Analog-Sticks werden gerade revolutioniert - aber Sony, Microsoft und Nintendo verschlafen den wichtigsten Controller-Trend seit Jahren bisher leider komplett

Schon zum zweiten Mal innerhalb weniger Jahre verbessert eine neue Magnettechnik Analog-Sticks von Grund auf – nur nicht bei den großen Konsolenherstellern.

Von außen sind die neuen TMR-Sticks nicht zu erkennen, aber sie ändern so einiges! (Bildquelle: GamePro 8BitDo) Von außen sind die neuen TMR-Sticks nicht zu erkennen, aber sie ändern so einiges! (Bildquelle: GamePro / 8BitDo)

Vor etwas mehr als einem Jahr ist mir auf der damaligen gamescom klar geworden, dass die Zeit für "klassische" Analog-Sticks so gut wie abgelaufen ist. Kaum ein Hersteller setzte noch auf verschleißanfällige Potentiometer, stattdessen hatte die Uhr für Magnettechnologie geschlagen.

Jeder Controller-Hersteller, mit dem ich sprach, hatte "Hall-Effekt"-Sticks im Gepäck, die theoretisch ein Leben lang halten sollen. So schnell wie die Technik kam, ist sie aber auch schon wieder Schnee von gestern, denn der Nachfolger steht bereits parat und wird wohl bald überall zu finden sein – nur nicht bei den drei Konsolenherstellern Sony, Microsoft und Nintendo.

Chris Werian
@FromSoftwerian (BlueSky)

Für Chris ist es mittlerweile zur gamescom-Tradition geworden, ein Mal im Jahr die wichtigsten Controller-Hersteller abzuklappern, um sich einen Überblick über aktuelle Trends zu verschaffen. Und dieses Jahr dominierten in Köln vor allem drei Buchstaben: T, M und R.

Neue Technologie vereint die Präzision von Potentiometern mit der Langlebigkeit von Magnet-Sticks

Solltet ihr euch bisher eher wenig mit der Technik in euren PlayStation-, Switch- und Xbox-Controllern beschäftigt haben, dann habe ich einen kleinen Crash-Kurs in Sachen Analog-Sticks für euch: Seit der PS2 sind sogenannte Potentiometer der de facto-Standard.

Um die Stick-Neigung zu erfassen, wird in den Sensoren ein Metallring über eine dünne Metallscheibe geschliffen. Dabei ändert sich der elektrische Widerstand der Scheibe, fließt also Strom durch sie hindurch, kann die Veränderung gemessen und als Stick-Eingabe auf den Bildschirm übertragen werden.

Der golden glänzende Ring mittig im Bild wird bei Stick-Neigungen über die von schwarzem Grafit umrandete Scheibe rechts geschliffen. (Bildquelle: iFixit) Der golden glänzende Ring mittig im Bild wird bei Stick-Neigungen über die von schwarzem Grafit umrandete Scheibe rechts geschliffen. (Bildquelle: iFixit)

Der große Nachteil von Potentiometern ist ihre Kurzlebigkeit: Die Metallscheibe wird bei Benutzung langsam abgetragen, wodurch sie verschmutzt und uneben wird. Dafür sind Potentiometer im Neuzustand aber auch enorm präzise.

Ganz anders funktionieren magnetische "Hall-Effekt"-Sticks: In den Sticks wird gemessen, welchen Weg Elektronen in einem Metallplättchen nehmen, sobald sie von einem Magneten beeinflusst werden. Die Position des Magneten wird über die Neigung des Analog-Sticks bestimmt, und da es keine Reibung zwischen den Stick-Teilen gibt, halten die Sensoren sehr lange.

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Allerdings sind sie nicht ganz so präzise wie Potentiometer, da magnetische Interferenzen auftreten und diese nicht so einfach herausgefiltert werden können.

Dennoch führte im letzten Jahr kaum noch ein Weg am Hall-Effekt vorbei, da Stick-Drift viele Spieler*innen gängelt und das Verkaufsargument für Langlebigkeit klar auf der Hand liegt.

Video starten 1:11 Neuer Pro-Controller für die Xbox ist da und richtet sich ganz speziell an Shooter-Fans

Der Hall Effekt-Trend ist aber wohl genauso schnell wieder vorüber, wie er gekommen ist, denn es steht bereits eine überlegene Technik in den Startlöchern: Sticks mit Tunnel-Magnetoresistance-Technik, kurz TMR.

Dabei wird der elektrische Stromfluss zwischen zwei Magnetschichten gemessen und eine weitaus höhere Präzision erreicht. Außerdem sind TMR-Sensoren leichter zu verbauen und auch noch energieeffizienter.

Lediglich der Preis ist momentan vergleichsweise hoch, da TMR-Sticks (noch) in geringen Stückzahlen produziert werden, wie einer meiner Ansprechpartner vom Pro-Controller-Hersteller SCUF im Gespräch verriet.

Ich habe kaum einen Controller-Hersteller getroffen, der keine TMR-Controller in der Mache hat

Federführend bei der TMR-Revolution sind die beiden chinesischen Gamepad-Fertiger 8BitDo und GuliKit. Sie haben bereits den Hall-Effekt-Trend mit driftlosen Controllern und Stick-Modulen für die Nintendo Switch und das Steam Deck ausgelöst und die Unternehmen waren auch direkt die ersten, die TMR im Programm hatten.

Mit dem Ultimate 2 ist 8BitDo jetzt schon ein wenig länger am Markt. Mit dem Ultimate 2 ist 8BitDo jetzt schon ein wenig länger am Markt.

Aber auch die allermeisten westlichen Hersteller arbeiten derzeit an Controllern mit TMR-Sticks. Zwar darf ich noch nicht verraten, welche, da ich sonst vielleicht von der Stick-Polizei festgenommen und in den Potentiometer-Knast geworfen werde, aber so viel sei gesagt: Die Technologie wird ab dem kommenden Jahr eine viel größere Rolle einnehmen.

Und ich bin sehr froh darüber! Erst vor kurzem habe ich zwei meiner DualSense-Controller mit TMR-Sticks von GuliKit gemoddet und war überrascht von ihrer immens hohen Präzision. Auch mit dem ES Pro von GuliKit und dem Ultimate 2 von 8BitDo habe ich ähnlich gute Erfahrungen gemacht.

Für ein abschließendes TMR-Fazit habe ich die Sticks beziehungsweise Controller noch nicht lange genug, aber sollten sie ihre Genauigkeit über einen längeren Zeitraum beibehalten, dann führt für mich kein Weg mehr an der Technik vorbei.

Habt ihr Probleme mit driftenden PlayStation-Controllern, dann solltet ihr mal diese App ausprobieren:

Verschlafen Sony, Nintendo und Microsoft den TMR-Trend?

Während sich die gesamte Controller-Branche auf magnetische Sticks stürzt, herrscht bei den großen Konsolenherstellern bisher Funkstille, obwohl ihre Gamepads mit Abstand am meisten verwendet beziehungsweise bei Abnutzung dann auch ersetzt werden.

Genau da könnte aber auch der Hund begraben liegen: In den wenigsten Fällen werden driftende Controller repariert, sondern einfach neu gekauft. Und dieser eingeplante Verschleiß spült logischerweise auch viel Geld in die Kassen.

Zudem sind TMR-Sticks wie bereits erwähnt noch eine ganze Spur teurer in der Produktion. Der Stückpreis liegt in der Regel dreimal so hoch wie bei Sticks mit Potentiometern, diese werden aber auch in rauen Mengen gefertigt, was die Kosten enorm drückt.

Aber auch hier noch einmal zur Einordnung: Wir reden bei der millionenfachen Stick-Fertigung von Preisen von weniger als zwei Euro, je nach Qualität sind es ein bisschen mehr. Sticks sind also bei weitem nicht die teuerste Komponente an Controllern, aber eben die, die am schnellsten für Probleme sorgt.

Es spricht also zusammengefasst kaum etwas gegen den Umstieg auf TMR-Sticks, abgesehen vom finanziellen Anreiz durch schnell verschlissene Potentiometer-Bauteile. Ob sich TMR daher auch im "Mainstream"-Segment der Konsolenhersteller breitmachen kann, bleibt für mich eher fraglich. Die Technologie hätte es mit ihren Vorzügen aber mehr als verdient!

Habt ihr euch schon einmal ein Dritthersteller-Pad mit magnetischen Sticks gekauft? Wie zufrieden seid ihr damit? Oder habt ihr die Technologien noch gar nicht ausprobiert?

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