Seite 2: Elden Ring im Test: Das Open World-Souls unserer Träume

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Die Vielfalt einer Evolution: Das Kampfsystem von Elden Ring

Elden Ring erinnert mit seinen taktischen und fordernden Kämpfen stark an Dark Souls 3: Blocken, ein leichter oder schwerer Hieb, parieren, ein mächtiger Angriff von hinten in den Rücken, einen Heil- oder Manatrank schlürfen, rollen, sterben, eure Seelen (hier: Runen) am Ort des Ablebens einsammeln, ihr kennt das. 

Doch dieser Vergleich ist sehr vereinfacht ausgedrückt, in Elden Ring schlummert eines der komplexesten, wuchtigsten und spaßigsten Kampfsysteme überhaupt, mit dem es im Genre der Action-RPGs nur Nioh 2 aufnehmen kann. Würden wir alle Möglichkeiten aufführen, erschiene der Test wohl erst mit arger Verspätung. Daher konzentrieren wir uns hier auf die größten Neuerungen:

  • Zehn unterschiedliche Klassen (m/w): Vom auf Magie spezialisierten Astrologen, über einen Uchigatana schwingenden Samurai, bis zum ausschließlich mit einem dünnen Lendenschurz bekleideten Wretch habt ihr die freie Wahl. Erstmals könnt ihr mit dem Banditen sogar samt Pfeil und Bogen starten. Jede Klasse hat klare Vor- und Nachteile, keine ist übermächtig oder nicht zu gebrauchen. Alle Infos zu den zehn Startern findet ihr in unserem Guide
  • Magie macht endlich Spaß und ist kein Selbstläufer mehr: Zauber und Wunder (hier: Anrufungen) galten in Dark Souls meist als einfacher, semi-spaßiger Ausweg. Diese Zeiten sind vorbei. Wer in Elden Ring beispielsweise für einen Magie/Dex-Build den Gefangenen oder die Gefangene wählt, bekommt neben einem schwachen Degen einen recht starken Zauber an die Hand. Die kleinen herbeigezauberten Magieschwerter schweben allerdings einige Sekunden in der Luft, bevor sie flugs auf den Feind schießen, der dann vielleicht schon außer Reichweite ist. Hier ist Taktik gefragt. Im späteren Verlauf findet ihr dutzende, teils mächtige Alternativen. Um sie zu wirken, müsst ihr aber auch erst einmal die hohen Stat-Anforderungen erfüllen, genug Punkte in euren Manavorrat oder Weisheit investieren. Umso mächtiger der Zauber, desto höher die Manakosten. Wer hier richtig plant und auf Erkundung geht, der erlebt ein magisches Spektakel sondergleichen auf seinem Bildschirm. Gleiches gilt für Anrufungen, Drachenmagie oder Pyromantie.  
  • Taktik ist das A und O: Kommen wir nochmal zurück zur taktischen Vielfalt. Wer in Elden Ring immer auf das gleiche Angriffsschema oder die gleiche Ausrüstung setzt, scheitert. Einige Gegner nehmen kaum Schaden gegen magische Angriffe, andere wiederum stört euer Großschwert nur wenig. Einige Monster sind an bestimmten Stellen besonders anfällig, reagieren stark auf Vergiftungen, Feuer, Blitz und so weiter. Es gibt immer einen Ausweg, ihr müsst ihn nur entdecken, müsst nachdenken, oder einfach mal die leichte Rüstung überziehen, um flink auszuweichen. 

Über 50 Geister finden wir in Elden Ring, die uns im Kampf mal mit Gift, Magie oder als Tank unterstützen. Über 50 Geister finden wir in Elden Ring, die uns im Kampf mal mit Gift, Magie oder als Tank unterstützen.

  • Die Geister, die ich rief: Besiegt ihr Minibosse, löst Questreihen oder geht auf Erkundung, entdeckt ihr sogenannte Spirit Summons. Das sind über 50 sammelbare Geister eurer Gegner, die ihr in manch Bosskampf zur Hilfe rufen könnt. Eine widerstandsfähige schwebende Qualle teilt Giftschaden aus, eine Gruppe junger Wölfe sorgt für kurze Ablenkung und ein Stierkrieger schießt aus der Ferne Magiepfeile auf eure Feinde. All die Geister könnt ihr im fantastischen Hub-Areal, in dem sich ähnlich dem Nexus aus Demon’s Souls viele teils groteske NPCs tummeln, im Tausch gegen Runen auch noch aufwerten. Zwar sind sie eine Hilfe und eine insgesamt coole Neuerung, machen die Kämpfe aber auch nicht zu Selbstläufern. Sie können den entscheidenden Unterschied ausmachen, ihr solltet sie aber mit Bedacht einsetzen, denn allzu lang ist die Lebensleiste vieler Helfer nicht. 
  • Kriegsaschen: Für eine weitere Ebene im Kampfsystem sorgen Waffenskills. Das sind Zauber, die ihr auf das enorme Waffenarsenal vom Hammer bis zum Katana, vom Bogen bis zum Degen legen könnt. Sie verbrauchen ebenfalls Mana, brutzeln Gegnern jedoch auch teils mächtige Zauber auf den Pelz. So entfacht ihr einen Wirbelsturm, lasst einen Meteoritenschauer von oben herab regnen, beschwört ein Riesenschwert und, und, und. 
  • Crafting: Während die einen bei diesem Punkt jubeln, die anderen die Hände vors Gesicht schlagen, lasst uns eins sagen: Die Objektherstellung von Pfeilen, Feuerbomben, Gegengiften und dutzender weiterer Items geht gut von der Hand, das Einsammeln der Materialien ist mit einem Tastendruck auch zu Pferd möglich. Je nach Klasse könnt ihr viele Gadgets auch einfach ignorieren. Die Rezepte fürs Crafting findet ihr übrigens bei Händlern, in Truhen oder auch bei der Erkundung der Open World.
  • Unser Hottehü: Besonders spaßig sind auch Kämpfe vom Pferd, sorry, Spektralross. Das könnt ihr zwar nur beim Ritt durch die Spielwelt beschwören, nicht etwa in Legacy Dungeons, es eignet sich aber hervorragend, um sich gegen große Gegner wie Drachen oder Riesen einen Geschwindigkeitsvorteil zu verschaffen. Generell machen die Fortbewegung und die Kämpfe mit Sturmwind viel Spaß und viele Geheimnisse hätten wir ohne seinen Doppelsprung nicht gefunden.   

Sturmwind können wir im Multiplayer aufgrund technischer Limitierungen nicht beschwören. So die Aussage von FromSoftware. Sturmwind können wir im Multiplayer aufgrund technischer Limitierungen nicht beschwören. So die Aussage von FromSoftware.

Infos zum Multiplayer: In Elden Ring könnt ihr im Koop mit bis zu zwei weiteren Personen die Spielwelt erkunden oder Bosse besiegen, auch gewollte PVP-Duelle und das Einfallen in andere Spielerwelten (Invasions) ist gleich Dark Souls möglich. Wie der Multiplayer im Detail funktioniert, haben wir euch in einem separaten Guide aufgelistet. Es gilt übrigens weiterhin die Regel, dass nach dem Tod des Hosts die Verbindung getrennt wird. Ein durchgängiges kooperatives Spielen ist daher nicht realistisch/möglich. 

Zwar findet ihr im Menü einen extra Punkt, in dem alle nötigen Mehrspieler-Items aufgelistet sind, jedoch ist das ganze System weiterhin sehr frickelig und unnötig kompliziert. Wer Souls-Spiele kennt, wird sich schneller zurechtfinden. Neulinge, die jedoch weit zugänglichere Standards gewohnt sind, werden das ein oder andere Fragezeichen über dem Kopf haben. 

Generell hatten wir bislang sehr viel Spaß mit Koop-Bosskämpfen. Wer hier übrigens denkt, solche Duelle sind per se Selbstläufer: falsch gedacht. Wer härtere Brocken gemeinsam auf einem normalen Spielerlevel angeht, muss gleich dem Solo-Modus alles geben. Auch startet die herbeigerufene Person mit der Hälfte aller Flaschen, was die Herausforderung zusätzlich erhöht. Speziell auf Mana angewiesene Magie-Builds werden so deutlich geschwächt, da ihnen irgendwann in einem langen Kampf die Zauber ausgehen und sie ebenfalls in den Nahkampf müssen. Geisterbeschwörungen sind im Koop auch nicht möglich.  

Zum Zustand der Verbindung lässt sich vor Release nur wenig sagen, auch, da zum Testzeitpunkt Arbeiten an den Servern stattfanden. So kam es im Koop häufiger zu teils starken Lags. Sobald wir uns die kommenden Tage ein Bild unter Live-Bedingungen gemacht haben, werden wir den Test aktualisieren.     

Elden Ring krempelt das Dark Souls-Kampfsystem nicht wie ein offensives Bloodborne oder ein auf das Parieren ausgelegtes Sekiro komplett um. Es bietet aber so viel Vielfalt, dass es sich schon fast selbst im Weg steht. Und hier sprechen wir ausdrücklich nur von der überladenen Steuerung, bei der wir beispielsweise beim Zweihandgriff Dreieck (PlayStation) bzw. Y (Xbox) und R1/RB drücken müssen oder beim Sprinten ab und an L3 zu fest drücken und dann ungewollt in den Schleichmodus wechseln. Zwar könnt ihr die Steuerung im Menü umbelegen, mit der Zeit gewöhnt ihr euch aber an sie. Optimal wurde sie jedoch nicht gelöst. 

Schleichen ist speziell in den ersten Spielstunden eine hervorragende Alternative um knackige Gegner zu schwächen. Schleichen ist speziell in den ersten Spielstunden eine hervorragende Alternative um knackige Gegner zu schwächen.

Apropos Schleichen: Sich gleich Sekiro leise an Gegner heranzupirschen und von hinten niederzustrecken, ist ein weiterer Weg, sich den Gefahren zu stellen. Elden Ring bietet viele alternative Wege, wobei einer oft ein eher defensiver ist. So könnt ihr in Schloss Sturmschleier entweder todesmutig den kürzeren Weg durchs Haupttor wählen, werdet dann von Trebuchets und Skorpionen unter Beschuss genommen, oder aber ihr schleicht euch auf leisen Sohlen an der Außenmauer entlang. Wir empfehlen euch übrigens die Außenmauer. Nehmt um Himmels Willen die Außenmauer!!!

Elden Ring braucht für seine Geschichte keinen G.R.R. Martin

Falls ihr auf Elden Ring aufmerksam wurdet, da ihr euch durch die Mitwirkung des “Game of Thrones”-Autoren George R.R. Martin in puncto Story ein filmreifes Mittelalter-GZSZ mit Konflikten, epischen Twists und grausamem Verrat erhofft, müssen wir euch enttäuschen. Ihn für die Hintergrundgeschichte (Lore) einzuspannen, war ein reiner PR-Stunt. Die ganze Art des (Environmental-) Storytelling schreit nach FromSoft-Mastermind und Dark Souls-Schöpfer Hidetaka Miyazaki, der erneut eine unglaublich mysteriöse, geheimnisvolle Welt voller interessanter NPCs geschaffen hat. 

Darum geht’s: Ausgangspunkt der Geschichte ist die Quelle des Erdenbaums, der namensgebende Elden Ring, der zerstört wurde und dessen Splitter in die Hände von machthungrigen Halbgöttern gelangt sind. Chaos bricht über die Zwischenlande. Als “Befleckter”, lebender Untoter, ist es eure Aufgabe diese Demi Gods zu besiegen, den Ring zusammenzusetzen und zum Herrn der Ri… zum Eldenfürsten aufzusteigen. Soweit so klar. Fieslinge besiegen, Ring zusammensetzen, das Chaos bannen, fertig. 

NPCs in Elden Ring sind oft mysteriös, grotesk oder beides zusammen. Im Vergleich zu früheren FromSoft-Spielen trefft ihr in Elden Ring auf weit mehr Charaktere. NPCs in Elden Ring sind oft mysteriös, grotesk oder beides zusammen. Im Vergleich zu früheren FromSoft-Spielen trefft ihr in Elden Ring auf weit mehr Charaktere.

Nicht nur die Haupthandlung ist im Vergleich zu Dark Souls und Bloodborne weit stringenter. Auch die Gespräche mit NPCs verlaufen weit weniger kryptisch, mehr zielorientiert. So treffen wir am Wegesrand eine aufgelöste Maid, die von einem Schloss im Süden erzählt, in dem ihr Vater herrscht. Die Feste wurde jedoch von Monstern angegriffen, wir sollen zur Hilfe eilen. Viele Quests müssen wir uns jetzt nicht mehr mühselig zusammenreimen, sondern sie sind klar verständlich. 

Doch nach wie vor sind die Stars der Geschichte von Elden Ring viele der grotesken Charaktere, wie unser aller Liebling Potboy, ein sprechender Krug, und die so umfangreiche Lore, die erneut viel Raum für Spekulationen lässt. Sie ist in Item-Beschreibungen versteckt oder erschließt sich durch das aufmerksame Betrachten der Spielwelt. Ihr bekommt hier kein durch Cutscenes getriebenes The Witcher 3, kein Horizon Forbidden West. FromSoftware bleibt sich beim fragmenthaften Erzählen der Story größtenteils treu, macht euch das Verständnis der Geschichte jedoch leichter. Dennoch müsst ihr diese besondere Art des Storytellings natürlich lieben – oder ihr lasst die Geschichte einfach außen vor, was problemlos geht.  

Keine deutsche Synchro: Im Gegensatz zu Sekiro gibt es in Elden Ring lediglich deutsche Texte. Die englische Sprachausgabe ist wie gewohnt auf einem sehr hohen Niveau und trägt zur besonderen Atmosphäre bei.

Ein Rollenspiel-Meisterwerk für Hartgesottene

Elden Ring ist Dark Souls 4 samt weitläufiger Open World, verbessertem Kampfsystem und leichter zugänglicher Story. Was zunächst einfach wie mehr vom Gleichen klingt, ist bei den packenden Scharmützeln die Evolution eines bereits sehr guten Kampfsystems. Die Krönung sind jedoch die Zwischenlande als so diverse, mit Geheimnissen und magischen Momenten gespickte Open World, wie wir sie noch in keinem anderen Spiel erlebt haben. 

Elden Ring ist mutig, Elden Ring belohnt all jene, die sich auf das Action-RPG einlassen. Elden Ring streckt seine Spielzeit nicht durch repetitive Checklisten-Aufgaben, Elden Ring hält euch locker über 100 Stunden mit tollen Momenten bei Laune und motiviert dank seiner komplexen Rollenspielmechaniken ungemein. Während wir in anderen Spielen durch immer neue Features abgeschreckt werden und dabei ermüden, wollen wir sie hier meistern, da sie unser Spielerlebnis und unsere Heldin oder unseren Helden weiter verbessern.

Gemälde Elden Ring ist gespickt von Geheimnissen und Puzzles. Findet ihr beispielsweise den Ort auf dem Gemälde, winkt nützlicher Loot.

Statue Solche Statuen zeigen uns den Weg zu einer Höhle. Hier erwarten uns Minibosse und hilfreicher Loot.

Abschließend sei aber nochmal erwähnt, dass Elden Ring kein Spiel für Videospielneulinge ist (siehe Infokasten oben). Viele von euch werden an Stellen kommen, wo es erst einmal nicht weitergeht, oder ihr an einem Boss abprallt wie der leichte Schwierigkeitsgrad an der Philosophie von Entwickler FromSoftware.

Dann müsst ihr entweder die entsprechende Stelle üben, üben und üben, oder ihr macht dort weiter, wo leichtere Gegner auf euch warten. Elden Ring wurde nicht für die Eiligen unter euch entwickelt, ihr sollt das Spiel mit all seinen Facetten lernen und vor allem genießen. Lasst ihr euch darauf ein, werdet ihr in naher Zukunft wahrscheinlich so schnell kein besseres Videospiel finden. 

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