Seite 2: Far Cry New Dawn im Test - Dasselbe in Pink

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Open World-Shooter mit RPG-Einschlag

Wo Far Cry New Dawn in Sachen Storytelling relativ nah beim Vorgänger bleibt, wagt das Spin-off in Sachen Gameplay ein paar neue Schritte. Diese Schritte sind zaghaft, aber sie haben eine klare Richtung: Action-RPG. Schon im Vorfeld hatte Ubisoft auf die leichten Rollenspielmechaniken im neuen Far Cry hingewiesen und im fertigen Spiel ist es dann tatsächlich recht deutlich. Alles kann, muss und sollte mit Upgrades versehen werden.

Waffen gibt es in verschiedenen Seltenheitsstufen, die mehr Schaden verursachen können. Waffen gibt es in verschiedenen Seltenheitsstufen, die mehr Schaden verursachen können.

Vom Basenbau in Prosperity, über das neue Waffensystem bis hin zu den KI-Helfern, in Far Cry New Dawn werten wir alles auf und stärken uns dadurch für größere Aufgaben gegen mächtigere Gegner. Denn auch die Feinde leveln mit. Diese "Level" sind im Grunde vier verschiedene Stufen, auf denen Gegner dann etwas mehr Schaden aushalten. Um entsprechend besser austeilen zu können, brauchen wir wiederum Waffen höherer Stufen. Die gibt es allerdings nur, wenn wir die Waffenbank aufstufen und alle Crafting-Materialien dabei haben.

Neue Ideen, die nicht zünden: Das mag auf den ersten Blick nach Borderlands klingen, doch wirkliches RPG-Gefühl kommt zu keiner Zeit auf. Da können noch so viele Zahlen aufploppen, wenn ich auf die Lebensbalken der Highwaymen schieße. Es werden lediglich künstliche Hürden gesetzt, die mich daran hindern sollen, gewisse Außenposten sofort einzunehmen, obwohl meine Geschicklichkeit das längst zulassen würde. So dreht sich die Upgrade-Spirale um die Waffen-Stats ein paar Stündchen länger.

Ebenfalls schade ist, dass das Stufensystem auch dafür sorgt, dass wir in Far Cry New Dawn keine Aufsätze mehr an unsere Waffen schrauben können. Statt einer Vielzahl an Kombinationen und Individualisierungsmöglichkeiten, gibt es jetzt nur noch eine viergeteilte Hierarchie von etwa 80 Waffen, die sich wiederholen und die wir teilweise schon aus Far Cry 5 kennen.

Die Fahrzeuge sehen aus, wie man es von einer Postapokalypse erwarten würde. Die Fahrzeuge sehen aus, wie man es von einer Postapokalypse erwarten würde.

Ähnliches gilt übrigens für die Fahrzeuge im Spiel. Auch hier gibt es dieselben Unterteilungen in die vier "Seltenheitsstufen", die genretypisch weiß, blau, lila und orange eingefärbt sind. Knappe 30 Motorräder, Autos, Hubschrauber und Boote sind im Spiel. Von echter Vielfalt kann hier aber nicht geredet werden, da sich die Fahrzeugtypen stets wiederholen. So interessant der neue RPG-Ansatz auf dem Papier auch klingt, am Ende nimmt er mehr vom Spiel weg, als er hinzufügt.

Stillstand in der knalligen Ödnis

Abseits der Upgrade-Grinds bleibt dann aber doch alles beim Alten. Wir decken nach und nach die Weltkarte auf und nehmen ebenso nach und nach aufploppende Außenposten ein, die das wertvolle Ethanol bringen. Hier dürfen wir wie gewohnt mit voller Feuerkraft oder mit leisen Sohlen vorgehen. Hauptsache, der Alarm bleibt stumm. Im Anschluss können wir die Lager nun aber auch plündern und den Außenposten verlassen. Der wird dann mit noch stärkeren Gegnern aufgefüllt und wir können ihn erneut einnehmen.

Mit eingeblendeten Ziffern als Schadensanzeige kommt fast RPG-Feeling auf. Mit eingeblendeten Ziffern als Schadensanzeige kommt fast RPG-Feeling auf.

Das Far Cry-Feuer lodert noch: Hier blüht Far Cry New Dawn dann richtig auf, denn hier kann es die große Stärke der Far Cry-Reihe ausspielen. Die Action ist immer brisant und ganz schnell kochen die Schussgefechte hoch. Dann explodiert es an allen Seiten, wir gleiten über Seilrutschen über brennende Gegner hinweg und landen beim Absprung einen gezielten Kopftreffer mit der wuchtigen Shotgun. Vor allem auf den härteren Außenposten steigt das Adrenalin und wer nicht ständig in Bewegung ist und clever agiert, zieht schnell den Kürzeren.

Auf dem Weg dahin gibt es kleinere Schatzsuchen, Scharmützel mit patrouillierenden Gegnern und Nebenmissionen, in denen wir Experten für Prosperity freischalten oder einen von insgesamt acht Helfern rekrutieren. Anders als in Far Cry 5 begleitet uns jetzt nur noch einer von ihnen und wir haben die Qual der Wahl. Es gibt alte Bekannte wie Pastor Jerome oder Hurk Drubman Jr., neue Gesichter wie die oben erwähnte Scharfschützin Nana und auch tierische Begleiter wie den Hund Timber und - mein persönlicher Favorit - das Wildschwein Horatio.

Mein Schwein und ich, wie wir gerade wichtiges Ethanol einsacken. Vielen Dank an den Foto-Modus. Mein Schwein und ich, wie wir gerade wichtiges Ethanol einsacken. Vielen Dank an den Foto-Modus.

Um die Helfer davon zu überzeugen, sich uns anzuschließen, sind kleinere Missionen nötig, bei denen wir ihnen aus der Patsche helfen müssen. Die ehemalige Highwaymen-Söldnerin Gina unterstützen wir beispielsweise bei einem mörderischen Derby, indem wir ihre Konkurrenz mit dem Scharfschützengewehr ausschalten. Die Begleiter stufen wir doppelt auf. Einmal durch das Trainingslager in Prosperity, das Gesundheit und Schaden verbessert, und durch individuelle Upgrades, die nach einer bestimmten Anzahl Kills neue Fertigkeiten freischalten - etwa das Aufspüren von Herstellungsmaterialien.

Expeditionen
In Prosperity könnt ihr euch an den Piloten Roger wenden, der euch regelmäßig zu Expeditionen einlädt. Dahinter verstecken sich Level und Missionen, die vom Hauptspiel abgekoppelt sind und mit wertvollen Ressourcen locken. So verschlägt es euch etwa auf einen gekaperten Flugzeugträger, den ihr nach einem Crafting-Schatz durchsucht und von dem ihr dank GPS-Peilsender anschließend vor den Highwaymen fliehen müsst. Eine nette Abwechslung, viel mehr aber auch nicht

Die schicke Spielwelt lädt wie schon bei Teil 5 zu Erkundungen ein und da kommen die Schatzsuchen gerade recht. Mussten wir beim Vorgänger noch Prepper-Verstecke entdecken, bekommen wir nun Hinweise von NPCs, die gehört haben wollen, dass da irgendwo eine nette Vorratskammer verborgen ist. Dort angekommen gibt es dann in der Regel kleinere Rätsel zu lösen, die in der Spielumgebung integriert sind. Hier kehrt etwas Ruhe in das Gameplay ein und wir durchsuchen jeden Winkel. Eine willkommene Abwechslung.

Mit den KI-Helfern kehrt ein weiteres Feature aus Far Cry 5 zurück. Mit den KI-Helfern kehrt ein weiteres Feature aus Far Cry 5 zurück.

Kleider machen Überlebende

Unsere Spielfigur verfügt abermals über bestimmte "Talente", die wir mit Vorteilspunkten freischalten können. Diese gibt es mit dem Abschluss bestimmter Missionen oder für das Erfüllen kleinerer Achievements im Stile von "Töte 10 Highwaymen mit einer Faustwaffe". Hinter den Vorteilen verstecken sich passive Upgrades, wie die Möglichkeit, Tresore aufzuknacken oder mehr Munition zu tragen. Allerdings werden hier auch wichtige Gameplay-Elemente wie der Wingsuit, der Kletterhaken oder das Fernglas aufgeführt.

Wer also ein Lager ausspähen möchte, um in bester Stealth-Manier vorgehen zu können, muss sich erst die nötigen Vorteilspunkte dafür besorgen. Das fördert nicht gerade alternative Spielstile. Dasselbe gilt für Takedowns von hochstufigen Gegnern, die ebenfalls erst freigeschaltet werden müssen. Selten wurde es schleichenden Assassinen schwerer gemacht als in Far Cry New Dawn.

Dass Talente wie Experten-Takedowns erst freigeschaltet werden müssen, macht Stealth-Gameplay zur Qual. Dass Talente wie Experten-Takedowns erst freigeschaltet werden müssen, macht Stealth-Gameplay zur Qual.

In Sachen Mode dürfen wir unsere Spielfigur auch wieder einkleiden. Entweder wir greifen auf vorgefertigte Outfits zurück oder stellen alles wild zusammen. Wer Mitglied im Ubisoft-Club ist oder ausreichend von der Premiumwährung "Far Cry-Credits" hat, darf auch zu extravaganten Klamotten wie Ritterrüstungen oder Einhornmützen greifen.

Bezahlbare Upgrades mit Beigeschmack

Und damit wären wir auch schon bei den leidigen Mikrotransaktionen, denn trotz Singleplayer-Ausrichtung können wir in Far Cry New Dawn auch Echtgeld für Ingame-Währung ausgeben, um kosmetische Items zu erwerben. Darüber hinaus können wir die Far Cry-Credits allerdings auch für Gameplay-Inhalte ausgeben, was in mancher Hinsicht einiges an Zeit einsparen kann.

So können wir Herstellungspakete kaufen, die Crafting-Materialen bringen, die wir wiederum für neue Waffen oder Fahrzeuge brauchen. Tatsächlich dürfen wir sogar die Waffen höherer Stufen einfach kaufen, obwohl das nötige Upgrade noch fehlt. So lassen sich viele der künstlichen Levelgrenzen durch Mikrotransaktionen einfach aushebeln. Die Einkäufe sind kein Zwang. Das sollte fairerweise erwähnt werden. Obwohl wir auch alles durch den reinen Spielfortschritt freischalten können, bleibt dennoch ein fader Beigeschmack.

Häute und Felle von Wildtieren können wir gegen Materialien eintauschen, sofern wir sie auch besiegen können. Häute und Felle von Wildtieren können wir gegen Materialien eintauschen, sofern wir sie auch besiegen können.

Alles ist kleiner, alles ist gleich

Far Cry New Dawn ist nur oberflächlich ein neues Spiel. Unter der Haube stecken das gelungene Gunplay und die Technik, aber auch alle Fehler, die schon Far Cry 5 ausgemacht haben. Hope County ist nicht hübscher oder hässlicher geworden und die Waffen fühlen sich nicht wuchtiger oder leichter an. In Sachen Spielgefühl bleibt alles beim Alten und das ist so vertraut wie es eintönig ist.

Zum Glück hatte aber auch Far Cry 5 seine guten Seiten und wir können uns darauf verlassen, dass die Action bei den zahlreichen Feuergefechten stets amüsant bleibt. Die chaotische KI sorgt regelmäßig für fast schon charmante Aussetzer, sodass ich fast in Erinnerungen an den Vorgänger schwelge, wenn ich meine Gegner gerade mit Spaten abwerfe, während mein brennendes Wildschwein hysterisch quiekend durch das Bild läuft.

Wer es schafft, alle Upgrade-Balken und Joseph Seed-Monologe auszublenden, kann auch mit Far Cry New Dawn viel Spaß haben. Und dank der kleineren Spielwelt ist die Gefahr, dass das Gameplay komplett zur nervigen Open World-Arbeit mutiert, relativ gering geblieben. Gerade wenn sich die ersten Sättigungserscheinungen bemerkbar machen, ist Far Cry New Dawn auch schon fast wieder vorbei.

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