das Ganze besser lösen?

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