Assassin's Creed Valhalla im Test: Schmerzhaft wie eine Axt im Kopf

Zurück zu den Wurzeln oder doch nur "Odyssey mit Wikingern"? Assassin's Creed Valhalla versucht, zwei Seelen in einer Brust zu vereinen und verliert sie dabei beide.

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Assassin's Creed Valhalla im GamePro-Test Assassin's Creed Valhalla im GamePro-Test

Auf unserer Reise durch Assassin's Creed Valhalla begegnen wir einem Mann mit einer Axt im Kopf. Er sitzt inmitten einer wunderschönen Ruine, genießt die Sonne nach einer kräftezehrenden Schlacht und klagt über leichte Kopfschmerzen. Er hat keine Ahnung, dass er eine Axt in seinem Kopf stecken hat. Es liegt an uns, ihm diese unbequeme Wahrheit entweder mitzuteilen oder so zu tun als wäre alles in Ordnung.

Über Assassin's Creed Valhalla zu schreiben, fühlt sich ein wenig an wie diese Axt im Kopf: ein bisschen schmerzhaft und voller unbequemer Wahrheiten. Denn anstatt uns wie üblich bei einer Fortsetzung einfach nur zu fragen, ob Valhalla es schafft, seine Vorgänger zu überflügeln oder doch nur "Odyssey mit Wikingern" ist, fragen wir uns stattdessen: Wie konnte alles nur so furchtbar schiefgehen?

Die World Events in Valhalla sind so überflüssig (und schmerzhaft) wie eine Axt im Kopf. Die World Events in Valhalla sind so überflüssig (und schmerzhaft) wie eine Axt im Kopf.

Wikinger-Abenteuer in Episodenform

Dabei fing alles vielversprechend an. Nachdem Assassin's Creed uns zuletzt nach Ägypten und Griechenland geschickt hat, geht es in Valhalla in den hohen Norden. Dort werden wir zu Eivor, einer nordischen Kriegerin (oder wahlweise einem Krieger), die zu Beginn des Spiels in schlechtester Serientradition ihre Familie verliert und auf Rache sinnt. Diese bekommt sie 15 Jahre später und prompt spielt ihre tragische Vergangenheit keine Rolle mehr. Daher kann sich Eivor ohne lange zu fackeln ihrem Ziehbruder Sigurd auf seiner Reise nach England anschließen, damit er dort seinen Größenwahn ausleben kann.

Assassins Creed Valhalla hat alles - nur keinen Mut Video starten 33:04 Assassin's Creed Valhalla hat alles - nur keinen Mut

Falls ihr übrigens wissen wollt, was die GameStar zum Test zu sagen hat, könnt ihr oben das Test-Video von Kollege Dimi anschauen.

Dort angekommen, wird die Story von Assassin's Creed Valhalla episodisch-linear erzählt. Um in Britannien nicht nur Fuß zu fassen, sondern uns auch einen Namen zu machen, müssen wir die Herrscher verschiedener Gebiete davon überzeugen, sich mit uns zu verbünden. Über die Bündniskarte in unserer brandneuen Siedlung planen wir, welches der nach und nach freigeschalteten Areale wir uns wann vorknöpfen. In der Regel dürfen wir uns dabei zwischen zwei oder drei dieser Provinzen entscheiden, die Reihenfolge legen wir selbst fest.

Eines der wenigen großen Highlights von Valhalla ist seine Atmosphäre Eines der wenigen großen Highlights von Valhalla ist seine Atmosphäre

Während die Grundidee der episodenhaften Erzählung durchaus spannend ist, zerreißt sie in der Realität das Pacing der Geschichte, die so über weite Strecken völlig unbedeutend bleibt und nie auch nur einen Funken emotionale Tiefe entwickelt. Letztlich sind nur Anfang und Ende wirklich relevant, der Weg dahin bleibt belanglos - sowohl was die Story angeht als auch das Quest-Design.

Monotonie begraben unter Backtracking

Um uns die Gunst der Krieger*innen und König*innen zu sichern, müssen wir ihnen immer zuerst einen Gefallen tun. So verhelfen wir einem Paar zur Hochzeit, einem anderen zur Trennung oder stürzen alte Monarchen, um neuen auf den Thron zu verhelfen.

Was im ersten Moment vielleicht abwechslungsreich klingt, verläuft im Kern allerdings immer gleich: Wir reisen mehrmals quer über die Karte von Punkt A zu Punkt B zu Punkt C und zurück zu Punkt B und wieder zu C und dann doch wieder zu A, tun x Leuten mal mehr und mal weniger bedeutungslose Gefallen, meucheln vor uns hin oder kämpfen in einer Massenschlacht nach der anderen. Was zu Beginn durchaus Spaß macht, wird bald zu einem ermüdenden Grind der immer gleichen Aufgaben, begraben unter viel Backtracking.

Backtracking, Backtracking soweit das Auge reicht. Backtracking, Backtracking soweit das Auge reicht.

Das ist an und für sich durchaus nicht ungewöhnlich für ein Spiel dieser Größenordnung. Längen gibt es in fast jedem Open World-Spiel, sowohl spielerisch als auch erzählerisch. Allerdings müssen es die einzelnen Elemente dennoch schaffen, einander auszugleichen, um Längen hinwegzutrösten und Spieler zu motivieren.

Wenn die Story schwächelt, braucht es spannende Charaktere. Wenn die Charaktere langweilig sind, braucht es motivierendes Gameplay. Wenn das Gameplay abstumpft, muss die Story packend sein.

Valhalla gelingt es nicht, irgendetwas davon gut genug zu machen, um über seine offensichtlichen Schwächen hinwegzutrösten.

Wikinger, aber in langweilig

Eines der Hauptprobleme ist, dass niemals ein Gefühl von Dringlichkeit oder Bedrohung entsteht. Keine Storyline oder Schlacht schafft es, Adrenalin durch unsere Adern zu pumpen oder uns mitfiebern zu lassen. Es gibt kaum einen Kampf, bei dem wir uns dabei erwischen, wie wir an den Rand unserer Couch rutschen, um uns besser konzentrieren zu können. Kein einziger Charakter weckt unser Interesse für sein oder ihr Schicksal.

Technik-Check: Die Performance von Valhalla:

Wir haben Assassin's Creed Valhalla sowohl auf einer PS4 als auch auf der Xbox Series X getestet. Auf Microsofts Next-Gen-Konsole lässt sich kaum etwas an der Performance von Valhalla bemängeln, das Spiel läuft flüssig in 4K bei 60fps, Popups oder nachladende Texturen gibt es sogut wie nie und selbst Massenschlachten sind kein Problem.

Anders sieht es auf der PS4 aus. Zwar läuft Valhalla größtenteils flüssig, dennoch gab es gelegentliche Ruckler in Cutscenes. Das größte Problem waren Popups: Ständig luden Felsen und Büsche oder gar Häuser in Siedlungen nach. Hinzu kam starkes Tearing.

Freezes, Abstürze, Glitches & Bugs:

Während unseres Tests suchten uns jede Menge Probleme in Assassin's Creed Valhalla ein. Das begann mit kleinen Glitches wie einem Wolf, der plötzlich zum Pferd wurde, und setzte sich mit durch den Boden schwimmenden Vögel oder schreienden NPCs fort, die plötzlich im Hintergrund durch Cutscenes rannten. Während das an einigen Punkten fast noch witzig war, verging uns das Lachen bei den Abstürzen, der problematischen KI und den Quests, die sich nicht beenden ließen. Hiervon waren gerade Raubzüge mehrmals betroffen. Auch die Musik war fehlerhaft. So hatten wir über lange Strecken entweder gar keine Musik oder plötzlich hektische Kampfmusik während wir eigentlich nur mutterseelenallein über eine Wiese laufen wollten.

Während unserer Testzeit gab es zwar einen Patch, allerdings sind noch immer nicht alle Probleme gefixt und gerade die KI-Aussetzer kratzen hart am Spielspaß. Daher gibt es eine Abwertung von 7 Punkten bis diese Probleme aus der Welt geschafft sind.

Sie alle sind leere Hüllen, uns ständig in langatmigen Begleitsequenzen zuquatschende Informationsvehikel für die nächste Massenkeilerei, statt Elemente einer lebendigen, atmenden Welt. Jedes Schicksal, jeder Verrat wirkt belanglos und lange vorhersehbar, jeder Konflikt erzwungen und überflüssig. Dass uns der Krieger betrügen wird, den wir erstmals treffen, als er gerade jemanden foltert, ist ebensowenig überraschend, wie dass ein Neider uns irgendwann des Verrats bezichtigt.

Kaum ein Charakter ist sympathisch oder auch nur erinnerungswürdig. Das trifft sowohl auf Freunde als auch auf Feinde zu. Egal, ob es sich dabei um den jungen Assassinen Haytham handelt, der es sich in unserer Siedlung gemütlich gemacht hat, oder Kjötvi der Grausame, der für das Ende von Eivors Eltern verantwortlich ist, sie alle bleiben blass. Gerade im Vergleich zu Odyssey sind die flachen Charaktere mitsamt ihrer flachen Geschichten eine echte Enttäuschung.

Trotz Dialogoptionen sind nur wenige Unterhaltungen tatsäch erinnerungswürdig. Trotz Dialogoptionen sind nur wenige Unterhaltungen tatsäch erinnerungswürdig.

Immerhin wurde das spannende Kultisten- und Söldnersystem aus dem Vorgänger wieder übernommen und geschickt ins Spiel verwoben. Anstatt mit Kultisten schlagen wir uns jetzt aber mit einer Verschwörung des "Ordens der Ältesten" (einer Art Vorläufer des Templer-Ordens) herum, auf den uns zwei befreundete Assassinen - Verzeihung, ich meine "Verborgene" - aufmerksam machen. Und hier finden wir endlich die ein oder andere spannende Überraschung, die sogar ab und an noch den/die Detektiv*in in uns fordert. Oder den/die Meuchelmörder*in. Assassin's Creed macht am meisten Spaß, wenn es um Assassinen und Templer geht - wer hätte das gedacht?

Ob die Eiferer - das Valhalla-Äquivalent der Odyssey-Söldner - uns das Leben schwer machen, dürfen wir uns selbst aussuchen. Anders als in Odyssey gibt es kein Wanted-System, sondern lediglich ein Kopfgeld, vor dem uns ein Charakter warnt, wenn wir sein Leben verschonen. Wir haben dann die Wahl, ob wir diese Extra-Herausforderung wollen oder nicht. Wer lieber jagen möchte, anstatt gejagt zu werden, muss nur eine Schriftrolle auf einem Berg verbrennen und die hochstufigen Kämpfer, die unsere Spur aufnehmen, machen keine Probleme. Außer wir suchen sie selbst auf, versteht sich.


Siedlungsbau & Raids:

Eine der großen Neuerungen von Assassin's Creed Valhalla ist die Siedlung, die wir ausbauen können. Um die Ressourcen dafür zu bekommen, müssen wir Raids durchführen, um Gebäude upgraden zu können. Kosmetische Veränderungen können wir unter anderem bei Händlern in der Welt bekommen.

Raids sind eine Art Massenschlacht, bei der wir zusammen mit einer Gruppe Krieger unseres Clans Orte wie Klöster überfallen und ausrauben. Um einen Raid erfolgreich zu beenden, müssen wir alle Gegner töten und anschließend strategisch platzierte Truhen öffnen, um die benötigten Ressourcen zu erhalten.

Der Großteil des Siedlungsausbaus ist vollkommen optional. Bestimmte Gebäude wie Gunnars Schmiede, das Bruderschaftshaus der Verborgenen oder die Hütte der Seherin werden allerdings benötigt, um unsere Ausrüstung verbessern zu können und neue Quests, Beziehungen oder sogar Gebiete freizuschalten. Das Raiden wird aufgrund der Kampfdichte in Valhalla schnell monoton, allerdings lohnt sich der Grind für die Inhalte, zu denen er letztlich führt.

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