Mehrspieler mit Mehrwert - Wer nicht online spielt, verpasst das Beste

Videospiele ermöglichen es uns, ganz allein fremde Welten zu erkunden und große Schlachten zu schlagen. Doch wirklich spannend wird es erst dann, wenn wir mit oder gegen andere Menschen spielen.

Der minimalistische Multiplayer-Modus von Journey bringt ein völlig neues Spielgefühl. Der minimalistische Multiplayer-Modus von Journey bringt ein völlig neues Spielgefühl.

Während meiner Grundschulzeit, stand ich mit meiner Liebe zu Videospielen ziemlich allein da. Zwar hatte ich meinen kleinen Bruder, den ich jederzeit zur Existenz als Player 2 verdonnern konnte, in meinem Freundeskreis spielte aber allenfalls FIFA eine größere Rolle. Mir blieb daher nichts anderes übrig als mich auf dem SNES und der ersten PlayStation durch die großen Singleplayer-Spiele zu arbeiten. Es hat viele Jahre gedauert, bis ich erkannt habe, dass mir Multiplayer-Titeln viel mehr Spaß machen.

Allein gegen den Rest der Spielwelt

In gewissen Weise hat mich diese Zeit geprägt und mit dem Vorurteil beladen, dass Singleplayer-Erfahrungen das Beste sind, was Videospiele zu bieten haben. Über die Jahre konnte ich zwar in den Internet-Cafés dieser Welt meine Erfahrungen mit Counter-Strike und Co. sammeln, Videospiele aber auch online zu spielen, empfand ich (vielleicht genau aus diesem Grund) als aufwändig und irgendwie sogar eintönig.

Mit anderen Spielern haben die weiten Ebenen von Red Dead Redemption noch mehr Spaß gemacht. Mit anderen Spielern haben die weiten Ebenen von Red Dead Redemption noch mehr Spaß gemacht.

Mit der ersten eigenen Wohnung, dem ersten eigenen Internet und dem Release der PS3 änderte sich das dann langsam. Aus ein paar anfänglichen Runden im Red Dead Redemption-Multiplayer und Pro Evolution Soccer-Turnieren wurden nach und nach durchzechte Rocket League-Nächte, verbissene Abenteuer in der Dark Zone von The Division und nervenzerfetzende Duelle in For Honor auf der PS4. Der Online-Multiplayer hat mir in den letzten Jahren die mit Abstand packendsten Erlebnisse ermöglicht und alle einstigen Vorbehalte sind längst verflogen.

Gehemmter Online-Spaß

Aber nicht jeder hat diese Erfahrung machen können und immer wieder unterhalte ich mich mit leidenschaftlichen Spielern, die mir zu verstehen geben, dass sie der ganze Online-Kram nervt. Auf hektische Multiplayer-Modi haben sie keine Lust und der Zwang in Spielen wie Destiny immer online sein zu müssen, obwohl man letztlich doch nur allein über die Venus huscht, scheint ein K.O.-Kriterium zu sein. Spiele wie Overwatch kommen gar nicht erst infrage, obwohl die Charaktere, der Look und oft sogar das Gameplay interessant erscheinen. Sowas hätten sie gern, aber bitte offline.

Selbstverständlich ist an dieser Ansicht nichts falsch. Jeder darf spielen, wie er möchte, und es gibt tatsächlich einige Gründe, die gegen Online-Spiele sprechen: Eine stabile Internetleitung ist nicht selbstverständlich, kompetitive Spiele können Nerven beanspruchen und auch den oftmals fragwürdigen Communitys möchte sich nicht jeder so einfach aussetzen. Doch wer Online-Spiele meidet, verpasst die Besonderheiten, die es hier zu finden gibt.

Immer das Gleiche, aber jedes Mal anders

Natürlich erfordert es eine gewisse Überwindung, seine Fertigkeiten einer anonymen Masse aus oftmals pöbelnden Gegenspielern zur Schau zu stellen. Doch gegen andere Menschen anzutreten, hat nicht nur Nachteile. Erst die Unberechenbarkeit der Mitspieler, egal ob sie nun gut sind oder nicht, lässt viele innovative Spielkonzepte überhaupt erst entstehen.

KI-Bewegungsmuster lassen sich auswendig lernen, impulsive Entscheidungen nicht. KI-Bewegungsmuster lassen sich auswendig lernen, impulsive Entscheidungen nicht.

In der vergessenswerten For Honor-Kampagne sind wirklich mitreißende Schwertduelle die große Ausnahme. Das Kampfsystem zwingt uns dazu, gewisse Bewegungsmuster bei unseren Gegnern zu erkennen sowie Angriffe zu antizipieren und menschlicher Übermut bereichert das Konzept enorm. Ähnliches gilt für die ständigen Moral-Fragen in der Dark Zone von The Division. Vertraue ich dem anderen Agenten oder nicht? Soll ich vielleicht selbst einen kleinen Überfall starten, wenn der Hubschrauber kommt, um unseren Loot mitzunehmen?

Rocket League-Matches gegen die KI können je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad durchaus sehr schwer sein, überraschend sind sie aber nie. Im Grunde kann ich dann immer nur davon ausgehen, dass jeder Fehler meinerseits von den Gegnern effizient ausgenutzt wird. Das wird auf Dauer langweilig und widerspricht der Grundidee des chaotischen Sportspiels, das Genauigkeit und Hochgeschwindigkeit gleichzeitig erfordert. Der eigentliche Reiz von Rocket League ist im Einzelspieler-Modus nicht zu reproduzieren.

Multiplayer mal anders

Aber es muss nicht nur der kompetitive Gedanke sein, der bei Online-Spielen im Mittelpunkt steht. Titel wie thatgamecompanys Journey setzen Multiplayer-Mechaniken dazu ein, um die besondere Atmosphäre des Spiels noch zusätzlich zu unterstreichen. Ohne jede Form der Kommunikation reisen wir mit anonymen Mitspielern stumm durch die Welt oder lassen sie ohne jede Konsequenzen hinter uns. Auch FromSoftware nutzt indirekte Multiplayer-Modi dazu, um uns in Dark Souls, Bloodborne und Co. mit Spieler-Botschaften zu versorgen, die uns entweder Tipps geben oder aber in die Falle locken.

Auch in Dark Souls 3 können wir Ratschläge anderer Spieler entweder befolgen oder ignorieren. Auch in Dark Souls 3 können wir Ratschläge anderer Spieler entweder befolgen oder ignorieren.

Wenn wir in Offline-Titeln auf neue Inhalte hoffen, müssen wir die DLC-Pläne der Entwickler abwarten. Spiele wie LittleBigPlanet oder Super Mario Maker schaffen aber eine Community, die sich gegenseitig mit neuem Content versorgen kann. Natürlich sind hier oft auch Werke dabei, die nicht unbedingt den eigenen Qualitätsansprüchen gerecht werden, aber Spieler reizen dafür auch bewusst die Grenzen der Werkzeuge aus, die ihnen in die Hand gegeben werden und schaffen experimentelle Level, die es von offizieller Seite so wohl nie gegeben hätte.

Ich kann es natürlich auch heute noch genießen, einfach ganz allein durch aufwändig gestaltete Singleplayer-Kampagne zu stapfen oder die Einsamkeit in riesigen Open Worlds auf mich wirken zu lassen. Doch ich brauche außerdem den Ausgleich, der mich immer wieder unvorbereitet mit Spielsituationen konfrontiert, auf die ich ad hoc reagieren muss und die eine KI mir so nicht bieten kann. Ebenso will ich selbst für das Überraschungsmoment verantwortlich sein und andere Spieler dazu zwingen, über sich hinaus zu wachsen. Und dieses Spielgefühl werden Offline-Abenteuer wohl niemals ersetzen können.

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