Seite 4: Mittelerde: Schatten des Krieges im Test - Eine Fortsetzung, sie zu knechten

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Man kann nicht einfach nach Mordor spazieren

In seinen besten Momenten entfaltet Schatten des Krieges bei der Erkundung Mordors ein wunderbares Gefühl der Freiheit und Leichtigkeit. Talion fliegt regelrecht Fassaden und Felswände empor und schwingt sich behände von Dach zu Dach. Das Spiel gibt uns einige frische Möglichkeiten, auf spaßige Weise vorwärtszukommen, vom simplen Doppelsprung bis zum Drachenflug.

Nur die unpräzise Steuerung nimmt uns zu oft den Wind aus den Segeln. Mal hüpft Talion zum falschen Vorsprung, mal macht er eine Hechtrolle frontal in die Wand, wo wir doch lässig darüber hinweghüpfen wollten. Im Gegensatz zum Vorbild Assassin's Creed rennen und springen wir mit der gleichen Taste, sodass das Spiel unsere Befehle nicht immer perfekt interpretiert.

Trotz der Steuerungsprobleme: Die Welt von Schatten des Krieges sieht fantastisch aus und die Durchquerung macht einfach Laune. Trotz der Steuerungsprobleme: Die Welt von Schatten des Krieges sieht fantastisch aus und die Durchquerung macht einfach Laune.

Darf ich mich vorstellen?

Und das bleibt nicht das einzige Ärgernis, denn Schatten des Krieges tut sich überraschend schwer damit, uns auch mal einen Moment der Ruhe zu gönnen. Wir können keine zwei Schritte machen, ohne über den nächsten Feind zu stolpern - sei es nun ein Ork oder gleich ein riesiger Graug!

Eigentlich logisch, wir sind ja auch in Mordor. Und normalerweise macht uns das keine zu großen Probleme. Talion ist so flink, dass wir selbst frontal durch ein besetztes Heerlager hechten können, ohne auch nur von einem Ork erwischt zu werden. Ein wenig unglaubwürdig? Zweifellos, spielmechanisch aber ein Segen!

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Das Durchhecheln klappt aber nur, solange wir nicht auf Ork-Hauptmänner stoßen. Die bestehen nämlich darauf, uns jedes Mal anzuhalten und sich mit einer Kamerafahrt und einem coolen Spruch vorzustellen. Und sie haben die unschöne Angewohnheit, sich in Rudeln zu bewegen, sodass wir uns gern auch mal drei oder vier Reden hintereinander anhören müssen.

Verstecken wir uns im Kampf kurz hinter einem Haus und springen dann erneut ins Gefecht, fühlen sich die Orks oft sogar befleißigt, ihr Verslein gleich nochmal aufzusagen. Einmal wollten wir nur kurz ein Artefakt einsacken, da überfielen uns in zwei Minuten gleich drei Häuptlinge hintereinander aus dem Nichts. Beim dritten waren wir soweit, dass wir nur noch verzweifelt auf Abbruch hämmerten - obwohl wir wussten, dass sich das Geschwätz nicht abbrechen lässt.

Zwischen Tolkien und Hollywood

Optisch ist der Trip durch Mordor dafür ein Fest für Fans des Herrn der Ringe. Manche Gebiete ließen uns regelrecht die Kinnlade herunterklappen. Die vulkanischen Ebenen von Gorgoroth, an deren Horizont sich majestätisch der Schicksalsberg erhebt. Die gewaltigen schwarzen Festungen, die über jeder Region thronen. Und natürlich die geisterhafte Stadt Minas Morgul, die der Hexenkönig als seinen Sitz auserkoren hat.

Bei all dieser Liebe zum Detail nimmt sich das Spiel aber genauso oft bizarre Freiheiten mit seiner Vorlage. Gut, es wird wohl nur den belesensten Buchkenner stören, dass die Belagerung, die wir zu Beginn schlagen, eigentlich vor über tausend Jahren stattfand. Aber dass die widerliche Riesenspinne Kankra plötzlich als aufreizende Verführerin auftritt?

Mittelerde: Schatten des Krieges - Trailer enthüllt Spinnenfrau Shelob als neue Antagonistin Video starten 1:51 Mittelerde: Schatten des Krieges - Trailer enthüllt Spinnenfrau Shelob als neue Antagonistin

Und allein das Grundkonzept, dass ein untoter Waldläufer mit explosiver Magie und Gedankenkontrolle im Alleingang eine blutige Schneise durch Mordor schlägt - diese Dinge verstoßen so offensichtlich gegen den subtilen Geist von Tolkiens Werk, dass wir nur den Kopf schütteln können.

Und im nächsten Moment freuen wir uns wieder über eine clevere Anspielung auf die Hintergrundgeschichte der Nazgûl! Oder jagen unseren inneren Fan-Snob zum Teufel und feiern einfach, dass wir gerade einen verdammten Balrog verdroschen haben!

Die Helden machen eine durchwachsene Figur: Celebrimbor als ungewöhnlich pragmatischer Elb ist durchweg spannend, Talion und die Elbenagentin Eltariel offenbaren nur selten tiefere Nuancen. Die Helden machen eine durchwachsene Figur: Celebrimbor als ungewöhnlich pragmatischer Elb ist durchweg spannend, Talion und die Elbenagentin Eltariel offenbaren nur selten tiefere Nuancen.

Gleiches Spiel bei den Charakteren: Wo die Entwickler sich mit Celebrimbor eine der interessantesten Figuren aus Tolkiens Hintergrundgeschichte herausgepickt haben und sie auch noch richtig gut inszenieren, bleibt Hauptfigur Talion enttäuschend blass.

Am Ende berührt uns Schatten des Krieges dann doch nicht auf die gleiche Weise wie »Der Herr der Ringe« - aber gut, die Entwickler haben ja auch keine zwölf Jahre daran geschrieben. Ihr Werk ist vielleicht kein Epos für die Zeitalter und auch kein perfektes Spiel. Aber trotzdem ein verdammt unterhaltsames.

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