Halo Infinite - Nach 4 Stunden Spielzeit: Was kann die Kampagne des Shooters?

Tobi konnte bereits einen ausführlichen Blick auf die Kampagne von Halo Infinite werfen. Und die drückt bei ihm genau die richtigen Knöpfe, zeigt aber auch ein paar Schwächen.

Der Master Chief hat auch in Infinite wieder alle Hände voll zu tun. Der Master Chief hat auch in Infinite wieder alle Hände voll zu tun.

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Vielleicht erinnert ihr euch: Vor etwa anderthalb Monaten hatte ich in einer Kolumne die These aufgestellt, dass Halo Infinite der bislang beste Serienteil werden könnte - wenn die Kampagne stimmt. Und war damals ziemlich naiv davon ausgegangen, dass wir bis zum Release im Dezember nicht viel Neues von eben dieser Kampagne sehen würden.

Tja, selten war ich so froh darüber, mich geirrt zu haben.

Denn seit mittlerweile fast einer Woche ballere ich mich durch den Solo-Modus von Halo Infinite. Microsoft hat GamePro.de einen Vorab-Code zur Verfügung gestellt, der die komplette Kampagne des Spiels enthält. Verraten darf ich zu diesem Zeitpunkt allerdings nur etwas über die ersten vier Stunden, in denen ich folgendes gesehen und gespielt habe:

  • vier linear designte Hauptmissionen
  • das erste erkundbare Hub-Areal
  • diverse Nebenmissionen

Ausreichend Zeit also, um sich einen umfangreichen Eindruck vom neuen Abenteuer des Master Chief zu verschaffen. Und herauszufinden, was Halo Infinite schon gut macht - und wo der Titel schwächelt. 

Der Beweis: Hier flimmert die Infinite-Kampagne einen Monat vor Release über meinen Fernseher. Der Beweis: Hier flimmert die Infinite-Kampagne einen Monat vor Release über meinen Fernseher.

Falls ihr es noch nicht mitbekommen haben solltet: Halo ist eine meiner absoluten Lieblings-Videospielserien und die Reihe hat mir in den letzten 20 Jahren viele tolle Momente beschert. Ich bin also ein Fan dieser Serie und genau bei diesem Fan drückt Infinite bereits in den ersten Spielstunden derart viele und richtige Knöpfe, dass ich an einigen Stellen ohne Übertreibung Gänsehaut bekommen habe. 

Eine Story für Fans

Das fängt schon bei der Story an. Ok, wirklich viel mehr als aus den Trailern bekannt ist, passiert in den ersten Stunden nicht. Der Master Chief wird im All treibend vom Piloten Echo 216 gefunden und landet anschließend auf der teilweise zerstörten Ringwelt Zeta Halo. Hier findet der Chief nicht nur eine neue KI mit dem schlichten Namen "Die Waffe", sondern muss auch herausfinden, warum die radikale Alien-Fraktion der Verbannten unter der Führung von Kriegshäuptling Escharum den Ring besetzt hat.

Auch wenn das alles ziemlich rudimentär klingt, hat die Story bei mir schnell ein "Ich will mehr wissen"-Gefühl erzeugt, weil 343 Industries einen ziemlich simplen Kniff nutzt. Denn ich stolpere zusammen mit dem Master Chief ziemlich unwissend in die Situation im Spiel, muss herausfinden was los ist. Das Spiel erschafft also ein Mysterium, ähnlich wie im ersten Halo und das funktioniert auch ziemlich gut.

Das Zusammenspiel von Master Chief und der neuen KI hat eine tolle Dynamik. Das Zusammenspiel von Master Chief und der neuen KI hat eine tolle Dynamik.

Zumal auch die Charaktere einen wirklich soliden Eindruck machen. Escharums Bosheit genieße ich beispielsweise ähnlich stark wie das Zusammenspiel von Chief und KI Waffe, die immer mal wieder einen schnippischen Kommentar ablässt und dadurch für eine gewisse Lockerheit sorgt. Viel mehr zur Story will – und darf – ich an dieser Stelle auch nicht verraten

Neulinge tappen im Dunkeln

Die Kehrseite der Story-Medaille ist allerdings, dass kompletten Serienneulingen ähnlich wie bei Halo 5: Guardians ziemlich viele Fragezeichen im Kopf herumschwirren. Kollegin Rae beispielsweise, die frühere Xbox 360-Teile lediglich angespielt hat, hat ebenfalls in die Kampagne gespielt und stand oft wie der sprichwörtliche Ochs vor dem Berg. Cortana, Blutsväter, Dr. Halsey, Zeta Halo - während Fans mit leuchtenden Augen all das kennen und einzuordnen wissen, verpasst es 343 Neueinsteiger*innen in Infinite genügend Kontext oder Anknüpfungspunkte zu geben und wirft sie damit ins eiskalte SciFi-Wasser.

Eine Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse – so herausfordernd die auch sein mag – gibt es leider nicht, was es vielen schwer machen dürfte, mit dem eigentlich so interessanten und umfangreichen Halo-Universum zu connecten. 

Die Kämpfe sind ein Highlight

Was dagegen definitiv jede*r merken und vermutlich auch wertschätzen dürfte, ist das Kern-Gameplay der Infinite-Kampagne, denn holla die Waldfee, macht das Laune! Gunplay und Fortbewegung in der Spielwelt sind meine bisherigen großen Highlights des Spiels. Egal welche Waffe ich bislang benutzt habe: Handling, Waffensounds und Treffer-Feedback sind phänomenal und es ist zum Beispiel unheimlich befriedigend, wenn ich den kleinen Grunts ihren Methantank auf dem Rücken zerschieße und sie sich dann in einer kleinen Explosion verabschieden.

Die Steuerung ist bei all dem wunderbar direkt und präzise, das war sie in Halo zwar schon immer, aber auch in Infinite fühlt es sich einfach klasse an, Projektile in Alienschädeln zu versenken. 

Egal mit welcher Waffe, egal gegen welche Gegner: Die Kämpfe in Infinite spielen sich phänomenal. Egal mit welcher Waffe, egal gegen welche Gegner: Die Kämpfe in Infinite spielen sich phänomenal.

Und das lässt sich mit einer ziemlich großen Anzahl von Knarren erledigen. Das Waffenarsenal des Spiels ist wunderbar abwechslungsreich, bietet neben ballistischen auch Plasma und – ganz neu – auch Schockwaffen. Neben alten Klassikern wie der BR oder dem Scharfschützengewehr,  gibt es auch viele neue Knarren, die ich schon jetzt ins Herz geschlossen habe.

Den Mangler etwa, eine kompakte Shotgun der Verbannten-Fraktion oder das VK78 Commando, das fast wie ein Schnellfeuer-Scharfschützengewehr anmutet. Natürlich gehören auch Fahrzeuge zur Halo-Sandbox, bislang habe ich nur altbekannte Vehikel wie den Scorpion-Panzer oder das Mongoose-Quad gesteuert. Ich hoffe, da kommt im Verlauf der Kampagne noch mehr.

Ein großer Teil meiner Faszination für das Infinite-Gameplay ist aber sicherlich dem neuen Greifhaken geschuldet, den der Master Chief von Anfang an am linken Unterarm trägt. Und dieser "Grapple Hook" ist ein echter Geniestreich, weil er so vielseitig einsetzbar ist. An Gegner heranziehen und ihnen den Gewehrkolben in die Visage brettern? Check! Energiekerne heranholen und auf Gegner werfen? Check! Bei niedriger Energie im letzten Moment in Sicherheit schwingen? Check! Der Greifhaken fügt sich super ein und macht derart viel Spaß, dass ich aktuell sogar behaupten würde, dass er der beste Ausrüstungsgegenstand der gesamten Seriengeschichte ist.

Der Haken lässt sich so upgraden, dass er Gegnern beim Angriff einen Stromstoß versetzt. Der Haken lässt sich so upgraden, dass er Gegnern beim Angriff einen Stromstoß versetzt.

Hub-Welten mit Licht und Schatten 

Nach dem ziemlich linear inszenierten Einstieg auf einem Verbannten-Raumschiff und einer Blutsväter-Anlage entlässt euch Halo Infinite nach knapp anderthalb Spielstunden in die offene Spielwelt von Zeta Halo. Wobei das nicht so wirklich stimmt, vielmehr sind es ausladende Hub-Areale, ähnlich wie in Metro Exodus. Diese sind durch Brücken miteinander verbunden, ihr könnt also später auch noch in bereits besuchte Gebiete zurückkehren, um dort dann zum Beispiel noch fehlende Nebenaufgaben abzuklappern. Und von denen gibt es in den Hub-Welten diverse, folgende habe ich bislang gesehen:

  • Operationsbasen erobern
  • UNSC-Trupps retten
  • Propagandatürme zerstören
  • Hochrangige Gegner ausschalten
  • Spartan-Verbesserungskerne finden
  • Außenposten säubern
  • versteckte Audiologs finden
  • Waffenkammern aufspüren (für kosmetische Items im Multiplayer)

Gefangene Marines sind an diese Lichtfesseln gekettet. Wenn der Kern zerstört wird, sind die Menschen frei. Gefangene Marines sind an diese Lichtfesseln gekettet. Wenn der Kern zerstört wird, sind die Menschen frei.

Die Operationsbasen verteilen sich über die gesamte Spielwelt, und dienen als Schnellreisepunkte und Versorgungs-Depots. Habt ihr eine Station erobert, lassen sich dort Waffen und Fahrzeuge anfordern, letztere setzt Echo 216 dann zügig per Blitzlieferung beim Depot ab.

Die Wahl ist anfangs noch auf wenige Vehikel und Ballermänner beschränkt, wer mächtigeres Gerät ordern will, sollte die Ingame-Währung "Tapferkeit" sammeln. Und die bekommt ihr zum Beispiel, in dem ihr versprengte Marine-Trupps rettet, Propagandatürme zerstört oder die hochrangigen Gegner ausschaltet. All diese Ziele lassen sich auf der neuen dreidimensionalen "Tac-Map" anzeigen, die man kurioserweise nicht drehen kann, die dafür aber eine sehr gute Orientierung gibt.

Kritik an der offenen Spielwelt

Aber so logisch und auch nachvollziehbar der Hub-Welten-Ansatz für Halo auch sein mag, habe ich genau in diesem Bereich zwei große Kritikpunkte. Zum einen sind die Nebenziele ziemlich generisch und fühlen sich beim Erledigen doch spürbar nach "Abklappern" an. Auch weil ich die Belohnungen abseits der Spartan-Kerne, die die eigenen Fähigkeiten verbessern, als zu wenig lohnend empfinde, denn Waffen und Fahrzeuge findet man auch abseits der Operationsbasen zuhauf.

Fairerweise sei aber gesagt, dass die Ziele natürlich komplett optional sind und sie euch somit das Pacing nicht zerschießen, wenn ihr das nicht wollt. Es ist möglich, direkt zur nächsten Hauptmission zu laufen oder zu fahren. Dann habt ihr möglicherweise weniger Optionen – etwa weil ihr die Fähigkeiten nicht hochgelevelt habt – machbar sollte das Ganze meiner Einschätzung nach aber trotzdem sein.

Die Tac-Map bietet eine gute Übersicht, ist allerdings nicht drehbar. Die Tac-Map bietet eine gute Übersicht, ist allerdings nicht drehbar.

Und zum anderen  – und das wiegt finde ich deutlich schwerer – fehlt es den Hub-Arealen abseits dieser Ziele an optischen Highlights. Hier und da entdecke ich mal ein Blutsväter-Konstrukt in der Ferne, aber wenn ich dort hinkomme, gibt es dort meist nichts Interessantes zu finden oder zu entdecken.

Recht schnell habe ich Zeta Halo in den ersten Spielstunden nur als eine Ansammlung von grauen Steinformationen und grünen Bäumen empfunden und ja, auch wenn das ebenfalls an das erste Halo erinnert, hätte dem Spiel schon im ersten Hub-Areal etwas mehr optische Abwechslung gut zu Gesicht gestanden. Immerhin bemüht sich 343 Industries die Welt durch herum huschende Tiere oder Vogelschwärme lebendig wirken zu lassen, so wirklich gelingen tut ihnen das aber nicht. 

Hier könnt ihr euch den aktuellen Kampagnen-Trailer zu Halo Infinite anschauen:

Halo Infinite: Gameplay-Video erklärt die Grundlagen der Kampagne Video starten 6:20 Halo Infinite: Gameplay-Video erklärt die Grundlagen der Kampagne

Clevere Gegner, tolle Technik

Kurioserweise habe ich die Welt trotzdem bislang gerne erkundet und mehr Zeit darin verbracht, als eigentlich geplant – einfach, weil ich wusste, dass der nächste Kampf schon hinter der nächsten Hügelkuppe auf mich warten kann und weil sich Infinite in genau diesen Momenten so fantastisch spielt, wie ich oben beschrieben habe. Ich lechze förmlich nach dem Kampf-Gameplay, nicht zuletzt deshalb, weil die KI-Aliens auf der von mir gespielten Schwierigkeitsstufe "Heldenhaft" eine echte Bedrohung darstellen und sich teils wirklich clever verhalten.

Bei Granatenwürfen hechten die Biester beispielsweise zur Seite oder stürmen auf mich los, wenn sie merken, dass mein Energieschild unten ist und ich verwundbar bin. Und ich freue mich wirklich sehr, dass 343 Industries in Infinite auch einige wirklich cool inszenierte Bosskämpfe einstreut. Zum Finale der vierten großen Mission auf dem riesigen Verbannten-Turm etwa muss ich einen unsichtbaren Eliten erledigen und mir dafür erst einmal eine gewisse Strategie zurechtlegen. Der Gefahrensensor, den der Master Chief kurz davor eingesammelt hat, ist dabei besonders nützlich. Mehr verraten werde ich hier jetzt nicht, ich habe diese Duelle aber auf jeden Fall genossen.

Tremonius ist der erste Boss des Spiels und greift mit einem Jetpack an. Tremonius ist der erste Boss des Spiels und greift mit einem Jetpack an.

Von der vorab von 343 beschworenen spielerischen Freiheit habe ich dagegen bislang noch nicht viel bemerkt, wenn man von den vielen Waffen und der Handvoll Fähigkeiten mal absieht. Klar, ich kann versuchen vorsichtig in eine Gegnerbasis zu schleichen und Brutes, Eliten, Grunts und Schakale leise auszuschalten. Zum einen gibt es aber keine schallgedämpften Waffen und zum anderen ist sowieso die Hölle los, sobald mich einer der Feinde entdeckt. Mich stört das nicht wirklich, ich bin dem Kampf-Gameplay ja wie gesagt verfallen, aber eine Sandbox-Wundertüte der unbegrenzten Möglichkeiten sollte man bei Infinite nicht erwarten. Es ist im Kern eben doch noch ein recht geradliniger Shooter, der seine Stärken genau dort hat, wo es zählt, nämlich beim shooten.

Ein Blick auf Optik und Technik

Auf der technischen Seite habe ich die etwas leer wirkende Welt ja schon erwähnt. Davon abgesehen ist die Kampagne von Halo Infinite in den ersten Spielstunden aber eine wirklich hübsche, die ohne Performance-Probleme daherkommt. Das beginnt bei der enormen Weitsicht, erstreckt sich über plastische Texturen, detailliert gestalteten Innenräumen der Forerunner-Bauten und hört bei den tollen Lichtstimmungen, etwa bei tiefstehender Sonne auf Zeta Halo, auf.

Das erste Hub-Areal von Infinite fühlt sich etwas generisch an, bietet aber einige tolle Aussichten. Das erste Hub-Areal von Infinite fühlt sich etwas generisch an, bietet aber einige tolle Aussichten.

Es gibt übrigens einen Tag-Nachtwechsel, allerdings ist es für meine Begriffe in der Nacht immer noch zu hell. Bombastisch wird es beim Sound, denn hier stimmt bislang nahezu alles: Satte und wuchtige Waffeneffekte, epische Musikuntermalung mit Gänsehautgarantie für Fans. Sogar die deutsche Sprachausgabe ist gut gelungen, insbesondere die teils ebenso niedlichen wie kuriosen Sprach-Samples der Feinde (Grunt: "Wie ich immer sage: es geht nichts über einen explodierenden Menschen") haben mich mehr als nur einmal schmunzeln lassen. Und verstärken die Vorfreude auf das, was nach den ersten vier Missionen kommt, nur noch mehr. 

Habt ihr Fragen zur Kampagne? Schreibt sie in die Kommentare, ich versuche sie dann so gut es geht - und so es mir erlaubt ist - zu beantworten.

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