Hätte mir im Dezember 2024 jemand gesagt: “Du spielst in einem Jahr regelmäßig einen bockschweren Multiplayer-Titel, bei dem dein Team in die Röhre guckt, wenn du mal nicht gut spielst”, dann hätte ich einfach nur laut gelacht. Aber hier bin ich und feiere ein Spiel, das sich genau so beschreiben lässt.
Denn obwohl dieses Jahr viele fantastische Spiele wie Clair Obscur und Kingdom Come 2 herauskamen, ist mein persönliches Game of the Year ausgerechnet Elden Ring: Nightreign. Also ein Koop-Roguelike, das eigentlich überhaupt nicht zu meinen Zockgewohnheiten passt.
Nightreign und ich - eigentlich absolut kein Match
Mittlerweile kaum vorstellbar, aber meine Kollegen mussten mich überreden, Nightreign überhaupt eine Chance zu geben. Schließlich war ich der Überzeugung, wenn ich Dinge in einem FromSoftware-Spiel nicht brauche, dann sind es Hektik und gleichzeitig Ablenkung sowie zusätzlicher Nervenkitzel durch Mitspieler*innen.
Das ist aber der Kern von Nightreign, wie wir euch in diesem Artikel noch mal genauer aufschlüsseln:
Ihr müsst dazu wissen, dass ich mich an Multiplayer-Spiele eigentlich grundsätzlich nicht ranwage. Ich zocke zwar seit den 90ern, aber nahezu ausschließlich alleine. Ausnahmen sind lediglich ein paar Couch-Koop-Sessions mit meinem Partner oder mal vier, fünf Runden Monster Hunter mit Kollegin Eleen.
Gerade bei harten Souls-Kämpfen habe ich auf Mitspielende wenig Lust, sondern ziehe mich in der Regel lieber komplett in meinen “Fokus-Tunnel” zurück. Scheitere ich, probiere ich es eben noch mal. Übersehe ich irgendetwas, wie ein wichtiges Item, dauert es eben mal länger. Egal. Ich mache ganz in Ruhe in meinem Tempo Fortschritt.
Bei Nightreign werde ich hingegen mit Zeitdruck und der Erwartungshaltung meiner Koop-Partner*innen konfrontiert. Und ich war mir im Voraus sicher, dass das derart große Stressfaktoren für mich sind, dass ich gar nichts mehr gebacken kriege.
Hinzu kommt auch noch, dass ich unter den Nightreign-Interessierten um mich herum die Einzige bin, die in Sachen Multiplayer komplett grün hinter den Ohren ist. Das hat in der Vergangenheit schon bei anderen Titeln dafür gesorgt, dass ich von vornherein “nein, danke” gesagt habe. Ich wollte einfach nicht der Klotz am Bein sein, der alle aufhält.
Der FromSoftware-Magie konnte ich nicht entkommen
Ich war aber so neugierig auf das neue FromSoftware-Spiel, dass ich mir doch noch einen Ruck gegeben habe. Während der ersten Runden hat mich dann auch wie erwartet so ziemlich alles überfordert: die Wegfindung, die richtige Strategie bei der Ausrüstung, die Hektik in Kämpfen, bei denen ich eigentlich lieber in Ruhe die Attacken gelernt hätte – und nicht zuletzt die Absprache im Voice Chat.
Trotzdem hat die FromSoftware-Magie gewirkt. Nach jeder Niederlage hatte ich sofort den Drang, es besser zu machen. Haben wir gewonnen, hat es sich dagegen wie ein echter Erfolg angefühlt, und gemeinsam mit einem eingespielten Team machte das dann gleich doppelt so viel Spaß.
Nightreign ist zwar meiner Meinung nach aufgrund der ganzen Zufallsfaktoren bei Loot, Regenzonen und Gegnern nicht so fair wie andere Spiele des Entwicklers – dennoch führen die richtige Strategie und das Lernen von Angriffsmustern so oft zum Sieg, dass das Belohnungsgefühl bei mir kickt.
Darum wurde aus: “Vielleicht spiele ich mal ein paar Runden”, schnell: “Ach, komm, lass noch mal einen Run machen.” Und: “Ach, doch, morgen krieg ich auch zwei, drei Runden unter.” Und daraus wurde Gewohnheit.
Aus einem Spiel, vor dem ich Angst hatte, wurde mein Comfort Game
Seit dem Testzeitraum Mitte Mai habe ich fast jede Woche mindestens an zwei bis drei Tagen gezockt, phasenweise bei Content-Updates sogar beinahe jeden Abend. Selbst die Platin habe ich in der Zwischenzeit sogar doppelt in der PS5- und PS4-Version geholt. Neue Inhalte wie stärkere Boss-Varianten oder der Ranked-Modus haben außerdem dafür gesorgt, dass Nightreign abwechslungsreicher und ganz einfach besser wurde.
Das hat uns auch dazu bewegt, die Änderungen noch mal in einem Video für euch einzuordnen:
9:33
Stärkere Bosse, neue Features und Belohnungen - Nightreign ist 5 Monate nach Release besser denn je!
Gleichzeitig habe ich mich so sehr an die abendlichen Sessions und jeden Winkel der Map gewöhnt, dass ich völlig gelassen bin, wenn ich mir das Headset aufsetze. Daher ist Nightreign inzwischen mein ganz persönliches Comfort Game geworden, bei dem ich perfekt abschalten und mich auf mein Team konzentrieren kann.
Versage ich manchmal trotzdem und bin beim Nightlord nicht sehr hilfreich, weil ich einen schlechten Tag habe? Kommt durchaus öfter vor. Bin ich manchmal beim Plappern zu sehr abgelenkt und vergesse mir mehr Heilung in einer Kirche zu holen? Oh ja! Und ganz ehrlich: Mir doch egal. Ich kann da jetzt gut drüberstehen, selbst wenn ich mich mal kurz ärgere.
Dass ich Nightreign inzwischen so entspannt sehe, liegt nicht nur an der Routine, sondern auch an den Leuten, mit denen ich übers Jahr viel gezockt habe. Wir haben alle den Ehrgeiz, Runs zu optimieren und Nightlords ordentlich zu vermöbeln. Genug Zeit für Witze und Geplänkel bleibt aber trotzdem – und vor allem: wenn’s mal nicht klappt, wird niemand an den Pranger gestellt.
Ob ich mich in Zukunft auch in anderen Online-Multiplayern so wohlfühlen werde, steht natürlich in den Sternen. Aber zumindest hätte ich es mir nicht träumen lassen, dass die gemeinsamen Sessions zur Gewohnheit werden und ich sogar mit Personen zocke, die ich erst durch Nightreign kennengelernt habe. Und dass meine Fitness-Uhr dabei einen so niedrigen Ruhepuls wie bei der entspannten Tomatenernte in Stardew Valley anzeigt.
Gab es bei euch auch schon mal ein Spiel, für das ihr über euren eigenen Schatten springen musstet oder dem ihr völlig skeptisch gegenübergestanden seid, es dann aber geliebt habt? Erzählt uns eure Storys und verratet uns, was bei euch einen Sinneswandel bewirkt hat!
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