Dying Light 2 im Test: Es hätte so unfassbar gut werden können

In Dying Light 2 schlummert ein Meisterwerk, das jedoch unter einem Berg von kleinen und großen Problemen begraben liegt. Unsere größten Sorgen mit Blick auf die schwierige Entwicklung haben sich jedoch zum Glück nicht bewahrheitet.

Dying Light 2 im GamePro-Test. Dying Light 2 im GamePro-Test.

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Inhaltsverzeichnis

Nach einer von Problemen durchzogenen Entwicklung, mehrfachen Verschiebungen und einem unschönen Hickhack rund um Schnitte in der deutschen Version konnten wir uns jetzt dutzende Stunden durch die offene Spielwelt von Dying Light 2: Stay Human schnetzeln. Die positive Nachricht zuerst: Das Zombie-Actionspiel aus der Ego-Perspektive für aktuelle PlayStation- und Xbox-Konsolen erscheint technisch größtenteils sauber und hat uns einige überaus spaßige Stunden beschert.

Die schlechte Nachricht allerdings: Die unübersehbar schwierige Entwicklung hat deutliche Spuren hinterlassen. Spuren, die an jeder Ecke spürbar sind. Selten haben wir ein Spiel erlebt, das über Stunden in luftigen Wertungsregionen tänzelt, bei dem uns das Wort “Meisterwerk” bereits über die Lippen ging, das dann aber ins Straucheln gerät und am Ende im freien Fall nahezu ungeschützt und hart auf dem Boden aufschlägt.    

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Vom Story-Meisterwerk zum miesen Groschenroman

Brutale Action, schnelle Parkour-Einlagen, wütende Zombies, ein langer melancholischer Einstieg und … MOMENT! Ein melancholischer Einstieg!? Dying Light 2 ist in seinem gut zweistündigen Prolog unerwartet anders, führt uns gleich einem The Last of Us wunderbar in seine postapokalyptische Spielwelt ein und gibt uns das Gefühl, am Anfang einer großen, aufregenden Reise zu stehen. Einer Reise, die wir durch die Augen des mutierten Pilgers Aiden erleben, der auf der Suche nach seiner Schwester Mia die vom Harran-Virus verseuchte, fiktive europäische Großstadt Villedor erreicht.

Das Kryptonit unseres flinken Helden: Aufgrund einer in der Kindheit herbeigeführten Mutation kann er sich nur wenige Minuten im Dunkeln aufhalten. Hält er sich nicht daran, erleidet er Schaden und stirbt.   

Villedor Atmosphäre Autowracks, versperrte Straßen und heruntergekommene Häuser. Villedor ist eine sehr atmosphärische Zombie-Spielwiese.

Villedor in der Apokalypse Ein gewohnter Anblick im Startgebiet. Überwucherte Dachterrassen, über die wir uns dank Parkour-Skills schwingen.

Dying Light 2 macht in den ersten gut zehn Spielstunden fast alles richtig und zeigt uns eine atmosphärische und überaus glaubhafte Zombie-Apokalypse, die wir samt ihren spannenden Figuren aufsaugen wollen – und das nicht nur einmal, sondern sogar mehrfach. 

Die Qual der Wahl: Neben reichlich Zombies und einer alles mordenden Bande Abtrünniger wird Villedor von der Miliz der Peacekeeper und den unabhängigen Survivors regiert. Letztere könnt ihr euch als nichtinfizierte Überlebende vorstellen, die beispielsweise verschanzt in Kirchen versuchen, ein “normales” Leben zu führen. Recht früh müssen wir uns entscheiden, welcher Gruppierung sich Aiden anschließt. Welche Wahl wir treffen, hat dabei merklichen Einfluss auf die Geschichte und die Art, wie uns Personen künftig begegnen. Das klingt nicht nur ganz hervorragend und weckt Erinnerungen an ein Storytelling-Paradebeispiel wie Dragon Age: Origins, sondern ist es auch. 

Doch nicht nur die Hauptstory hat uns anfangs in ihren Bann gezogen. Eine Open World lebt bekanntlich auch von ihren kleinen Geschichten, die sie lebendig und greifbar machen. Auch hier überzeugt Dying Light 2 in den ersten Spielstunden. Wir haben gelacht, nachdem wir einer selbsternannten Opernsängerin ihren Stimmbänder-schonenden Schal zurückgebracht haben. Zum Dank hat uns die Grande Dame ein unfassbar schiefes Liedchen geträllert. Wir haben innegehalten, nachdem sich ein NPC im Anschluss an eine wendungsreiche Nebenquest von Schuldgefühlen geplagt das Leben genommen hat. Dabei wurden wir über Dialogoptionen immer wieder vor knifflige moralische Entscheidungen gestellt, die uns zum Grübeln gebracht haben. Meisterlich! 

Und dann, ja dann ist das so wunderschöne Kartenhaus Stück für Stück in sich zusammengefallen … 

Technik-Check: Wir konnten Dying Light 2 auf PS4, PS5 und Xbox Series X testen und haben mit dem aktuellen Patch konsolen- und generationenübergreifend einen recht guten technischen Zustand vorgefunden. Nicht nur lief das Spiel durchweg flüssig, auch störende Bugs hielten sich während der Testphase mit einer Ausnahme (siehe unten) gemessen an anderen Open World-Spielen im Rahmen. So kam es in der aktuellen Version zu minimalen Sound-Aussetzern während der Dialoge oder wir beobachteten Gegner, die sich in Gegenständen verfingen. 

Rein optisch solltet ihr kein durchgängiges AAA-Niveau erwarten. Während Außenareale vor allem tagsüber dank der Lichtstimmung schick aussehen, wirken Innenräume und Gesichtsanimationen der NPCs leicht angestaubt. Welche technischen Ärgernisse wir aktuell noch vorgefunden haben, das erfahrt ihr im Tech-Check für PS4 und PS5.

Beim Thema Audio gibt es ebenfalls Licht und Schatten. Neben einem stimmigen Soundtrack und einer sehr guten englischen Synchronisation, lässt die deutsche Vertonung speziell beim Sprecher von Aiden, aber auch bei vielen Nebencharakteren, stark zu wünschen übrig. Solltet ihr des Englischen mächtig sein, schaltet die Systemsprache eurer Konsole unbedingt um. Eine entsprechende Menüoption gibt es zu unserer großen Verwunderung nicht. Irritiert hat uns zudem, dass deutsche Untertitel nicht komplett auf die Vertonung abgestimmt sind, teils Inhalte falsch wiedergegeben werden.

Achtung, Gamebreaking! Betretet ihr das zweite Areal, aktiviert dort keinen Schnellreisepunkt und geht zurück in das erste Areal, gibt es ohne Workaround keinen Weg mehr zurück. Techland ist das Problem bewusst, und man arbeitet laut eigener Aussage an einer schnellen Lösung. Da es derzeit bereits mehrere Wege gibt, das Problem zu beheben, und ein schneller Fix realistisch ist, haben wir uns gegen eine Abwertung entschieden. Wie ihr zurück ins zweite Areal gelangt, darüber informieren wir euch in einer separaten News, die auch später hier verlinkt wird. 

Gerne hätten wir an dieser Stelle im Test weiter geschwärmt, euch von spannenden Wendungen und dem Story-Meisterwerk Dying Light 2 erzählt. Einem Spiel, mit dem wir uns gleich einem The Witcher über Wochen im trauten Heim einschließen. Einem neuen Gothic, dessen Lagerstimmung wir noch heute fühlen, die Fleischwanzen förmlich schmecken können. Doch es kam nach gut zehn Spielstunden alles anders. 

Die Hauptgeschichte entpuppt sich über weite Strecken als zäher Flickenteppich, der uns von A nach B nach C schickt, dabei die Geschichte rund um Mia nahezu komplett aus den Augen verliert und sich in wirren Fraktionenkonflikten verliert. Aiden bleibt über die gut 25 Stunden andauernde Kampagne so blass, dass wir abseits seiner Jugend nahezu nichts über ihn wissen. Auch die Qualität der Nebengeschichten und die Auswirkungen unserer Entscheidungen nehmen im weiteren Verlauf spürbar ab.

Über Aiden erfahren wir im Spiel abseits seiner Kindheit so gut wie nichts. Wir raten euch zudem bei ausreichenden Sprachkenntnissen die sehr gute englische Vertonung zu nutzen. Aiden ist hier quasi ein anderer Charakter. Über Aiden erfahren wir im Spiel abseits seiner Kindheit so gut wie nichts. Wir raten euch zudem bei ausreichenden Sprachkenntnissen die sehr gute englische Vertonung zu nutzen. Aiden ist hier quasi ein anderer Charakter.

Am schlimmsten sind jedoch die letzten Spielstunden, in denen deutlich wird, dass sich Techland während der Entwicklung komplett verrannt hat. Das Ende ist mitunter so unlogisch und gespickt von nicht nachvollziehbaren Handlungen, dass alle am GamePro-Test Beteiligten im Anschluss nicht den Hauch einer Ahnung hatten, was dort über den Bildschirm geflimmert ist. Und hier sprechen wir wohlgemerkt von keiner Handlung, die durch einen gewissen Trash-Faktor bei Laune hält. Dying Light 2 ist bei weitem nicht frei von quatschigen Momenten, versucht sich jedoch an einer überaus ernsten Geschichte. 

Um den Punkt abzuschließen und keinen zu negativen Eindruck zu hinterlassen, soll an dieser Stelle nochmal erwähnt sein, dass das Actionspiel neben dem tollen Einstieg auch im weiteren Verlauf durchaus mit einigen überaus interessanten und gut geschriebenen Charakteren gespickt ist. Techland gibt ihnen jedoch nicht genug Zeit zur Entfaltung und schickt uns lieber von einem Ort zum anderen. Hier wäre so, so viel mehr möglich gewesen.     

Hier könnt ihr Dying Light 2 vorbestellen

Zwischen fantastischem Gehüpfe und spielerischer Monotonie

Natürlich bekommt ihr hier ein Story-getriebenes Spiel, doch für uns steht in einem Actionspiel wie Dying Light 2 noch immer das Gameplay an erster Stelle. Denn Butter bei die Untoten: Sind wir nicht im Stealth-Modus auf leisen Sohlen unterwegs, geht es um Zombies, die wir mit Macheten, Äxten und Schwertern entzwei klöppeln. Es geht um rasante Parkour-Einlagen über die Dächer einer weitläufigen Open World. Fetzen die beiden Punkte, drücken wir bei der Erzählung gerne mal ein Auge zu. Zum Glück offenbart das Spiel hier seine größten Stärken und hat uns lange bei Laune gehalten. 

Tolles Parkour-System, wenn …: Auf den Haken am Gehüpfe kommen wir gleich zu sprechen, zunächst sei aber gesagt, dass das Geflitze auf und über die Dächer Villedors sehr gut funktioniert. Aiden springt, rutscht und klettert ohne Hakelei in rasantem Tempo durch die Stadt. Auch macht es eine helle Freude zu grübeln, über welchen Weg wir beispielsweise auf die Spitze eines Wolkenkratzers gelangen. So stehen wir nicht selten vor einem actionreichen Kletterpuzzle, das sich ähnlich Mirror’s Edge überaus motivierend anfühlt.

Der große Mangel am Spieldesign: Dieser oft tolle Flow setzt erst nach einigen Spielstunden ein, da nützliche Parkour-Fähigkeiten an Talentpunkte geknüpft sind. Darunter fallen sogar simple Manöver wie ein kurzer Sprint, das Sliden unter Barrieren hindurch oder auch coole Wall-Runs. 

Schnitte der deutschen Version:

Dying Light 2 erscheint in Deutschland ausschließlich digital in einer zensierten Cut-Version, die im Test deutlich spürbare Auswirkungen auf das Kampfsystem hatte. Folgende Punkte wurden im Vergleich zur im europäischen Umland erhältlichen PEGI-Version verändert:

  • Das Enthaupten und Zerstückeln von menschlichen Gegnern ist nicht möglich.
  • Neutrale NPCs können nicht getötet werden.
  • Verringerter Gore-Faktor u.a. durch weniger Blut nach Treffern.

Wichtig ist zudem, dass Käufer*innen der deutschen Version den Koop-Modus nur regional nutzen können. Ein normales Zusammenspiel mit Spielerinnen und Spielern der internationalen Uncut-Version ist vorerst nicht möglich, soll später jedoch laut Techland nachgereicht werden. 

Wuchtige, monotone Kämpfe: Auch in der zensierten deutschen Version fühlt sich der Nahkampf wuchtig an, und das Trefferfeedback ist befriedigend: Zombieköpfe rollen, und fällt der letzte Schlag, setzt ein kurzer Zeitlupeneffekt ein. An einige besonders wertvolle Waffen können wir sogar Modifikationen anbringen, um Gegner unter Strom oder in Brand zu setzen. Das System ist nicht sonderlich tiefgründig, die Effekte zudem zu mächtig, aber spaßig ist es dennoch. 

Abseits der Hiebe weichen wir mit einem Seitschritt aus, blocken unsere Gegner, springen gekonnt über sie hinweg, bringen sie mit dem richtigen Timing ins Straucheln. Gecraftetes Zubehör wie Messer, Mollis und Dynamit unterstützen die Scharmützel und wer will, greift auf Pfeil und Bogen zurück. Das alles funktioniert bestens.

Allerdings hat das Kampfsystem auch mit vielerlei Problemen zu kämpfen:

  • Die Duelle gegen Zombies und Menschen sind auf Dauer zu gleichförmig. Zum einen, da es weitere Schusswaffen abseits ganz weniger Ausnahmen nicht ins Spiel geschafft haben. Zum anderen, da hinzugewonnene Kampftalente wie verbessertes Blocken oder erhöhter Schaden für den Bogen zwar nützlich sind, jedoch viel zu bodenständig, um für ausreichend Abwechslung zu sorgen. Fast alle Kämpfe lassen sich abseits von optionalen Schleicheinlagen mit Druck auf R2/RT und der Taste fürs Ausweichen locker meistern.
  • Eine unterirdische KI: Dass Zombies langsam traben oder frontal auf Aiden zustürmen, ist voll in Ordnung, das passt ins Spielkonzept. Dass jedoch menschliche Gegner exakt gleich stupide agieren, es lediglich Bogenschützen schaffen, sich eine Etage höher zu positionieren, das enttäuscht. 
  • Kein Anspruch: Auf dem Schwierigkeitsgrad “normal” war unser Leben lediglich bei gewagten Parkour-Manövern in Gefahr. Abseits vom Endgegner stellen die Kämpfe kaum eine Herausforderung dar. Dieser Punkt wäre allerdings nicht ins Gewicht gefallen, hätte die Abwechslung gestimmt. Es muss ja auch nicht jedes Spiel schwer sein. Wer seinen Feinden größere Überlebenschancen einräumen will, spielt daher auf dem höchsten der insgesamt drei Schwierigkeitsgrade.

Wir halten fest, dass trotz einiger Mängel am Spieldesign und fehlender Abwechslung in Sachen Gameplay eine große Tüte Spaß in Dying Light 2 schlummert. Schade ist nur, dass wir so viele Spielmechaniken wie beispielsweise den bereits in Trailern gezeigten Fallschirm entdeckt haben, die enorm viel Potenzial verschenken.  

Infos zum Koop-Modus: 

Dying Light 2 könnt ihr optional mit bis zu drei weiteren Spieler*innen erleben. Das Zusammenspiel ist allerdings erst nach einem gut zweistündigen Prolog möglich. Abstriche müsst ihr beim Fortschritt machen, denn die Story-Progression bleibt wie in Far Cry lediglich beim Host bestehen. Wer als Gast der Partie beitritt, behält jedoch sein Charakter-Level und das gesammelte Loot.

Während der Testphase war es uns leider noch nicht möglich den Koop-Modus zu spielen. Die Freischaltung erfolgt laut Techland erst zum Release. Dementsprechend werden wir unsere Eindrücke an dieser Stelle in der kommenden Woche ergänzen. 

Eine glaubhafte Zombie-Welt mit (Wegfindungs-) Problemen

Ganze 500 Stunden seid ihr laut Techland in Villedor unterwegs, wollt ihr wirklich jeden Zentimeter erkunden. Unserer Einschätzung nach seid ihr nach rund einem Fünftel der Zeit mit allen wichtigen Aufgaben durch. 400 Stunden hin oder her, – alle unterschiedlichen Entscheidungen zu erleben ist schließlich auch zeitaufwendig und mitunter lohnenswert – viel wichtiger ist ja, ob uns hier eine tolle Spielwiese geboten wird. Im Vorfeld hieß es sogar, dass sich die Open World durch unsere Entscheidungen massiv verändert. Ihr kennt das an dieser Stelle des Tests ja bereits: Starten wir zunächst einmal mit dem Positiven.

Nachts ist die Gefahr auf den Straßen deutlich größer, zudem kann sich Aiden aufgrund einer Mutation nur wenige Minuten im Dunkeln aufhalten. Nachts ist die Gefahr auf den Straßen deutlich größer, zudem kann sich Aiden aufgrund einer Mutation nur wenige Minuten im Dunkeln aufhalten.

Los geht’s mit dem überaus wichtigen Tag- und Nacht-System von Dying Light 2. Während am hellichten Tag wenige Infizierte behäbig durch die mit Autowracks und Barrikaden versperrten Straßen schlurfen oder in Gebäuden schlummern, mehr Gefahr von feindlichen Banden ausgeht, ist mit Einbruch der Dunkelheit alles anders. Dann wuselt es in den Gassen vor aggressiven und stärkeren Monstern, die nach Blickkontakt auch über die Dächer hinweg Jagd auf uns machen. Speziell in den Anfangsstunden, mit schwächeren Waffen ausgerüstet, entsteht so das Gefühl von permanenter Gefahr. Auch, da wir uns nachts aufgrund Aidens Mutation nur wenige Minuten ohne den Schutz von UV-Licht im Freien oder in dunklen Gebäuden aufhalten können, ohne Schaden zu nehmen. Zeitdruck in Spielen ist eine Sache, die einige abschrecken mag, uns hat das Suchen nach Schutzzonen aber durchaus getaugt. 

Im späteren Verlauf des Spiels wird die Gefahr bei Nacht durch starke Nahkampfwaffen, einen mit dem Spielerlevel steigenden Timer und Verbrauchs-Items in Form von Inhalatoren zwar geschwächt, das System ist aber durchaus gelungen. 

Die Krux mit den Gebäude-Freischaltungen: In Villedor verteilt finden wir insgesamt vier Stromkraftwerke und drei große Wassertürme. Lösen wir in den Kraftwerken kleine, durchaus spaßige Schalterrätsel und bekraxeln in Far Cry-Manier die Türme, dürfen wir die Gebäude einer der beiden Fraktionen zuordnen. Als Belohnung winken dann auf Seiten der Survivor Parkour-Hilfen wie auf der Straße platzierte Jump-Pads, über Dächer gespannte Seilrutschen oder Sandsäcke, mit denen wir aus luftigen Höhen unbeschadet zu Boden plumpsen. Entscheiden wir uns hingegen, das Gebäude den Peacekeepern zu überlassen, werden Autobomben, Stromfallen oder Gatling-Guns zwischen den Gassen platziert. Parkour vs. Häuserkampf. 

Das ganze System kommt jedoch mit zwei großen Problemen daher. Während die Parkour-Upgrades super hilfreich sind, wir durch sie unfassbar mehr Spaß an der flotten Fortbewegung durch die Stadt haben, sind die Peacekeeper-Upgrades größtenteils komplett nutzlos und fordern ein hohes Maß an Eigeninitiative, damit sie überhaupt etwas bewirken. So tötet die vor einem Gebäudeeingang platzierte Autobombe zwar im Umkreis stehende Feinde, lockt zeitgleich durch den Lärm aber auch neue an. Es ist auch nicht möglich, verschiedene Upgrades einzeln herauszupicken, da die Upgrade-Pfade strikt linear sind. 

Kraftwerke und Wassertürme teilen wir einer der beiden Fraktionen zu, erhalten dafür Parkour- oder Straßen-Upgrades. Kraftwerke und Wassertürme teilen wir einer der beiden Fraktionen zu, erhalten dafür Parkour- oder Straßen-Upgrades.

Doch das ganze System kommt noch mit einer weiteren unschönen Überraschung. Bei den  Gebäude-Freischaltungen, durch die rund um die Fabriken und Türme kleine, mit der Zeit wachsende Siedlungen entstehen, handelt es sich um die von uns herbeigeführten Veränderungen in der Stadt. Zwar gibt es auch im Endgame noch ein versunkenes Areal, das nur durch die Unterstützung einer Gruppierung zugänglich ist, welche Hebel wir aber während der Geschichte umlegen müssen, um dieses Gebiet zu betreten, wissen wir nicht. Hattet ihr also mit großen Veränderungen innerhalb der Spielwelt gerechnet, dann müssen wir euch an dieser Stelle enttäuschen. Die entstehenden Kürbisbeete und wenige neue Gebäude rund um die freigeschalteten Orte sind zwar durchaus eine nette Idee und tragen zur generell lebendigen Spielwelt bei, keine Frage, sie sind was diesen Punkt anbelangt aber auch das höchste aller Gefühle.


Gibt es coolen Loot in Villedor? In Dying Light könnt ihr dank erhaltener Blaupausen von Medizin über Granaten bis hin zu Dietrichen allerlei craften. Die nötigen Items und Ingredienzien mopst ihr in feinster Bethesda-Kleptomanen-Manier zuhauf in Gebäuden oder auf Hausdächern. Da ihr in Truhen aber auch die Gadgets selbst findet,  ist das nur bedingt nötig.

Zudem verstecken sich in der Spielwelt auch Klamotten und natürlich nützliche Waffen für Aiden, aber auch sogenannte Hemmstoffe, mit denen ihr die angesprochenen Parkour- und Nahkampffähigkeiten des Pilgers verbessert. Während wir uns beim Erhalt letzterer immer wie Bolle gefreut haben, haben wir Mützen, Hosen, Mäntel, generell den ganzen Kleidungskram, irgendwann links liegen lassen. Zum einen war es auf dem normalen Schwierigkeitsgrad recht egal, ob wir +1,1% oder +2,1% stärkere Angriffe haben, zum anderen war die Vielfalt der Klamotten gering, die Optik wenig ansprechend. Das schönste Outfit nach Fashion-Souls-Art ausgewählt, passt scho.

Ansonsten erwartet euch in Dying Light 2 eine Spielwelt voller optionaler Aufgaben, welche die wenig hübsche Karte allerdings nicht wie beispielsweise in manch Ubisoft-Wikingerspiel mit Symbolen zupflastert. Da müssen wir mal einen Bürger in Not vor Beißern retten, U-Bahn-Stationen für Schnellreisepunkte von feindlichen Banden befreien, einen Parkour-Run in einer vorgegebenen Zeit meistern und, und, und. Kreativ geht wahrlich anders, seht ihr Villedor aber als spaßigen Spielplatz, könnt ihr hier durchaus auf eure Kosten kommen. 

Zumindest dann, wenn ihr euch nicht verirrt, denn an dieser Stelle müssen wir noch einen weiteren Punkt ansprechen, der euch negativ aufstoßen kann. Der Open World fehlt es an Abwechslung, es fehlen die markanten Orientierungspunkte. Villedor wirkt durchaus lebendig und ist mit seinen begrünten Dachterrassen, den alten Gebäuden und seinen provisorischen Windrädern recht einzigartig. Nur wenige Gebäude und Orte sind uns aber nach dem Abspann im Gedächtnis geblieben. Durch den Mangel an Highlights und der Gleichförmigkeit fehlt es vor allem im zweiten Gebiet an Orientierungspunkten. Das Gefühl des Vertrauten, das wir im toll designten ersten Areal noch hatten, kommt so größtenteils abhanden.  

Speziell im zweiten Areal fällt es uns schwer mangels optischer Abwechslung die Orientierung zu behalten. Speziell im zweiten Areal fällt es uns schwer mangels optischer Abwechslung die Orientierung zu behalten.

Bei Weitem kein Beinbruch, doch ein weiterer Punkt, bei dem viel Potenzial verschenkt wurde. Und damit schließen wir auch die Brücke zum Beginn des Artikels. Dying Light 2 ist trotz vieler Kritikpunkte wahrlich kein schlechtes Spiel. Im Gegenteil. Viele unter euch werden, da sind wir uns sicher, mit dem Parkour-Geflitze und dem wuchtigen Kampfsystem lange ihre Freude haben – erst recht im hoffentlich reibungslos funktionierenden Koop-Modus. Auch werden euch viele der Entscheidungen packen, und wer weiß, vielleicht könnt ihr sogar der Story mehr abgewinnen als wir Kunstbanausen. Das Traurige am Zombie-Trip ist und bleibt aber, das hier unter vielen Mängeln begraben ein Meisterwerk schlummert. Ein Spiel, das sich am Ende des Jahres auf der Game of the Year-Liste hätte befinden können. Doch genug Konjunktiv. Dying Light 2 ist ein technisch größtenteils sauberes, durchaus spaßiges Spiel mit Schwächen.    

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