Mafia: The Old Country hat mich mit seiner Story rund um Enzos Aufstieg in der sizilianischen Mafia wirklich gut unterhalten, die Handlung war aber nichtsdestotrotz ein alter Hut. Sie ähnelte sehr stark dem ersten Mafia, die eigentlich spannenden Wendungen sah ich schon von Weitem kommen.
Trotzdem wünsche ich mir als Fan linearer und filmisch inszenierter Spiele direkt ein Mafia 5. Dieses Mal darf sich Entwickler Hanger 13 aber nicht auf alten Lorbeeren oder Stereotypen ausruhen. Dieses Mal muss eine Geschichte her, wie wir sie in der Spielereihe noch gar nicht gesehen haben – eine Geschichte rund um eine Frau, die sich in einer von Männern dominierten Mafia-Welt behauptet.
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Mafia The Old Country: Trailer zeigt filmreife Zwischensequenzen, Schleich-Passagen und Ballereien
In der frühen Mafia waren mächtige Frauen die Ausnahme
Wer an die frühe Mafia in Italien oder in den USA denkt, dem kommt vermutlich schnell folgendes Bild in den Sinn: Eine Gruppe Männer in schicken Anzügen und mit einer Waffe im Holster, die irgendwelche krummen Dinger drehen und bereit sind, für die Familie zu töten. Nicht selten leiten die Dons bzw. Paten ein italienisches Restaurant, um den Schein zu wahren.
Dass wir vor allem diesen Stereotypen mit der Mafia assoziieren, liegt besonders an Medien wie Film und Fernsehen. Dass es dabei ständig um irgendwelche Männer statt Damen geht, liegt aber natürlich auch an der realen Vergangenheit.
In der Anfangszeit der sizilianischen Mafia (Ende des 19. Jahrhunderts) herrschte über Italien hinaus das Patriarchat, also eine Gesellschaftsordnung, in der die Männer das Sagen und Frauen sich als Hausfrau und Mutter unterzuordnen hatten. Es kam zwar auch vor, dass einige Frauen innerhalb der Mafia-Familien geschätzt wurden und im Hintergrund Aufgaben übernahmen, aber viele Jahrzehnte lang war das Geschäft reine Männersache. Der Ehrenkodex erkannte Frauen nicht vollwertig an.
Aber wie bei allem gilt auch hier: Ausnahmen bestätigen die Regel. Trotz einer starren gesellschaftlichen Ordnung, die noch weit von Emanzipation entfernt war, gab es die eine oder andere Frau, sie sich durchsetzte und sogar “Patin” (Madrine) wurde – und dafür nicht selten noch mehr erleiden und kämpfen musste, als ihre männlichen Gegenstücke.
Um mal zwei spannende Ausnahmen zu nennen (bevor sich die Rolle der Frauen in den 1990er Jahren in der Mafia wandelte):
- Assunta ‘Pupetta’ Maresca - 50er Jahre, Neapel: Die “Rächerin von Neapel” war die Frau des aufstrebenden Camorra-Bosses Pasquale Simonetti. Nachdem ein rivalisierendes Clan-Mitglied ihn tötete, nahm sie die “Vendetta” selbst in die Hand und erschoss den Mörder ihres Mannes aus Rache in aller Öffentlichkeit. Zu diesem Zeitpunkt war sie schwanger, das Kind gebar sie später im Gefängnis. Nachdem sie freigelassen wurde, stieg sie zur Patin auf.
- Stephanie 'Queenie' St. Clair - 20/30er Jahre in New York: “Die Königin von Harlem” war zur Zeit der Prohibition und Segregation eine Schwarze Einwanderin, die sich furchtlos ein illegales Glücksspiel-Imperium aufbaute. Als der Mobster Dutch Schultz ihr Geschäft gewaltsam übernehmen wollte, entbrannte ein Krieg. Sie überlebte Mordanschläge, nutzte die Presse für ihre Zwecke aus und ging eine Allianz mit dem Mafiaboss Lucky Luciano ein.
Mit einer Frau als Mafia-Protagonistin würden wir in eine andere Welt eintauchen
Damit das nächste potenzielle Mafia-Spiel eine frische Geschichte abliefert, würde sich die Perspektive einer Frau also definitiv anbieten. Das würde automatisch viel frischen Wind in die Reihe bringen und die historische Vorlage ist auch da.
Sich als Frau in einer von Männern dominierten Verbrecherwelt zu beweisen, bringt noch einmal ganz andere erzählerische wie auch spielerische Möglichkeiten sowie emotionale Reibungspunkte mit sich.
Eine Protagonistin müsste sich unter Umständen manipulativer und pfiffiger anstellen, um etwa ein Doppelleben zu händeln oder sich mehr Respekt zu verschaffen. Außerdem könnte heimliches Vorgehen (Stealth) mehr im Fokus stehen, um den Nachteil auszugleichen, dass Frauen nicht überall problemlos Zugang bekommen, beispielsweise bei zwielichtigen Geschäftstreffen.
Hanger 13 muss uns ja nicht unbedingt die Geschichte von Pupetta oder Queenie nacherleben lassen, aber könnte sich immerhin davon inspirieren lassen. Statt des immer gleichen moralischen Konfliktes um Verrat und Loyalität ginge es mehr um Unterdrückung, Emanzipation und kluges Taktieren in einer Welt, die vom anderen Geschlecht dominiert wird. Und genau das ist es, was die Mafia-Spiele als nächstes brauchen, um für Abwechslung zu sorgen. Ich für meinen Teil würde es sofort spielen.
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