Fazit: Mafia 3 im Test - A History of Violence

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Fazit der Redaktion

Tim-Philipp Hödl
(@DieserHoedl)

Ach Mafia 3, du machst es mir echt nicht einfach. Ich will dich doch mögen, so sehr dafür mögen, dass du Mut hast – und davon reichlich. Anstatt dir irgendeine Entschuldigung dafür auszudenken, wieso schon wieder so ein Typ von nebenan in die Mafia hineinschlittert, stellst du mich Lincoln Clay vor und lässt es darauf ankommen, dass ich mich an seinen Ecken und Kanten reibe. Anstatt beim Szenario auf Nummer sicher zu gehen, wagst du dich an ein so unverbrauchtes wie vielschichtiges Setting heran. Und wo sich andere Spiele gerne unpolitisch geben, schreckst du nicht vor klaren Statements zurück!

Aber dann schiebst du mir wieder eine deiner langen To-do-Listen zu und lässt sie mich abarbeiten, bis ich selbst »Paint It Black« nicht mehr hören kann. Da frage ich mich jedes Mal, ob es denn wirklich eine Open World sein musste, ob es nicht besser gewesen wäre, einfach die Struktur deines großartigen Auftakts beizubehalten.

Dabei zeugt es ja auch von Mut, die Fehler von Mafia 2 nicht einfach nur zu vermeiden, sondern ausbessern zu wollen. Daher hoffe ich umso inständiger, dass du in ein paar Jahren noch einmal mutig sein darfst – und ich deinen Nachfolger dann einfach mögen kann. Ohne wenn und aber.

Dom Schott
(@R3nDom)

Mafia 3 ist für mich schlussendlich eine Enttäuschung, doch der Weg bis zu diesem Fazit war gespickt mit tollen Spielmomenten, aufblitzendem Potenzial und Bewunderung für die Inszenierung der Hauptgeschichte. Diese Bewunderung blieb auch bis zuletzt, doch fast alle anderen Aspekte des Spiels verloren sehr schnell ihre Wirkkraft.

Mafia 3 verlässt sich zu sehr auf die realistischen und lange Zeit befriedigenden Schussgefechte, um uns spielmechanisch zu unterhalten. Diesem Versuch zur Seite steht ansonsten nur noch die Spielwelt New Bordeaux selbst, die schnell ihren Glanz verliert und sich als leblose Theaterkulisse entpuppt, die Lincolns Geschichte die Glaubwürdigkeit und mir den Spaß raubt. Neben den technischen Fehlern sehe ich vor allem in der Entscheidung, aus Mafia 3 ein Open-World-Spiel zu machen, den Hauptgrund dafür, dass mir dieses Spiel ziemlich schnell ziemlich egal wurde.

Trotz all der Kritik bin ich dennoch froh, Zeit mit Mafia 3 verbracht zu haben. Denn die Perspektive, die das Spiel bietet – ein schwarzer Kriegsheimkehrer, der sich Rassismus und Gangstern gleichermaßen gegenübersieht – ist in der Videospielwelt bisher einzigartig. Allein deshalb verdient Mafia 3 ein paar Probestunden. Und wer weiß, ob sich der eine oder andere unter euch dann doch mit New Bordeaux anfreunden kann – mir gelang das allerdings beim besten Willen bis zuletzt nicht.

Dimitry Halley
(@dimi_halley)

Das erste Mafia gehört für mich persönlich zu den besten Spielen aller Zeiten. In der Schule habe ich mit meinem damaligen besten Kumpel gefühlte Ewigkeiten ersponnen, was ein Nachfolger bieten müsste. Und das Ergebnis war immer dasselbe: All die Stärken von Mafia 1, aber mit mehr Open-World-Interaktionen. Mafia 2 hat die Chance mehr oder weniger verpasst. Teil Drei bemüht sich hier um das richtige Mittel und auf dem Papier klingt das alles auch fantastisch: Eine tolle Geschichte und ein Haufen begehbare Gebäude und Open-World-Missionen, die mit dieser Story zusammenhängen - ja, klasse!

Aber Mensch, ich habe mich selten so sehr über die technische Umsetzung eines Spiels geärgert. Von dem nervigen Gelb-Filter und Weichzeichner über die Bugs bis zur lahmen KI, Mafia 3 verbaut sich den Blick auf seine Stärken mit diesen Stolpersteinen. Hangar 13 kam offensichtlich mit der Zeit bis zum Release nicht hin, und deshalb wird aus dem grandiosen Papier-Konzept eine holprige Umsetzung. Ich kann mich in New Bordeaux einfach nicht heimisch fühlen, wenn sich nicht mal die Konturen der Häuser vernünftig erkennen lassen. Dem gegenüber bleibt Lost Heaven aus dem Ur-Mafia für mich eine der einladendsten Spielwelten aller Zeiten. Nein, Mafia 3 ist in meinen Augen kein würdiger Erbe des grandiosen ersten Teils (aber das war für mich auch Teil Zwei nicht).

Trotzdem freue ich mich im Moment auf jeden Feierabend, den ich mit dem Spiel verbringen kann. Und das finde ich ganz skurril. Trotz aller Probleme schafft Mafia 3 die eine Sache, die ein Spiel hinkriegen muss: Es macht mir Spaß. Aber ich bin auch ein story-affiner Spieler, der für eine gute Geschichte über andere Macken hinwegsehen kann: Jeden Abend saugt mich Lincolns Rachegeschichte trotz der Probleme mit seinen spannenden Figuren in die Welt von New Bordeaux. Und all die Features wie Kampf, Schleichen und Fahren fallen für mich persönlich an den richtigen Platz, damit ich die Geschichte trotz der Probleme genießen kann. Ich kann Leute verstehen, die bockig sind, weil ihnen das Gameplay nicht gefällt oder sie sich ein anderes Mafia wünschen. Trotzdem greift es zu kurz, das Spiel als Desaster abzutun. Umgekehrt ist es auch kein Meisterwerk. Mafia 3 richtet sich klar an duldsame Liebhaber mit Faible für gute Geschichten. Ob man dazugehört, muss jeder selbst entscheiden.

Heiko Klinge
(@HeikosKlinge)

Mafia 3 schafft viele Dinge, die ich so noch nie in einem Open-World-Spiel erlebt habe. Etwa, dass ich beim Missionsziel einfach im Auto sitzenbleibe, weil ich den Song von Creedence Clearwater Revival noch zu Ende hören möchte, bevor ich mich ins Gefecht stürze. Oder dass ich mir beim Spielen kein Bier auf den Sofatisch stelle, sondern ein Glas guten Whisky (Scotch, Single Malt!). Bei den grandiosen Zwischensequenzen verzichte ich komplett auf Untertitel, lehne mich entspannt zurück, sauge jedes Detail auf - wie bei einer guten Serie. Selbst für die Charakter-Dossiers im Menü nehme ich mir ausführlich Zeit, schließlich sind es die Dossiers meines CIA-Kumpels über meine schlimmsten Feinde. Ich bin ein verdammter Gangster!

Aber dann sind eben auch immer wieder diese Momente, bei denen ich mich nicht wie ein verdammter Gangster fühle, sondern wie ein verdammter Idiot. Etwa wenn meine Feinde wie an der Perlenkette aufgereiht in ihr Verderben rennen. Oder wenn ich einen Lieferwagen mopse und die Beklauten zu blöd sind, in ihre Autos zu steigen, um die Verfolgung aufzunehmen. Das regt mich maßlos auf und ich fluche wie ein Gangster aus dem Ghetto! Dann fällt mir auf, dass ich ja gerade einen Gangster aus dem Ghetto spiele und alles ist wieder gut, zumindest für eine Weile. Ja, Mafia 3 ist ein Spiel, dem man unglaublich viel verzeihen muss, um damit Spaß zu haben. Und ich kann jeden verstehen, der dazu nicht in der Lage ist. Aber ich bin ebenfalls der Meinung, dass diejenigen eine ganze Menge verpassen!

Markus Schwerdtel
(@kargbier)

Ich bin ja echt nicht zimperlich. Nicht als Lincoln Clay im Spiel, und auch nicht bei Spielen mit kleinen Mängeln. So lange das Gesamtpaket passt, kann ich über viele Probleme und Ungereimtheiten hinweg sehen. Mafia 3 strapaziert meinen Langmut aber ganz schön. Da sind zum Beispiel die vielen »normalen« Bugs wie Grafikfehler oder die unsäglichen Beleuchtungsschwankungen. Dazu kommt die teilweise strunzdumme KI, die obendrein trickst und auch mal Wächter durch Türen marschieren lässt, die sich eigentlich nicht öffnen lassen.
Trotzdem habe ich nun schon über 20 Stunden auf der Uhr und werde Mafia 3 wohl auch durchspielen. Denn haarscharf schafft es das Spiel, mich dann doch noch bei der Stange zu halten.

Mit der Atmosphäre, mit der Geschichte, mit dem sympathisch unsympathischen Helden. Und natürlich mit dem Soundtrack. Ich habe zwar nahezu alle der im Spiel eingebauten Platten auch seit Jahren (sind ja lauter Oldies) daheim im Schrank, aber in Kombination mit dem Gangster-Abenteuer hört man die Musik sozusagen noch mal neu. Allerdings ist es schon ein Armutszeugnis, dass die Beach Boys mit Songs aus dem Jahr 1965 ein verbuggtes Spiel aus dem Jahr 2016 retten müssen. Denn ohne »Help me Rhonda« & Co. würde ich vermutlich etwas anderes spielen.

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