Glücklicherweise sind die Zeiten vorbei, in denen man Videospielverfilmungen quasi ausnahmslos in die Tonne treten kann. Es gibt zwar immer noch Kandidaten, die am Ziel vorbeischießen, aber eben auch absolut hervorragende Umsetzungen und Adaptionen wie The Last of Us oder Fallout, die eine tolle Ergänzung für Fans der Videospiele bieten.
Auf diese Stufe würde ich Splinter Cell Deathwatch nicht unbedingt stellen. Die Serie hat mich mit ihren 8 Folgen zwar gut unterhalten, kränkelt für mich als Fan der Spiele aber an einem entscheidenden Punkt. Und der zeigt, dass Sam Fisher für mich am besten in einem Videospiel aufgehoben ist – und weniger in einer Serie.
1:45
Splinter Cell-Serie: Sam Fisher kehrt auf Netflix mit seiner ikonischen, deutschen Stimme zurück
Sam Fisher hat’s immer noch drauf
Nachdem es mir Lara Croft in der Tomb Raider-Animationsserie von Netflix mit ihrer Identitätskrise schwer gemacht hat, hat Sam Fisher in Deathwatch glücklicherweise nicht vergessen, was ihn ausmacht. Der Geheimagent mit der charakteristischen Trifokalbrille ist in der Serie zwar ergraut, aber immer noch derselbe zynische, idealistische und leise Killer, den ich in Erinnerung habe. Und natürlich missachtet er nach wie vor gekonnt Befehle. Wäre ja auch langweilig, wenn nicht.
12 Jahre nach dem letzten Spiele-Release – Splinter Cell: Blacklist – packt Sam sein Repertoire zwar in einer recht klassischen, aber gleichzeitig auch kurzweiligen Agenten-Thriller-Story aus. Die spinnt sogar ein paar Dinge aus Sams Vergangenheit weiter – vor allem Kenner von Chaos Theory dürften sich hier angesprochen fühlen – bietet durch die in Sams Abwesenheit vorangeschrittene Technik und neue Agenten-Generation aber auch gekonnt moderne Aspekte.
Darum geht es in Splinter Cell: Deathwatch: Nach Jahren der Ruhe wird der sichtlich gealterte Sam Fisher in eine Großkonzern-Verschwörung verwickelt, nachdem ihn die jungen Fourth Echelon-Agentin Zinnia McKenna um Hilfe bittet. Dabei muss er nicht nur zusammen mit alten wie neuen Kolleg*innen eine globale Katastrophe verhindern, sondern wird auch mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert.
Die Serie hat für mich eine angenehm subtile Spannungskurve ohne Längen. Auch am minimalistischen Zeichentrick-Look habe ich mich nie gestört. Tatsächlich hat mich die Serie sogar mit einigen ziemlich brutalen Szenen positiv überrascht. Und dass ich nebenbei ein paar spezielle Kampftechniken (z.B. vom Judo) wiedererkennen konnte, echte Songs eingebaut und aktuelle Probleme wie die globale Energiewende thematisiert wurden, machte das Ganze für mich dann wieder etwas greifbarer.
Deathwatch trifft damit deutlich mehr den Ton seiner Vorlage als etwa die bereits genannte Tomb Raider-Serie. Ganz nebenbei bleibt die Serie dabei auf dem Teppich, statt zu überspitzen. Trotzdem bekam mein ausgehungertes Splinter Cell-Fanherz damit nicht genau das Futter, das es sich gewünscht hätte.
Eine Serie ist das falsche Medium für Splinter Cell
Die Splinter Cell-Serie ist insgesamt ein netter Fanservice, aber eine Sache habe ich einfach nicht gefühlt. Etwas, das mir deutlich macht, warum Splinter Cell am besten als Videospiel funktioniert: Stealth.
Die heimlichen Eliminierungen aus der Dunkelheit heraus, die in den Spielen extreme Spannung erzeugen und danach das befriedigende Gefühl geben, ein Plan sei aufgegangen, werden in der Serie kaum zelebriert. In der Serie wird Stealth eher angedeutet als ausgelebt, wodurch die Action meist zu plötzlich Fahrt aufnimmt und viel mehr Platz bekommt.
Das liegt natürlich unter anderem an der knapp bemessenen Folgenlaufzeit (jeweils ca. 25 Minuten) und auch daran, dass das Tempo für die Zuschauer*innen offenbar hochgehalten werden soll – die sind schließlich mittlerweile mehr an schnelle Action gewöhnt. Auch deswegen haben es ja auch Stealth-Spiele heutzutage nicht leicht.
Für mich nahm der Fokus auf Action aber zu viel Spannung heraus, was das Ganze ziemlich austauschbar macht. Das, was Splinter Cell für mich am meisten ausmacht, wurde zu stark eingedampft. Ich hätte der Serie viel mehr Splinter Cell abgenommen, hätte Sam auch mal ein Licht ausgeschossen oder wäre einen Deckenschacht entlang geklettert, um sich dann einen Feind von oben zu schnappen. Stattdessen steht er immer mal wieder überraschend vor einem Feind und muss handgreiflich werden.
Da es sich um eine Serie und kein Spiel handelt, erwarte ich hier natürlich keine ausgefeilten Schleichmanöver, aber die eine oder andere Aktion mehr anzudeuten oder zumindest kurz zu zeigen, hätte für mich schon einen Unterschied gemacht.
Um noch einmal den Vergleich zu Tomb Raider zu ziehen: Die Abenteuer von Lara Croft als Film oder Serie zu erleben, fällt durch die abenteuerlichen Orte wie etwa alte Ruinen und die direkten Konflikte mit Schusswechseln viel einfacher, als es bei einem Splinter Cell mit Schleich-Fokus der Fall ist.
In einer x-beliebigen Agenten-Thriller-Animationsserie wären mir die fehlenden Stealth-Szenen sicherlich nicht aufgefallen. Da ich aber langjähriger Splinter Cell- und Stealth-Fan bin, wurde meine Erwartungshaltung in diesem Punkt enttäuscht. Bleibt zu hoffen, dass das Remake zum ersten Spiel tatsächlich auch noch erscheint und der Reihe ordentlich Aufschwung gibt.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Dein Kommentar wurde nicht gespeichert. Dies kann folgende Ursachen haben:
1. Der Kommentar ist länger als 4000 Zeichen.
2. Du hast versucht, einen Kommentar innerhalb der 10-Sekunden-Schreibsperre zu senden.
3. Dein Kommentar wurde als Spam identifiziert. Bitte beachte unsere Richtlinien zum Erstellen von Kommentaren.
4. Du verfügst nicht über die nötigen Schreibrechte bzw. wurdest gebannt.
Bei Fragen oder Problemen nutze bitte das Kontakt-Formular.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Nur angemeldete Plus-Mitglieder können Plus-Inhalte kommentieren und bewerten.