Final Fantasy 7 Remake im Test - Fantastischer Vorgeschmack

Nach langem Warten dürfen wir auf der PS4 endlich nach Midgar zurückkehren. Und was im Review erleben, macht Lust auf mehr. Mehr gibt es aber nicht.

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Final Fantasy 7 Remake fängt den Geist des Original ziemlich gut ein, nur leider zu wenig davon. Final Fantasy 7 Remake fängt den Geist des Original ziemlich gut ein, nur leider zu wenig davon.

Ob Final Fantasy 7 nun wirklich Teil der Serie ist, darüber werden sich Fans bis ans Ende aller Zeiten streiten. Das PS1-Original, das 1997 den Durchbruch im Westen brachte, ist vermutlich aber der einflussreichste Ableger der JRPG-Reihe. 23 Jahre später folgt nun ein aufwändig produziertes Remake für die PS4, das die Abenteuer von Cloud Strife mit moderner Grafik und neuen Spielmechaniken nacherzählen soll. Unser Review findet: Das klappt richtig gut und ist trotzdem unbefriedigend.

Lohnt sich Final Fantasy 7 Remake für Neueinsteiger?
Wie bei jedem Final Fantasy-Ableger stehen auch die Ereignisse von Teil 7 für sich allein. Ihr braucht also kein Vorwissen über andere Ableger. Und auch wenn es sicher spannend ist, das Remake zu spielen und mit dem Original zu vergleichen, dürft ihr getrost zur Neuauflage greifen, ohne das Gefühl zu haben, etwas zu verpassen.

Bruchteil eines Remakes

Es ist seltsam, dass Final Fantasy 7 Remake weiterhin Final Fantasy 7 Remake heißt, obwohl sich nur etwa 10 bis 15 Prozent von Final Fantasy 7 tatsächlich im Spiel befinden. Square Enix wurde nicht müde zu betonen, dass nur der Midgar-Abschnitt aus dem Original in dieser "ersten Episode" des Remakes enthalten ist. Am Namen des Spiels ist diese Einschränkung aber nicht abzulesen. Fans sollen aber laut Entwickler dennoch ein RPG erwarten dürfen, das dem Umfang klassischer Final Fantasy-Spiele in nichts nachsteht.

Wunderschöne Umgebungen wie hier das Zuhause von Aerith gibt es im Final Fantasy 7-Remake zuhauf. Wunderschöne Umgebungen wie hier das Zuhause von Aerith gibt es im Final Fantasy 7-Remake zuhauf.

Dieses Versprechen hält Square Enix nur bedingt. Denn es kann gut sein kann, dass ihr schon nach verhältnismäßig knappen 35 Stunden das Ende zu sehen bekommt. Und in diese Zeit sind die allermeisten der neu hinzugefügten Nebenquests schon eingerechnet. Doch der kleine Story-Abschnitt, der in Final Fantasy 7 Remake abgehandelt wird, fängt die Faszination des Klassikers derart perfekt ein, dass kein Nebencharakter und keine Storyline zu kurz kommt. Der Beigeschmack, nur den Teaser für das eigentliche Remake bekommen zu haben, entsteht dennoch.

Die Liebe zum Detail

Versteht uns aber nicht falsch: Final Fantasy 7 Remake ist ein grafisch opulentes Action-RPG mit einem herausragenden Kampfsystem und zugleich eine Fundgrube für Fans, die sich danach sehnen, Midgar noch einmal neu zu entdecken. Sei es nun die Kirche von Aerith oder die Slums von Sektor 7, die Liebe zum Detail ist an jeder Ecke des Remakes spürbar. Wo wir im Original nur wenige Stunden in Midgar verbracht haben, widmet sich jetzt ein komplettes Spiel der dystopischen Cyberpunk-Stadt.

Texturprobleme auf PS4 & PS4 Pro
Verschiedene Spieler berichten von schwach aufgelösten Texturen an manchen Orten. Mal scheinen die Texturen nach wenigen Augenblicken nachzuladen, mal bleiben sie auf niedriger Qualität – gerade auf 4K-Fernsehern fällt das auf. Auch die Experten von Digital Foundry haben das Problem untersucht und vermuten einen Bug

Uns sind diese Probleme nur bedingt aufgefallen. Ja, Texturen haben teilweise nachgeladen, doch das störte den Spielverlauf nicht im geringsten. Aber auch wenn uns keine größeren Schwierigkeiten aufgefallen sind, wollen wir euch dennoch über mögliche Einschränkungen informieren.

Die Widerstandstruppe Avalanche, die sich gegen den ausbeuterischen Shinra-Konzern mit Terroranschlägen zur Wehr setzt, ist das Herz der Neuauflage von Final Fantasy 7. Einstige Nebenfiguren wie Jessie, Biggs oder Wedge avancieren durch die neue erzählerische Breite plötzlich zu tiefgründigen Charakteren, die uns stärker ans Herz gewachsen sind, als es im Original je der Fall war. Kein Wunder, schließlich bekamen sie damals nur ein paar Dutzend Dialogzeilen spendiert.

Der Direktor des Shinra-Konzerns wirkt deutlich niederträchtiger als im Original. Der Direktor des Shinra-Konzerns wirkt deutlich niederträchtiger als im Original.

Das eigentliche Highlight von Final Fantasy 7 Remake sind aber die Helden der Geschichte. Aerith, Cloud, Barret und Tifa bekommen schon in der eigentlich nur als Exposition gedachten Midgar-Episode eine emotionale Tiefe, die sich im Original erst viel später offenbart. Selbst wenn die wortkarge "Coolness" des Ex-SOLDATs Cloud weiterhin nicht jedem gefallen wird, wirkt er aber nun deutlich verletzlicher. Die Güte von Aerith ist ebenso spürbar wie ihre dunkle Vergangenheit, die sie zu verstecken sucht.

Aber gerade weil die Geschichte des Originals so toll in Szene gesetzt ist, fallen die Versäumnisse umso stärker ins Gewicht. Am Ende bleibt das Gefühl: "Das war zu wenig".

Final Fantasy 7 Remake - Fazit-Video zur Rollenspiel-Neuauflage Video starten 12:27 Final Fantasy 7 Remake - Fazit-Video zur Rollenspiel-Neuauflage

Darf's ein bisschen mehr sein?

Das Problem des Midgar-Abschnitts ist aber, dass der Handlungsstrang rund um die Mako-Reaktoren und Shinra als bloßer Auftakt der eigentlichen Geschichte von Final Fantasy 7 entworfen wurde. Ein kurzes und knackiges Abenteuer, das Figuren einführen und den übergreifenden Konflikt um das Alte Volk, Sephirot und Jenova andeuten soll. Unser Aufenthalt in Midgar sollte Lust auf mehr machen und Vorfreude darauf wecken, die große Welt zu erkunden.

Die meiste Zeit befinden wir uns in den Slums unter den Platten von Midgar. Die eigentliche Stadt bereisen wir nur selten. Die meiste Zeit befinden wir uns in den Slums unter den Platten von Midgar. Die eigentliche Stadt bereisen wir nur selten.

In Final Fantasy 7 Remake muss Midgar aber für sich selbst stehen. Und dafür ist der Spannungsbogen nicht ausgelegt. Für jeden mitreißenden Abschnitt, wartet auch ein Kapitel, in dem wir einfach nur von einem Sektor in den nächsten kommen müssen. Der berühmt-berüchtigte Honey Bee-Abschnitt, der im Original vielleicht 20 Minuten dauert, nimmt nun etwa 3 Stunden in Anspruch - ohne dass es viel zu erzählen gibt. Aus einer scherzhaften "Undercover"-Mission ist nun ein Kernbestandteil der Kampagne geworden.

Hinzu kommt, dass Midgar selbst längst nicht so ausführlich erkundschaftet werden kann, wie wir es von einem Final Fantasy 7-Spiel erwarten würden, das ausschließlich in eben dieser Metropole spielt. Es gibt kurze Ausflüge auf die Platte, die "Oberwelt" der wohlhabenden Bürger. Die meiste Zeit aber verbringen wir in den Slums dreier Sektoren (insgesamt gäbe es acht). Und auch hier öffnet sich die Welt kaum, sondern besteht aus verwinkelten, schlauchartigen Gängen. Eine frei begehbare Spielwelt mit gänzlich neuen Perspektiven bekommen wir nicht geboten.

In den neuen Nebenmissionen können wir uns von der Hauptstory ablenken lassen. Hier müssen wir verloren gegangene Chocobos aufspüren. In den neuen Nebenmissionen können wir uns von der Hauptstory ablenken lassen. Hier müssen wir verloren gegangene Chocobos aufspüren.


Neu dabei: Nebenquests
Knapp 30 Nebenaufgaben können wir im Verlauf von Final Fantasy 7 Remake annehmen, wobei die meisten davon allerdings nur daraus bestehen, zu bestimmten Orten zu gehen und einen kleinen Bosskampf zu erledigen. Sogar manche Mini-Spiele des Originals wie die Quick-Time-Klimmzüge werden uns jetzt als Sidequest verkauft. Es gibt auch interessante Geschichten, wie das Geheimnis um den Racheengel der Slums, einer Art Robin Hood-Meisterdieb. In den meisten Fällen wirken die Nebenquests aber wie Füller-Inhalte.

Ja, es gibt große und wirklich wichtige Momente im Spiel. Sogar einige davon. Der Kampf von Avalanche gegen Shinras Gardisten auf dem Pfeiler von Sektor 7 ist packend inszeniert. Zudem bekommen viele der Hauptfiguren einfühlsame Dialoge spendiert, die uns zeigen, wie hart aber erfüllend zugleich das Leben in den Slums sein kann. Erst zum Ende nimmt die Geschichte aber wirklich Fahrt auf. Und wenn das Gefühl eintritt, dass es endlich richtig losgeht, laufen schon die Credits über den Bildschirm.

Oldschool-Taktik & moderne Action

Sobald wir Spezialfertigkeiten auswählen, wird die Zeit verlangsamt, was die nötige Ruhe für taktische Entscheidungen bieten. Sobald wir Spezialfertigkeiten auswählen, wird die Zeit verlangsamt, was die nötige Ruhe für taktische Entscheidungen bieten.

Wo in Sachen Story ein paar Wünsche offen bleiben, trumpft das neue Kampfsystem von Final Fantasy 7 Remake auf. Denn mit dem Wechsel hin zu einem action-orientierten Ansatz, der Echtzeit und rundenbasierte Entscheidungen vereint, bekommen die Kämpfe eine mitreißende Atmosphäre, die trotzdem weiterhin Taktik bietet.

Das Active Time Battle-System bleibt erhalten. Und das bedeuet, dass wir Spezialangriffe nur dann einsetzen können, wenn die sogenannte ATB-Leiste aufgeladen ist. Das Warten auf den Moment, in dem wir an der Reihe sind, gibt es weiterhin. Normale Angriffe sind dieses Mal aber davon ausgenommen und sogar dafür gedacht, die ATB-Leisten durch Treffer schneller zu füllen.

Sobald es zum Einsatz von Magie und Fertigkeiten kommt, kehrt plötzlich Ruhe in das hektische Geschehen ein und wir können überlegen, welche Strategie jetzt sinnvoll wäre. Zwar steuern wir immer nur eines der drei Party-Mitglieder, auf die Spezialkommandos der Begleiter haben wir aber dennoch Zugriff. Dadurch können wir mit allen Möglichkeiten arbeiten, die unser Party-Setup bietet. Per Knopfdruck lässt sich der aktive Charakter jederzeit wechseln.

Um besonders viel Schaden austeilen zu können, müssen wir Gegner in einen Schock-Zustand versetzen. Auf ihre Schwächen abzuzielen, hilft da am besten. Um besonders viel Schaden austeilen zu können, müssen wir Gegner in einen Schock-Zustand versetzen. Auf ihre Schwächen abzuzielen, hilft da am besten.

In bestimmten Situationen können wir auch auf die typischen Limit-Attacken und Beschwörungen wie Ifrit oder Shiva zugreifen. Letztere steigen aktiv in den Kampf ein und helfen als Support für eine gewisse Zeit mit. Erst wenn diese Zeit abgelaufen ist, kommt es zu den bildschirmfüllenden Attacken, für die Final Fantasy-Beschwörungen bekannt sind.

Wer sich mit dem Mix aus Action und Taktik nicht anfreunden kann, darf übrigens in den klassischen Modus wechseln. Dort agieren alle Charaktere automatisch und wir kommen erst dann ins Spiel, wenn eine ATB-Leiste voll ist. Auf diese Weise wird das ruhigere, rundenbasierte Kampfsystem von damals nachgeahmt. Obwohl die Rundenkämpfen tradtionell zu Final Fantasy 7 dazugehören, wirkt die moderne, actionbasierte Lösung durch weniger Leerlauf um einiges attraktiver.

Die mächtigen Esper können wir nur im Kampf gegen Bossgegner beschwören. Die mächtigen Esper können wir nur im Kampf gegen Bossgegner beschwören.

Noch mehr Anpassungsmöglichkeiten

Die in die Ausrüstung einsetzbaren Materia-Kugeln kehren zurück und sorgen mit den neuen Waffenmodifikationen für das nötige Level an Micromanagement, das es uns erlaubt, durchdachte Character Builds für Cloud, Tifa, Barret und Aerith anzulegen. Neben klassischer und aufstufbarer Magie-Materia wie Feuer, Eis, Blitz, Luft oder Toxin sind viele Kombinationen mit passiven Materia möglich. So lassen sich beim Heiler der Party die MP boosten und mit einer automatischen Vita-Funktion verknüpfen, damit in brenzligen Situation immer der rettende Heilzauber kommt.

Bei den Waffenmodifikationen, die sich über frei verteilbare Waffenpunkte freischalten lassen, geht es ebenfalls um passive Perks. Wollen wir Barrets Rolle als Tank durch TP-Boosts forcieren oder ihn doch lieber zum Fernkämpfer mit magischem Talent entwickeln? Jeder Charakter ist in seiner Rolle flexibel und ermöglicht strategische Vielfalt. Gerade bei den knackigen Boss-Gegnern können dabei packende Kämpfe entstehen, bei denen Siege umso intensiver wirken, weil unser experimenteller Plan perfekt aufgegangen ist.

Jede einzelne Waffe bietet eigene Modifikationen, die wir über ein Planeten-artiges Menü haushalten. Jede einzelne Waffe bietet eigene Modifikationen, die wir über ein Planeten-artiges Menü haushalten.

Ein Festschmaus, der nicht satt macht

Optisch ist Final Fantasy 7 Remake über alle Zweifel erhaben. Es ist faszinierend, die modernen Versionen bekannter Orte zu entdecken. Wenn wir die detaillierten Slum-Behausungen erkunden, ragen stets die imposanten Platten von Midgar mehrere hundert Metern über uns. Und wenn Barret seine kleine Tochter Marlene auf dem Arm hat, ist das stolze und besorgte Funkeln eines alleinerziehenden Vaters in seinen Augen zu erkennen.

Vorbei sind die Zeiten, in denen nur kleine 3D-Figürchen mit Klötzchen als Arme und Beine zur Verfügung standen, um emotionale Momente zu vermitteln. Cloud und Co. wirken fast lebensecht, ebenso wie es sich wohl die meisten Fans von einem Remake erhofft haben dürften. Und da wirkt es fast wie Verschwendung, so viel vom Rest der Vorlage hinten anzustellen.

Viele Story-Wendungen, Orte und Charaktere, die die Geschichte von damals zu dem gemacht haben, was sie heute ist, sind im Remake nicht zu finden. Kein Golden Saucer, kein Nibelheim, keine Weapons, kein Reiten auf Chocobos, keine Weltkarte und ganz sicher keine Luftschiff-Ausflüge. Square Enix schafft es durchaus, den Geist von Final Fantasy 7 einzufangen und das Abenteuer gebührend in Szene zu setzen. Diese erste Episode gibt allerdings nur einen Vorgeschmack darauf, was uns erst in den nächsten Jahren erwarten könnte. Bis dahin heißt es nun abermals warten.

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