Travis Strikes Again: No More Heroes im Test - Arcade-Langeweile in Dauerschleife

Die Arcade-Action Travis Strikes Again: No More Heroes ist vollgestopft mit absurden Ideen, erstickt aber an ständigen Wiederholungen.

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Spiele von Designer Suda 51 sind immer etwas bizarr. Travis Strikes Again: No More Heroes ist da keine Ausnahme. Spiele von Designer Suda 51 sind immer etwas bizarr. Travis Strikes Again: No More Heroes ist da keine Ausnahme.

Sprechende Ziegen, Nudelköche mit Totenkopf und eine tödliche Spielkonsole - wenn der japanische Spieledesigner G?ichi Suda (aka Suda 51) seine Finger im Spiel hat, ist jede bizarre Idee möglich. Im Laufe seiner spannenden Karriere hat uns der Querkopf viele erinnerungswürdige Momente und Helden beschert. Gerade deswegen sind die Erwartungen an Travis Strikes Again: No More Heroes besonders hoch.

Es geht nämlich um genau einen dieser Helden, Travis Touchdown, den ältere Spieler noch aus seinem Auftritt in No More Heroes in der Wii-Ära in Erinnerung haben dürften. Er hatte damals nur ein Ziel: Der beste Auftragskiller der Welt zu werden! Also hat er nach und nach alle Kollegen getötet, unter anderem das verrückte Bad Girl.

DLC und Season Pass
In der Basisversion sind Travis und Bad Man spielbar. Am 28. Februar 2018 wird ein erster DLC-Pack namens »Black Dandelion« erscheinen, in dem Shinobu Jacobs als spielbarer Charakter hinzukommt. Sie ist aus den Hauptspielen bekannt. Am 30 April 2019 folgt »Bubblegum Fatale«, wo eine neue Spielwelt und Bad Girl als Charakter hinzukommen. Beide Packs können vorab im Season Pass vorbestellt werden, der mit 9,99 Euro zu Buche schlägt.

Travis Strikes Again: No More Heroes - Ankündigungstrailer zum neuen Suda 51-Spiel zeigt Duell im Wohnwagen Video starten 2:00 Travis Strikes Again: No More Heroes - Ankündigungstrailer zum neuen Suda 51-Spiel zeigt Duell im Wohnwagen

Fast ein Jahrzehnt später taucht in Travis Strikes Again nun dessen Vater Bad Man auf und möchte es Travis heimzahlen. Klingt nach einer guten Voraussetzung für eine knackige Rachegeschichte? Freut euch nicht zu früh: Die Story spielt in diesem Switch-exklusiven Ableger keine große Rolle. Travis und Bad Man werden nämlich gleich während ihrer ersten Begegnung in eine verfluchte Spielkonsole gesaugt.

Von hier aus prügeln sich die beiden Killer in isometrischer Arcade-Manier durch diverse Retro-Welten. Je nach Thema werden die Kloppereien allerdings anders eingerahmt. Zum Beispiel durch eine Adventure-Oberwelt in Form eines Hotels, wo jedes Zimmer zu einem weiteren Level führt.

Referenzen der Referenz Willen

Spiele im Spiel also. Und wenn Travis sich dort drin noch eine VR-Brille aufsetzt, ist es sogar das Spiel im Spiel im Spiel. Mehrere Episoden in Form von Spielmodulen gibt es, und ihre Szenario-Ideen ergeben witzige Mini-Games: Es gibt zum Beispiel ein Drag-Rennen im Grafikstil der Tron-Filme. Dort muss Travis auf seinem Motorrad auf einer geraden Strecke Gas geben und im richtigen Moment Gänge schalten.

An anderer Stelle erwartet euch ein 2D-Scroller, der mit pixeligen Textboxen und Low Poly-Renderintro an alte Sega Saturn-Titel erinnert. Für jedes Modul gibt es ein eigenes Intro, in dem der eigenwillige Humor von Suda durchscheint. Life is Destroy ist zum Beispiel eine Referenz auf Survival Horror und zeigt vorab einen kurzen Grindhouse-B-Movie mit echten Schauspielern.

In »Live is Destroy« muss man Stadtelemente zusammenpuzzeln, um den Weg zur nächsten Kampfarena zu ebnen. Ja, auch im Handheld-Modus bleibt die Kamera dabei so weit weg. In »Live is Destroy« muss man Stadtelemente zusammenpuzzeln, um den Weg zur nächsten Kampfarena zu ebnen. Ja, auch im Handheld-Modus bleibt die Kamera dabei so weit weg.

Diese Verschachtelung klingt zwar spannend, aber sie wird nie clever genutzt. Travis besiegt am Ende jeder Episode einen Endgegner und philosophiert anschließend über dessen Tod, doch davon abgesehen gibt es keinen roten Faden. Es bleibt bei einer zusammenhangslosen Ideensammlung, die sich nie zu einem Gesamtbild fügt.

Das steht im Kontrast zu Sudas früheren Werken: Auch die waren absurd, bizarr oder herzhaft bescheuert, aber sie folgten einer gestalterischen Linie und hatten ein klares Ziel vor Augen. Zwar wird zwischen den Episoden in einem DOS-Textadventure eine Handlung erzählt, aber sie ertrinkt in ellenlangen Dialogen voller Selbstreferenzen. Selbstverliebt binden die Autoren hier zum Beispiel Mondo aus Killer is Dead ein, aber völlig spontan und ohne tieferen Sinn.

Die Texte durchbrechen laufend die vierte Wand und machen sich über sich selbst lustig. "Dem Spieler sind die Dialoge bestimmt viel zu lang," heißt es an einer Stelle. Manche Gags sind klug und es gibt hier und da Überraschungen, aber mit der Zeit wirken die ironischen Seitenhiebe nur noch verzweifelt.

Wir mögen Textblöcke, wenn sie gut eingesetzt sind. Travis Strikes Again überspannt den Bogen aber, weil es zu viel Text für zu wenig Handlung gibt. Wir mögen Textblöcke, wenn sie gut eingesetzt sind. Travis Strikes Again überspannt den Bogen aber, weil es zu viel Text für zu wenig Handlung gibt.

Gute Arcade-Action, schlechter Flow

Ob zwischen den Episoden, vor (Zwischen-)Bossen oder einfach nur mitten im Level: Das zusammenhanglose Gefasel lenkt bloß von dem ab, was eigentlich Spaß macht: die schnelle Arcade-Action. Mit Laser-Katana oder Baseballschläger geht es einer Horde von Monstern an den Kragen. Die Steuerung ist einfach gehalten. Leichter und schwerer Schlag, dazu noch eine Ausweichrolle und Sprungangriffe - damit kommt man rasch zurecht. Hiebwaffen stehen im Vordergrund und schießen tun in seltenen Fällen nur die Widersacher.

Die sehen aus wie eine Mischung aus Zombie und Programmfehler, dafür sind sie abwechslungsreich: Einige explodieren nach einer gewissen Zeit, andere sind besonders groß und stark. Manche haben einen Schild, der nur mit schweren Attacken durchbrochen werden kann. Andere verhindern den Einsatz von Sonderfertigkeiten.

Mit einer Sonderfähigkeit können Gegner verlangsamt werden. Der Wirkungskreis ist mit diesen blauen Linien sichtbar. Mit einer Sonderfähigkeit können Gegner verlangsamt werden. Der Wirkungskreis ist mit diesen blauen Linien sichtbar.

Letztere schalten sich im Laufe des Spiels frei und können auf X,Y,B und A gelegt werden. Sie verlangsamen die Zeit, bauen eine Schutzmauer auf oder geben Heilung. Das bringt Würze in die schnellen Gefechte, die insgesamt ein gutes Trefferfeedback haben.

Allerdings sind die tunnelartigen Laufwege zwischen größeren Kampfarenen oft viel zu lang. Sie unterbrechen den Flow empfindlich, ähnlich wie die sich ständig wiederholenden Mini-Spiele. Ob kleines Puzzle, die besagten Drag-Rennen oder Sammelaufgaben: man macht sie immer und immer und immer wieder.

Zwar lässt sich das gesamte Spiel im lokalen Koop-Modus spielen, der wirkt jedoch ziemlich aufgesetzt. Die Gegner wissen nicht wirklich, wie sie sich bei zwei Spielern auf dem Schirm verhalten sollen. Das gilt vor allem für die Bosskämpfe. Ihre Angriffsmuster sorgen bei nur einem Spieler durchaus für Herausforderung - aber der zweite kann dem Boss einfach von hinten angreifen, ohne dass er groß beachtet wird.

Spielerisch ist es auch grade egal, dass die beiden Charaktere Travis und Bad Man mit Erfahrungspunkten aufgewertet werden können. Selbst wenn man eine höhere Stufe erreicht, verändert sich der Ablauf der Kämpfe nur unwesentlich.

Übersicht ist nicht die Stärke des Koop-Modus. Wie in vielen Arcade-Spielen hat das Chaos aber auch einen gewissen Reiz. Übersicht ist nicht die Stärke des Koop-Modus. Wie in vielen Arcade-Spielen hat das Chaos aber auch einen gewissen Reiz.

Und es geht weiter: Bei den ohnehin schon hakeligen Sprungpassagen fehlt der Platz für zwei Figuren. Da der Bildausschnitt nur in 4:3 ist, wird es auch noch unnötig unübersichtlich. Damit soll ein Automaten-Flair entstehen, aber es verstärkt bloß den Scheuklappen-Effekt. Wenn dann die Kamera dann auch noch so weit entfernt ist, dass die Spielfiguren zu Winzlingen mutieren, kann man den Handheld-Modus ganz vergessen. Dass die Framerate bei zwei Spielern manchmal in die Knie geht, hämmert den letzten Nagel in den Sarg.

Copy & Paste

Viel Schönes zu sehen gibt es ohnehin nicht. Die Effekte in Kämpfen wirken schick und fetzig. Doch davon abgesehen sind alle 3D-Elemente schwammig, detailarm und schlecht aufgelöst. Dazu wirken Levelobjekte so, als hätte man sie einfach vielfach kopiert.

In der ersten Episode machen die Grafikdesigner daraus noch eine Kunst und bauen damit surreal wirkende Alleen. Mit zunehmender Spielzeit entsteht aber eher der Eindruck einer notdürftigen Resteverwertung aus anderen Produktionen. Urplötzlich tauchen zum Beispiel ohne Kontext Wüsten- oder Waldlevel auf.

Neben einigen witzigen Retro-Grafiken sind die Partikel- und Kampfeffekte das einzige, was sich an der Grafik sehen lassen kann. Neben einigen witzigen Retro-Grafiken sind die Partikel- und Kampfeffekte das einzige, was sich an der Grafik sehen lassen kann.

Sehr viel besser sind immerhin Sound und Musik gelungen, da sie tatsächlich auch an die Retro-Szenarien angepasst sind. Es gibt herrlich verspielte Toneffekte, die zwischen grotesk und ulkig schwanken. Die experimentelle Musik ist nicht immer ein Treffer. In der Survival Horror-Episode klingt sie zum Bespiel wie ein Klavier im Zufallsgenerator, was nerven kann. Meistens unterlegt sie die schnelle Action aber großartig mit treibenden Beats oder rockigen Klängen, bei der das No More Heroes-Titelthema immer wieder durchscheint.

So ist es auch mit dem Talent von G?ichi Suda und seinem Team: Immer wieder blitzt ein Funke Genialität auf, aber er kommt nie komplett durch. Dafür wirkt Travis Strikes Again in vielen Punkten zu dahin geschludert.

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