The Last of Us: Part 2 - Ungemütlicher Realismus

Auf der E3 zeigte Sony erstes echtes Spielmaterial aus der PS4-Fortsetzung The Last of Us: Part 2. Doch statt Killerpilz-Zombies wollen brutale Kultisten der erwachsen gewordenen Ellie an den Kragen.

The Last of Us: Part 2 - Beeindruckendes Gameplay: Wenn Gewalt ungemütlich wird Video starten 11:53 The Last of Us: Part 2 - Beeindruckendes Gameplay: Wenn Gewalt ungemütlich wird

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Noch ist nicht viel zur Story des PS4-exklusiven Endzeit-Abenteuers The Last of Us: Part 2 bekannt. Sony zeigte auf der E3 lediglich aus dem Zusammenhang gerissenes Spielmaterial, das zunächst vor allem durch seine außergewöhnlich grimmige Gewalt in Erinnerung bleibt.

Die inzwischen erwachsene Ellie meuchelt darin Kultisten, die durch ihre Taten nicht unbedingt den Eindruck erwecken, als hätten sie ein besseres Schicksal verdient: Als Ellie sich im Schutz der Dunkelheit an die Gruppe heranpirscht, wird im Fackelschein inmitten verfallener Stadtruinen gerade ein Gefangener aufgeknüpft und bekommt - als wäre das noch nicht genug - den Bauch aufgeschlitzt und die Eingeweide herausgerissen.

Nein, Mitleid haben die Typen ganz sicher nicht verdient. Und wer denkt, Lara Croft würde ihre Feinde in den Tomb Raider-Spielen brutal erledigen, muss sich im Folgenden mit einer ganz neuen Dimension der Gewaltdarstellung auseinandersetzen.

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Schattenkampf zwischen Ruinen

Warum genau sich Ellie mit dem sogenannten Seraphite-Kult anlegt und was es damit auf sich hat, ist bisher nicht bekannt. Doch dank des gezeigten Gameplay-Materials wissen wir immerhin, dass die unscheinbare junge Frau durchaus die Fähigkeiten hat, es mit den physisch deutlich stärkeren Kultisten aufzunehmen.

Die Schatten sind Ellies größte Waffe im Kampf gegen die Seraphite-Jünger. Die Schatten sind Ellies größte Waffe im Kampf gegen die Seraphite-Jünger.

Das Schlüsselwort dabei lautet "Stealth". Die Umgebung bietet mit Farnen, hohem Gras und Hinterlassenschaften der Zivilisation wie Autos, Mauern und Ladentresen genug Versteckmöglichkeiten, damit sie sich unbemerkt an die Gegner heranschleichen kann. Per Pfeil und Bogen oder Klinge erledigt sie die Kultisten hinterrücks.

Allerdings bedeuten eine Deckung oder das Verstecken im Gras keine videospieltypische Unsichtbarkeit. The Last of Us: Part 2 lässt den Spieler nie komplett in den Schatten abtauchen, Gegnern ist es immer möglich, Ellie zu entdecken. Dennoch ist der verdeckte Kampf stets der offenen Konfrontation vorzuziehen, da Ellie kein unbesiegbares Rollkommando ist, das die Feinde im Dutzend erledigt. Sie ist jederzeit verletzlich. Das zeigt sich in der E3-Demo, als sie mit dem Ausruf "Wolf!" entdeckt und von der Jägerin zur Gejagten wird.

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Realistische Gewalt

Und spätestens jetzt wird's in der Demo richtig fies, was die Darstellung der Brutalität angeht. Ellie agiert aus der Verzweiflung des Überlebenskampfes heraus. Das wird vor allem deutlich, als sie in offene Kämpfe verwickelt wird. Die massigen Gegner würden aus der vergleichsweise zierlichen Heldin ruckzuck Hackfleisch machen, daran besteht kein Zweifel.

Ganz schön hart anzusehen: Die Spielfiguren verziehen im Kampf schmerzerfüllt das Gesicht. Ganz schön hart anzusehen: Die Spielfiguren verziehen im Kampf schmerzerfüllt das Gesicht.

Die Häscher bewegen sich entschlossen, Ellie hingegen merkt man die verletzliche Defensive an. Und das macht die schonungslose Gewalt, die sie ausübt, nachvollziehbarer. Ein Kopfschuss lässt die Gesichtszüge eines weiblichen Gegners augenblicklich zu einer Maske schmerzhaften Erstaunens erstarren.

Eine Axt bleibt seitlich im Schädel eines Angreifers stecken, wie einst in "Freitag der 13: Das letzte Kapitel" die Machete im Kopf von Jason Voorhees. Und apropos Machete: Ellie richtet einen Widersacher förmlich hin, als sie ihm ein zuvor erbeutetes Buschmesser erst seitlich in den Hals jagt und ihm dann per Kehlenschnitt den Rest gibt.

Liest man die Beschreibung solcher Szenen, denkt man unwillkürlich an videospieltypische Comicgewalt. Selbst den düsteren Tomb Raider-Reboot konnte man trotz all seiner Grausamkeiten nie richtig ernst nehmen, da sie sich nie wirklich echt anfühlte. Bei The Last of Us: Part 2 ist das bereits beim Zuschauen anders.

Und das liegt zum einen daran, dass hier keine übertriebenen Blutfontänen spritzen, die das Geschehen wie in einem Splatterfilm deutlich als unrealistisch entlarven würden. Und zum anderen daran, dass die Figuren tatsächlich reagieren. Gesichtsausdruck und Körpersprache vermitteln Schmerz und Leid. Auch Ellie, von der die Gewalt ausgeht, ist sichtlich angewidert von dem, was sie da tut.

Die E3-Präsentation war eingebettet in eine Zwischensequenz, die im krassen Gegensatz zum Gameplay steht. Die E3-Präsentation war eingebettet in eine Zwischensequenz, die im krassen Gegensatz zum Gameplay steht.

Oder von dem, was ihr widerfährt. Schmerzerfüllt zieht sie sich etwa in einer Szene einen abgebrochenen Pfeil aus dem Arm. Das ist für den Spieler keine reine Gameplay-Mechanik mehr, stattdessen kann er mitfühlen. Es wird interessant sein zu sehen, ob Entwickler Naughty Dog es schafft, Ellie dadurch zu einer menschlicheren Spielfigur zu machen. Also ob sie nicht wie Lara lediglich in den Zwischensequenzen Gefühle zeigt, sondern sich tatsächlich während des Spielgeschehens durch den Überlebenskampf und die erlebte Gewalt verändert.

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Gewollter Abstumpfungseffekt?

Interessant auch, was die ungeschönte, realistische Brutalität mit dem Spieler selbst machen wird. Klar könnte man sagen, dass das explizite Blutvergießen nur die ersten paar Male wirklich schockieren wird und man im Spielverlauf abstumpft. Doch könnte genau das die Intention sein, denn Game Director Neil Druckmann sagt dazu:

"Wir erzählen eine Geschichte, die den Kreislauf von Gewalt abbildet. Und wir erzählen eine Geschichte, in der wir sagen, dass das Vorhaben, Gerechtigkeit um jeden Preis erreichen zu wollen, seine Kosten hat. Sowohl persönlich als auch um uns herum."

Pilzmutanten sind definitiv nicht die gefährlichsten Kreaturen, die sich in der Spielwelt herumtreiben. Pilzmutanten sind definitiv nicht die gefährlichsten Kreaturen, die sich in der Spielwelt herumtreiben.

Das Spiel soll also die Auswirkungen der Gewalt auf Ellie zeigen. Das Erlebte hinterlässt bei ihr Spuren. Und eine ähnliche Erfahrung wird auch der Spieler selbst machen, wenn er gemeinsam mit Ellie bei wiederholter Gewaltanwendung langsam abstumpft. Idealerweise ist das Spiel hier flexibel und richtet sich nach der Vorgehensweise des Spielers, reagiert zum Beispiel auf das Vermeiden allzu blutiger Massaker, indem es die unterschiedlichen Arten der Problemlösungen auch auf die Entwicklung Ellies projiziert. Ob das mit dem aktuellen Stand der Spieleentwicklung möglich ist? Wir wissen es nicht. Aber man wird ja noch träumen dürfen.

Allerdings könnte man auch sagen, dass Naughty Dog mit der Brutalität des Spiels Aufmerksamkeit erregen will. Klar, Aufmerksamkeit ist im Spiele-Business immer gut. Doch wir glauben nicht daran, dass es nur darum geht. Naughty Dog hatte es noch nie nötig, mit Skandalen auf sich aufmerksam zu machen und wird das sicher auch in Zukunft nicht tun. Der erste Teil von The Last of Us hat gezeigt, dass dem Studio bei der Reihe vor allem die emotionale, man könnte sagen "erwachsene" Geschichte wichtig ist. Plakative Provokation nur der Publicity wegen passt da einfach nicht ins Bild.

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