Halo Infinite: Der Multiplayer macht es mir schwer, Halo zu lieben

Rae hatte zwar schon in der Vergangenheit Berührungspunkte mit der Halo-Serie, will aber mit Infinite richtig einsteigen. Im Multiplayer gibt es für sie aber noch ein paar Stolpersteine.

Mit dem Shadowdrop des Halo Infinite-Multiplayers begann Microsoft die letzte Woche mit einem Knall. Fast einen Monat vor dem offiziellen Release durften Fans des Master Chiefs in eine für alle zugängliche Beta strömen und sich epische Schlachten liefern.

Und darunter sind sowohl viele Fans des Master Chiefs, als auch jede Menge Halo-Noobs, die vom Versprechen eines spaßigen neuen Free2Play-Shooters angelockt jetzt ihre ersten Schritte als Spartans machen. Spieler*innen, die bisher vielleicht nur wenige Berührungspunkte mit dem Halo-Franchise hatten und das dank der geringen Einstiegshürde von Infinite nun endlich ändern können. Halo-Noobs wie ich. 

Getragen von der ersten Euphorie der Überraschung habe auch ich mich in den letzten Tagen in die Arenen von Halo Infinite geworfen – und bin dabei ganz schön ins Straucheln gekommen. Denn der Multiplayer von Infinite macht mir, so wie vielen Neulingen, den Einstieg nicht einfach. 

Das perfekte Match – in der Theorie

Wie viele andere Spiele vor ihm muss auch Halo Infinite den Balanceakt meistern, sowohl alteingesessene Fans abzuholen, als auch jede Menge Neueinsteiger*innen – ein nahezu unmöglicher Spagat, über den Kollege und Halo-Experte Tobi bereits letztes Jahr geschrieben hat. Denn nicht nur, dass es sich beim neuen Shooter von 343 Industries einfach um den nächsten Teil einer Kultreihe handelt, Infinite steht zudem vor der besonderen Herausforderung, einer der ersten großen Xbox-Exklusivtitel einer noch immer recht neuen Konsolengeneration zu sein. Entsprechend liegt auf ihm nicht nur die Aufmerksamkeit erfahrener Spartans, sondern auch die neuer und potenzieller Xbox-Besitzer*innen, die neugierig auf die ersten großen Exclusives warten. 

Ihr wollt einen Eindruck vom Halo-Multiplayer? Dann schaut euch diesen Trailer an.

Halo: Infinite - E3-Trailer zum kostenlosen Multiplayer-Modus Video starten 2:26 Halo: Infinite - E3-Trailer zum kostenlosen Multiplayer-Modus

In genau diese Kategorie von Spieler*innen falle ich. Das Versprechen großer Exklusivtitel wie Avowed, Starfield und eben auch Halo Infinite waren auch für mich Gründe, warum (abseits von beruflichen Gründen, natürlich) mit der Series X erneut eine Konsole von Microsoft in mein Wohnzimmer eingezogen ist. 

Zusätzlich falle ich im Bezug auf Halo noch in eine andere für Microsoft spannende Zielgruppe: das der Shooter-Spieler*innen. Speziell derer, die seit Jahren viel über Halo hören, es aber noch nie wirklich selbst ausprobiert haben. Und das obwohl es die Reihe ist, in der das von mir geliebte Destiny-Gunplay seinen Anfang gefunden hat. Das Match sollte doch eigentlich perfekt sein, oder?

In der Theorie, ja. In der Theorie könnten die Sterne für mich und Halo Infinite nicht besser stehen. In der Realität ist die Sache dann doch etwas komplizierter.

Über die Autorin: Mittlerweile ist es zum Running Gag in der GamePro-Redaktion geworden, wie viele Shooter Rae gleichzeitig spielt. In einer normalen Woche wechselt sie zwischen Destiny 2, Splitgate, Warzone, CoD Vanguard und Cold War hin und her – manchmal an einem Abend. Mit Halo Infinite macht sie jetzt ihre ersten Schritte im Halo-Universum, kommt dabei aber noch ins Stolpern. Wer also Tipps für sie hat, wie sie im MP besser werden kann: Ab damit in die Kommentare!

Wie eine neue Sprache lernen

Zugegeben: Sich in einen neuen Shooter reinzufuchsen kann einige Zeit dauern und dank des Shadowdrops und der Tatsache, dass ich auch mal so etwas ähnliches wie Schlaf benötige, konnte ich bisher erst ein paar Abende mit Halo Infinite verbringen. Und die haben es mir nicht gerade einfach gemacht.

Zwar hatte ich den Vorteil, dass ich mit einigen erfahrenen Halo-Experten wie den Kollegen Tobi und Chris gezockt habe, die mir viel erklären konnten (wenn sie mich nicht gerade angeschrien oder überfahren haben), das machte mir aber nur noch deutlicher, wie groß die Diskrepanz zwischen Fans wie ihnen und Halo-Noobs wie mir ist. 

Um in objektbasierten Modi wie CTF Erfolg zu haben, sind Callouts unabdingbar. Um in objektbasierten Modi wie CTF Erfolg zu haben, sind Callouts unabdingbar.

Zwischen all den noch unbekannten Fachbegriffen (“Rae, geh auf den Warthog! Nein, nicht die Wasp! Rae, lass die Wasp in Ruhe! Auf den Warthog! RAE!”) und neuen Callouts (“Oneshot links neben dir, Rae! Und rechts! Nein, Rae, nicht der Top-Mid! Neben- RAE!”) fühlte ich mich gerade in den ersten Stunden recht verloren. Es ist ein bisschen wie eine neue Sprache unter Muttersprachlern zu lernen, die nicht immer daran denken, dass man keine Ahnung hat, wovon sie eigentlich reden.

Wie viele Kugeln passen in einen Gegner?

Das ist aber ein verhältnismäßig kleines Problem im Vergleich zum generellen Spieldesign und Fortschrittssystem, die oft eher frustrieren als motivieren. Versteht mich nicht falsch: Je mehr Runden ich spiele, desto mehr gewöhne ich mich nicht nur an die Andersartigkeit von Halo im Vergleich zu anderen Genrekollegen. Ich finde auch immer mehr Spaß daran. Trotzdem fällt mir die Umgewöhnung gerade im Bezug auf die Time to Kill sehr schwer. 

Um das zu verstehen müsst ihr wissen, dass ich jede Woche regelmäßig fünf verschiedene Shooter spiele, bis zu drei an einem Abend. Ich wechsle hin und her zwischen Destiny 2 und Warzone/Cold War/Vanguard und lasse alles mit einem Ründchen Splitgate ausklingen. Wer auch nur einen der Titel im Vergleich zu einem Halo kennt, weiß, wie “einfach” es ist, in einem dieser Spiele einen Kill zu bekommen. Ein, zwei Treffer und das Erfolgserlebnis ist da. Die Herausforderung besteht dann eher in Killstreaks, K/D und die Platzierung auf der Bestenliste.

Die Time to Kill ist in Halo deutlich höher als in vielen anderen Shootern. Die Time to Kill ist in Halo deutlich höher als in vielen anderen Shootern.

Bei Halo Infinite sieht das deutlich anders aus. Hier muss ich für jeden Kill viel härter arbeiten, viel öfter treffen. Das sorgt zwar dafür, dass sie letztlich viel befriedigender und keine “Massenware” sind, andererseits sorgt es aber auch durch meine jahrelange CoD-Konditionierung für Frust. Die Einstiegshürde für ein Erfolgsgefühl ist viel höher, was zudem noch durch den Crossplay-Zwang und das fehlende Input-Based-Matchmaking verstärkt wird, weil sie die Messlatte für mich als Xbox-Spartan noch einmal anheben. Mir ist bewusst, dass das immer ein Alleinstellungsmerkmal für die Halo-Multiplayer war, einfacher macht das mir den Einstieg aber trotzdem nicht.

Was ist Motivation?

Das vielleicht größte und aktuell am meisten diskutierte Problem von Halo Infinite ist allerdings sein Fortschrittssystem. Während viele Apex-Spieler jetzt nur gelangweilt mit den Schultern zucken, weil sie es kennen, nicht für jede Kleinigkeit belohnt zu werden, tun sich Shooter-Spieler*innen wie ich schon schwerer. 

Einerseits ist da der Battle Pass von Infinite, der von Shooter-Expert*innen als “der schlechteste Battle Pass aller Zeiten” bezeichnet wird. Manche witzeln sogar, dass Halo "Infinite" heißt, weil es unendlich lange dauern würde, bis man den Battle Pass beendet. Ich glaube, das sagt schon alles aus – gerade wenn man Vergleiche zu CoD, Destiny 2 oder sogar Fortnite zieht. Die Kritik war so laut, dass 343 vergangene Woche eine Überarbeitung versprochen hat und es bereits einen ersten Fix gibt.

Zwar schenkt euch Halo Infinite auch einige Rüstungen, trotzdem passiert der Fortschritt im Battle Pass vergleichsweise langsam. Zwar schenkt euch Halo Infinite auch einige Rüstungen, trotzdem passiert der Fortschritt im Battle Pass vergleichsweise langsam.

Hinzu kommt, dass es anders als zum Beispiel bei Call of Duty keinen Waffen- oder Operator-basierten Fortschritt gibt. Waffen befinden sich quasi schon “fertig” in der Spielwelt und Spartanrüstungen bekommen lediglich kosmetische Anpassungen, die ich entweder kaufen oder freischalten kann. Im ersten Moment mag das wie eine Kleinigkeit wirken, aber ich habe mich gerade bei Warzone, Vanguard und Cold War immer wieder dabei erwischt, wie motivierend ich es fand, nach und nach Anpassungen freizuschalten, um daraus mein perfektes LMG zu bauen. 

Das sorgt sogar dafür, dass ich mich auch losgelöst von meinen diversen Freundesgruppen immer wieder in den genannten Shootern tummle, während ich mir Halo Infinite allein aktuell nur schwer vorstellen kann – gerade, weil es eben nicht mein einziger Shooter ist. Und ja, dank Tobi weiß ich: Gerade Arena lebt davon, dass man es als Gruppe spielt und sich koordiniert, um den Sieg in Oddball, Capture the Flag und Co davonzutragen. Trotzdem würde es mir einfacher fallen, wenn ich meinen Spielspaß nicht immer davon abhängig machen müsste, wie viel Zeit meine Freunde gerade haben.  

Ein harter Kampf – der es aber wert ist

Wenn ihr Halo-Fans der ersten Stunde seid, könnt ihr meine Probleme vielleicht nicht nachvollziehen oder sie sind euch (berechtigterweise) egal. Mich selbst umtreiben diese Punkte allerdings sehr. Nicht nur, weil ich mich persönlich sehr auf Halo Infinite gefreut habe, sondern auch, weil ich repräsentativ für eine Zielgruppe stehe, die Halo eigentlich braucht, um wieder Traktion zu bekommen. Und das könnte letztlich auch für Hardcore-Halo-Fans zum Problem werden, da es den Erfolg des Spiels (und der Reihe) beeinflussen wird, wie viele Spieler*innen Infinite langfristig halten kann. Gerade dann, wenn der Markt gerade mit leichter zugänglichen, ebenfalls kostenlosen und stellenweise motivierenden Shooter-Alternativen überlaufen ist. 

Fahrzeuge wie der Ghost gehören auch in Infinite wieder zur Sandbox dazu. Fahrzeuge wie der Ghost gehören auch in Infinite wieder zur Sandbox dazu.

Und hier falle ich dann tatsächlich vielleicht ein bisschen aus der von mir definierten Zielgruppe heraus. Denn während ich zwar weiter meine anderen Shooter spiele, bin ich einfach viel zu stur, um Halo Infinite bereits aufzugeben. Nicht nur, dass ich verstehen will, wo die Faszination meiner Kollegen gerade herkommt, nach und nach finde ich trotz Einstiegsschwierigkeiten immer mehr Spaß an den Big Team Battle-Matches. Zwar habe ich weiter oben über das fehlende Progressionssystem von Waffen gemotzt, trotzdem genieße ich es mehr und mehr, dass Halo mich zwingt, mich in die Maps hineinzufuchsen, um zu verstehen, wann wo welche Waffe erscheint – und sie dann auch zu bekommen, bevor jemand anderes sie schnappt. Denn niemand hat zwischen mich und den Gravity Hammer zu kommen. Niemand!

Wer weiß, vielleicht nehme ich sogar das Trainingsangebot von Kollege und Ex-Halo-eSportler Chris an, damit ich mich nicht immer im unteren Drittel des Scoreboards tummle. Niemand soll mir schließlich vorwerfen können, ich hätte dem Spiel keine faire Chance gegeben.

Nein, aktuell macht es mir der Halo Infinite-Multiplayer noch nicht leicht, es zu lieben. Aufgeben will ich aber trotzdem nicht. 

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